Nachrichten aus 2009

Archivierte Nachrichten aus 2009

Dezember 2009

28.12.2009

KfV-Sicherheitsbarometer Österreich 2009:

Jeder Zweite durch Einbrüche beunruhigt

Trotz eigener negativer Erfahrungen oder Erfahrungen im Bekanntenkreis ist das Sicherheitsgefühl der Österreicher unverändert hoch: 63 Prozent fühlen sich durch Kriminalität nicht unsicher.

Die größte Angst der Österreicher ist jene um ihr Eigentum – das geht aus dem jährlichen KfV-Sicherheitsbarometer hervor, bei dem mit OGM repräsentativ für Österreich 500 Personen befragt wurden. Auf die Frage nach konkreten Ängsten wurde am häufigsten die Angst vor Einbruchsdiebstahl (10%) genannt, gefolgt von der Angst vor Krankheit oder dem eigenen Tod (8%) und der Furcht vor Überfall, Raub oder Diebstahl (7%). Auffällig ist, dass auf dem vierten Platz heuer erstmals die Angst vor Arbeitslosigkeit genannt wurde (5%). Hier kann man einen deutlichen Bezug zur Berichterstattung rund um die Wirtschaftskrise feststellen.

Jeder Fünfte wurde schon Opfer von Kriminalität
Ausschlaggebend für Ängste sind vor allem Medienberichte über Kriminalität. 16 Prozent der Befragten machen diese für ihr Gefühl der Beunruhigung verantwortlich. Eigene negative Erfahrungen oder Erfahrungen im Bekanntenkreis mit Kriminalität verursachen ebenfalls Ängste. Ein Fünftel der Befragten (22%) wurde selbst schon Opfer von Kriminalität (2008: 20%) und 41 Prozent haben Bekannte, die negative Erfahrungen mit Kriminalität gemacht haben (2008: 32%). Genannt wurde vor allem Einbruch: 13 Prozent der Befragten wurden schon einmal selbst Opfer eines Einbruchs, 39 Prozent haben Bekannte, bei denen eingebrochen wurde. Trotz negativer Erfahrungen und der Berichterstattung über gestiegene Einbruchszahlen wird die Möglichkeit, selbst Opfer eines Einbruchs zu werden, von 83 Prozent der Befragten als sehr oder eher unwahrscheinlich eingeschätzt. Ursache für dieses hohe Sicherheitsgefühl ist vor allem die eigene Nachbarschaft, in der sich nahezu alle Befragten sehr sicher fühlen. 87 Prozent gaben an, sich in ihrer Nachbarschaft sicher zu fühlen (2008: 92%).

Weiterhin hohes Sicherheitsgefühl
Durch Kriminalität im Allgemeinen ist jeder zehnte Befragte (9%) sehr beunruhigt (2008: 6%). Jedoch ist die große Mehrheit von 63 Prozent nicht verunsichert (2008: 60%). Als Grund für dieses überwiegend hohe Sicherheitsgefühl wird von einem Viertel der Befragten angegeben, dass sie in einer sicheren Wohnumgebung wohnen. Weitere 17 Prozent fühlen sich „einfach sicher“ und 13 Prozent sind nicht durch Kriminalität beunruhigt, da sie am Land leben und die Gefahr dort als gering einschätzen. Konkrete Stellen, an denen ein Unsicherheitsgefühl auftritt, sind vor allem Städte (19%). 17 Prozent haben abends Angst, wenn sie alleine auf der Straße sind, 13 Prozent fürchten dunkle, unbelebte Orte. Dabei muss man klar zwischen dem Gefühl der Unsicherheit und tatsächlich auftretender Kriminalität unterscheiden. Die Großstadt als Ort, der sich durch Menschenmassen und Anonymität kennzeichnet, spricht tiefliegende Ängste an.

Sicherheitsgefühl auch im internationalen Vergleich sehr hoch
Das hohe Sicherheitsgefühl der Österreicher zeigt sich auch im internationalen Vergleich: Laut International Crime Victim Survey 2004/2005, der alle vier Jahre erhoben wird, fühlen sich 19 Prozent der Österreicher abends auf der Straße unsicher. Österreich liegt damit deutlich unter dem Survey-Durchschnitt von 27 Prozent. Besonders unsicher fühlen sich die Bulgaren (53%), Griechen (42%) und Luxemburger (36%). Im Vergleich der Hauptstädte zeigt sich, dass das Unsicherheitsgefühl in Wien mit 21 Prozent ebenfalls deutlich unter dem Durchschnitt von 32 Prozent liegt. Sehr unsicher fühlen sich die Bewohner von Sao Paulo (72%), Buenos Aires (66%) und Maputo (65%). In Europa fühlen sich die Athener (55%) und Istanbuler (51%) am unsichersten.

(Quelle: Mitteilung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit Wien _ http://www.kfv.at/ _ Abteilung Eigentum & Feuer. Angesteuert durch KrimG am 22.12.2009.)


 

23.12.2009

Baden-Württemberg erlässt ein integriertes Justizvollzugsgesetzbuch (JVollzGB)

Das neue JVollzGB ist am 10. November 2009 als Teil des Landesgesetzes zur Umsetzung der Föderalismusreform im Justizvollzug ausgefertigt und am 17. November im Gesetzblatt des Landes Baden-Württemberg verkündet worden (GBl. Nr. 19/2009, S. 545). Es tritt am 1. Januar 2010 in Kraft. Die bisher vom Land im Rahmen der durch die Föderalismusreform gewonnenen Kompetenzen erlassenen Gesetze treten mit Ablauf des 31.12.2009 außer Kraft und werden in das neue Gesetz integriert (Jugendstrafvollzugsgesetz; Justizvollzugsdatenschutzgesetz; Justizvollzugsmobilfunkverhinderungsgesetz).

Das JVollzGB teilt sich in 4 Bücher auf:
Buch 1: Gemeinsame Regelungen und Organisation;
Buch 2: Untersuchungshaftvollzug;
Buch 3: Strafvollzug, und
Buch 4: Jugendstrafvollzug.

Der Text ist unter folgender URL einsehbar, und kann auch als PDF-Datei herunter geladen werden:
http://www.landesrecht-bw.de/jportal/portal/t/5yr/page/bsbawueprod.psml?...


 

23.12.2009

Aktuelle EGMR-Entscheidung zur Sicherungsverwahrung in Deutschland.

BMJ Leutheusser-Schnarrenberger: Gewissenhafte Auswertung notwendig

Zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zur Sicherungsverwahrung erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat heute ein Urteil über die Verlängerung der Sicherungsverwahrung von Straftätern verkündet. Der EGMR beanstandet, dass der deutsche Gesetzgeber die ursprünglich vorgesehene Höchstfrist von 10 Jahren auch für solche Straftäter aufgehoben hat, die ihre Tat schon vor dem Zeitpunkt der Gesetzesänderung begangen hatten. Der EGMR sieht darin einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 5. Februar 2004 (2 BvR 2029/01) die Vereinbarkeit der Aufhebung der Höchstfrist auch für solche "Altfälle" mit dem Grundgesetz bestätigt. Da das Urteil des EGMR nach dem Maßstab der Europäischen Menschenrechtskonvention zu einem anderen Ergebnis kommt, bedarf seine Begründung einer ausführlichen Analyse und einer sorgfältigen rechtlichen Bewertung. Tragfähige Schlüsse auf mögliche Konsequenzen für das deutsche System der Sicherungsverwahrung können erst nach Abschluss dieser Prüfung gezogen werden.

Das Urteil des EGMR ist zunächst nicht endgültig und daher nicht unmittelbar verbindlich. Die Bundesregierung erwägt, gemäß Art. 43 EMRK die Verweisung der Rechtssache an die Große Kammer des EGMR zu beantragen. Im Lichte des endgültigen und für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen Urteils wird dann entschieden, auf welche Weise der festgestellte konventionswidrige Zustand beendet werden kann.

Eine zentrale Rolle wird auch die Frage spielen, wie auf rechtsstaatlicher Grundlage der notwendige Schutz der Bevölkerung vor notorisch gefährlichen Straftätern mit dem unbedingten Ausnahmecharakter der Sicherungsverwahrung sachgerecht zum Ausgleich gebracht werden kann.

(Quelle: Pressemitteilung des Referates Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz vom 17.12.2009. Verantwortlich: Anders Mertzlufft; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl, Mohrenstr. 37, 10117 Berlin, Telefon 030/18 580 9030, Telefax 030/18 580 9046, presse@bmj.bund.de)

Ergänzender Vermerk KrimG-Geschäftsstelle:
Die englischsprachige Entscheidung kann unter folgender URL eingesehen und herunter geladen werden:
http://cmiskp.echr.coe.int/tkp197/view.asp?item=16&portal=hbkm&action=ht...


 

23.12.2009

Jung, erwachsen, gewaltbereit

Ein Praxisbericht von Bewährungshelfer Rainer Schafhuber (Neustart-Österreich) zu Erfahrungen mit dem Affekt-Kontroll-Training bei gewaltbereiten jungen Erwachsenen.

Das Affekt-Kontroll-Training® hieß für uns viele Stunden (körperliches) Üben und Auseinandersetzen sowie sich Einlassen auf’s Experimentieren, auf sich selbst, auf die Teilnehmer und auf das Beteiligen der Kolleginnen und Kollegen. Durchgeführt haben wir AKT® bisher zweimal in Graz und einmal in Leoben. In den Gruppen waren zwischen sechs und zehn Teilnehmer und ein oder zwei Anti-Gewalt-Trainerinnen und Trainer.

Beginn des Trainings
Wir bitten die Teilnehmer, Kolleginnen und Kollegen, ihre Schuhe auszuziehen und das Dojo zu betreten. Die Etikette beinhaltet, dass wir uns voreinander verneigen (nicht verbeugen); Schuhe, Handys, Uhren und Schmuck ablegen (Verletzungsgefahr); die „Stopp-Regel“, aufmerksam sein und das Befolgen von Anweisungen. Wir geben Zeit, uns umzusehen, um uns das Ankommen im Dojo mit allen Sinnen zu ermöglichen. Das mit vielen Tierbildern, Sprüchen und Zitaten an den Wänden gestaltete Dojo wirkt und löst innere und äußere Bewegung bei uns aus.

Arbeit mit Wahrnehmung und Wirklichkeit
Im ersten Teil beginnen wir damit, zum Thema Wahrnehmung und Fehlwahrnehmung zu arbeiten. Schnell wird klar, dass das, was ich denke, manchmal nicht einmal der Realität entspricht, niemals jedoch Abbild der gesamten (sich abbildenden) Wirklichkeit sein kann. Ein Film, durch den bewusster wird, wie ich wahrnehme und bewerte, sowie Powerpoint-„Irritationen“ verstärken diesen Effekt noch. Das löst eine Vielzahl von Emotionen und Reaktionen bei den Teilnehmern aus. Es wird klar, dass das, was wir und wie wir etwas sehen, grundlegend damit zu tun hat, wie wir fühlen und denken. Es ist auch davon auszugehen, dass Menschen, die bisher nur Gewalt als Konfliktlösungsstrategie (von Kindesbeinen an) gekannt haben, nur anders handeln können, wenn sie Alternativen zu ihrem Handeln (erfahren) lernen können.

Den gesamten Artikel können Sie hier downloaden:
Jung, erwachsen, gewaltbereit (PDF, 459 KB)

Webtipps
http://www.affektkontrolltraining.de/
http://www.ciompi.com/de/affektlogik.html
http://www.neustart.at/weblog/index.php?/archives/107-Schluesselknecht-u...

(Quelle: Zubtil-SC, Neustart, 10.12.2009)


 

22.12.2009

Rückgang der registrierten Jugendkriminalität in den USA

OJJDP Bulletin Reports Declining Juvenile Arrests in 2008

The Office of Juvenile Justice and Delinquency Prevention (OJJDP) has published a Bulletin on Juvenile Arrests.

The bulletin summarizes juvenile crime and arrest data reported by local law enforcement agencies as cited in the FBI report "Crime in the United States 2008."
There were 3 percent fewer juvenile arrests in 2008 than in 2007 and juvenile violent crime arrests fell 2 percent during the same period, continuing the recent decline.

Resources:
"Juvenile Arrests 2008" is available online at www.ojjdp.ncjrs.gov/publications/PubAbstract.asp?pubi=250498

 


 

22.12.2009

Zur Entwicklung von Strafrecht und Kriminalpolitik in Europa

Ein aktueller Beitrag von Helmut Satzger in der ZIS, Heft 12, 2009

Der Mangel an Europäischer Kriminalpolitik
Anlass für das Manifest der internationalen Wissenschaftlergruppe „European Criminal Policy Initiative“

I. Die Diagnose
1. Strafrecht unter dem Einfluss des Europarechts
a) Das Strafrecht – lange Zeit eine rein nationalrechtliche (oder zumindest so empfundene) Materie – ist schon seit etlichen Jahren vom Europarecht eingeholt worden. Dessen Einflüsse zeigen sich sowohl im materiellen Strafrecht der Mitgliedstaaten als auch im Bereich der justitiellen Zusammenarbeit in transnationalen Strafverfahren.

Bereits nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon waren diese europarechtlichen Auswirkungen beträchtlich: Im Bereich der bisherigen „Dritten Säule“ der Europäischen Union, der Polizeilichen und Justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen, sind zahlreiche Rahmenbeschlüsse mit Strafrechtsbezug erarbeitet und zu einem Großteil auch erlassen worden.

Diese Rechtsakte haben die justitielle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf eine völlig neue Grundlage gestellt und sind somit wohl die Basis für ein im Entstehen begriffenes „Europäisches Strafprozessrecht“. Den „Eckstein“ dieser neuen Zusammenarbeit bildet das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung, das zweifellos bereits jetzt in vielen Bereichen eine Effektivierung der Strafverfolgung in Europa bewirkt hat. Der Preis dafür ist allerdings hoch: Die Fiktion der „Gleichwertigkeit“ der bislang immer noch sehr verschiedenartigen Strafrechte und Strafprozessordnungen bewirkt – wie vielfach ausführlich kritisiert und dargestellt.

Unabdingbar ist also zunächst eine Mindestharmonisierung der Verteidigungsrechte in einem europäisierten und dadurch notwendigerweise komplexen transnationalen Strafverfahren auf hohem Niveau. Natürlich stehen stärkere Rechte des Beschuldigten der Schnelligkeit und Effektivität tendenziell entgegen. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass ein Rahmenbeschluss über ein Minimum an Beschuldigtenrechten in Strafverfahren noch immer auf sich warten lässt. Weiterhin ist das Konzept der gegenseitigen Anerkennung natürlich umso problematischer, je deutlicher die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen – materiell wie prozessual – voneinander abweichen.(....)
Weiter mit: http://www.zis-online.com/dat/artikel/2009_12_380.pdf


 

21.12.2009

Ein nützlicher Blickwechsel: Deutsche als Ausländer

Aktuelle Information von DESTATIS Wiesbaden und EUROSTAT Brüssel

Über eine halbe Million Deutsche leben in den Nachbarländern

WIESBADEN – 2008 haben mehr als eine halbe Million deutsche Staatsbürger in einem der Nachbarländer Deutschlands gelebt, davon allein rund 203 000 in der Schweiz und 120 000 in Österreich. Dies teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des internationalen Tages der Migranten am 18. Dezember auf der Basis von Daten des statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat) mit. Auch Belgien, die Niederlande und Luxemburg waren bei deutschen Auswanderern beliebt: In den Benelux-Staaten lebten 2008 rund 112 000 Deutsche. Für Frankreich liegen nur Daten für 2005 vor. Damals wohnten rund 91 000 Deutsche zwischen Rhein und Atlantik. In Dänemark, Polen und der Tschechischen Republik lebten 2008 zusammen etwa 46 000 Deutsche.

In allen Nachbarländern, für die Daten vorliegen, ist die Zahl der deutschen Einwohner 2008 gegenüber 2007 stabil geblieben oder hat sich erhöht. Am deutlichsten stieg sie in der Schweiz (+ 29 000), in Österreich (+ 11 000) und in der Tschechischen Republik (+ 6 000).

In Luxemburg und der Schweiz waren 2008 deutlich mehr als 2% der Gesamtbevölkerung deutsch. Auch in Österreich war der Anteil der Deutschen mit 1,4% vergleichsweise hoch, während er in Frankreich (2005) und bei den östlichen Nachbarn unter 0,2% lag. In Luxemburg, Österreich und der Schweiz war nicht nur der deutsche Bevölkerungsanteil am höchsten: Unter den Nachbarländern wiesen diese Staaten auch insgesamt die höchsten Ausländeranteile an der Gesamtbevölkerung auf.

Nicht nur in den Nachbarländern, auch in weiter entfernten Staaten der Europäischen Union lebten viele Deutsche. Besonders beliebt waren Spanien, wo 2008 rund 182 000 Deutsche lebten und Italien, wo 40 000 Einwohner die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen. Für das Vereinigte Königreich liegen nur Daten für 2005 vor. Damals wohnten dort rund 100 000 Deutsche. In den meisten europäischen Ländern, für die Vergleichswerte von Eurostat vorliegen, erhöht sich die Zahl der deutschen Bewohner bereits seit über zehn Jahren.

Die Zahlen zu internationalen Migranten lassen nur begrenzte Vergleiche zu. Wesentliche Gründe dafür sind national unterschiedliche Melderechtsgrundlagen und bevölkerungsstatistische Ansätze sowie die unterschiedliche Erfassung doppelter Staatsbürgerschaften.

Weitere Daten finden sich in der untenstehenden Tabelle und auf der Internetseite Eurostats unter ec.europa.eu/eurostat > Statistik > Bevölkerung. Umfassende deutschsprachige Beratung zur europäischen Statistik bietet der Europäische Datenservice (EDS) des Statistischen Bundesamtes (www.eds-destatis.de).

Weitere Auskünfte gibt: Manuel Wirsing, Telefon: +49 611 75 9442,
E-Mail: eds@destatis.de

(Quelle: Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes Nr. 494 vom 17.12.2009)

Deutsche in europäischen Ländern 2008
Land
Deutsche Einwohner
Veränderung der Zahl der deutschen Einwohner zu 2007
Anteil der Deutschen an der Bevölkerung
Ausländeranteil an der Bevölkerung
in 1 000
in %
*) 2005
Quelle: Eurostat
Nachbarländer:  
   Dänemark 18 3 0,3 5,5
   Polen 12 0 0,0 0,2
   Tschechische Republik 16 6 0,2 3,3
   Österreich  120 11 1,4 10,0
   Schweiz 203 29 2,7 21,1
   Frankreich *) 91 keine Angabe 0,1 5,8
   Luxemburg 12 0 2,4 42,6
   Belgien 38 keine Angabe 0,4 9,1
   Niederlande 62 2 0,4 4,2
Weitere Länder:   
   Spanien 182 14 0,4 11,6
   Vereinigtes Königreich *) 100 keine Angabe 0,2 5,2
   Italien 40 2 0,1 5,8

 

21.12.2009

Ein SPIEGEL Online Bericht aus aktuellem Anlass einer Revisionsverhandlung vor dem BGH:

Prozesse - Solidarisches Schweigen

Von Dietmar Hipp

Bei Straftaten von Polizisten sagen die Beamten nur selten gegeneinander aus. Staatsanwälte und Richter sind meist hilflos.
Experten fordern unabhängige Ermittlungsbehörden.
Weiter unter: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,667026,00.html


 

18.12.2009

Armutsgefährdung in den Bundesländern unterschiedlich ausgeprägt

Ein aktueller Bericht von DESTATIS aus Wiesbaden

Die Armutsgefährdung der Menschen in Deutschland ist je nach Bundesland sehr unterschiedlich: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (DESTATIS) war im Jahr 2008 fast jede vierte Person (24,0%) in Mecklenburg-Vorpommern und mehr als jede fünfte (22,2%) in Bremen armutsgefährdet. In den südlichen Bundesländern Baden-Württemberg (10,2%) und Bayern (10,8%) hatte dagegen nur ungefähr jeder zehnte Mensch ein erhöhtes Armutsrisiko.

Gemäß der Definition der Europäischen Union gelten Menschen als armutsgefährdet, die mit weniger als 60% des mittleren Einkommens (Median) der Bevölkerung, hier dem mittleren Einkommen in Deutschland, auskommen müssen. Die Ergebnisse gehen aus Berechnungen des Mikrozensus für das Jahr 2008 hervor, die von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder im Rahmen des Projekts „Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik“ durchgeführt wurden.

Bundesweit waren nach diesen Berechnungen im Jahr 2008 14,4% der Bevölkerung armutsgefährdet. Dabei gibt es einen deutlichen Ost-West-Unterschied: Hatten in den neuen Ländern (einschließlich Berlin) 19,5% der Bevölkerung ein erhöhtes Armutsrisiko, waren im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) nur 13,1% der Menschen armutsgefährdet. Lediglich die 65-Jährigen und Älteren hatten in den neuen Ländern (10,2%) ein geringeres Armutsrisiko als im früheren Bundesgebiet (12,5%). Daneben lag die Armutsgefährdungsquote der Frauen im Westen mit 13,7% höher als bei den Männern (12,4%), während im Osten keine nennenswerten Unterschiede festzustellen waren (Frauen: 19,6; Männer 19,4%). Zwischen den Bundesländern zeigt sich nicht nur der deutliche Ost-West-Unterschied. Auch innerhalb Westdeutschlands sind zum Beispiel Menschen in Bremen (22,2%) deutlich häufiger armutsgefährdet als etwa in Hamburg (13,1%).

Bundesweit sind besonders erwerbslose Personen sowie Alleinerziehende und deren Kinder armutsgefährdet. Auch hier gibt es große regionale Unterschiede: Während 2008 in Baden-Württemberg 42,7% der Erwerbslosen armutsgefährdet waren, hatten in Bremen 68,7% der Erwerbslosen ein erhöhtes Armutsrisiko. Mitglieder von Alleinerziehenden-Haushalten waren in Baden-Württemberg (31,8%) und Hamburg (32,1%) am seltensten von Armut bedroht, in Mecklenburg-Vorpommern (62,7%) am häufigsten.

Grundlage der Berechnungen der oben genannten Armutsgefährdungsquoten ist die Armutsgefährdungsschwelle auf Bundesebene. Diese wird anhand des mittleren Einkommens im gesamten Bundesgebiet errechnet. Den so ermittelten Armutsgefährdungsquoten für Bund und Länder liegt somit eine einheitliche Armutsgefährdungsschwelle zugrunde.

Diese und weitere umfangreiche Daten zu Armuts- und Sozialindikatoren, detaillierte methodische Erläuterungen zu den Datenquellen und den angewandten Berechnungsverfahren stehen im Internet-Angebot der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder zur Verfügung. Dieses Informationsangebot wird im Rahmen des Projekts „Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik“ regelmäßig aktualisiert und weiterentwickelt.

Armutsgefährdungsquoten1) für 2008 nach Bundesländern
 Land  Insgesamt  Frauen  Männer
  %
Ergebnisse des Mikrozensus, Berechnungen durch Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW).
 Baden-Württemberg  10,2  10,9    9,4
 Bayern  10,8  11,8  9,8
 Berlin  18,7  18,1  19,4
 Brandenburg  16,8  17,0  16,6
 Bremen  22,2  21,8    22,7
 Hamburg  13,1  13,0  13,3
 Hessen  12,7  13,3  12,0
 Mecklenburg-Vorpommern  24,0  24,5  23,6
 Niedersachsen  15,8  16,5  15,0
 Nordrhein-Westfalen  14,7  15,1  14,3
 Rheinland-Pfalz  14,5  15,8  13,2
 Saarland  15,8  16,7  14,8
 Sachsen  19,0  19,0  19,1
 Sachsen-Anhalt   22,1  22,5  21,8
 Schleswig-Holstein  13,1  13,5  12,7
 Thüringen 18,5  19,4  17,6
 Deutschland 14,4  15,0  13,9
Nachrichtlich:   
 Früheres Bundesgebiet (ohne Berlin)  13,1  13,7  12,4
 Neue Bundesländer (einschließlich Berlin)  19,5  19,6  19,4

1) Anteil der Personen mit einem Äquivalenzeinkommen von weniger als 60% des Bundesmedians der Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung in Privathaushalten am Ort der Hauptwohnung. Das Äquivalenzeinkommen wird auf Basis der neuen OECD-Skala berechnet.

Methodische Hinweise:
Die im Rahmen dieser Pressemitteilung präsentierten Armutsgefährdungsquoten für Bund und Länder wurden auf der Grundlage der Ergebnisse des Mikrozensus 2008 berechnet. Der Mikrozensus ist die größte jährliche Haushaltsbefragung in Europa; er bietet aufgrund seiner Stichprobengröße die Möglichkeit, für alle Bundesländer verlässliche Indikatoren zu berechnen.

Für die Berechnung von Armutsgefährdungsquoten kommen grundsätzlich mehrere Datenquellen der amtlichen Statistik in Betracht. Auf europäischer Ebene und auf Bundesebene (insbesondere im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung) wird zur Berechnung von Indikatoren, die die Einkommensarmut und -verteilung betreffen, die Statistik „Leben in Europa“ (EU-SILC) als Datengrundlage herangezogen. Für die Darstellung vergleichbarer Indikatoren auf Ebene der Bundesländer kann EU-SILC jedoch nicht verwendet werden, da die Stichprobe nicht groß genug ist, um auch für kleinere Bundesländer die entsprechenden Indikatoren auszuweisen. Zu beachten ist, dass sich der Mikrozensus und EU-SILC sowohl hinsichtlich des zu Grunde liegenden Einkommenskonzepts und der Einkommenserfassung als auch hinsichtlich des Stichprobendesigns unterscheiden. Nach den Ergebnissen der EU-SILC-Erhebung 2008 ergab sich für das Jahr 2007 bundesweit eine Armutsgefährdungsquote von 15%.

Neben den dargestellten Armutsgefährdungsquoten nach dem Nationalkonzept können auch nach dem Regionalkonzept Armutsgefährdungsquoten berechnet werden. Grundlage der Berechnungen sind die jeweiligen regionalen Armutsgefährdungsschwellen. Diese werden anhand des mittleren Einkommens (Median) des jeweiligen Bundeslandes beziehungsweise der jeweiligen Region errechnet. Dadurch wird den Unterschieden im Einkommensniveau zwischen den Bundesländern beziehungsweise Regionen Rechnung getragen.

Weitere Auskünfte gibt: Zweigstelle Bonn, Bettina Mertel, Telefon: +49 611 75 8705,
E-Mail: sbe@destatis.de
(Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Nr.487 vom 15.12.2009)


 

17.12.2009

Sexualtäterdatei in Baden-Württemberg beschlossen

Der Ministerrat des Landes Baden-Württemberg billigte am 24.11.2009 die Konzeption zum Schutz vor besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern - Innenminister Heribert Rech, Justizminister Ulrich Goll und Sozialministerin Monika Stolz erklärten dazu: "Wir erhöhen die Sicherheit der Menschen im Land und schützen die Allgemeinheit"

Kurzbeschreibung der Pressemeldung des Justizministeriums: "Der Ministerrat hat jetzt der Konzeption zum Schutz vor besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern zugestimmt und Innenministerium, Justizministerium und das Ministerium für Arbeit und Soziales beauftragt, bis zum Sommer 2010 eine entsprechende Verwaltungsvorschrift umzusetzen.

Das ist ein wichtiger Schritt für mehr Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger.“ Das sagte Innenminister Heribert Rech, Justizminister Prof. Dr. Ulrich Goll und Sozialministerin Dr. Monika Stolz am Dienstag, 24. November 2009, in Stuttgart.

In der Vergangenheit sei es im Bundesgebiet durch rückfällige Sexualstraftäter, die ihre Strafe verbüßt hätten, zum Teil bereits kurz nach der Haftentlassung zu einer Reihe aufsehenerregender Straftaten bis hin zu sexuell motivierten Tötungsdelikten gekommen. Der Umgang mit dieser Tätergruppe sei von jeher eine große Herausforderung für Polizei und Justiz. Gefährliche Sexualstraftäter würden im Regelfall einer mindestens zwei- und höchstens fünfjährigen justiziellen Führungsaufsicht unterliegen, um ihnen Hilfe und Betreuung bei der Gestaltung ihres Lebens in Freiheit zu gewähren und um sie zum Schutz der Allgemeinheit vor künftigen Straftaten zu überwachen. Dabei könnten umfangreiche Weisungen erteilt werden wie Aufenthaltsverbote, Meldeauflagen, Alkohol- oder Drogenverbote und Therapieaufnahmen. Zur Unterstützung werde für den Probanden ein Bewährungshelfer bestellt.

„Nach dem Beschluss des Ministerrats wollen wir jetzt die Konzeption der Landesregierung ab dem zweiten Quartal 2010 umsetzen und vorher die Voraussetzungen dafür schaffen. Die Projektorganisation aus Vertretern von Polizei und Justiz nimmt unverzüglich ihre Arbeit auf“, so Rech und Goll. Die Konzeption sehe vor, dass künftig die Führungsaufsichtsstellen bei den Landgerichten auf Vorschlag des Justiz- beziehungsweise Maßregelvollzugs den Risikoprobanden einstufen und Ausschreibung zur Polizeilichen Beobachtung veranlassen würden. Die Führungsaufsichtsstellen prüften ständig, ob die individuellen, risikominimierenden Auflagen und Weisungen ergänzt oder geändert werden sollten. Beim Landeskriminalamt werde eine Gemeinsame Zentralstelle (GZS KURS) aus Vertretern von Justiz und Polizei eingerichtet. Vorarbeiten hätten dort aber bereits begonnen. Die Zentralstelle würde das Gefahrenpotenzial der Risikoprobanden in drei Stufen kategorisieren. Außerdem sammle sie landesweit Informationen und steuere die führungsaufsichts- und gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen bei den Risikoprobanden. Bei der Zentralstelle würden auch die relevanten Informationen in polizeilichen Fahndungs- und Auskunftsdateien erfasst. Die Festlegung und Koordinierung der gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen bei den Risikopro-banden erfolge bei den für den Wohnort des Risikoprobanden zu-ständigen Polizeidirektionen beziehungsweise -präsidien. „Bei Bedarf werden sich Polizei und Justiz auf örtlicher Ebene abstimmen, um im Einzelfall geeignete Maßnahmen der Führungsaufsicht und der Gefahrenabwehr zur Minimierung des Rückfallrisikos zu koordinieren“, so Rech. Vorgesehen seien unter anderem Wohnsitzüberprüfungen, Gefährder- und Gefährdetenansprachen, Kontrollen und Observationen durch die Polizei.

Eine erhöhte Rückfallwahrscheinlichkeit bestehe besonders bei Sexualstraftätern ohne positive Prognose. Maßgeblich für die Einstufung als besonders rückfallgefährdeter Proband seien die Persönlichkeit, sein Aggressionspotenzial, die Art, Schwere und Häufigkeit der begangenen Taten, das Verhalten nach der Tat, die Entwicklung im Straf- oder Maßregelvollzug oder während der Führungsaufsicht sowie das aktuelle Umfeld. Bei einer Dauer der Führungsaufsicht zwischen zwei und fünf Jahren müsse von einem Gesamtpotenzial von schätzungsweise 900 Risikoprobanden landesweit ausgegangen werden. Um die Allgemeinheit bestmöglich zu schützen, sei deshalb eine ressortübergreifende Konzeption erforderlich.

Die Erfahrungen aus anderen Ländern, in denen besonders rückfallgefährdete Sexualstraftäter bereits ähnliche Konzeptionen unterliegen würden, hätten gezeigt, dass die Unterstützung der Führungsaufsicht durch eine verstärkte gefahrenabwehrrechtliche Überwachung der rund 900 Risikoprobanden in Baden-Württemberg erheblich personelle Ressourcen bei der Polizei binde, vor allem für die Arbeit vor Ort. Bei der Zentralstelle seien zudem je drei Stellen des Polizeivollzugsdienstes und des Justizdienstes sowie eine Stelle im Tarifbereich aus dem vorhandenen Personalbestand erforderlich. Die Haushaltsstrukturkommission habe daher beschlossen, vorübergehend zusätzliche Arbeitskapazitäten bei der Polizei dadurch zu schaffen, dass die Frist für die Einsparung der noch zu erbringenden 23 Nichtvollzugsstellen um drei Jahre verlängert werde. „Trotz aller Sparzwänge ist sich die Landesregierung ihrer Verantwortung bewusst. Dieses Geld ist gut investiert und dient dem Schutz der Menschen im Land“, sagten Rech, Goll und Ministerin Stolz.


 

16.12.2009

Vollstreckung von Bewährungsstrafen und alternativen Sanktionen aus Mitgliedstaaten der EU in Deutschland.

Eine Mitteilung des DBH-Fachverbandes

RAHMENBESCHLUSS 2008/947/JI des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile und Bewährungsentscheidungen im Hinblick auf die Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen.
Die deutschsprachige Fassung findet sich unter folgender URL:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:337:0102...


 

15.12.2009

Sexualstraftäterdateien der Länder

Eine Information des DBH-Fachverbandes für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik

Die CDU-NRW plant nach dem Vorbild anderer Bundesländer eine "Sexualstraftäter-Datei" einzurichten. Solche Dateien gibt es bisher u.a. in Bayern, Niedersachsen, Brandenburg und Hessen. Alle Sexualstraftäter sollen künftig in der von der Polizei geführten Datei erfasst werden. Information

http://www.dbh-online.de/index.php?id=223


 

14.12.2009

34. Strafverteidigertag 2010

"Wehe dem, der beschuldigt wird"

vom 26.-28. Februar 2010 wird in Hamburg der 34. Strafverteidigertag stattfinden.

Unter den Arbeitsgruppenthemen sind unmittelbar auch kriminologisch relevante zu finden:

  • AG 1: Der Geist des Obrigkeitsstaats im Revisionsrecht - freie Advokatur als Feindbild der jüngeren Rechtsprechung des BGH.
  • AG 2: Prognose und Strafrecht. Die Sanktionierung negativer Kriminalprognose
  • AG 3: Labeling (im Zentrum: Maßnahmen gegen junge ausländische Intensivtäter in Berlin).
  • AG 4: Kritische Kriminaltechnik.
  • AG 5: (Mehr) Transparenz im Strafverfahren (im Zentrum: Dokumentation von Vernehmungen)
  • AG 6: Wiederaufnahme.

Nähere Information kann unter folgender URL abgerufen werden:
http://www.strafverteidigertag.de/


 

07.12.2009

Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung von Schmerzensgeld nach rechtswidriger Freiheitsentziehung.

Bundesverfassungsgericht befasst sich mit den Folgen des Verbots einer Demonstration bei Gorleben gegen den Castor-Transport

BVerfG, Beschluss vom 11. November 2009, 1 BvR 2853/08

Die Beschwerdeführer hielten sich im November 2001 im Wendland auf, weil sie die Demonstrationen anlässlich eines Castortransports in das Zwischenlager Gorleben beobachten wollten. Für einen Korridor von 50 Metern beiderseits der Bahnstrecke war ein Demonstrationsverbot verhängt. Die Beschwerdeführer saßen an diesem Tag in einer Entfernung von ca. 3 km von den Bahnschienen in ihrem Auto, wo sie von Polizeibeamten angetroffen wurden. Die Polizeibeamten nahmen beide Beschwerdeführer zusammen mit ca. 70 anderen Bürgern in Gewahrsam, aus dem die Beschwerdeführer erst mehrere Stunden später entlassen wurden.

Das Amtsgericht Uelzen stellte auf Antrag der Beschwerdeführer im März 2007 die Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung fest. Mit einer bereits im Juli 2004 erhobenen Amtshaftungsklage gegen das Land Niedersachsen und die Bundesrepublik Deutschland beim Landgericht in Lüneburg begehrten sie zudem unter anderem die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Geldentschädigung wegen der erlittenen rechtswidrigen Freiheitsentziehung.

Die Klage und die Berufung blieben erfolglos. Die Beschwerdeführer rügen, dass die angegriffenen Entscheidungen über ihre Amtshaftungsklage Bedeutung und Tragweite der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 sowie Art. 1 Abs. 1, auch in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG grundlegend verkannt hätten, auch indem sie die herabwürdigenden Umstände der Ingewahrsamnahme nicht berücksichtigt hätten.

Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hob die Urteile des Landgerichts Lüneburg und des Oberlandesgerichts Celle auf und wies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück. Sie verletzen die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, weil sie bei der Versagung eines Amtshaftungsanspruchs nicht berücksichtigt haben, dass schon die Voraussetzungen für die freiheitsentziehende Maßnahme selbst nicht gegeben waren. Außerdem haben die Gerichte die Umstände des Gewahrsamvollzugs bei der Versagung des Schmerzensgeldes in verfassungsrechtlich nicht mehr tragfähiger Weise außer Acht gelassen.

Ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung immaterieller Grundrechtspositionen muss nicht zwingend in der Zubilligung eines Zahlungsanspruchs bestehen. Dies gilt auch dann, wenn man berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Schutzauftrag des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf Ausgleich des immateriellen Schadens gebietet, weil anderenfalls ein Verkümmern des Rechtsschutzes der Persönlichkeit zu befürchten wäre. Es begegnet daher keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass eine Geldentschädigung wegen der Verletzung immaterieller Persönlichkeitsbestandteile nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung nur unter der Voraussetzung einer hinreichenden Schwere und des Fehlens einer anderweitigen Genugtuungsmöglichkeit beansprucht werden kann.

Die Gerichte haben ihre Auffassung, dass die von den Beschwerdeführern erlittene Rechtseinbuße durch die vom Amtsgericht festgestellte Rechtswidrigkeit des Gewahrsams hinreichend ausgeglichen sei, allein auf eine Würdigung der Umstände der Durchführung des Gewahrsams gestützt.
Demgegenüber wird die Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG durch die rechtswidrige Freiheitsentziehung selbst, unabhängig von den Bedingungen ihres Vollzuges, in den angegriffenen Entscheidungen zwar erwähnt, aber nicht sachhaltig gewichtend in die gebotene Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalles einbezogen. Sie gibt dem vorliegenden Fall aber gerade sein wesentliches Gepräge und unterscheidet ihn von den durch die Gerichte zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen, in denen es allein um die Bedingungen beim Vollzug einer an sich gerechtfertigten Freiheitsentziehung ging.

Darüber hinaus genügen auch die Erwägungen der Gerichte zur rechtlichen Würdigung der Umstände des Gewahrsamsvollzugs ihrerseits nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. So ist insbesondere zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht in der mindestens zehnstündigen Festsetzung der Beschwerdeführer keine nachhaltige Beeinträchtigung gesehen hat, ohne die abschreckende Wirkung zu erwägen, die einer derartigen Behandlung für den künftigen Gebrauch grundrechtlich garantierter Freiheiten — namentlich die durch Art. 8 Abs. 1 GG geschützte Teilnahme an Demonstrationen oder deren von Art. 2 Abs. 1 GG umfasste Beobachtung — zukommen konnte und die der Rechtsbeeinträchtigung ein besonderes Gewicht verleihen kann.

(Die vollständige Entscheidung ist unter folgender URL zu finden:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20091111_1bvr285... )

(Quelle: Pressemitteilung der Pressestelle des BVerfG Nr. 135/2009 vom 2.12.2009)


 

04.12.2009

Evaluation des Maßregelvollzugs gemäß § 64 StGB

Einrichtungen in 7 Bundesländern sind an einer aktuellen Studie beteiligt, unter Federführung von NRW

(Institut für Forensische Psychiatrie der Universität Duisburg-Essen)
Die Effektivität des Maßregelvollzugs ist schon aus theoretischen Gründen nicht leicht einzuschätzen. Er dient bekanntlich zwei Zwecken: der Besserung (Behandlung und Resozialisierung zur Minderung des Risikos zukünftiger strafbarer Handlungen) und der Sicherung, also der Minderung aktueller Risi-ken. Die Verfolgung dieser Zwecke steht nicht selten im Konflikt miteinander, etwa wenn durch Frei-heitsbeschränkung Erfahrungen verhindert werden, die der Besserung dienen könnten. Verbindliche Aussagen über den Nutzen von Unterbringungen sind daher schon grundsätzlich schwierig, und der Be-stand an soliden Forschungsergebnissen ist zudem überschaubar.
Dies gilt sogar für die Unterbringung in der Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB, obwohl diese eindeu-tig am Besserungszweck orientiert ist. Sie soll ja nur angeordnet werden bei hinreichend konkreten Aus-sichten eines Behandlungserfolges. Schalast, Palaschke & Dönisch-Seidel berichten im aktuellen Heft von „Recht & Psychiatrie“ über eine gerade begonnene und langfristig angelegte Evaluationsstudie zur Unterbringung gemäß § 64 StGB. An der vom Sozialministerium NRW finanzierten Untersuchung beteiligen sich sieben Bundesländer. In der Studie sollen die folgenden methodischen Prinzipien reali-siert werden:

  • Erhebung therapeutisch und prognostisch relevanter Daten bei einer ausreichend großen Gruppe (n = 300) von Patienten.
  • Einbeziehung aller in einem bestimmten Zeitraum in den beteiligten Kliniken zur Aufnahme kom-menden Patienten.
  • Vollständige Weiterverfolgung aller Patienten, auch wenn eine vorzeitige Erledigung der Unterbrin-gung mit Rückverlegung in den Strafvollzug erfolgt.
  • Rekrutierung einer gematchten Vergleichsgruppe von Insassen des Strafvollzugs mit Suchtproble-men, bei denen keine Unterbringung angeordnet wurde.
  • Einholung von BZR-Auskünften über alle Probanden nach frühestens zwei Jahren in Freiheit.

Die Untersucher erhoffen sich Erkenntnisse über den Nutzen der Unterbringung in der Entziehungsan-stalt und allgemein über Indikation und Ertrag bestimmter Behandlungsmaßnahmen bei rauschmittelab-hängigen Insassen des Straf- und Maßregelvollzugs.
http://www.uni-due.de/rke-forensik/ErtragDerUnterbringungInEinerEntziehu...
http://www.verlag.psychiatrie.de/zeitschriften/rp/article/rp_04_2009.html


 

03.12.2009

Bedingungen der menschenwürdigen Unterbringung von Strafgefangenen

Eine aktuelle Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat in dem Beschluss LVerfG Berlin HRRS 2009 Nr. 1029 eine bemerkenswerte Entscheidung zur menschenrechtswidrigen Unterbringung in deutschen Justizvollzugsanstalten getroffen, in der er eine Unterbringung in einer 5,25 m² großen Haftzelle als Verfassungsverstoß eingestuft hat:

  1. Angesichts der besonderen Verantwortung des Staates für Strafgefangene, die der Staatsgewalt unmittelbar unterworfen sind, dürfen zur Wahrung der Menschenwürde auch bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse bestimmte Minimalstandards der Haftbedingungen nicht unterschritten werden. (LVerfGE)
  2. Ob die Unterbringung in einem Haftraum (hier: Einzelhaftraum von 5,25 qm Bodenfläche mit räumlich nicht abgetrennter Toilette) gegen die Menschenwürde verstößt, ist im Rahmen einer Gesamtschau anhand der konkreten Umstände, insbesondere der Größe des Haftraums, der Gestaltung des Sanitärbereichs, aber auch der täglichen Einschlusszeiten und der Dauer der Unterbringung zu beurteilen. (LVerfGE)
  3. In Verfahren, die die Haftraumunterbringung eines Gefangenen betreffen, entfällt das Rechtsschutzinteresse nicht mit der Beendigung der beanstandeten Unterbringung, sofern eine Verletzung der Menschenwürde durch die Art und Weise der Unterbringung möglich erscheint. (Bearbeiter)

(Quelle: HRRS-Online November 2009)


 

02.12.2009

Amtliche Statistiken zur Jugendhilfe und zur Rechtspflege.

Aktuelle Ausgaben des Statistischen Bundesamtes - Destatis - zum kostenlosen Download

Erzieherische Hilfe 2008
- auch Heimerziehung, sowie Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen, Hilfe für junge Volljährige
Detaillierte Angaben zur Anzahl der Hilfen, Art des Trägers, Geschlecht und Alter, Herkunftsfamilie, ausländischer Herkunft, Sprache, wirtschaftlicher Situation, Intensität und Dauer der Hilfe - Bundes- und Länderergebnisse
Umfang: 75 Seiten, Format: PDF, Artikel-Nr. 5225112087004
https://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath...

16 Jahre Kinder- und Jugendhilfegesetz in Deutschland
Ergebnisse der Kinder- und Jugendhilfestatistiken, Erzieherische Hilfen 1991 bis 2006 „Von der Erziehungsberatung bis zur Heimerziehung”
PDF-Datei, als Broschüre aufgelistet auf der Seite der Fachveröffentlichungen zu den Sozialleistungen. Von dort direkt ansprechbar:
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Na...

Gefangene und Verwahrte in Deutschland am 31. August 2009
Bestand der Gefangenen und Verwahrten in den deutschen Justizvollzugsanstalten nach ihrer Unterbringung auf Haftplätze des geschlossenen und offenen Vollzuges, jeweils zu den Stichtagen 31. März, 31. August und 30. November eines Jahres
Stand: 18.11.2009,Umfang: 99 Seiten, Format: PDF , Artikel-Nr. 5243201099004
https://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath...

Strafverfolgung - Fachserie 10 Reihe 3 - 2008
Abgeurteilte und Verurteilte nach demographischen Merkmalen sowie Art der Straftat, angewandtem Strafrecht und Art der Entscheidung, Früheres Bundesgebiet einschließlich Gesamt-Berlin.
Erschienen am 16.11.2009, Umfang: 517 Seiten, Format: PDF , Artikel-Nr. 2100300087004
https://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath...

Strafgerichte - Fachserie 10 Reihe 2.3 - 2008
Geschäftsanfall und -erledigung der Straf- und Bußgeldsachen vor den Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandgerichten nach Ländern sowie vor dem Bundesgerichtshof u. a. nach Verfahrensgegenstand, Erledigungsart und Verfahrensdauer.
Erschienen am 25.09.2009, Umfang: 173 Seiten, Format: PDF, Artikel-Nr. 2100230087004
https://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath...

Lange Reihen Strafverfolgung für Deutschland
Verurteilte Deutsche und Ausländer nach der Art der Straftat 2007-2008
Umfang: 14 Seiten , Format: PDF
https://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath...

Lange Reihen Strafverfolgung für das frühere Bundesgebiet
Verurteilte Deutsche und Ausländer nach der Art der Straftat 1995-2008
Verurteilte Deutsche und Ausländer (absolute Zahlen) sowie verurteilte Deutsche je 100.000 Personen der strafmündigen Wohnbevölkerung, nach Art der Straftat, Altersklassen und Geschlecht; Früheres Bundesgebiet einschl. Berlin-West (seit 1995 einschl. Gesamtberlin)
Umfang: 74 Seiten, Format: PDF, Artikel-Nr. 5243101087004
https://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath...


 

01.12.2009

15. Deutscher Präventionstag 2010

Der nächste und "halbrunde" Deutsche Präventionstag wird am 10. und 11. Mai 2010 in Berlin stattfinden. Näheres wird zu gegebener Zeit auf der Homepage des DPT mitgeteilt werden: http://www.praeventionstag.de/nano.cms/de/15-DPT-Startseite

Zu den Besonderheiten der drei letzten der seitherigen Präventionstage gehörte, dass zum Generalthema wissenschaftliche Gutachten vorgelegt wurden. Sie stammen aus der Feder von Dr. Wiebke Steffen. Sie verschaffen einen detaillierten Überblick über den gesamten jeweiligen Problembereich, mit weiter führenden Quellenangaben, und ermöglichen einen sehr guten Einstieg in die Materie, auch als Material für Lehrveranstaltungen oder Fortbildungsveranstaltungen.

Diese Gutachten können als PDF-Dateien kostenlos von der Dokumentationsseite des DPT herunter geladen werden:

Veröffentlichungen in der Onlinedokumentation des Deutschen Präventionstages von
Dr. Wiebke Steffen

„Solidarität leben – Vielfalt sichern“ - Moderne Gesellschaften und Kriminalität.
Der Beitrag der Kriminalprävention zu Integration und Solidarität.
Gutachten 14. DPT
Engagierte Bürger – sichere Gesellschaft,
Bürgerschaftliches Engagement in der Kriminalprävention
Gutachten 13. DPT
Wiesbadener Gutachten Gutachten 12. DPT

Dokumentations-Seite insgesamt:
http://www.praeventionstag.de/nano.cms/de/Dokumentation


 

November 2009

30.11.2009

Aktueller Bericht des Europäischen Anti-Folter-Komitees des Europarates über seine Aktivitäten und Erfahrungen

Mitteilung aus Straßburg vom 17. November 2009

20 Years of Combating Torture - 19th General Report of the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT)

During the 20 years of its existence, the CPT (European Committee for the Prevention of Torture) has carried out some 270 visits to detention places in 47 European States. In its 19th General Report the CPT looks back over two decades of combating torture and ill-treatment in Europe. It discusses the achievements to date – the concrete improvements brought about and the standards developed – as well as the challenges which lie ahead.

The report gives a detailed snapshot of the CPT’s activities over the last twelve months. Highlights from recently published visit reports and government responses are also provided; they offer an insight into some of the major issues with which the Committee is confronted during its work and the approaches of States to address them.

A specific section describes the safeguards that should be offered to irregular migrants deprived of their liberty, with a special emphasis on the situation of children.

The report will be of interest to all those who are concerned by the treatment of persons deprived of their liberty, whether in prisons, juvenile detention centres, police stations, holding centres for immigration detainees, psychiatric hospitals, social welfare institutions or any other institution.

Council of Europe Publishing
Palais de l'Europe, 67075 Strasbourg Cedex, France
ISBN: 978-92-871-6731-6
72 Pp; € 19 + 10% Postage.
E-mail : publishing@coe.int
Visit our site : http://book.coe.int
Tel. : +33 (0)3 88 41 25 81, Fax : +33 (0)3 88 41 39 10


 

27.11.2009

SAGE bietet vorübergehend freien elektronischen Zugang zu englischsprachigen kriminologischen Zeitschriften

ON-LINE ACCESS TO CRIMINOLOGY and CRIMINAL JUSTICE JOURNALS

By registering for this free trial, you will have access to these journals until 31st December 2009:

  • Crime & Delinquency
  • Child Maltreatment
  • Crime, Media, Culture
  • Criminal Justice and Behavior
  • Criminal Justice Policy Review
  • Criminal Justice Review
  • Criminology & Criminal Justice
  • European Journal of Criminology
  • Feminist Criminology
  • Homicide Studies
  • International Criminal Justice Review
  • International Journal of Offender Therapy and Comparative Criminology
  • Journal of Correctional Health Care
  • Journal of Contemporary Criminal Justice
  • Journal of Interpersonal Violence
  • Journal of Research in Crime and Delinquency
  • Law, Culture and the Humanities
  • Police Quarterly * Probation Journal
  • Punishment & Society
  • The Prison Journal
  • Sexual Abuse
  • Social & Legal Studies
  • Theoretical Crimin ology
  • Trauma, Violence & Abuse
  • Violence Against Women
  • Youth Justice
  • Youth Violence and Juvenile Justice

Sign up now!
Click here to register: https://online.sagepub.com/cgi/register?registration=CRIM09LISTSERV

With best wishes,
Réhannah Karim, Marketing Manager, SAGE Publications Ltd, 1 Oliver’s Yard, 55 City Road, London, EC1Y 1SP


 

25.11.2009

European Rules for Juvenile Offenders subject to Sanctions or Measures

New Publication (17/11/2009)

This book deals with the rules that are in force in Europe for juvenile offenders. The aim of the rules is to uphold the rights and safety of juvenile offenders subject to sanctions or measures and to promote their physical, mental and social well-being when subject to community sanctions or measures, or any form of deprivation of liberty. It is based on Recommendation Rec(2008)11 of the Committee of Ministers of the Council of Europe on the European Rules for juvenile offenders subject to sanctions or measures, which was adopted on 5 November 2008. The first part of the book contains the text of the recommendation and is followed by a commentary which explains in finer detail the rules and the points raised by the text. The final section provides an analysis of the national replies to a questionnaire related to the treatment of juvenile offenders. This work will be of interest to human rights scholars, researchers and students of law, criminology and international relations.

Council of Europe Publishing, Palais de l'Europe, 67075 Strasbourg Cedex, France
ISBN: 978-92-871-6620-3
213 Pp. € 36 + 10 % Postage
E-mail : publishing@coe.int Tel. : +33 (0)3 88 41 25 81, Fax : +33 (0)3 88 41 39 10
Visit our site : http://book.coe.int


 

24.11.2009

Confidence in the criminal justice system

Trends & issues in crime and criminal justice no. 387

David Indermaur and Lynne Roberts
ISSN 1836-2206
Canberra: Australian Institute of Criminology, November 2009

Abstract

Confidence in the criminal justice system has emerged as a critical issue at the interface of the administration of justice and political pressures in western democracies. For more than a decade, governments in the West have felt acute pressure to make the criminal justice system more relevant, more transparent and more accountable. The 'crisis of confidence', particularly in judges and sentencing, has led to a range of high profile policy announcements seeking to 'modernise' the criminal justice system. This trend was most pronounced in the United Kingdom in the period from around 1998 to 2004 under the Blair government and led to an outpouring of analyses, investigations and reforms aimed at improving confidence in the criminal justice system. This paper reviews some of these developments but also takes a closer look at the nature of public confidence in the criminal justice system in Australia. Using the results of the latest Australian Survey of Social Attitudes, aspects of public confidence are examined with a particular focus on the evaporation of confidence in the criminal justice system from police, through courts to corrections. This 'evaporation effect' has been observed in all countries where confidence in various aspects of the criminal justice system has been studied.
Announcement:
http://www.aic.gov.au/publications/current%20series/tandi/381-400/tandi3...

Direct access to the PDF-File of the Report (520 KB):
http://www.aic.gov.au/documents/D/6/8/%7BD68CD7EA-536A-4025-A8C0-A5BADF5...


 

23.11.2009

Gesucht: Richterin oder Richter für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg

Am 31. Oktober 2010 endet die Amtszeit der deutschen Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, Frau Dr. h. c. Renate Jaeger. Im kommenden Jahr steht daher die Wahl einer Nachfolgerin bzw. eines Nachfolgers an. Die Nachfolgeentscheidung trifft die Parlamentarische Versammlung des Europarats auf der Grundlage einer von der Bundesrepublik Deutschland erstellten Liste von drei Kandidatinnen und Kandidaten.

Das Bundesministerium der Justiz hat deshalb geeignete Personen aufgerufen, bis zum 18. Dezember 2009 ihr Interesse an dieser Aufgabe zu signalisieren. Nach Artikel 21 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten müssen die Richterinnen und Richter "ein hohes sittliches Ansehen genießen und entweder die für die Ausübung hoher richterlicher Ämter erforderlichen Voraussetzungen erfüllen oder Rechtsgelehrte von anerkanntem Ruf sein".

Der Aufruf zur Interessenbekundung ist unter www.bmj.de abrufbar.
(Quelle: Pressemitteilung vom 20.11.2009.Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl, Mohrenstr. 37, 10117 Berlin Telefon 030/18 580 9030, Telefax 030/18 580 9046, presse@bmj.bund.de)


 

23.11.2009

Die "Teen-Court"-Bewegung scheint Fahrt aufzunehmen.

Eine Nachricht aus den USA von der "Global Youth Justice"-Organisation

“New Global Youth Justice, LLC already attracts 20,000 visitors from 57 Countries”

Global Youth Justice and its new www.GlobalYouthJustice.org are leading the global expansion of quality juvenile justice programs commonly referred to as youth court, teen court, peer court, student court, youth peer jury, and youth peer panel. These peer justice and youth empowerment programs harness positive peer pressure and utilize it in a peer judgment setting for purposes of adjusting anti-social, delinquent, and criminal behavior. A record 1,255 local communities in America and increasingly around the globe are now operating these youth justice programs, which utilize volunteer youth in the sentencing process of other youth who have committed a crime, offense, and/or violation. A staggering 116,114 youthful offenders and a record 133,832 volunteers – to include both youth and adults are now involved annually in these programs.

In less than two decades, these youth justice programs have already emerged as both the most replicated juvenile justice program in America and one of the leading national youth service programs engaging unprecedented and growing numbers of volunteer youth in meaningful and continual service. Log on to Www.GlobalYouthJustice.org and learn more about the Global Youth Justice Movement taking hold around the world!
“Made in America: The Global Youth Justice Movement”

Groundbreaking International Journal Article appears on the Switzerland-Based International Juvenile Justice Panel.

http://www.juvenilejusticepanel.org/resources/?act=res&cat=&nod=_root_&i...

“The Power of Positive Peer Pressure” Q & A with Scott Bernard Peterson.

The interview with Connect for Kids/Child Advocacy 360/YouthPolicy Action Center

http://www.connectforkids.org/node/7123

News and Press @ Global Youth Justice

http://www.globalyouthjustice.org/New___Press.html

Visit and bookmark www.GlobalYouthJustice.org today and share this e-announcement with the amazing adults and extraordinary youth involved in

your local youth court, teen court, peer court, student court, or youth peer panel program! Hundreds of local programs in America and around the world have

submitted new articles, web-sites, and much more in this new Global effort to share ideas and strategies and more !

Don’t forget to check out the upcoming 1st Global Youth Justice Institute and Staff Retreat this upcoming June of 2010 in Provincetown, Cape Cod !

Scott Bernard Peterson, President and Founder., Global Youth Justice, LLC

Scott.Peterson@GlobalYouthJustice.org

DrYouthCourt@AOL.com

www.GlobalYouthJustice.org


 

18.11.2009

Wird die Körperliche Züchtigung von Kindern auch in Frankreich bald verboten?.

Eine Initiative der Regierungspartei zielt auf das Verbot der Prügelstrafe.

SPIEGEL ONLINE, Bericht vom 16.11.2009:

"Was in vielen Ländern Europas längst gilt, bedeutet für Frankreich eine kleine Revolution: Noch dürfen Eltern ihre Kinder dort schlagen
- aber das will die Regierungspartei UMP jetzt verbieten. Eine Politikerin fordert gar, das Gesetz allen Brautpaaren bei der Hochzeit vorzulesen."

Den vollständigen Artikel erreichen Sie im Internet unter der URL
http://www.spiegel.de/schulspiegel/ausland/0,1518,661576,00.html

Zwei frühere Artikel zum Thema:

* Französische Schule: Lehrer- Ohrfeige kostet 500 Euro Strafe
http://www.spiegel.de/schulspiegel/ausland/0,1518,571903,00.html

* Furor in Frankreich: Lehrer ohrfeigt Schüler - und erntet Zustimmung
http://www.spiegel.de/schulspiegel/ausland/0,1518,533578,00.html

Ein kurzer vergleichender Blick auf Indien und die USA:

* Prügelstrafe: Indischer Lehrer quält Schülerin zu Tode
http://www.spiegel.de/schulspiegel/ausland/0,1518,619596,00.html

* Prügelstrafe: 200.000 US-Schüler werden geschlagen
http://www.spiegel.de/schulspiegel/ausland/0,1518,573301,00.html


 

17.11.2009

Bundesverfassungsgericht äußert sich zu Ausmaß und Grenzen der Meinungsfreiheit

Anlass: Versammlungsverbot wegen rechtsradikaler Volksverhetzung

Beschluss des Ersten Senates des BVerfG vom 4. November 2009 (1 BvR 2150/08)

Tenor: § 130 Abs. 4 StGB ist mit Art. 5 Abs. 1 und 2 GG vereinbar.

Der Beschwerdeführer meldete im Voraus bis in das Jahr 2010 jährlich wiederkehrend, darunter auch für den 20. August 2005, eine Veranstaltung unter freiem Himmel in der Stadt Wunsiedel mit dem Thema "Gedenken an Rudolf Heß" an. Die geplante Versammlung wurde - gestützt auf § 15 Abs. 1 VersG in Verbindung mit § 130 Abs. 4 StGB - unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verboten. Die Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz und die daraufhin erhobene Klage blieben durch alle Instanzen erfolglos.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wandte sich der am 29. Oktober 2009 verstorbene Beschwerdeführer sowohl gegen § 130 Abs. 4 StGB selbst als auch gegen dessen Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht im konkreten Fall und rügte - unter anderem - eine Verletzung seiner Grundrechte der Versammlungs- und Meinungsfreiheit sowie einen Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts wies die Verfassungsbeschwerde - unter anderem - im Hinblick auf Art. 8 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 und 2 GG und Art. 103 Abs. 2 GG als unbegründet zurück.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Über die Verfassungsbeschwerde kann aufgrund der objektiven Funktion der Verfassungsbeschwerde, das Verfassungsrecht zu wahren, auszulegen und fortzubilden, trotz des Todes des Beschwerdeführers entschieden werden. Die erstrebte Entscheidung soll über die höchstpersönliche Betroffenheit des Beschwerdeführers hinaus Klarheit über die Rechtslage für Meinungsäußerungen bei einer Vielzahl zukünftiger Versammlungen und öffentlicher Auftritte schaffen und ist von allgemeiner verfassungsrechtlicher Bedeutung. Überdies war die Sache im Zeitpunkt des Todes des Beschwerdeführers entscheidungsreif, der Senat hatte sie beraten und das Verfahren stand unmittelbar vor seinem Abschluss. § 130 Abs. 4 StGB greift in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit ein, weil die Norm an die Meinungsäußerungen der Billigung, Verherrlichung und Rechtfertigung der nationalsozialistischen Gewalt und Willkürherrschaft anknüpft und diese unter weiteren Voraussetzungen unter Strafe stellt.

Grundsätzlich sind Eingriffe in die Meinungsfreiheit nur zulässig auf der Basis eines allgemeinen Gesetzes gemäß Art. 5 Abs. 2 Alternative 1 GG. Ein meinungsbeschränkendes Gesetz ist unzulässiges Sonderrecht, wenn es nicht hinreichend offen gefasst ist und sich von vornherein nur gegen bestimmte Überzeugungen, Haltungen oder Ideologien richtet. Dies gilt auch für Bestimmungen zum Schutz der Jugend und der persönlichen Ehre nach Art. 5 Abs. 2 Alternativen 2 und 3 GG. Die Allgemeinheit des Gesetzes verbürgt damit entsprechend dem Verbot der Benachteiligung wegen politischer Anschauungen nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 Alternative 9 GG für Eingriffe in die Meinungsfreiheit ein spezifisches und striktes Diskriminierungsverbot gegenüber bestimmten Meinungen.

Das Grundgesetz vertraut auf die Kraft der freien Auseinandersetzung als wirksamste Waffe auch gegen die Verbreitung totalitärer und menschenverachtender Ideologien. Dementsprechend fällt selbst die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts als radikale Infragestellung der geltenden Ordnung nicht von vornherein aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit heraus. Den damit verbundenen
Gefahren entgegenzutreten, weist die freiheitliche Ordnung des Grundgesetzes primär bürgerschaftlichem Engagement im freien politischen Diskurs zu.

Zwar ist die Vorschrift des § 130 Abs. 4 StGB kein allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Alternative 1 GG, weil sie nicht dem Schutz von Gewalt- und Willküropfern allgemein dient und bewusst nicht auf die Billigung, Verherrlichung und Rechtfertigung der Gewalt und Willkürherrschaft totalitärer Regime insgesamt abstellt, sondern auf positive Äußerungen allein in Bezug auf den Nationalsozialismus begrenzt ist.

§ 130 Abs. 4 StGB ist aber auch als nichtallgemeines Gesetz ausnahmsweise mit Art. 5 Abs. 1 und 2 GG vereinbar. Angesichts des Unrechts und Schreckens, die die nationalsozialistische Herrschaft verursacht hat, ist Art. 5 Abs. 1 und 2 GG für Bestimmungen, die der propagandistischen Gutheißung der historischen nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft Grenzen setzen, eine Ausnahme vom Verbot des Sonderrechts immanent. Das Grundgesetz kann weithin geradezu als Gegenentwurf zu dem Totalitarismus des nationalsozialistischen Regimes gedeutet werden. Die Erfahrungen aus der Zerstörung aller zivilisatorischen Errungenschaften durch die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft prägen die gesamte Nachkriegsordnung und die Einbindung der Bundesrepublik Deutschland in die Völkergemeinschaft bis heute nachhaltig.

Diese Ausnahme nimmt die Meinungsfreiheit indes nicht auch inhaltlich zurück. Die Meinungsfreiheit gewährleistet, dass sich Gesetze nicht gegen rein geistige Wirkungen von Meinungsäußerungen richten. Das Ziel, Äußerungen wegen ihrer Unvereinbarkeit mit sozialen oder ethischen Auffassungen zu behindern, hebt das Prinzip der Meinungsfreiheit selbst auf und ist illegitim. Das Grundgesetz rechtfertigt deshalb auch kein allgemeines Verbot der Verbreitung rechtsradikalen oder nationalsozialistischen Gedankenguts schon in Bezug auf die geistige Wirkung seines Inhalts.

§ 130 Abs. 4 StGB genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Die Vorschrift verfolgt mit dem Schutz des öffentlichen Friedens einen legitimen Zweck. Der Schutz des öffentlichen Friedens ist hierbei in einem begrenzten Sinn als Schutz der Friedlichkeit der öffentlichen Auseinandersetzung zu verstehen, nicht aber als Schutz vor einer "Vergiftung des geistigen Klimas" oder einer Kränkung des Rechtsbewusstseins der Bevölkerung durch totalitäre Ideologien oder eine offenkundig falsche Interpretation der Geschichte. Der öffentliche Friede zielt auf einen vorgelagerten Rechtsgüterschutz, der an sich abzeichnende Gefahren anknüpft. Dabei ist es eine verfassungsrechtlich tragfähige Einschätzung des Gesetzgebers, dass ein Gutheißen der Gewalt und Willkürherrschaft dieser Zeit der Bevölkerung heute regelmäßig als Aggression und als Angriff gegenüber denjenigen erscheint, die sich in ihrem Wert und ihren Rechten erneut in Frage gestellt sehen, und angesichts der geschichtlichen Realität mehr bewirkt als eine bloße Konfrontation mit einer demokratie- und freiheitsfeindlichen Ideologie. § 130 Abs. 4 StGB ist in seiner Ausgestaltung auch geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Weder verbietet er generell eine zustimmende Bewertung von Maßnahmen des nationalsozialistischen Regimes, noch ein positive Anknüpfung an Tage, Orte oder Formen, denen ein an diese Zeit erinnernder Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt. Seine Verwirklichung setzt vielmehr die Gutheißung des Nationalsozialismus als historisch real gewordene Gewalt- und Willkürherrschaft voraus. Diese kann auch in der glorifizierenden Ehrung einer historischen Person liegen, wenn sich aus den konkreten Umständen ergibt, dass diese als Symbolfigur für die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft als solche steht.

Daneben steht § 130 Abs. 4 StGB auch mit Art. 103 Abs. 2 GG in Einklang. Zwar kann die Vereinbarkeit der "Störung des öffentlichen Friedens" als strafbegründendes Tatbestandsmerkmal in Straftatbeständen mit Art. 103 Abs. 2 GG Zweifeln ausgesetzt sein, da dieser Begriff vielfältig offen und anfällig für ein Verständnis ist, das der grundlegenden Bedeutung der Freiheitsrechte in der grundgesetzlichen Ordnung nicht hinreichend Rechnung trägt. Allerdings bestehen gegen das Tatbestandsmerkmal der "Störung des öffentlichen Friedens" in einer Strafnorm nach dem
Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 GG dann keine Bedenken, wenn dieses durch andere Tatbestandsmerkmale konkretisiert wird, die bereits für sich allein die Strafdrohung zu tragen imstande sind. Es wirkt dann als ein Korrektiv, das es erlaubt, grundrechtlichen Wertungen im Einzelfall Geltung zu verschaffen. Insofern durfte der Gesetzgeber die öffentlich oder in einer Versammlung zum Ausdruck gebrachte Billigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der historischen nationalsozialistischen Gewalt und Willkürherrschaft schon für sich jedenfalls grundsätzlich als strafwürdig und hinreichend bestimmt
ansehen.

Die Bestätigung des Verbots einer Versammlung zum "Gedenken an Rudolf Heß" durch die angegriffene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hält sich im fachgerichtlichen Wertungsrahmen. Insbesondere unterliegt die Beurteilung des konkreten Falls, nach der die vom Beschwerdeführer geplante Versammlung zum "Gedenken an Rudolf Heß" eine Billigung der nationalsozialistischen Gewalt und Willkürherrschaft bedeutet hätte, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

(Quelle der Nachricht: Text = Bundesverfassungsgericht - Pressestelle - / Pressemitteilung Nr. 129/2009 vom 17. November 2009. Überschrift hier = KrimG)
Die vollständige Entscheidung ist unter folgender URL zu finden: http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20091104_1bvr215...


 

16.11.2009

Bewährungshilfe in der Schweiz in den Jahren 2000 bis 2006

Ein Überblick aus dem Bundesamt für Statistik der Schweiz

BFS Aktuell: Neuchâtel 2009, 20 Seiten, gratis. Erschienen am 12.11.2009.

Diese Publikation ist gedruckt verfügbar, und wie folgt erhältlich:
Bundesamt für Statistik
Espace de l'Europe 10, CH - 2010 Neuchâtel
Bestellnummer: 465-0600.

Tel.: 032 713 60 60. Fax: 032 713 60 12. order@bfs.admin.ch
Die hier vorliegenden Daten wurden im Rahmen der Erhebung zur Bewährungshilfe in den Jahren 2000 bis 2006 gesammelt und mit dem Ziel zusammengestellt, einen Überblick über Umfang, Struktur und Entwicklung traditioneller Bewährungshilfe – Schutzaufsicht und Weisungen – zu geben.

Zudem wurden einige wenige Daten zu neuen und erweiterten Aufgaben der Bewährungsdienste – insbesondere Betreuung im Freiheitsentzug – aufgenommen.

Diese Kennzahlen sollen als statistische Grundlagen für eine Einschätzung der durch die Bewährungsdienste betreuten Personen, der eingesetzten Ressourcen und der Betreuungsverhältnisse dienen.
Die Broschüre kann auch als PDF-Datei kostenlos bei folgender URL herunter geladen werden: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/19/22/publ.Document.1...

 

Rückfälligkeit nach Bewährungsstrafen im Vergleich zu unbedingten Freiheitsstrafen

Ergebnisse einer neueren australischen Erhebung

Media release: The Bureau of Crime Statistics and Research has released a new Crime and Justice Bulletin:

The recidivism of offenders given suspended sentences: A comparison with full-time imprisonment.

Being sent to prison is no more effective in reducing the risk of future re-offending than being threatened with prison, the NSW Bureau of Crime Statistics and Research has found. In fact, if anything, being sent to prison actually increases the risk of further offending.

The Bureau compared a group of offenders given a suspended sentence of imprisonment with a group of offenders given a sentence of full-time imprisonment.

The prison and suspended sentence cases were carefully matched on a large range of factors including gender, Indigenous status, age, socioeconomic disadvantage, jurisdiction (Local or District), plea, offence type, offence seriousness, number of concurrent offences, number of prior offences, whether the defendant had had a previous suspended sentence, whether the defendant had a prior juvenile offence and whether the offender had a prior violent offence.

Separate analyses were carried out for 1,661 matched pairs of offenders with a prior prison sentence and 2,650 matched pairs of offenders who had no prior prison sentence.

Re-offending was measured via the proportion of offenders convicted of a further offence in each group. Offenders were followed up from the date of sentence (between 2002 to 2004) until their first reconviction or the end of 2008 (whichever came first).

In cases where the offender had no previous experience of imprisonment, the Bureau found no significant difference in the likelihood of re-conviction between those who received a full-time sentence of imprisonment and those who were given a suspended sentence of imprisonment.

In cases where the offender had been previously sent to prison, the Bureau found offenders sent to prison were significantly more likely to re-offend than matched offenders given a suspended sentence of imprisonment.

Commenting on the findings, the Director of the Bureau, Dr Don Weatherburn, said they were consistent with a growing body of evidence that the experience of imprisonment does not reduce the risk of further offending.

“This does not mean we should abandon prison as a sanction for offending,” he said. “Prison might still be justified on the grounds of general deterrence, punishment or incapacitation. Our study suggests, however, that it would be wrong to impose a prison sentence on an offender in the belief that it will deter the offender from further offending.”

See the press release at: http://www.bocsar.nsw.gov.au/lawlink/bocsar/ll_bocsar.nsf/pages/bocsar_m...
The full report is being accessible at: http://www.bocsar.nsw.gov.au/lawlink/bocsar/ll_bocsar.nsf/vwFiles/CJB136.pdf/$file/CJB136.pdf

Further enquiries: Dr Don Weatherburn 0419-494-408 or 9231-9190
Copies of the report: www.bocsar.nsw.gov.au

Jackie Fitzgerald, Deputy Director, NSW Bureau of Crime Statistics and Research
Level 8 St James Centre, 111 Elizabeth Street, Sydney NSW 2000, Australia
Tel 02 9231 9174. Fax 02 9231 9187


 

02.11.2009

Neues zur Speicherung von Sexualtäterprofilen in landesweiten Datenbanken der USA

Justice Department Announces Implementation of Sex Offender Registration and Notification Act

On September 23, 2009, the U.S. Department of Justice's Office of Justice Programs issued the following press release:

Washington, DC – The Department of Justice announced today that Ohio and the Confederated Tribes of the Umatilla Indian Reservation are the first two jurisdictions to substantially implement the Sex Offender Registration and Notification Act (SORNA), Title I of the Adam Walsh Child Protection and Safety Act of 2006.

"We are pleased to announce the first two jurisdictions to substantially implement this important legislation," said Attorney General Eric Holder. "We are committed to working with the remaining states, tribes and territories with their implementation efforts."

The State of Ohio and the Confederated Tribes of the Umatilla Indian Reservation (located in the state of Oregon) have been working diligently with the Office of Justice Programs' Office of Sex Offender Sentencing, Monitoring, Apprehending, Registering and Tracking (SMART) to achieve this milestone, according to officials from the SMART Office.

"This marks an important achievement for Ohio's families and children," said Ohio Attorney General Richard Cordray. "Effective tracking and monitoring of sex offenders equips parents with the information they need to keep their children safe. Taking deliberate steps to provide a common foundation for all the registration systems throughout the United States allows our families to make the most effective use of the information those systems provide."

While most states have had sex offender registry systems in place for more than a decade, the tribal communities only became registration jurisdictions after the passage of the Adam Walsh Act. The Umatilla Indian Reservation has made significant strides in substantially implementing the registration and notification systems in a relatively short time frame.

"We understand the importance of working together to protect our communities by creating a national system of sexual offender registries. We are pleased that the Department of Justice has deemed our sex offender registration and notification program to be in substantial compliance with the Adam Walsh Act and I am proud of the work our staff has done to get us to this point," said Antone Minthorn, Chairman of the Board of Trustees for the Confederated Tribes of the Umatilla Indian Reservation.

"We applaud the efforts of Ohio and the Umatilla Tribes, and we also would like to recognize the significant on-going effort of the other jurisdictions who are actively working to implement SORNA to improve the safety of their communities," said Linda Baldwin, Director of the SMART Office. "These jurisdictions are the first of many whose efforts will create the seamless web of public sex offender databases and law enforcement information sharing envisioned by SORNA."

Additional information can be found at www.ojp.gov/smart.


 

Oktober 2009

22.10.2009

Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe im Jahr 2008, unter anderem für Heimerziehung

Mitteilung des Statistischen Bundesamtes

WIESBADEN - Im Jahr 2008 hat für mehr als eine halbe Million Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland eine erzieherische Hilfe begonnen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, haben damit rund 3% der jungen Menschen unter 21 Jahren eine erzieherische Hilfe durch das Jugendamt oder in einer Erziehungsberatungsstelle neu in Anspruch genommen. Eine Eingliederungshilfe bei (drohender) seelischer Behinderung haben 16 000 junge Menschen begonnen.

Unter den erzieherischen Hilfen wurde im Jahr 2008 am häufigsten Erziehungsberatung mit 307 000 begonnenen Hilfen in Anspruch genommen. Dies entspricht gut zwei Dritteln aller begonnenen erzieherischen Hilfen. Familienorientierte Hilfen, darunter die Sozialpädagogische Familienhilfe, haben in 51 000 Familien begonnen. Mit diesen Hilfen wurden 99 000 Kinder und Jugendliche und damit durchschnittlich zwei Kinder pro Familie erreicht.

An dritter Stelle folgen die stationären Hilfen mit 47 000 im Jahr 2008 begonnenen Hilfen. Somit war für etwa jeden zehnten jungen Menschen die erzieherische Hilfe mit einer Unterbringung außerhalb des Elternhauses verbunden. Zu den stationären Hilfen zählen Vollzeitpflege in einer anderen Familie, Heimerziehung und sonstige betreute Wohnformen.

Bei nahezu einem Viertel aller neu gewährten Hilfen zur Erziehung und damit als häufigster Hauptgrund für die Hilfegewährung wurde die Belastung des jungen Menschen durch familiäre Konflikte genannt. Bei 15% der begonnenen Hilfen wurde als Hauptgrund die eingeschränkte Erziehungskompetenz der Eltern beziehungsweise der Personensorgeberechtigten angegeben.

Weitere kostenlose Ergebnisse gibt es im Publikationsservice des Statistischen Bundesamtes unter ww.destatis.de/publikationen, Suchbegriff: "Erzieherische Hilfe".

Weitere Auskünfte gibt: Zweigstelle Bonn, Stefanie Lehmann, Telefon: (0611) 75-8167,
E-Mail: jugendhilfe@destatis.de

(Quelle: Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes, Nr. 104, vom 22. Oktober 2009)

 


 

21.10.2009

Jugendmedienschutz im Internet

Bundesverfassungsgericht lässt Verfassungsbeschwerden gegen das Verbot der Verbreitung einfach pornografischer Darbietungen im Internet an Minderjährige nicht zu

Beschluss vom 24. September 2009
Hpyperlink zur vollständigen Entscheidung:
1 BvR 1231/04 - 1 BvR 710/05 - 1 BvR 1184/08

Pressetext:

Die Verfassungsbeschwerden betreffen das Verbot der Verbreitung so genannter einfach pornografischer Darbietungen im Internet an Minderjährige. Die Beschwerdeführerin des Verfahrens 1 BvR 1184/08, deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer in der Sache 1 BvR 710/05 ist, hat unter anderem ein Altersnachweissystem vertrieben, welches der Beschwerdeführer in der Sache 1 BvR 1231/04 als Zugangskontrolle zu den von ihm im Internet angebotenen pornografischen Darstellungen eingesetzt hatte. Während sich die Verfassungsbeschwerde in dem Verfahren 1 BvR 710/05 unmittelbar gegen die Vorschrift des § 184c a.F. StGB (heute: § 184d StGB) wendet, liegen den Verfahren 1 BvR 1231/04 und 1 BvR 1184/08 Verurteilungen der Beschwerdeführer in einem strafrechtlichen und einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren wegen der Verwendung oder wirtschaftlichen Nutzung der nach Auffassung der Fachgerichte unzureichenden Altersnachweissysteme zugrunde.

Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerden der drei Beschwerdeführer nicht zur Entscheidung angenommen. Alle drei Verfassungsbeschwerden sind nicht ausreichend begründet und daher unzulässig. Den Begründungen kann insbesondere nicht entnommen werden, warum die Beschwerdeführer die angegriffenen gesetzlichen Altersnachweispflichten im Hinblick auf die Vielzahl frei verfügbarer pornografischer Angebote im Internet für ungeeignet halten, Minderjährige vor eventuellen negativen Einflüssen derartiger Darstellungen zu schützen. Auch wenn der Zugang zu pornografischen Angeboten im Internet durch die gesetzlich vorgeschriebene Sicherstellung des ausschließlichen Erwachsenenzugangs nicht völlig verhindert wird, kann er dadurch doch zumindest verringert werden.

Ebenso ist die von den Beschwerdeführern aufgestellte Behauptung, dem Gesetzgeber könne eine Einschätzungsprärogative hinsichtlich der jugendgefährdenden Wirkung eines Mediums mittlerweile nicht mehr zugestanden werden, nicht ausreichend dargelegt. Die Verfassungsbeschwerden legen weder schlüssig dar, dass diese vom Gesetzgeber seinerzeit als noch nicht abschließend geklärt angesehene Frage mittlerweile durch gesicherte Kenntnisse der Medienwissenschaft, der Entwicklungs- und Sozialpsychologie, der Pädagogik und der Kriminologie in eindeutiger Weise beantwortet worden wäre, noch dass der Gesetzgeber sich nicht in dem gebotenen Maß um ihre Klärung bemüht habe.

Auch der gerügte Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG genügt nicht den Begründungsanforderungen. Insoweit setzen sich die Verfassungsbeschwerden nicht mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur hinreichenden Bestimmtheit des Begriffs der Pornografie als Tatbestandsmerkmal auseinander. Sie zeigen weder auf, dass die dortigen Erwägungen in dem hier in Frage stehenden Kontext nicht zuträfen noch dass veränderte Umstände einem Festhalten an dem damals gefundenen Ergebnis entgegenstünden.

(Quelle: Bundesverfassungsgericht - Pressestelle - Pressemitteilung Nr. 120/2009 vom 20. Oktober 2009)


  

16.10.2009

Sozialhilfe in Deutschland Ende 2008

325 000 Personen erhielten Hilfe zum Lebensunterhalt

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis/Wiesbaden) erhielten zum Jahresende 2008 in Deutschland rund 325 000 Personen laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII "Sozialhilfe"). Dies waren 4,0% mehr Hilfebezieher als im Vorjahr.

Bundesweit kamen Ende 2008, wie in den beiden Vorjahren, rund 4 Hilfebezieher auf 1 000 Einwohner. In Berlin war der Anteil der Empfänger am höchsten (6,4 Empfänger je 1 000 Einwohner) und in Baden-Württemberg am niedrigsten (1,4 Empfänger je 1 000 Einwohner).

Von den Empfängern lebten Ende 2008 rund 233 000 (72%) in Einrichtungen wie Wohn- oder Pflegeheimen und 92 000 (28%) außerhalb von Einrichtungen. Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Zahl der in Einrichtungen lebenden Hilfeempfänger um 3,8% und die Zahl der außerhalb von Einrichtungen lebenden um 4,4% zu. Die Hilfebezieher in Einrichtungen waren mit 54 Jahren im Durchschnitt deutlich älter als diejenigen außerhalb von Einrichtungen mit 40 Jahren. 70% der Hilfebezieher außerhalb von Einrichtungen lebten in einem Einpersonenhaushalt.

Behinderte und pflegebedürftige Personen, die in Einrichtungen leben und dort Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (nach dem 6. Kapitel SGB XII) oder Hilfe zur Pflege (nach dem 7. Kapitel SGB XII) beziehen, können neben diesen genannten rein maßnahmebezogenen Sozialhilfeleistungen auch Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten. Voraussetzung hierfür ist, dass sie diesen Bedarf nicht zum Beispiel durch Renteneinkünfte, durch Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (nach dem 4. Kapitel SGB XII) oder in anderer Weise decken können.

Außerhalb von Einrichtungen kommt die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt seit Anfang 2005 nur noch für einen vergleichsweise kleinen Kreis von Berechtigten, wie zum Beispiel vorübergehend Erwerbsunfähige, längerfristig Erkrankte oder Vorruhestandsrentner mit niedriger Rente in Betracht. Seit Anfang 2005 erhalten bedürftige Personen, die grundsätzlich erwerbsfähig sind, sowie deren Familienangehörige Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II "Grundsicherung für Arbeitsuchende"), sogenannte "Hartz IV-Leistungen". Dieser Personenkreis wird daher seit 2005 nicht mehr in den Sozialhilfestatistiken, sondern in den Statistiken der Bundesagentur für Arbeit nachgewiesen.

2008 gaben die Kommunen und die überörtlichen Sozialhilfeträger für die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt 888 Millionen Euro netto aus, 16,1% mehr als im Vorjahr. Hierbei sind insbesondere Erstattungen von anderen Sozialleistungsträgern bereits berücksichtigt. Die Ausgaben für die Hilfe zum Lebensunterhalt machten 4% der gesamten Sozialhilfeausgaben aus. 493 Millionen Euro (56%) der Nettoausgaben wurden für Empfänger in Einrichtungen verwendet, 395 Millionen Euro (44%) für Bezieher außerhalb von Einrichtungen. 2008 wurden in Deutschland für die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt pro Kopf der Gesamtbevölkerung rechnerisch rund 11 Euro netto ausgegeben, 2007 waren es noch 9 Euro netto pro Kopf.

Allgemeine Informationen zu den Sozialhilfestatistiken sowie weitere Daten zum Thema bietet die Online-Fassung dieser Pressemitteilung unter www.destatis.de.

(Quelle: Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes, Nr. 390, vom 14. Oktober 2009).
Ergänzende Bemerkung KrimG:
Aufwendungen für Strafentlassene / Klienten der Straffälligenhilfe fallen (auch) unter die Kategorie "Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfe in anderen Lebenslagen". Sie sind nicht getrennt von anderen Klientengruppen ausgewiesen, z. B. Nichtsesshaften. Aber immerhin erlauben die Nachweise eine Abschätzung der Grüßenordnung des Phänomens:
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Co...


 

13.10.2009

Jugendstrafvollzug und Frauenstrafvollzum im Urteil der Insassen

Zwei DV-Videos bieten anschauliches Material (auch) für Lehrveranstaltungen

Zwischen Abgrund und Neuanfang
Eine Videodokumentation von und mit jugendlichen Straftätern über ihre Knasterfahrungen.
Start: 2003
Länge: 60 Minuten
FSK: 12 Jahre
Kaufpreis: 30,- Euro
Ausleihe: 10, - Euro
Format: DVD und Video
http://www.medienprojekt-wuppertal.de/v_13.php

Aufschluss: Wenn sich die Zelle zur Freiheit öffnet
Eine Dokumentation von und über junge Frauen im Knast und nach ihrer Entlassung nach "draußen".
Länge: 60 Minuten
FSK: 12 Jahre
Kaufpreis: 30,- Euro
Ausleihe: 10, - Euro
Format: DVD und Video
http://www.medienprojekt-wuppertal.de/v_77.php


 

12.10.2009

Aktualisierung des Greifswalder Inventars zum Strafvollzug

Das von Professor Frieder Dünkel betriebene GIS ist vor kurzem um neue Informationen ergänzt worden: Gefangenraten im Jugendvollzug bis 2008, sowie Angaben zur Untersuchungshaft von Jugendlichen und Heranwachsenden. Näheres ist unter folgender URL zu finden:
http://www.rsf.uni-greifswald.de/duenkel/gis.html


 

08.10.2009

Jüngste Ergebnisse der Strafverfolgungsstatistik:

Sieben von zehn Freiheitsstrafen im Jahr 2008 zur Bewährung ausgesetzt

Wie das Statistische Bundesamt (Destatis mit Sitz in Wiesbaden) mitteilt, sind nach den Ergebnissen der Strafverfolgungsstatistik in Deutschland im Jahr 2008 rund 874 700 Personen wegen Verbrechen oder Vergehen rechtskräftig verurteilt worden. Das waren rund 23 000 Personen (3%) weniger als im Vorjahr (898 000).

Von den insgesamt 874 700 verurteilten Personen im Jahr 2008 erhielten knapp 160 000 eine Freiheits- oder Jugendstrafe. Von diesen 160 000 Verurteilten wurden wiederum 48 500 mit einer Freiheits- oder Jugendstrafe ohne Bewährung belegt; das entsprach einem Anteil von 6% an allen Verurteilten. Bei weiteren 111 000 Verurteilten (13%) wurde die Freiheits- oder Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Damit erhielten sieben von zehn der zu Freiheits- oder Jugendstrafe verurteilten Personen die Gelegenheit, einen Gefängnisaufenthalt durch eine erfolgreiche Bewährungszeit noch zu vermeiden.

Die zahlenmäßig wichtigste strafrechtliche Sanktion ist die Geldstrafe nach allgemeinem Strafrecht. 2008 wurden 618 100 Verurteilte mit einer Geldstrafe belegt; das waren rund 71% aller Verurteilten. Mit so genannten Zuchtmitteln und Erziehungsmaßregeln nach Jugendstrafrecht (etwa Jugendarrest, Arbeitsauflagen, Weisungen) wurden die Straftaten von weiteren 97 000 Personen (11% aller Verurteilten) sanktioniert.

Das stärker am Erziehungsgedanken ausgerichtete Jugendstrafrecht kann auch für Heranwachsende bis unter 21 Jahren angewendet werden, wenn das Gericht eine verzögerte Reife feststellt. 2008 kam annähernd bei zwei von drei verurteilten Heranwachsenden (63%) Jugendstrafrecht zur Anwendung.

Junge Menschen werden, bezogen auf ihren Anteil in der Bevölkerung, weitaus häufiger verurteilt als Ältere: Jugendliche wurden 2008 fast doppelt so oft, Heranwachsende dreimal so oft verurteilt wie Erwachsene ab 21 Jahren. Dabei ist die registrierte Kriminalität ein vorwiegend männliches Phänomen. 2008 waren 82% der Verurteilten Männer (716 100). Für Männer wie für Frauen gilt gleichermaßen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung im Alter von Anfang bis Mitte Zwanzig am höchsten ist. Danach geht sie kontinuierlich zurück; Kriminalität bleibt somit in den überwiegenden Fällen eine Übergangserscheinung in der Lebensgeschichte.

204 900 Personen oder 23% aller Verurteilten wurden wegen Straßenverkehrsdelikten abgeurteilt, 152 300 (17%) wegen Diebstahl beziehungsweise Unterschlagung und weitere 105 600 (12%) wegen Betrugs. Wegen Körperverletzungsdelikten mussten sich 84 500 (10% der Verurteilten) verantworten, wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz 61 300 (7%).

Ausgewählte Ergebnisse der Strafverfolgungsstatistik 2008 sind in den nachstehenden Tabellen aufgeführt.

 

Rechtskräftig verurteilte Personen
Art der Nachweisung
Verurteilte
insgesamt
Jugendliche
(14 bis unter
18 Jahre)
Heranwachsende
(18 bis unter
21 Jahre)
Erwachsene
(ab 21 Jahre)
Deutschland
2007  897 631  63 826  91 411  742 394
2008  874 691  62 216  86 163  726 312
Nach Geschlecht:  
Männer  716 073  52 941  73 662  589 470
Frauen  158 618  9 275  12 501  136 842
Nach Staatsangehörigkeit:  
Nicht-Deutsche  173 642  10 324  13 221  150 097
Deutsche  701 049  51 892  72 942  576 215
Je 100 000 Personen der gleichen Bevölkerungsgruppe  1 074  1 638  2 753   969
Nach der schwersten Sanktion:  
Allgemeines Strafrecht 758 413 32 101 726 312
Freiheitsstrafe  140 279  1 756  138 523
darunter:  
mit Bewährungsaussetzung 99 040 1 495 97 545
Geldstrafe 618 115 30 344 587 771
Strafarrest 19 1 18
Jugendstrafrecht 116 278  62 216  54 062
Jugendstrafe 19 255 6 840 12 415
darunter:  
mit Bewährungsaussetzung 11 990 4 504 7 486
Zuchtmittel 88 976 50 346 38 630
Erziehungsmaßregeln 8 047 5 030 3 017
Nach ausgewählten Straftaten:  
Straftaten im Straßenverkehr  204 942  6 319  16 484  182 139
Straftaten gegen die Person  138 289  19 112  18 354  100 823
darunter:  
Körperverletzung (einschließlich gefährliche und schwere):  84 471  16 524  14 299  53 648
Straftaten gegen das Vermögen  383 893  31 206  36 399  316 288
darunter:  
Diebstahl und Unterschlagung  152 296  19 486  15 260  117 550
Betrug  105 552  1 035  5 960  98 557
Sonstige Straftaten  147 567  5 579  14 926  127 062
darunter  
Betäubungsmitteldelikte  61 256  2 171  8 401  50 684

 

Rechtskräftig verurteilte Personen im Jahr 2008

Art der Nachweisung
Verurteilte
insgesamt
Jugendliche
(14 bis unter
18 Jahre)
Heranwachsende
(18 bis unter
21 Jahre)
Erwachsene
(ab 21 Jahre)
Deutschland
Nach Ländern:  
Baden-Württemberg  117 838  9 341  12 409  96 088
Bayern  133 476  10 393  13 622  109 461
Berlin  52 015  2 081  4 337  45 597
Brandenburg  28 718  1 543  2 695  24 480
Bremen  9 258   247   498  8 513
Hamburg  23 009  1 049  1 669  20 291
Hessen  56 515  3 660  4 489  48 366
Mecklenburg-Vorpommern  18 909   837  2 243  15 829
Niedersachsen  86 517  8 630  9 443  68 444
Nordrhein-Westfalen  182 491  13 460  16 502  152 529
Rheinland-Pfalz  40 293  3 166  4 173  32 954
Saarland  12 548   970  1 116  10 462
Sachsen  46 868  2 324  5 410  39 134
Sachsen-Anhalt  23 504  1 612  2 922  18 970
Schleswig-Holstein  20 709  1 774  1 869  17 066
Thüringen  22 023  1 129  2 766  18 128
Nachrichtlich:  
Früheres Bundesgebiet und Berlin  734 669  54 771  70 127  609 771
Neue Länder  140 022  7 445  16 036  116 541

Daten zu zurückliegenden Berichtsjahren können kostenfrei unter anderem über die Tabelle
24311-0001 in der GENESIS-Online Datenbank abgerufen werden. Weitere Daten und Hintergrundinformationen finden sich auf der Homepage des
Statistischen Bundesamtes www.destatis.de.

(Quelle: Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes Nr. 382 vom 8.10.2009.Weitere Auskünfte gibt:
Stefan Alter,Telefon: (0611) 75-4114,E-Mail: rechtspflegestatistik@destatis.de )


 

07.10.2009

Bericht der Bundesregierung:

Zahl der Maßnahmen zur akustischen Wohnraumüberwachung in 2008 rückläufig

Die Bundesregierung hat den Bericht von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries und Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble über Maßnahmen zur akustischen Wohnraumüberwachung für das Jahr 2008 dem Deutschen Bundestag übermittelt. Nach Art. 13 Abs. 6 des Grundgesetzes wird dieser Bericht jährlich erstattet.

Für Zwecke der Strafverfolgung wurden im letzten Jahr in drei Bundesländern sowie beim Generalbundesanwalt in insgesamt sieben von jährlich etwa sechs Millionen Ermittlungsverfahren die akustische Überwachung von Wohnräumen angeordnet und durchgeführt. Zum Vergleich: Im Jahre 2007 wurde die Wohnraumüberwachung in insgesamt zehn Verfahren angeordnet, 2006 in drei Verfahren, 2005 in sieben Verfahren. Die Zahl der Anordnungen in 2008 liegt damit auf dem Wert von 2005, gegenüber den davor liegenden Jahren mit durchschnittlich jeweils etwa 30 WÜ-Anordnungen bleibt diese Anzahl jedoch weiterhin deutlich zurück. Dies beruht nicht zuletzt auf dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 sowie auf dem zum 1. Juli 2005 in Kraft getretenen Gesetz zur Umsetzung dieses Urteils. Das Verfassungsgericht hat darin unter anderem Vorkehrungen zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung gefordert.

Die Überwachungen wurden zur Aufklärung von Kapitalverbrechen wie Mord und Totschlag, von Verbrechen wie Menschenraub, Geiselnahme, Menschenhandel und im Rahmen Organisierter Kriminalität begangenen Betäubungsmittelverbrechen sowie wegen der Bildung einer kriminellen bzw. terroristischen Vereinigung angeordnet. WÜ-Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zum Zwecke der Eigensicherung wurden im Zuständigkeitsbereich des Bundes im Berichtsjahr nicht durchgeführt.
(Quelle: Pressemitteilung vom 30. September 2009. Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz. Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl. Mohrenstr. 37, 10117 Berlin. Telefon 030/18 580 9030. Telefax 030/18 580 9046. presse@bmj.bund.de )


 

September 2009

30.09.2009

Aufbau einer Online-Beratung für Stalking-Täter zur Vermeidung von Eskalationen.

Zypries unterstützt Berliner Beratungstelle für Stalking-Täter

 

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries unterstützt die Beratungsstelle "Stop-Stalking" des Berliner Krisen- und Beratungsdienstes e.V. (KUB). Mit dem Zuschuss des Bundesjustizministeriums wird der Aufbau und Betrieb einer Online-Beratung für Stalking-Täter finanziert. Die Beratungsstelle "Stop-Stalking" wurde im Mai 2008 in Berlin eröffnet. Ziel ist es, betroffenen Menschen dabei zu helfen, das Stalking-Geschehen zu unterbrechen und wieder selbst-bestimmt zu leben.

"Die Beratungsstelle für Stalking-Täter ist ein kluges Hilfsangebot für Menschen, die anderen nachstellen. Sie ist bundesweit einmalig und ergänzt den 2007 eingeführten Anti-Stalking-Paragrafen im Strafgesetzbuch, der sich in der Praxis bislang als sehr wirkungsvoll erwiesen hat. Im ersten Jahr nach seinem Inkrafttreten sind bundesweit über 10.000 Verfahren eingeleitet worden, allein in Berlin kam es in dieser Zeit zu über 2000 Anzeigen. Dies zeigt, dass unser Signal bei den Betroffenen angekommen ist: Stalking ist keine Privatsache, sondern strafwürdiges Unrecht. Vor allem die Opfer entschließen sich verstärkt dazu, zur Polizei zu gehen, weil sie dort mit ihrem Anliegen jetzt auch ernst genommen werden. Aus Sicht des Täters hat der Straftatbestand den Vorzug, dass ihm schon durch das Ermittlungsverfahren vor Augen geführt wird, was sein Verhalten für das Opfer bedeutet. Damit wächst der Druck, sein Verhalten zu ändern, und genau hier setzt die Beratungsstelle 'Stop-Stalking' an. Die große Zahl von Menschen, die sich selbst hilfesuchend an die Einrichtung wendet, zeigt, wie wichtig das Beratungsangebot ist. Ich freue mich, das vorbildliche Engagement der Mitarbeiter des Projekts und vor allem seines Leiters, Herrn Ortiz-Müller, durch die Finanzierung der künftigen Online-Beratung für Stalking-Täter unterstützen zu können", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Das Stalking - das so genannte beharrliche Nachstellen - steht seit März 2007 unter Strafe. Verboten sind unbefugte Nachstellungen durch Annäherungsversuche an das Opfer, die dessen Lebensgestaltung schwer beeinträchtigen können - etwa durch Telefonanrufe oder SMS, durch Auflauern oder sonstige unerwünschte Kontaktaufnahme. Bis zur Einführung der Strafnorm mussten die Strafverfolgungsbehörden abwarten, bis die Schwelle zu schwerwiegenderen wie z.B. Körperverletzung überschritten war. Nunmehr können Polizei und Justiz früher eingreifen und die Opfer besser schützen. Gegen besonders gefährliche Stalker kann bei Wiederholungsgefahr auch Untersuchungshaft angeordnet werden.

Die Beratungsstelle "Stop-Stalking" will durch ihr Hilfsangebot Eskalationen durch Stalking frühzeitig verhindern. Sie besteht aus einem Team von Psychologischen Psychotherapeuten, Sozialarbeitern und Sozialpädagogen, das speziell dafür geschult ist, mit den Tätern an einer Lösung ihrer Probleme zu arbeiten und ihnen zu helfen, wieder selbstbestimmt zu leben. Sie ist bundesweit einmalig und verzeichnet eine wachsende Zahl von Anfragen aus dem ganzen Bundesgebiet und dem Ausland. Damit steigt auch der Bedarf an einer Online-Beratung, die das Bundesjustizministerium mit einem Zuschuss in Höhe von knapp 10.000 Euro unterstützt.

Mehr zur Beratungsstelle "Stop-Stalking" finden sie unter www.stop-stalking-berlin.de

Mehr zum Thema Stalking finden Sie unter www.bmj.de/stalking.

(Quelle der Nachricht: Pressemitteilung des Referates Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz vom 24.9.2009
Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl
Mohrenstr. 37, 10117 Berlin, Telefon 030/18 580 9030, Telefax 030/18 580 9046, presse@bmj.bund.de )


 

29.09.2009

INTERFAFO

Rechtsmedizinische Informationen für Polizei, Ärzte, Justiz, Psychologen, Sachverständige

Das Institut für Rechts- und Verkehrsmedizin am Klinikum Bremen-Mitte und das Fortbildungsinstitut für die Polizei im Land Bremen an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung betreiben gemeinsam ein
"Interdisziplinäres Fachforum Rechtsmedizin" (INTERFAFO), das sich vor allem an Praktiker richtet, aber auch für wissenschaftlich Interessierte nützliche Informationen und Verweise bereit stellt. Die Nutzung setzt eine (kostenlose) Registrierung voraus.
Näheres unter: http://www.interfafo.de/


 

25.09.2009

Forensische Ambulanz Baden

Tag der justizoffenen Tür (FAB) 2009

Die von der Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS-BW) e.V. und dem Psychiatrischen Zentrum Nordbaden in Wiesloch (PZN) im Amtsgericht Karlsruhe unterhaltene Forensische Ambulanz Baden (FAB) führt am 15. Oktober 2009 von 11.00 Uhr bis 17.30 Uhr einen Tag der justizoffenen Tür in Karlsruhe durch. Im Rahmen von Fachvorträgen werden neben der Vorstellung der Tätigkeit und der Aufgabengebiete der FAB neue justizpolitische Entwicklungen im Bereich der Sicherungsverwahrung beleuchtet. Auch besteht die Möglichkeit, sich in zwei parallelen Workshops über das prognostische Dokumentations- und Qualitätsmanagement-Instrument FOTRES aus erster Hand zu informieren.

Als Gastreferenten konnten für die Tagung RiBGH a.D. Dr. Axel Boetticher aus Bremen sowie PD Dr. Frank Urbaniok und Dr. Astrid Rossegger vom Psychiatrisch Psychologischen Dienst des Amts für Justizvollzug in Zürich (PPD) gewonnen werden.

Die Tagung richtet sich vor allem an Juristen (Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Angehörige des Strafvollzuges etc.) und an Psychologische Psychotherapeuten sowie im Straf- und Maßregelvollzug in Baden-Württemberg tätige Psychologen. Gäste sind willkommen. Die Fortbildung wird für Rechtsanwälte von der Anwaltskammer Nordbaden im Rahmen des Fachanwalts für Strafrecht (§ 15 FAO) und für Psychologische Psychotherapeuten (z.B. § 30 HBKG BaWü) vom PZN Wiesloch zertifiziert.

Die Veranstaltung findet am 15. Oktober 2009 von 11.00 Uhr bis 17.30 Uhr im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Karlsruhe statt. Eine Tagungsgebühr wird nicht erhoben. Die Zertifizierung ist für Mitglieder der Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS-BW) e.V. kostenfrei, ansonsten wird ein Unkostenbeitrag von 60 Euro erhoben. Eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich. Rückfragen sind telefonisch unter 0721/926 2707 (RiOLG Klaus Michael Böhm) möglich.

Zu der Tagung lade ich Sie herzlich ein. Das Tagungs- und Schulungsprogramm ist auf unserer Homepage unter www.bios-bw.de abgedruckt. Ebenso eine nähere Beschreibung der Inhalte der beiden Workshops.
RiOLG Klaus Michael Böhm


 

23.09.2009

Zu den Folgen des Urteils des BVerfG über den Lissabon-Vertrag der Europäischen Union

Ein interessantes Schwerpunktheft der ZIS zu den strafrechtlichen Folgen

Die elektronische Fachzeitschrift ZIS (Zeitschrift für Internationales Strafrecht) widmet ihr Heft 8/2009 hauptsächlich den Folgen, die sich aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 30.6.2009 für das (auch) deutsche Strafrecht entweder relativ sicher oder möglicherweise ergeben werden.
Das Heft ist zugänglich unter: http://www.zis-online.com/

Die zentralen Beiträge lauten:


 

22.09.2009

Veranstaltung zur Alternativen Streitbeilegung im Oktober 2009

Eine Einladung in das ZiF von Professor Dr. Fritz Jost, Universität Bielefeld

Alternative Streitbeilegung ist schon seit geraumer Zeit in aller Munde. Dies nehmen wir zum Anlass, nach dem Stand ihrer Methoden und ihrer Basis in der Forschung zu fragen.
Das Institut für Anwalts- und Notarrecht und das Europäische Institut für Conflict Management e.V. (eucon) laden ein zu einer Tagung im Zentrum für Interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld. Sie findet am 26 und 27.10.2009 statt.

Es gilt, gemeinsam einige Grundfragen neu zu stellen, die im Bemühen um die Verbreitung des Mediationsgedankens häufig zu kurz kommen. Auch sollen neue Werkzeuge vorgestellt und diskutiert werden. Denn die Instrumente und Kunstfertigkeiten der Vermittlung im Konflikt sind nicht statisch, sondern entwickeln sich fort. In beiden Bereichen werden wir Vorträge mit Arbeitsgemeinschaften kombinieren.

Besondere Akzente werden sicherlich der Vortrag von Prof. Dr. Hans-Peter Dürr (Träger des alternativen Nobelpreises) und der Beitrag des Neuen Ensemble setzen, auch letzterer durchaus in fachlicher Hinsicht.

Weitere Einzelheiten sind auf folgender Internetseite zu finden: www.mediationskongress-bielefeld.de.


 

21.09.2009

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Neue Veröffentlichung zum Schwerpunkt Migration

 

 

Grunddaten der Zuwandererbevölkerung in Deutschland
Working Paper 27/ 2009

Aus der Reihe "Integrationsreport", Teil 6

Das Working Paper "Grunddaten der Zuwandererbevölkerung in Deutschland" gibt anhand des Mikrozensus (Personen mit Migrationshintergrund) und des Ausländerzentralregisters bzw. der Bevölkerungsfortschreibung (Ausländer) einen Überblick zu den wichtigsten Strukturdaten von Zuwanderern in Deutschland.

Behandelt werden die Bestandszahlen, die bedeutendsten Staatsangehörigkeiten bzw. Herkunftsländer, die Alters- und Geschlechtsstruktur, die räumliche Verteilung sowie Aufenthaltsdauer und Aufenthaltsstatus.

Der Report kann auch als PDF-Datei kostenlos unter folgender URL herunter geladen werden:
http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Migration/Publikationen/Forschu...

 


 

16.09.2009

Bundesverfassungsgericht entscheidet in einer Sache zum Europäischen Haftbefehl bei doppelter Staatsangehörigkeit

Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde eines Deutsch-Griechen gegen Auslieferungsentscheidungen

Beschluss vom 3. September 2009: 2 BvR 1826/09

Der Beschwerdeführer besitzt die deutsche und die griechische Staatsangehörigkeit. Wegen des Verdachts der Bestechung im geschäftlichen Verkehr sowie Geldwäsche haben die griechischen Behörden auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls um seine Festnahme zur Sicherung der Auslieferung nach Griechenland ersucht. Im Anschluss an die vorläufige Festnahme des Beschwerdeführers erklärte das Oberlandesgericht seine Auslieferung für zulässig und die Generalstaatsanwaltschaft entschied, seine Auslieferung zu bewilligen. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wandte sich der Beschwerdeführer gegen die beiden Entscheidungen.
Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers angenommen, soweit dieser eine Verletzung seines aus Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden Grundrechts auf Schutz vor Auslieferung rügt. Die Entscheidungen begründen einen Verfassungsverstoß und wurden aufgehoben. Damit ist über die Auslieferung nicht endgültig entschieden. Vielmehr sind die zuständigen Stellen zu einer neuen Entscheidung aufgerufen. Die Kammer beanstandet nicht prinzipiell die Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen nach Griechenland auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls, sie sieht lediglich einen Bestimmtheits- und Abwägungsmangel in den die Auslieferung erlaubenden Entscheidungen.
In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die grenzüberschreitenden europäischen Strafverfolgungsinteressen mit dem Schutzanspruch der betroffenen Grundrechtsträger aus Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG jeweils in Ausgleich gebracht werden müssen. Zu dieser grundrechtlichen Gewährleistung zählen vor allem hohe Anforderungen an die Rechtssicherheit im innerstaatlichen Auslieferungsverfahrensrecht. Für die Frage der Rechtsicherheit im Auslieferungsverfahren ist im vorliegenden Fall maßgeblich zu berücksichtigen, dass die Auslieferung für Taten, bei der auch die deutsche Gerichtsbarkeit begründet ist, nur dann erfolgen kann, wenn die Verfolgung nach deutschem Recht noch nicht verjährt ist. Laufende Verjährungsfristen können zwar durch Ermittlungsmaßnahmen unterbrochen werden, deutsche Strafverfolgungsbehörden hatten aber derlei Maßnahmen nicht vorgenommen. Ermittelt hatten lediglich die griechischen Behörden.
Entscheidend für die Verletzung des Grundrechts auf Schutz vor Auslieferung ist, dass sich das Oberlandesgericht und die Generalstaatsanwaltschaft nicht darauf beschränken durften zu prüfen, ob auch Strafverfolgungsmaßnahmen griechischer Behörden "hrer Art nach" geeignet wären, die Verjährung nach deutschen Rechtsvorschriften zu unterbrechen. Vielmehr hätten die deutschen Stellen - unter Zugrundelegung der grundrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen im Auslieferungsverfahren - die Unsicherheiten und Unwägbarkeiten berücksichtigen müssen, die mit derartigen rechtsordnungsübergreifenden Vergleichsüberlegungen notwendigerweise einhergehen. Denn neben den fremdsprachlichen Schwierigkeiten wirkt sich vor allem als grundrechtsrelevante Unsicherheit aus, dass die strafprozessualen Vorschriften und Verfahrensweisen in jedem EU-Mitgliedstaat unterschiedlich ausgestaltet sind. Diese Erwägungen gelten auch für das Europäische Haftbefehlsverfahren. Dieses Verfahren vereinfacht die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union innerhalb eines zusammenwachsenden Wirtschafts- und Rechtsraumes. Es erlaubt aber auch jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union, im Falle innerstaatlicher Verfolgungsverjährung die Auslieferung seiner Staatsangehörigen zu verweigern. Mit der offenen Frage, ob und inwieweit ausländische Verfahrenshandlungen Wirkung auf den Lauf der Verjährung innerhalb der deutschen Rechtsordnung haben, hat sich insbesondere die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht hinreichend auseinandergesetzt, vor allem nicht im Hinblick auf die Bestimmtheit der gesetzlichen Grundlage.
(Quelle: Pressemitteilung der Pressestelle des BVerfG Nr. 101/2009 vom 4. September 2009).
Hinweis: Die vollständige Entscheidung kann unter folgender URL eingesehen und herunter geladen werden:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20090903_2bvr182...


 

15.09.2009

Nachträgliche Sicherungsverwahrung ist auch in sog. "Altfällen" verfassungsgemäß

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom .5 August 2009

Der Beschwerdeführer zu 1)[= 2BvR 2098/08] wurde vom Landgericht Frankfurt am Main im Februar 1992 wegen Mordes in drei Fällen sowie wegen versuchten Mordes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Der Beschwerdeführer zu 2) [= 2 BvR 2633/08] wurde - ebenfalls vom Landgericht Frankfurt am Main - wegen Vergewaltigung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Bei beiden Beschwerdeführern ordnete das Gericht neben der Strafe die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB an. Das Gericht prüfte zwar jeweils eine sich an die Vollstreckung der Strafe anschließende Sicherungsverwahrung, sah aber von der Anordnung ab. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung waren zum Zeitpunkt der Verurteilung noch nicht geschaffen.
Zunächst wurde bei beiden Beschwerdeführern die Freiheitsstrafe vollstreckt und anschließend weiter die Unterbringung vollzogen. Diese wurde dann gemäß § 67d Abs. 6 StGB für erledigt erklärt, weil die Anordnung der Unterbringungen von Anfang nicht gerechtfertigt gewesen sei. In der Folge ordnete das Landgericht Frankfurt am Main wegen der hohen Wahrscheinlichkeit, dass die Beschwerdeführer erneut den damaligen Delikten vergleichbare Straftaten begehen werden, nachträglich gemäß § 66b Abs. 3 StGB eine Sicherungsverwahrung an. Die dagegen eingelegten Revisionen verwarf der Bundesgerichtshof. Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde die Verfassungswidrigkeit von § 66b Abs. 3 StGB geltend.
Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. § 66b Abs. 3 StGB ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
Die Norm verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Insofern gilt nichts anderes als im Hinblick auf die Vorschriften des § 66b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 1 Satz 2 StGB (vgl. BVerfGK 9, 108 sowie Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Oktober 2008 - 2 BvR 749/08 -, juris). Die enge Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 66b Abs. 3 StGB gewährleistet, dass die Maßnahme der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung auch auf dieser Grundlage nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommt, daher auf einige wenige Verurteilte beschränkt bleibt und somit als verhältnismäßige Regelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
Ebenso ist das rechtsstaatliche Vertrauensschutzgebot (Art. 2 Abs. 2, Art. 20 Abs. 3 GG) nicht verletzt. Das gilt insbesondere auch in so genannten "Altfällen", in denen - wie in den Fällen der Beschwerdeführer - sowohl die Anlasstaten als auch die darauf folgenden Verurteilungen vor Inkrafttreten der Norm stattgefunden haben.
Allerdings kann § 66b Abs. 3 StGB zu einer - verfassungsrechtlich nur ausnahmsweise zulässigen - Rückbewirkung von Rechtsfolgen führen; denn in Verbindung mit § 67d Abs. 6 StGB eröffnet die Vorschrift den Gerichten in "Altfällen" unter bestimmten Umständen die Möglichkeit, rechtskräftig festgesetzte Rechtsfolgen nachträglich abzuändern. Das gilt namentlich dann, wenn die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung ausschließlich oder im Wesentlichen auf der Grundlage von Tatsachen erfolgt, die bereits zum Zeitpunkt der ursprünglichen Entscheidung - mit der die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, obwohl möglich, abgelehnt wurde - dem Tatrichter bekannt oder für ihn erkennbar waren. § 66b Abs. 3 StGB setzt nach seinem Wortlaut neue, also erst nach der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz entstandene Tatsachen nicht voraus und erlaubt es daher auch in solchen Fällen, die Sicherungsverwahrung nachträglich anzuordnen. Daran ändert auch das Erfordernis einer vorhergehenden Erledigungserklärung nach § 67d Abs. 6 StGB nichts. Denn in Rechtsprechung und Literatur wird in Einklang mit der Gesetzesbegründung ganz überwiegend davon ausgegangen, dass es für die Frage der Erledigung nicht darauf ankommt, ob die Maßregelvoraussetzungen nachträglich weggefallen sind oder von Anfang an nicht vorgelegen haben.
Das Rechtsstaatsprinzip, hier in Verbindung mit dem Freiheitsgrundrecht, steht einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen jedoch nur entgegen, soweit diese sich zum Nachteil eines betroffenen Grundrechtsträgers auswirkt. Die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 in Verbindung mit § 67d Abs. 6 StGB bringt verfassungsrechtlich relevante Nachteile jedoch nur in begrenztem Ausmaß mit sich. Der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs hat in seiner Entscheidung zu § 66b Abs. 3 StGB (Beschluss vom 7. Oktober 2008 - GSSt 1/08, NStZ 2009, S. 141) zutreffend betont, dass es im Falle des § 66b Abs. 3 StGB nicht um die erstmalige Anordnung einer zeitlich nicht begrenzten freiheitsentziehenden Maßnahme, sondern im Kern um die Überweisung von einer derartigen Maßnahme (der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus) in eine andere geht, wobei verschärfte Anordnungsvoraussetzungen eingreifen.
Dennoch verbleibende Nachteile werden jedenfalls von den mit dem Gesetz verfolgten überragenden Interessen des Gemeinwohls überwogen; denn diese können auch eine Durchbrechung des grundsätzlichen rechtsstaatlichen Verbotes der rückwirkenden Änderung von Rechtsfolgen rechtfertigen. Das mit der Neuregelung vom Gesetzgeber verfolgte Ziel eines effektiven Schutzes der Allgemeinheit vor einzelnen hochgefährlichen Straftätern stellt auch ein überragendes Gemeinwohlinteresse dar. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Vertrauensschutzbelange der von der Neuregelung betroffenen Verurteilten hinter diesem Gemeinwohlinteresse zurücktreten müssen.
(Quelle: Pressemitteilung der Pressestelle des BVerfG Nr. 10/2009 vom 27. August 2009)

Hinweis: Die vollständige Entscheidung "2 BvR 2098/08 und 2 BvR 2633/08" kann unter folgender URL eingesehen und herunter geladen werden:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20090805_2bvr209...


 

10.09.2009

Zypries: Kinderschutz soll weiter verbessert werden -

BMJ Zypries stellt Arbeitsgruppenbericht im Kabinett vor

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat am 2. September im Bundeskabinett den Abschlussbericht der von ihr eingerichteten Arbeitsgruppe "Familiengerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls - § 1666 BGB" vorgestellt. Der Bericht enthält Empfehlungen für eine weitere Verbesserung des Kinderschutzes, etwa durch Qualitätssicherung bei Vormundschaft und Pflegschaft oder durch Intensivierung der Zusammenarbeit von Jugendämtern und Gerichten.

"Beim Kinderschutz haben wir viel erreicht. So können Familiengerichte seit Mitte letzten Jahres schneller und besser auf Kindeswohlgefährdungen reagieren. Zudem sorgt das erweiterte Führungszeugnis dafür, dass Arbeitgeber im Kinder- und Jugendbereich über einschlägige Sexualdelikte von Bewerbern Bescheid wissen. Schreckliche Einzelfälle wie zuletzt in Bayern zeigen aber, dass wir uns mit dem Erreichten nicht zufrieden geben dürfen. In der nächsten Legislaturperiode brauchen wir nicht nur einen neuen Anlauf beim Kinderschutzgesetz. Auch in den Themenbereichen des Justizministeriums gibt es weitere Verbesserungsmöglichkeiten. Die von mir eingesetzte Arbeitsgruppe hat dazu gute Vorschläge gemacht. Besonders wichtig ist mir eine Reform des Vormundschaftsrechts. Hier müssen wir die Rechte der Kinder mehr in den Mittelpunkt rücken, etwa durch verstärkte Beteiligung an der Auswahl und an Entscheidungen des Vormunds. Mein Ziel ist eine persönliche Beziehung zwischen Vormund und Kind. Dazu müssen wir die Einzelvormundschaft stärken und Amtsvormünder entlasten, denn 60 bis 120 Kinder pro Amtsvormund sind einfach zu viel. Wir sollten auch verstärkt Menschen dafür gewinnen, ehrenamtlich eine Vormundschaft zu übernehmen. Die Zusammenarbeit von Familiengericht und Jugendamt müssen wir weiter verbessern, insbesondere die Teilnahme des Jugendamts beim Gerichtstermin verbindlicher und konkreter regeln. Und es ist wichtig, dass sich Richter und Jugendamtsmitarbeiter optimal fortbilden und fallübergreifend zusammenarbeiten", sagte Brigitte Zypries.

Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Zypries wurde der Kinderschutz in der 16. Legislaturperiode wiederholt verbessert. Das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls fördert die frühzeitige Einschaltung der Familiengerichte in den Hilfeprozess (mehr... www.bmj.de/240408kindeswohl). Und die Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit baut den Kinderschutz im gerichtlichen Verfahren weiter aus, etwa durch die Stärkung der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte betroffener Kinder (mehr... www.bmj.de/270608famfg). Mit dem erweiterten Führungszeugnis wird Arbeitgebern künftig in deutlich größerem Umfang Auskunft darüber gegeben, ob Stellenbewerber für kinder- und jugendnahe Tätigkeiten wegen bestimmter Sexualdelikte vorbestraft sind (mehr... www.bmj.de/140509fuehrungszeugnis).

Die jetzt vorgeschlagenen weiteren Verbesserungen wurden von einer Arbeitsgruppe erarbeitet, die Bundesministerin Zypries bereits im März 2006 eingesetzt hat. Im November 2006 hatte die Arbeitsgruppe erste Vorschläge unterbreitet, die in das Mitte 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls eingeflossen sind. Nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes rief Ministerin Zypries die Arbeitsgruppe im Jahr 2008 erneut zusammen, um erste Erfahrungen mit dem neuen Gesetz auszutauschen. Überdies sollte geprüft werden, ob weitere gesetzliche Änderungen erforderlich sind. Den Abschlussbericht der Arbeitsgruppe hat Bundesjustizministerin Zypries heute im Bundeskabinett vorgestellt.

Zusammenfassung der Vorschläge der Arbeitsgruppe

1. Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Familiengericht und Jugendamt

Ein Themengebiet der Arbeitsgruppe war die Förderung einer reibungslosen Zusammenarbeit der Familiengerichte mit den Jugendämtern. Hierzu schlägt die Arbeitsgruppe vor, die Teilnahme des Jugendamts am gerichtlichen Termin verbindlicher und konkreter zu regeln. Die gerichtlichen Termine sollen durch eine "mit der Angelegenheit vertraute Fachkraft des Jugendamts" wahrgenommen werden. Um dieses Ziel zu erreichen, schlägt der Bericht Änderungen im Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) und im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) vor.

2. Fortbildung und fallübergreifende interdisziplinäre Zusammenarbeit

Für einen effektiven Kinderschutz und eine gute Zusammenarbeit zwischen Familiengericht und Jugendamt ist es neben den gesetzlichen Neuregelungen elementar wichtig, dass Familienrichterinnen und Familienrichter über ausreichende, auch interdisziplinäre, Fachkenntnisse verfügen. Auch müssen Familiengerichte und Jugendämter fallübergreifend interdisziplinär zusammenarbeiten.

  • Die Arbeitsgruppe schlägt den Ländern und dem Bund vor, in den Richtergesetzen eine allgemeine Fortbildungspflicht für Richter ausdrücklich gesetzlich zu verankern ("Richterinnen und Richter sind verpflichtet, sich fortzubilden.").
  • Die interdisziplinäre Zusammenarbeit, insbesondere zwischen Familiengericht und Jugendamt, sollte weiter befördert und unterstützt werden.
  • Es sollten mehr Anreize zur Teilnahme an Fortbildungen und an fallübergreifenden interdisziplinären Arbeitskreisen geschaffen werden (beispielsweise Verankerung in den Beurteilungs- und Beförderungsrichtlinien, verstärkte Berücksichtigung im Rahmen der Personalentwicklung, Überprüfung einer Anpassung des Personalbedarfsberechnungssystems Pebb§y, Bereitstellung der nötigen finanziellen und sachlichen Mittel, Ermöglichung der für Fortbildungen nötigen zeitlichen Kapazitäten bei den Richterinnen und Richtern).

3. Gefährdung des Wohls des ungeborenen Kindes

Bei einer Gefährdung des Kindeswohls hat das Familiengericht nach § 1666 BGB die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Das können mit Zwangsgeld oder Zwangshaft durchsetzbare Ge- oder Verbote sein, notfalls auch der Entzug des Sorgerechts. Die Vorschrift findet ihrem Wortlaut nach nur auf das bereits geborene Kind Anwendung. Zu einer vermeidbaren nachhaltigen Schädigung kann es aber bereits vor der Geburt kommen (etwa durch Alkohol- oder Drogenmissbrauch der Mutter in der Schwangerschaft). Oder eine Gefährdung des Kindes nach der Geburt kann schon während der Schwangerschaft absehbar sein. Eine solche vorgeburtliche Gefährdungslage wirft Probleme im Hinblick auf die Handlungsmöglichkeiten des Jugendamts und des Familiengerichts auf.

Nach intensiver Diskussion empfiehlt die Arbeitsgruppe, keine gesetzliche Regelung zur Anwendung des § 1666 BGB auf das ungeborene Kind zu treffen, sondern bei einer Gefährdung des Wohls ungeborener Kinder mit den bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten zu reagieren. Gerichtliche Ge- und Verbote gegenüber der Schwangeren wären in dieser Situation kaum durchsetzbar. Die Arbeitsgruppe hält es deshalb für erfolgversprechender, stattdessen auf ausgeweitete Hilfeangebote der Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge zu setzen. Sie empfiehlt dem Gesetzgeber, in das SGB VIII ein Hilfeangebot aufzunehmen, das sich ausdrücklich an schwangere Frauen und werdende Eltern richtet und das Beratung und Hilfe in der Schwangerschaft zum Gegenstand hat.

4. Qualitätssicherung in der Vormundschaft und Pflegschaft

Wird den Eltern nach § 1666 BGB das Sorgerecht ganz oder teilweise entzogen, überträgt das Familiengericht das Sorgerecht auf einen Vormund oder Pfleger. Die Praxis zeigt allerdings, dass es auch im Rahmen einer Vormundschaft oder Pflegschaft im Einzelfall zu einer Kindeswohlgefährdung kommen kann. Die Arbeitsgruppe hält eine Reform des Vormundschafts- und Pflegschaftsrechts für erforderlich und empfiehlt, diesen Reformbedarf in der kommenden Legislaturperiode anhand folgender Eckpunkte zu prüfen:

  • Rechte des Kindes in den Mittelpunkt stellen
    Die Entwicklung und das persönliche Wohl des Mündels stehen in der Praxis häufig nicht im Fokus der Amtsführung des Vormunds. Schwerpunkt ist nicht die Personensorge, sondern die Vermögenssorge und die rechtliche Vertretung des Kindes oder des Jugendlichen. Insbesondere dann, wenn das Kind in einer Einrichtung oder in einer Pflegefamilie untergebracht ist, ist die Tätigkeit des Amtsvormunds eher verwaltender als fürsorgender Natur. Ein persönlicher Kontakt zwischen dem Vormund und dem Kind oder Jugendlichen besteht in diesen Fällen häufig nicht. Um dies zu ändern, empfiehlt die Arbeitsgruppe Maßnahmen, um künftig die Rechte des Kindes in den Mittelpunkt zu stellen (z. B. Recht des Kindes auf Fürsorge, Förderung der Entwicklung, Berücksichtigung seiner Wünsche)
  • Abbau der hohen Fallzahlen in der Amtsvormundschaft
    Amtsvormünder sind nach den Erfahrungen der Arbeitsgruppenmitglieder in der Regel für zahlreiche Kinder und Jugendliche zuständig. Meist hat eine Fachkraft im Jugendamt zwischen 60 und 120, in Einzelfällen auch noch mehr Kinder als Amtsvormund zu vertreten. Aus der Praxis kommt die Empfehlung, 50 Vormundschaften je Amtsvormund als Obergrenze anzustreben. Die Rahmenbedingungen in der Amtsvormundschaft müssen so gestaltet werden, dass eine auf die Rechte des Kindes konzentrierte Amtsführung möglich ist.
  • Stärkung der Einzelvormundschaft
    Obwohl die Einzelvormundschaft nach dem Gesetz Vorrang hat, stellt in der Praxis die Amtsvormundschaft den Regelfall dar. Um den persönlichen Kontakt zwischen Vormund und Kind zu gewährleisten und eine an den Interessen des Kindes orientierte Amtsführung zu ermöglichen, sollte laut Arbeitsgruppe gezielt die Einzelvormundschaft gefördert werden.

5. Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien

Pflegekinder kommen heute in der Regel aus einer Gefährdungssituation in ihrer Herkunftsfamilie. Für diese Kinder ist eine stabile Familiensituation besonders wichtig und förderlich. Viele Pflegekinder leben aber über längere Zeit im Hinblick auf Herkunftsfamilie und Pflegefamilie in unsicheren rechtlichen Verhältnissen.

Die Arbeitsgruppe regt an, in der kommenden Legislaturperiode zu prüfen, ob ein gesetzlicher Handlungsbedarf hinsichtlich langjähriger Pflegeverhältnisse besteht. Insbesondere soll geprüft werden, wie eine langfristige stabile Situation für das Kind erreicht werden kann (Rückführung in die Herkunftsfamilie oder Adoption / stärkere rechtliche Absicherung der seit längerer Zeit bestehenden Pflegeverhältnisse).

Den vollständigen Abschlussbericht der Arbeitsgruppe finden Sie unter www.bmj.de/ag-kindeswohl.

(Quelle: Pressemitteilung vom 2. 9. 2009 des Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz. Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl. Mohrenstr. 37, 10117 Berlin. Telefon 030/18 580 9030. Telefax 030/18 580 9046. presse@bmj.bund.de )


 

09.09.2009

Neue "Kronzeugen"-Regelung tritt in Kraft

Am 1. September 2009 tritt eine neue Strafzumessungsregel in Kraft. Bei Straftätern, die zur Aufklärung oder Verhinderung von schweren Straftaten beitragen, können Richterinnen und Richter die Strafe künftig mildern oder ganz von Strafe absehen.

Die Reform knüpft an frühere Möglichkeiten an, die Kooperationsbereitschaft von Straftätern zu honorieren. Bis 1999 galt das Kronzeugengesetz, das für die Bildung krimineller oder terroristischer Vereinigungen und damit zusammenhängende Taten die Möglichkeit eröffnete, das Verfahren einzustellen, von Strafe abzusehen oder die Strafe zu mildern. Das geltende Strafrecht kennt spezifische ("kleine") "Kronzeugenregelungen" für bestimmte Delikte, nämlich bei der Geldwäsche (§ 261 StGB), im Betäubungsmittelstrafrecht (§ 31 BtMG) und in sehr engem Umfang bei der Bildung einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung (§§ 129, 129a StGB). Praktisch bedeutsam ist vor allem § 31 BtMG, dessen Anwendung in den vergangenen Jahrzehnten gute Ermittlungserfolge bei der Aufklärung organisierter Rauschgiftkriminalität ermöglichte.

"Der Staat muss nicht nur für eine angemessen Bestrafung der Täter sorgen, sondern er hat auch den verfassungsrechtlichen Auftrag, gerade schwere Straftaten aufzuklären und zu verhindern. Die neue Strafzumessungsvorschrift unterscheidet sich vor allem in zwei Punkten von den bisherigen Kronzeugenregelungen: Wir fassen den Anwendungsbereich breiter und treffen Schutzvorkehrungen gegen Missbrauch. Der wesentliche Nachteil der bisherigen Regelungen lag zum einen in ihrer Beschränkung auf bestimmte Deliktsbereiche. Bislang konnte nur der Täter eines Betäubungsmitteldelikts oder ein Geldwäscher eine Strafmilderung erhalten und dies auch nur dann, wenn er half, ein Drogen- oder Geldwäschedelikt aufzuklären. Damit fehlte ein Kooperationsanreiz für alle potenziellen "Kronzeugen", die eine andere Tat begangen hatten, etwa für den Passfälscher, Schleuser oder Waffenhändler, durch dessen Angaben z. B. ein Sprengstoffanschlag vereitelt oder aufgeklärt werden kann. Deshalb haben wir eine allgemeine Strafzumessungsregelung geschaffen, die grundsätzlich unabhängig vom Delikt des "Kronzeugen" angewandt werden kann, wenn er wichtige Informationen zu schweren und häufig auch nur schwer aufklärbaren Straftaten preisgibt. Zusätzlich enthält die neue Regelung wichtige Schutzvorkehrungen, um eine unangemessene Begünstigung des "Kronzeugen" und einen Missbrauch der Regelung zu vermeiden. Dadurch unterstützen wir die Gerichte darin, nur demjenigen eine Strafmilderung zu gewähren, der wesentlich und vor allem rechtzeitig zur Aufklärung oder Verhinderung einer schweren Tat beiträgt", erläuterte Bundesjustizministerin Zypries.

Eckpunkte der Neuregelung:

1. Voraussetzungen:

  •   Der Täter einer mittelschweren oder schweren Straftat offenbart sein Wissen über Tatsachen,
    • die wesentlich zur Aufklärung einer schweren Straftat nach § 100a Abs. 2 StPO beitragen (sog. Aufklärungshilfe), oder
    • durch die eine schwere Straftat nach § 100a Abs. 2 StPO verhindert werden kann (sog. Präventionshilfe).

      Beispiel: Der wegen seiner Beteiligung an einem (bewaffneten) Bankraub (§§ 249, 250 StGB) verhaftete A gibt der Polizei Hinweise, die zur Ergreifung seiner Mittäter B und C führen.

  • Die Bedeutung dessen, was der "Kronzeuge" zur Aufklärung oder Verhinderung von Straftaten beiträgt, rechtfertigt im Verhältnis zur Schwere der eigenen Tat eine Strafmilderung oder ein Absehen von Strafe.

2. Folge

Das Gericht kann die Strafe mildern oder von Strafe absehen, hat jedoch folgende Einschränkungen zu beachten:

  • Ist "lebenslänglich" die ausschließlich angedrohte Strafe (wie dies insbesondere bei Mord der Fall ist) darf die Strafe allenfalls auf eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren gemildert werden;
  • von Strafe absehen darf das Gericht nur, wenn die Tat abstrakt nicht auch mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist und der Täter im konkreten Fall - ohne die Strafmilderung - keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hätte.

 

Im Beispielsfall kann das Gericht die Strafe gegen A mildern und dabei unter die Mindeststrafdrohung (§ 250 StGB) von drei Jahren Freiheitsentzug gehen. Ein Absehen von Strafe wird in der Praxis nur unter besonderen Umständen in Frage kommen, z. B. wenn der Tatbeitrag des A gering ist und mit seiner Hilfe weitere Bankraube, die B und C bereits geplant hatten, verhindert werden können.

Haben A, B und C demgegenüber bei ihrem gemeinsamen Bankraub leichtfertig den Tod einer Bankangestellten verursacht, weil sich aus einer ihrer Schusswaffen ein Schuss gelöst hat, so darf das Gericht im Verfahren gegen den "Kronzeugen" A nicht von Strafe absehen, weil die entsprechende Tat (Raub mit Todesfolge, § 251 StGB) auch mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist.


3. Ausschluss

Die neue Regelung findet keine Anwendung, wenn der Kronzeuge sein Wissen erst offenbart, nachdem das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn beschlossen hat. Damit soll insbesondere erreicht werden, dass die Angaben des Täters von den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten noch rechtzeitig auf Ihre Stichhaltigkeit überprüft werden können, bevor über die Strafmilderung entschieden wird. Dies soll dazu beitragen, dass nur derjenige eine Strafmilderung erlangt, der wirklich wesentlich zur Aufklärung oder Verhinderung einer schweren Straftat beigetragen hat.

Beispiel: Der wegen eines Menschenhandeldelikts Angeklagte hat während des gesamten Verfahrens geschwiegen. Erst am letzten Verhandlungstag, als ihm eine Verurteilung droht, macht er auf einmal vor dem Gericht Angaben über angebliche Drogenstraftaten von Personen, die dem Gericht und den Strafverfolgungsbehörden bislang unbekannt sind. Eine Strafmilderung nach der "Kronzeugenregelung" kommt dann nicht in Frage. Möglich bleibt es allein, die Aussage nach den allgemeinen Regeln bei der Strafzumessung noch zu Gunsten des Täters zu berücksichtigen, falls das Gericht sie für überzeugend hält (§ 46 StGB).


4. Kein Automatismus der Strafmilderung

Die Strafmilderung ist kein Automatismus. Vielmehr hat das Gericht ausdrücklich die Aufgabe, den "Wert" der Aussage zur Schwere der Tat des "Kronzeugen" ins Verhältnis zu setzen. Es muss also abwägen, ob der konkrete Nutzen der Aussage und die Schwere der dadurch aufgeklärten oder verhinderten Taten es rechtfertigen, dem "Kronzeugen" für seine eigene Tat eine Strafmilderung zu gewähren. Es bleibt dem Gericht daher insbesondere unbenommen, dem "Kronzeugen" wegen der besonderen Schwere seiner Schuld oder wegen des nur geringen Nutzens seiner Aussage eine Strafmilderung zu verwehren.

5. Bisherige Kronzeugenregelungen aufgehoben oder angepasst

Die derzeit existierenden spezifischen "Kronzeugenregelungen" wurden, soweit sie entbehrlich geworden sind, aufgehoben oder zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen an die Vorgaben der allgemeinen Strafzumessungsregel angepasst.

Wesentliche Unterschiede und Vorzüge im Vergleich zum früheren Kronzeugengesetz:

  •  Allgemeine Strafzumessungsegel
    Die Neuregelung ist eine allgemeine Strafzumessungsregel, d. h. sie ist grundsätzlich nicht auf bestimmte Delikte beschränkt. Die Strafverfolgungspraxis bemängelte an der früheren Kronzeugenregelung aus den 80er und 90er Jahren vor allem die enge Bindung an die Organisationsdelikte der §§ 129, 129a StGB (kriminelle / terroristische Vereinigung), da diese Delikte teilweise schwierig nachzuweisen sind und deren Voraussetzungen häufig auch schlicht nicht vorliegen. In der Praxis waren deshalb oft auch zunächst langwierige Ermittlungen nötig, bevor feststand, ob man einem kooperationsbereiten Beschuldigten die Vergünstigungen aus der früheren Kronzeugenregelung überhaupt in Aussicht stellen konnte.
  • Keine Identität der Deliktsgruppe erforderlich
    Die Tat des "Kronzeugen" und die Tat, auf die sich seine Präventions- oder Aufklärungshilfe bezieht, müssen nicht derselben Deliktsgruppe zuzuordnen sein.
  • Schutzvorkehrungen gegen Missbrauch
    Die Neuregelung enthält Sicherungen, um die Gefahr zu minimieren, dass ein vermeintlicher Kronzeuge durch Falschangaben eine Strafmilderung erlangt. Dies geschieht vor allem durch die zeitliche Begrenzung des Anwendungsbereichs (Angaben müssen vor Eröffnung des Hauptverfahrens gemacht werden, um noch rechtzeitig überprüft werden zu können, siehe oben), aber auch durch die Ausweitung und Erhöhung der Strafen der für Falschangaben einschlägigen Straftatbestände (§ 145d StGB - Vortäuschen einer Straftat, § 164 StGB - Falsche Verdächtigung), wenn der Täter die Falschangaben macht, um sich die Strafmilderung der Kronzeugenregelung zu erschleichen. Beide Sicherungen sind auch in die für die Praxis wichtige Kronzeugenregelung des § 31 BtMG eingebaut worden. Im Übrigen hängt die Gewährung einer Strafmilderung natürlich auch zukünftig davon ab, dass das entscheidende Gericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Angaben des "Kronzeugen" auch tatsächlich zu einem Aufklärungserfolg führen oder die Verhinderung einer schweren Straftat ermöglichen.  

(Quelle: Pressemitteilung vom 31.8.2009 des Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz. Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl. Mohrenstr. 37, 10117 Berlin. Telefon 030/18 580 9030. Telefax 030/18 580 9046. presse@bmj.bund.de


 

07.09.2009

BMJ Zypries zieht positive Bilanz in der Rechtspolitik

Bundesjustizministerin Zypries führte am 31. August folgendes zur Arbeit ihres Ministeriums in der 16. Legislaturperiode aus:

"Was wir in den letzten vier Jahren rechtspolitisch auf die Beine gestellt haben, kann sich sehen lassen. Es ist uns gelungen, den sozialen Rechtsstaat zu stärken und zu verteidigen. Wir haben für mehr Sicherheit gesorgt, dabei die Freiheitsrechte gewahrt und den Opferschutz verbessert. Beim Verbraucherschutz sind wir gut vorangekommen und haben dafür gesorgt, dass bei ungleichen Machtverhältnissen der schwächere Verhandlungspartner geschützt ist. Das Wirtschaftrecht haben wir in vielen Bereichen modernisiert, damit deutsche Unternehmen ökonomisch erfolgreich und international wettbewerbsfähig sein können. Aus der Finanz- und Wirtschaftskrise haben wir Konsequenzen gezogen, um unverantwortlichem Verhalten künftig einen Riegel vorzuschieben. Auf geänderte gesellschaftliche Verhältnisse haben wir mit umfassenden Reformen im Familienrecht reagiert. Den ehrenamtlich Tätigen haben wir bessere Rahmenbedingungen für ihr bürgerschaftliches Engagement gegeben. Den Rechtsstaat haben wir moderner und leistungsfähiger gemacht, weil Freiheit und Gerechtigkeit eine starke Justiz brauchen. Auch in der europäischen und internationalen Rechtspolitik haben wir wichtige Akzente gesetzt. Ich bin stolz auf unsere rechtspolitische Bilanz", erklärte Zypries.

Die wichtigsten rechtspolitischen Erfolge der 16. Legislaturperiode finden Sie einzeln dargestellt unter folgender URL:
http://www.bmj.bund.de/bilanz-legislatur

(Quelle: Auszug aus einer Pressemitteilung des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl
Mohrenstr. 37, 10117 Berlin; Telefon 030/18 580 9030; Telefax 030/18 580 9046; presse@bmj.bund.de)


 

03.09.2009

Opferbefragungen in den USA

Neue Daten für 2008 und Verlaufsdaten zurück bis 1999

September 2, 2009: Bureau of Justice Statistics Publication

The brochure

"Criminal Victimization, 2008"

presents the annual estimates of rates and levels of personal and
property victimization and describes the year-to-year change from 2007
as well as trends for the ten-year period from 1999 through 2008.

It is available online free of charge at:
http://www.ojp.usdoj.gov/bjs/abstract/cv08.htm.


 

02.09.2009

Drogen - Sucht - Kriminalität

Aktueller Band der Neuen Kriminologischen Schriftenreihe

Der unter obigem Titel erschienene Band 111 der Schriftenreihe der Kriminologischen Gesellschaft kann ab sofort beim Verlag oder über den Buchhandel bestellt werden.
In fünf Abteilungen dokumentiert er 21 aktualisierte Beiträge zur Jahrestagung der KrimG in Innsbruck:

  •  I. Bekämpfung der suchtassoziierten Kriminalität
  • II. Diagnose und Begutachtung von Abhängigen
  • III. Substitution und Intervention
  • IV. Therapie im strafrechtlichen Rahmen
  • V. Aktuelle kriminologische Themen.

Zusätzlich werden die Laudationes für die Preisträger der Beccaria-Medaillen in Gold, Prof. Dr. Roland Miklau und Prof. Dr. Norbert Nedopil, wiedergegeben.

Bibliographische Angaben:
Reinhard Haller und Jörg-Martin Jehle (Hrsg.):
Drogen - Sucht - Kriminalität
Mönchengladbach: Forum Verlag Godesberg GmbH 2009
IX und 370 Seiten. ISBN: 978-3-936999-63-1
(FVG, Ferdinandstraße 16, 41061 Mönchengladbach)


August 2009

 

25.08.2009

Ausgewählte Zahlen für die Rechtspflege.

DESTATIS veröffentlicht Ergebniss für den Berichtsjahrgang 2008

Das Statistische Bundesamt teilt mit, dass die neue Ausgabe für 2008 der Fachserie 10, Reihe 1 "Ausgewählte Zahlen für die Rechtspflege" erschienen ist.

Sie berichtet über Zeitreihen und Eckzahlen von

  • Organisation von Gerichten und Staatsanwaltschaften
  • Personal von Gerichten und Staatsanwaltschaften
  • Geschäftsanfall bei Gerichten und Staatsanwaltschaften
  • Polizeiliche Tatermittlung
  • Gerichtliche Strafverfolgung
  • Strafvollzug
  • Bewährungshilfe

Die Veröffentlichung kann kostenlos aus dem Publikationsservice des Statistischen Bundesamtes als HTML- oder PDF-Datei heruntergeladen werden:
https://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?CSPCHD=...


 

24.08.2009

Stellenangebote für die Weiterentwicklung Bibliometrischer Verfahren

Im "Kompetenzzentrum Bibliometrie für die deutsche Wissenschaft" (KB)

haben sich, gefördert durch das BMBF, das Institut für Forschungsinformation und Qualitätssicherung (iFQ), das Fraunhofer-Institut für System- und Innovations-Forschung (ISI) und das Institut für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT) der Universität Bielefeld zusammengeschlossen mit dem Ziel der Entwicklung und Weiterentwicklung von bibliometrischen Methoden und Verfahren für die Analyse von Strukturen und Leistungen in Wissenschaft und Forschung.

3 Promotionsstellen (0,5 TVöD/TV-L 13)

sind ab 1. Januar 2010 für drei Jahre zu besetzen. An jedem der beteiligten Institute steht jeweils eine Stelle zur Verfügung.

Die Ausrichtung der Dissertationen soll sich an den Themenstellungen der im Rahmen des KB geförderten Projekte orientieren. Gegenstände der Arbeiten sind:

  • die Entwicklung, Weiterentwicklung und Nutzbarmachung bibliometrischer Verfahren für Evaluation und Monitoring: u.a. die Entwicklung semi-automatischer und lernfähiger Algorithmen für die Vereinheitlichung und Codierung von Institutionen und Personen sowie für die Erstellung einer fein granulierten Fachklassifizierung auf Artikelebene;
  • die Entwicklung kontextspezifischer Indikatoren u.a. für die Messung der Forschungsleistung;
  • die Entwicklung von Qualitätsstandards und Methoden der Qualitätssicherung wie die Entwicklung einer theoretisch begründeten Fehlerlehre und darauf aufbauend von Gütemaßen für bibliometrische Indikatoren;
  • die Weiterentwicklung einer empirisch begründeten Theorie, um die Aussagekraft bibliometrischer Indikatoren zu unterlegen.

Die Promotionsbetreuung wird durch jeweils eines der drei Institute sichergestellt. Möglichkeiten der Anbindung an eine Hochschule sind gegeben, sind aber auch frei wählbar. Forschungsaufenthalte an anderen am KB beteiligten Instituten werden ermöglicht.

Die Bewerbung soll ein Dissertationsexposé (max. fünf Seiten) umfassen und Fragestellung und Erkenntnisziel darstellen.

Ansprechpartner für detaillierte Fragen zur thematischen Ausrichtung sind:

Ab 1. November 2009 zu besetzen ist außerdem die Stelle eines/einer

Wissenschaftlichen Mitarbeiters/Mitarbeiterin (13 TVöD, Vollzeit)

für die Weiterentwicklung und Validierung bibliometrischer Methoden und Verfahren, insbesondere die Entwicklung von Qualitätsstandards und Methoden der Qualitätssicherung, d.h. die Entwicklung einer theoretisch begründeten Fehlerlehre und darauf aufbauend von Gütemaßen für bibliometrische Indikatoren. Die Stelle ist am iFQ angesiedelt.

Ausdrücklich erwünscht sind einschlägige Erfahrungen in der Bibliometrie und in der Konzeption und Administration von Datenbanken.

Für alle Stellen werden engagierte Persönlichkeiten mit einem sehr guten Hochschulabschluss und Methodenkenntnissen sowie Erfahrungen in der wissenschaftlichen Projektarbeit gesucht. Sie zeichnen sich durch ein sehr gutes Organisationsvermögen, hohe Kommunikations- und Teamfähigkeit, gute deutsche und/oder englische Sprachkenntnisse sowie EDV- Kenntnisse aus. Wir bieten engagierte und hoch motivierte Teams, eine abwechslungsreiche Tätigkeit und spannende, entwicklungsfähige Themen.

Die Bewerbung mit den üblichen Unterlagen (ausführlicher tabellarischer Lebenslauf, Zeugniskopien, Publikationsverzeichnis) senden Sie bitte bis zum 2. Oktober 2009 an das Institut für Forschungsinformation und Qualitätssicherung, Prof. Dr. Stefan Hornbostel, Godesberger Allee 90, 53175 Bonn, glaab@forschungsinfo.de.

Anstellung, Vergütung und Sozialleistungen richten sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD/TV-L 13). Die Beachtung der Schwerbehindertenrichtlinien sowie der Vorschriften des Gesetzes über Teilzeitarbeit ist gewährleistet.

Weitere Informationen über das Kompetenzzentrum finden Sie unter: www.bibliometrie.info.


 

21.08.2009

Gegen sexuelle Gewalt

Behandlung von jugendlichen sexuellen Misshandlern aus dem ambulanten und stationären Bereich

Dreiteilige Seminarreihe (Neuauflage), Telekomhaus Stuttgart

4.-6. November 2009, 27.-29. Januar 2010, 10. - 12. März 2010

Diese Fortbildung will für Fachkräfte, die in ihrem Arbeitsfeld erleben, dass Jugendliche andere Jugendliche sexuell belästigen oder misshandeln, ein schlüssiges Handlungskonzept für die ambulante Gruppenarbeit sowie das Training dazu anbieten.

Viele Jungen, die ambulante Angebote durchlaufen haben, verbessern ihre Chancen deutlich, nicht wieder rückfällig zu werden. Dies ist ein wichtiges Ziel – auch im Sinne des Opferschutzes. Zielgruppe sind Schulsozialarbeiter/innen, Mitarbeiter/innen von Beratungsstellen, der Jugendarbeit, der Bewährungshilfe und der Behindertenhilfe.

Der Trainingskurs besteht aus drei zusammenhängenden Teilen, die nur im Gesamten gebucht werden können.

Referenten:

  • Dr. Reiner Blinkle, Maria Berg, Gammertingen
  • Urban Spöttle-Krust, Anlaufstelle gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch, Waiblingen

Zum Programm (305 KB), zur Online-Anmeldung (bis 1. Okt. 2009)
http://www.ajs-bw.de/zum-thema-gewaltpraevention.html#a1792

Information: Bernhild Manske-Herlyn, Tel. (07 11) 2 37 37 1321.08.2009


 

21.08.2009

Jugendgewalt in der Schweiz: Ausmaß, Ursachen, Maßnahmen

Entwicklung der Diskussion zwischen 2007 und 2009, sowie ein neuer Bericht über eine Umfrage bei den Kantonen zu jugendlichen Intensivtätern

Worum geht es?

  • Mehrere Vorfälle schwerer Jugendgewalt haben in der Bevölkerung die Befürchtung aufkommen lassen, die Gewaltbereitschaft Jugendlicher habe massiv zugenommen. Die Statistiken erlauben zwar keinen genauen Aufschluss über das Ausmass der Jugendgewalt, da sie das Dunkelfeld der Kriminalität nicht erfassen. Sie legen aber den Schluss nahe, dass die Gewaltbereitschaft Jugendlicher deutlich angestiegen ist.
  • Um der Jugendgewalt wirksam zu begegnen, hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) Lösungsansätze für seinen Zuständigkeitsbereich entwickelt und eine Liste von konkreten Massnahmen für die Arbeit von Polizei-, Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden sowie von Migrationsbehörden erarbeitet. Sein Bericht versteht sich als Ergänzung des Berichts des Bundesrates, der vom Eidg. Departement des Innern (EDI) zum Thema "Jugend und Gewalt" erarbeitet worden ist.

Was ist bisher geschehen?

  • Am 29. Juni 2007 schickt das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) den Bericht über Jugendgewalt an interessierte Kreise zur Stellungnahme ( Medienmitteilung).
  • Am 11. April 2008 veröffentlicht das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) den bereinigten Bericht. Das EJPD will die im Teil III aufgelisteten Massnahmen in der vorgesehenen Zeit umsetzen sowie in Zukunft alle Massnahmen ergreifen, die es zur Bekämpfung der Jugendgewalt für sinnvoll und möglich hält.
  • Am 25. Mai 2009 verabschiedet der Bundesrat den Bericht "Jugend und Gewalt – Wirksame Prävention in den Bereichen Familie, Schule, Sozialraum und Medien" ( Medienmitteilung).
  • Am 2. Juli 2009 veröffentlicht das Bundesamt für Polizei (fedpol) den Ergebnisbericht zur Kantonsumfrage "Jugendliche Intensivtäter" ( Medienmitteilung)

Dokumentation


 

21.08.2009

Kurzfristig realisierbare Änderung des Strafrechts in der Schweiz:

Diskussion über Unbedingte Geldstrafe, Gemeinnützige Arbeit, Kurze Freiheitsstrafe

Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) in Bern plant eine Vorlage mit kurzfristig realisierbaren Änderungen des Strafrechts.

Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf hat den Bundesrat über die ersten Ergebnisse der Umfrage zu den umstrittenen Neuerungen im Strafrecht informiert, die sie bei den Mitgliedern der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) durchgeführt hat.

Das EJPD wird die Antworten der Kantone im Sommer vertieft analysieren und prüfen, wieweit sie mit den Vorstössen vereinbar sind, die der Nationalrat anlässlich der Sondersession vom 3. Juni 2009 gutgeheissen hat und die noch vom Ständerat beraten werden müssen. Auf der Grundlage dieser Analyse wird das EJPD einen Vorentwurf zu jenen Gesetzesänderungen erarbeiten, die sich kurzfristig realisieren lassen.

Verschiedene Kantone wiesen in der Umfrage darauf hin, es sei heute noch nicht möglich, zu den Auswirkungen der Revision auf die Prävention gültige Aussagen zu machen. Dafür sei die Zeit seit der Inkraftsetzung der revidierten allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches zu kurz und es fehle an statistischen Grundlagen. Dennoch lässt sich aufgrund der Antworten bereits eine erste Bilanz über die Erfahrungen der Kantone ziehen.

Die Kantone erachten die präventive Wirksamkeit unbedingter Geldstrafen und Gemeinnütziger Arbeit mehrheitlich als mittelmässig bis gut. Werden diese Strafen allerdings nur bedingt ausgesprochen, so wird deren Wirksamkeit lediglich als mittelmässig bis schlecht eingestuft.

Unbedingte Geldstrafen werden in Bezug auf arbeitstätige und in geordneten Verhältnissen lebende Personen für präventiv sehr wirksam gehalten, nicht aber in Bezug auf Mittellose, Asylbewerber, Arbeitslose oder Personen ohne Bleiberecht in der Schweiz, weil in diesen Fällen die Tagessätze zu tief sind.
Die als schwach eingestufte präventive Wirkung bedingter Geldstrafen wird namentlich damit erklärt, dass die Verurteilten sie oft nicht als Strafe empfinden. Eine Wirkung wird verschiedentlich nur in Verbindung mit einer unbedingten Busse gesehen.

Sowohl bei der Berechnung der Geldstrafen (vor allem des einzelnen Tagessatzes) wie bei deren Vollzug ortet die Mehrheit der Kantone grössere bis mittlere Schwierigkeiten. Der Vollzug ist mit einem grossen administrativen Aufwand verbunden. Zudem bezahlen viele Verurteilte die Geldstrafe oft erst, wenn die Ersatzfreiheitsstrafe bereits angeordnet worden ist.

Auch beim Vollzug der Gemeinnützigen Arbeit, die heute durch den Richter angeordnet wird, sehen die Kantone mehrheitlich Schwierigkeiten. Die Abläufe seien früher einfacher gewesen, als die Gemeinnützige Arbeit durch die Vollzugsbehörde angeordnet wurde. Ferner konnten früher die Arbeitsfähigkeit und der Arbeitswille der Beschuldigten sorgfältiger abgeklärt werden.

Für die Wiedereinführung der kurzen Freiheitsstrafe: Die Kantone äusserten sich in der Umfrage nicht nur zu ihren Erfahrungen, sondern auch zu möglichen Gesetzesänderungen. So befürworten sie mehrheitlich eine Wiedereinführung der bedingten kurzen Freiheitsstrafe. Die Hälfte der Kantone befürwortet zudem einen gleichzeitigen Verzicht auf die bedingte Geldstrafe und Gemeinnützige Arbeit

Eine Mehrheit der Kantone befürwortet eine gesetzliche Untergrenze der Geldstrafen in Form eines Mindesttagessatzes sowie die freie Wahl zwischen kurzen Freiheitsstrafen, Geldstrafen und Gemeinnütziger Arbeit. Als systemwidrig lehnen sie hingegen mehrheitlich eine Regelung ab, die den unbedingten Vollzug von Strafen und ausnahmsweise den Vollzug unbedingter kurzer Freiheitsstrafen auch aus generalpräventiven Gründen ermöglicht.

(Quelle: Medienmitteilungen, EJPD, 01.07.2009. Weitere Auskünfte
Bernardo Stadelmann, Bundesamt für Justiz, T +41 31 322 41 19)


 

21.08.2009

Die Korruptionsbekämpfung in Österreich soll optimiert werden

Punktation des Ministerrates zum geplanten neuen Korruptionsstrafrecht

Die effiziente Bekämpfung von Korruption erfordere klare und gezielte Regeln statt ein Breitbandantibiotikum, effektive Strafverfolgungsbehörden und eine Sensibilisierung der eigenen Mitarbeiter. Daher sei es falsch, aufgrund unklarer Bestimmungen grundsätzlich alle einmal unter Generalverdacht zu stellen. Das käme fast einer - verbotenen - Art Beweislastumkehr im Strafrecht gleich, sagte Bundesministerin Bandion-Ortner im Anschluss an den Ministerrat, bei dem am 9. Juni eine Punktuation zur Reform des Korruptionsstrafrechtes eingebracht wurde.

"Österreich hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von Anstrengungen zur Bekämpfung der Korruption unternommen. Dies wurde uns auch im letzten Bericht von Transparency International bestätigt" so die Ministerin. "Die geltenden Bestimmungen haben zu Überreaktionen und Verunsicherung geführt. Strafrecht ist dazu da, unredliche Verhaltensweisen unter Strafe zu stellen, nicht aber der Wirtschaft, dem Sport, der Kultur per se zu schaden."

Der nun vorliegende Entwurf ist keine grundlegende Neugestaltung. "Er ist vielmehr eine Klarstellung und Verschärfung der bestehenden Tatbestände mit dem Ziel der Bekämpfung der wirklichen Korruption. Er differenziert sachgerecht zwischen pflichtwidrigen und pflichtgemäßen Handlungen. Er enthält vor allem Strafuntergrenzen, aber auch höhere Strafdrohungen in schweren Fällen." So soll die Annahme von Vorteilen in großem Ausmaß für pflichtwidrige Amtshandlungen nunmehr mit einem bis zu 10 Jahren, die Annahme von Vorteilen für pflichtgemäße Amtshandlungen mit 6 Monaten bis zu 5 Jahren Haft bedroht sein.
Der Entwurf greift auch die soziale Adäquanz auf und stellt klar was geringfügig ist. "Relevant ist ob ein Verhalten geeignet ist, den Amtsträger zu beeinflussen. Dabei ist auch die konkrete Aufgabe des Amtsträgers und die Situation, in der ein Vorteil gewährt wird, von Bedeutung." Ausdrückliche Regelungen werden zur Teilnahme an Veranstaltungen getroffen. Klargestellt wird auch, dass Verhalten, dass im redlichen amtlichen Verkehr sozial adäquat ist, nicht strafbar ist. Darunter fallen zB die allgemein üblichen Geschäftskontakte und die Teilnahme an Fachveranstaltungen.

Angesprochen auf den Bereich des "Anfütterns" stellte Bandion-Ortner fest: Das Delikt des "Anfütterns" bleibt erhalten und wird konkretisiert. "Es kommt darauf an, ob sich abzeichnet, dass ein Vorteilsgeber von einer bestimmten Amtshandlung betroffen sein wird. Ist das der Fall, ist Vorsicht geboten." Die Annahme eines Vorteiles unter 100 Euro soll künftig nur strafbar sein, wenn das Dienstrecht dies vorsieht. So kann auf die unterschiedlichen Branchen Bedacht genommen werden. "Was dienstrechtlich verboten ist, kann nicht sozial adäquat sein" stellte die Ministerin klar.

Networking und Gastfreundschaft sollen nicht per se kriminalisiert werden, sondern von der "kolportierten" Strafbarkeit herausgenommen werden. Dagegen sollen pralle Geldkoffer, diskrete Kuverts, Luxusreisen und ähnliche ungerechtfertigte Vorteile rigoros bekämpft werden.

"Der vorliegende Entwurf zur Reform des Korruptionsstrafrechtes verfolgt das Ziel eine wirksame und gezieltere Verfolgung und Sanktionierung wirtschaftlicher, behördlicher oder politischer Korruption sicherzustellen, um den Staat, benachteiligte Unternehmen, aber auch den Einzelnen vor Verlusten durch derartige Kriminalität zu bewahren. Die spezialisierte und zielgerichtete Verfolgung von Korruption und verwandten strafbaren Handlungen kann letztlich nur positive Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich haben" zeigte sich Bandion-Ortner überzeugt.

(Quelle: Pressemitteilung des BMJ vom 10. Juni 2009)


 

21.08.2009

Ausbau des Schutzes von Opfern in Österreich

Entwurf eines 2. Gewaltschutzgesetzes in der Beratung

Das 2. Gewaltschutzgesetz wird einen Ausbau des Schutzes vor Gewalt durch einstweilige Verfügung enthalten. So wird es künftig möglich sein, dass eine einstweilige Verfügung auch für Bereiche außerhalb des Wohnbereichs ausgesprochen wird, etwa wenn dort ein Zusammentreffen mit dem Opfer zu erwarten wäre. Eine Interessensabwägung hat das Gericht zu treffen. Hier soll es künftig eine einstweilige Verfügung bis zu einem Jahr geben. Auch im Wohnungsbereich wird die einstweilige Verfügung ausgeweitet - und zwar von derzeit maximal drei Monaten auf bis zu sechs Monaten. Wird gegen die einstweilige Verfügung verstoßen, soll dem Gericht die Möglichkeit gegeben werden, die Geltungsdauer zu verlängern. Auch soll künftig auch gegen Personen eine einstweilige Verfügung ausgesprochen werden, die nicht nahe Familienangehörige sind.

Opferschutzregelungen, die sich im Strafverfahren bewährt haben, sollen im Zivilprozess übernommen werden, also die psychosoziale und juristische Prozessbegleitung, die Geheimhaltung der Wohnanschrift des Opfers und die schonende Einvernahme des Opfers an einem abgesonderten Ort, ohne mit dem Täter konfrontiert zu werden. Die Prozessbegleitung soll auch auf bestimmte Formen der Beeinträchtigung der Privatsphäre, die vom Opfer als belastend erfahren werden, wie beispielsweise Wohnungseinbrüche, ausgeweitet werden.

Im Bereich des Strafrechts wird ein neuer Straftatbestand geschaffen, der einzelne Straftatbestände zusammenfasst, die üblicherweise bei länger andauernden Gewaltdelikten zum Tragen kommen. Die Grundstrafdrohung soll bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe betragen, qualifizierte Tatbestände reichen jedoch bis zu einer Strafdrohung von 10 bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe.

Mit einer gerichtlichen Aufsicht sollen bei bedingt entlassenen Sexualstraftätern Weisungen zu Therapie und Lebensführung, etwa dem Fernbleiben von Schulen und Kindergärten, das Anzeigen des Wohnungswechsels oder die Ausübung eines Berufs, erteilt werden können. Zugleich soll es zu einer Ausdehnung der Probezeit kommen. Das Gericht kann die Ausübung von Berufen, die mit der Gefahr einer neuerlichen Tatbegehung einhergehen, untersagen. Auch soll das Gericht die Frist für die Tilgung einer im Strafregister aufscheinenden Straftat verlängern können. Zugleich soll der Kreis der öffentlichen Stellen, die Auskunft über Sexualstraftäter erhalten, auf alle mit der Jugendwohlfahrt betrauten öffentlichen Stellen ausgeweitet werden. Einsicht in das Strafregister sollen allerdings keine Vereine wie etwa Jugendorganisationen erhalten.

Auch eine Anzeigepflicht für Personen, deren Fürsorge im weiteren Sinn ein Minderjähriger anvertraut ist, soll umgesetzt werden. Erfasst sind etwa KindergärtnerInnen, LehrerInnen oder ÄrztInnen. Ausgenommen soll sein, wer durch eine Strafanzeige sich selbst oder einen familienangehörigen der Strafverfolgung aussetzen würde.

Wenn das Opfer noch nicht in der Lage ist, gegen den Beschuldigten auszusagen, soll dem Staatsanwalt die Möglichkeit eingeräumt werden, mit Einvernahmen oder der Anklage bis zu sechs Monate zuzuwarten, bis das Opfer so weit ist, dass es sich mit der Erinnerung an die erlittene Gewalt ohne neuerliche Beeinträchtigung konfrontieren kann.

Weitere Einzelheiten unter:
http://www.justiz.gv.at/gesetzesentwuerfe/index.php?nav=0&id=108


 

21.08.2009

Neues Kinderbeistandsgesetz in Österreich

Entwurf des BMJ in der Beratung

Aufgrund des Erfolgs des Modellprojekts soll der „Kinderbeistand“ nun gesetzlich verankert werden, wobei die aus dem Modellprojekt gewonnenen Erfahrungen in den Gesetzesentwurf eingeflossen sind.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen wurden von einer vom Bundesministerium für Justiz organisierten Arbeitsgruppe festgelegt, in der unter anderem Vertreterinnen der Rechtsanwaltschaft, eine Kinderbeiständin und die Vorsitzende der Fachgruppe Familienrecht vertreten waren.
„Ort“ der gesetzlichen Regelung soll das Außerstreitgesetz sein, konkret soll der Kinderbeistand in einem neuen § 104a AußStrG geregelt werden. Diese Bestimmung soll die Grundlagen für die Bestellung eines Kinderbeistands sowie dessen Aufgaben und Rechte regeln.
Als Vermittlungsstelle soll die Justizbetreuungsagentur als Drehscheibe zwischen den Kinderbeiständen und dem Gericht dienen. Dabei kann sie sich wiederum Trägerorganisationen bedienen.
Weitere Einzelheiten unter:
http://www.justiz.gv.at/gesetzesentwuerfe/index.php?nav=0&id=113


 

18.08.2009

Die Lage der Menschen in Dafur

Ein Beispiel für eklatante Menschenrechtsverletzungen und Völkermord

Der Social Science Research Council unterhält für einschlägig Interessierte und Aktive eine Diskussions-Website unter dem Thema:
"Make Sense of Dafur"
Zugang über: http://www.ssrc.org/blogs/darfur/category/darfur/


 

17.08.2009

Straffällige Jugendliche brauchen Bewährungshilfe

Dokumentation zum Bewährungshelfertag 2009

Im Fokus des 2.Bewährungshelfertages in Berlin im März 2009 stand der verantwortungsvolle Umgang der Institution Bewährungshilfe mit jugendlichen Straffälligen. Der Bewährungshelfertag wird vom DBH-Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Bewährungshelfer/innen (ADB) veranstaltet. Er findet jeweils zu einem Schwerpunktthema und in Kooperation mit einem Bundesland statt. Das Thema 2009 lautete "Straffällige Jugendliche brauchen Bewährungshilfe", und als Kooperationsland wirkte Niedersachsen mit.

Zu Beginn sprach der Schirmherr der Fachtagung, der Niedersächsische Justizminister Bernd Busemann. Sodann führte Prof. Jürgen Körner in die pädagogische Arbeit in Zwangeskontexten ein.

Der Ambulante Justizsozialdienst Niedersachsen (Organisationsbegriff für die Arbeitsbereiche Bewährungshilfe, Gerichtshilfe und Führungsaufsicht in der Justiz) stellte sich mit dem Arbeitsschwerpunkt Jugend vor. Dabei wurden die Tataufarbeitung mit straffälligen Jugendlichen in Göttingen und die präventive Arbeit in Schulen in Salzgitter vorgestellt.

In einem weiteren Schwerpunkt wurden exemplarisch die Arbeit mit Drogen- und Alkoholkonsumenten sowie die berufliche Integration durch Kooperationspartner von der Jugendbewährungshilfe in Berlin dargestellt.

Die Notwendigkeit des koordinierten und verantwortungsvollen Übergangs aus der Haft zur Nachbetreuung wurde anhand der Jugendstrafanstalt Hameln erläutert, sowie der Umgang mit rechtsextremen Tätern und der Aussteigerhilfe in Niedersachsen.

Weitere Information findet sich unter folgenden URLs:
Programm Bewährungshelfertag 2009
http://www.bewaehrungshilfe.net/
Dokumentation Bewährungshelfertag 2009
http://www.dbh-online.de/bwhtag/dokum.htm


 

14.08.2009

"Gemeinsam gegen Hass im Internet"

Aktuelle Zahlen über den Missbrauch des Internets durch Rechtsextreme

Am 14.8.2009 haben jungendschutz.net und die Bundeszentrale für politische Bildung aktuelle Zahlen über den Missbrauch des Internets durch Rechtextreme vorgestellt. Die Zahlen zeigen, dass Rechtsextreme ihre Aktivitäten im Internet erneut verstärkt haben und dabei insbesondere die Möglichkeiten des Webs 2.0 nutzen.

"Die Bekämpfung von Hass im Internet ist eine Aufgabe, der sich Staat und Gesellschaft gemeinsam stellen müssen. Die (...) vorgestellten Zahlen verdeutlichen, dass Rechtsextremisten verstärkt im Web 2.0 unterwegs sind, um Hass und Hetze gezielt bei Jugendlichen zu streuen. Solche Aktivitäten sind im Internet genauso verboten wie in Büchern oder auf Plakaten. Die Schnelllebigkeit und Globalität des Internets erschwert jedoch die Durchsetzung der bestehenden Verbote. Unsere interdisziplinäre Konferenz im letzten Monat hat gezeigt, dass wir weiterhin auf einen Dreiklang aus Beobachtung, Löschung und Aufklärung setzen müssen. Bei der Beobachtung des Netzes bringt uns der heute vorgestellte Bericht auf den neuesten Stand. Er zeigt auch, dass wir das Ziel der Löschung auch künftig nicht im nationalen Alleingang, sondern nur durch internationale Zusammenarbeit erreichen werden. Erfolge bei der Löschung dürfen im Übrigen nicht darüber hinwegtäuschen, dass wie bei Hase und Igel anstelle der gelöschten neue Angebote auftauchen werden. Daher bleiben Aufklärung und Information unverzichtbar. Jugendliche müssen Bescheid wissen, damit sie Rechtsextremisten nicht auf den Leim gehen. Aktionen wie der von uns geförderte 'Störungsmelder on tour' sind hier der richtige Weg", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.
Einzelheiten zu dem Bericht gibt es unter www.jugendschutz.net.

Zum Hintergrund:

Am 9. Juli 2009 veranstaltete das Bundesministerium der Justiz eine Konferenz gegen die Verbreitung von Hass im Internet. Ziel war der interdisziplinäre Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis, Staat und Zivilgesellschaft. Die Eröffnungsrede von Bundesjustizministerin finden Sie hier.

Das Projekt "Störungsmelder on tour" wird vom Bundesministerium der Justiz finanziell unterstützt. Seit Juni 2008 besuchen Prominente als "Störungsmelder" Schulen im ganzen Bundesgebiet, um mit Jugendlichen über Rechtsextremismus ins Gespräch zu kommen. Die Schüler werden in offenen Diskussionen und Rollenspielen für die Thematik sensibilisiert. Außerdem wird ihnen praktisches Handwerkszeug mitgegeben. So erproben die "Störungsmelder" mit den Jugendlichen die verbale Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen Argumenten sowie Strategien gegen das öffentliche Auftreten von Neonazis. Ziel ist auch, Alternativen zu den sozialen Angeboten aufzuzeigen, mit denen viele rechtsextremistische Gruppierungen versuchen, Jugendliche für sich zu gewinnen. Nähere Informationen finden Sie hier.

(Quelle: Pressemitteilung vom 14. August 2009. Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz. Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl. Mohrenstr. 37, 10117 Berlin, Telefon 030/18 580 9030, Telefax 030/18 580 9046, presse@bmj.bund.de


 

11.08.2009

Gründung einer neuen kriminologischen Gesellschaft in Asien

THE SOUTH ASIAN SOCIETY OF CRIMINOLOGY AND VICTIMOLOGY (SASCV)

The South Asian Society of Criminology and Victimology (SASCV) is an international association founded to nurture criminology and victimology in countries such as Afghanistan, Bangladesh, Bhutan, India, Pakistan, Maldives, Sri Lanka and Nepal. Academics. Researchers and practitioners worldwide have joined hands to establish SASCV
and share of best practices in the context of South Asia. Literature, religion and cultural practices of this region demonstrate a traditionally rich understanding of criminology and victimology in this region.

South Asian literature is replete with stories of victim justice and restorative practices. Hinduism, Buddhism, Jainism, Islam and various Tribal religions played a great role with regard to the concept of justice and non-violence, both at individual and community level. Colonial period introduced a new and formal centralized criminal justice system dismantling the then existing idea of justice. The 20th century saw the establishment of new states where ethnic, religious, linguistic, caste, communal, tribal and other identities played a role in institution of constitutions and in the legal sphere of criminal and victim justice.

Today, South Asian countries face acute problems of corruption, criminal violence, terrorism, extremism, poverty, environmental degradation, white collar/cyber crimes, violations of human rights, state sponsored terrorism, crime against humanity, individual and collective victimization. In this context, the South Asian Society of Criminology and Victimology (SASCV) has emerged as a novel initiative to assist countries in criminal justice policy making and support victims of crime and abuse of power. We welcome anyone who shares our goals as members. Please visit us at http://www.sascv.edu.tf


 

11.08.2009

Kostenfreier Zugriff auf Datenbanken und Zeitschriftenarchive

DFG erwirbt neue Nationallizenzen

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat ihre Bemühungen zum Ausbau einer so genannten digitalen Forschungsumgebung weiter voran getrieben. Durch den Erwerb neuer Nationallizenzen ist ab Mai 2009 der kostenfreie Zugang zu zwanzig weiteren großen Datenbanken und Zeitschriftenarchiven über das bisher schon erreichte Ausmaß hinaus möglich. Große Teile der digitalen Forschungsumgebung sind auf die Naturwissenschaften ausgerichtet. Jedoch gibt es auch für sozialwissenschaftliche Fragestellungen interessante Angebote. Meist muss man Mitglied einer Institution sein, um innerhalb des dortigen Systems wirklich "kostenfrei" direkt auf die Ressourcen zugreifen zu können. In besonderen Fällen kann man sich jedoch auch als Individuum registrieren lassen.

Die Hauptkategorien der digitalen Forschungsumgebung sind wie folgt umschrieben:

  • Bibliographische Datenbanken
  • Elektronische Zeischriften / Periodika
  • Volltext-Datenbanken
  • Referenz-Kompendien.

Nähere Informationen finden sich unter : http://www.nationallizenzen.de/angebote


 

10.08.2009

Verfassungsbeschwerde wegen Bußgeld für Verstoß gegen die Schulpflicht nicht zur Entscheidung angenommen

Bundesverfassungsgericht
Beschluss vom 21. Juli 2009 1 BvR 1358/09

Die Beschwerdeführer, Mitglieder einer baptistischen Glaubensgemeinschaft, sind Eltern zweier Kinder, die eine Grundschule in
Ostwestfalen besuchen. An dieser Schule fanden im Februar 2007 ein Theaterprojekt, das die Kinder für das Thema "sexueller Missbrauch" durch Fremde oder auch Familienangehörige sensibilisieren sollte und eine Karnevalsveranstaltung statt. Die Teilnahme an der Karnevalsveranstaltung war insoweit frei als den Kindern stattdessen in der gesamten Unterrichtszeit angeboten wurde, den Schwimmunterricht zu besuchen oder eine in der Turnhalle aufgebaute Bewegungslandschaft zu nutzen. Die Kinder der Beschwerdeführer kamen an den dafür vorgesehen Tagen nicht in die Schule. Eine Befreiung für den Schulunterricht lag nicht vor. Das Amtsgericht setzte deshalb wegen eines zweifachen vorsätzlichen Verstoßes gegen die in § 41 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW statuierte Elternverantwortung für die Einhaltung der Schulpflicht jeweils eine Gesamtgeldbuße von 80 Euro gegen die Beschwerdeführer fest. Die Rechtsmittel dagegen waren erfolglos.

Dagegen haben die Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben, da sie sich in ihrer Religionsfreiheit und ihrem Erziehungsrecht verletzt sehen. Sie sind der Ansicht, eine Pflicht zur Teilnahme an einer Karnevalsveranstaltung verletze die religiöse Neutralität der Schule, da Fastnacht ein Fest der katholischen Kirche sei. Es werde heute so gefeiert, dass Katholiken sich vor der Fastenzeit Ess- und Trinkgelagen hingäben, sich maskierten und meist völlig enthemmt - befreit von jeglicher Moral - wie Narren benähmen. Das Theaterprojekt erziehe die Kinder zu einer "freien Sexualität". Ihnen werde vermittelt, dass sie über ihre Sexualität allein zu bestimmen hätten und ihr einziger Ratgeber dabei, der sie niemals täusche, ihr Gefühl sei.

Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht hinreichend dargelegt haben.

Das Grundrecht auf Glaubensfreiheit unterliegt selbst keinem Gesetzesvorbehalt, ist aber Einschränkungen zugänglich, die sich aus der Verfassung selbst ergeben. Hierzu gehört der dem Staat in Art. 7 Abs. 1 GG erteilte Erziehungsauftrag. Infolge dessen erfährt das elterliche Erziehungsrecht durch die allgemeine Schulpflicht eine Beschränkung. Im Einzelfall sind Konflikte zwischen dem Erziehungsrecht der Eltern und dem Erziehungsauftrag des Staates im Wege einer Abwägung nach den Grundsätzen der praktischen Konkordanz zu lösen. Zwar darf der Staat auch unabhängig von den Eltern eigene Erziehungsziele verfolgen, dabei muss er aber Neutralität und Toleranz gegenüber den erzieherischen Vorstellungen der Eltern aufbringen. Diese Verpflichtung stellt bei strikter Beachtung sicher, dass unzumutbare Glaubens- und Gewissenskonflikte nicht entstehen und eine Indoktrination der Schüler etwa auf dem Gebiet der Sexualerziehung unterbleibt.

Hinsichtlich der Präventionsveranstaltung hat das Amtsgericht in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, dass die Schule mit der Sensibilisierung der Kinder für etwaigen sexuellen Missbrauch und dem Aufzeigen von Möglichkeiten, sich dem zu entziehen, das ihr obliegende Neutralitätsgebot nicht verletzt hat. Die auf der Glaubensüberzeugung der Beschwerdeführer beruhenden elterlichen Vorstellungen von der Sexualerziehung ihrer Kinder sind durch die Präventionsveranstaltung nicht in Frage gestellt worden, weil diese die Kinder nicht dahin beeinflusst hat, ein bestimmtes Sexualverhalten zu befürworten oder abzulehnen. Die Bewertung des Amtsgerichts, dass ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot durch die Karnevalsveranstaltung nicht vorliegt, begegnet keinen Bedenken, da diese nicht mit religiösen
Handlungen verbunden gewesen ist und die Kinder weder gezwungen waren, sich zu verkleiden noch aktiv mitzufeiern. Karneval oder Fastnacht ist kein katholisches Kirchenfest und heutzutage als bloßes Brauchtum der früher etwa vorhandenen religiösen Bezüge weitgehend entkleidet. Die Auffassung des Amtsgerichts, die Grundrechte der Beschwerdeführer aus Art. 4 und 6 GG geböten nicht, ihren Kindern eine Konfrontation mit dem Faschingstreiben der übrigen Schüler zu ersparen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Denn die mit dem Schulbesuch verbundenen Spannungen zwischen der religiösen Überzeugung einer Minderheit und einer damit in Widerspruch stehenden Tradition einer anders geprägten Mehrheit sind grundsätzlich zumutbar. Dies gilt umso mehr, als vorliegend die Schule einen schonenden Ausgleich zwischen den Rechten der Eltern und dem staatlichen Erziehungsauftrag auch dadurch gesucht hat, dass sie mit einem Schwimmunterricht und der Bewegungslandschaft in der Turnhalle zwei alternative Angebote zur Verfügung gestellt hat.

(Quelle: Pressestelle des BVerfG, Pressemitteilung Nr. 88/2009 vom 31. Juli 2009)


 

 

06.08.2009

Inkrafttreten wichtiger Gesetzesänderungen aus dem Bereich des Strafrechts bzw. des Ordnungswidrigkeitenrechts

 

  • Unerlaubte Telefonwerbung
  • Verständigung im Strafverfahren
  • Vorbereitung terroristischer Gewalttaten

Am 4. August 2009 ist eine Reihe wichtiger Gesetzesänderungen in Kraft getreten, die auf Vorschläge von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries zurückgehen.

  • Das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung: Es verbietet Werbeanrufe bei Verbrauchern, wenn diese nicht vorher ausdrücklich ihre Einwilligung erklärt haben. Werbeanrufer dürfen ihre Telefonnummer nicht mehr unterdrücken. Verstöße gegen diese Verbote können - anders als bisher - mit empfindlichen Geldbußen geahndet werden. Zudem werden die Widerrufsrechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern bei telefonischen Vertragsschlüssen erweitert. mehr
  • Die gesetzliche Regelung der Verständigung im Strafverfahren: Seit langem gehört es zum Alltag in deutschen Gerichtssälen, dass sich das Gericht mit den Beteiligten über den Prozess und sein Ergebnis verständigt. Nun ist erstmals gesetzlich geregelt, unter welchen Voraussetzungen solche Verständigungen möglich sind. Absprachen darf es künftig nur in der öffentlichen Hauptverhandlung geben. Weitreichende Dokumentations- und Mitteilungspflichten schaffen die notwendige Transparenz. Die bewährten Grundsätze des Strafprozesses bleiben unangetastet. Insbesondere darf die Verständigung nie alleinige Grundlage des Urteils sein. Die Strafe muss trotz der Verständigung der Schuld des Täters gerecht werden. Und das Urteil bleibt in vollem Umfang überprüfbar. mehr
  • Die gesonderte Strafbarkeit der Vorbereitung von terroristischen Gewalttaten und die Anleitung zu solchen Taten: Die neuen Vorschriften des Staatsschutzstrafrechts erfassen etwa den Besuch eines terroristischen Ausbildungslagers zur Vorbereitung eines terroristischen Anschlags. Bestraft werden auch Personen, die Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung aufnehmen oder unterhalten, um sich in der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat unterweisen zu lassen. Da das Internet als Propagandamedium für Terroristen erheblich an Bedeutung gewonnen hat, ist jetzt auch das Verbreiten oder Anpreisen terroristischer "Anleitungen" - etwa für die Herstellung von Sprengstoffen oder den Bau von Sprengvorrichtungen - strafbar. mehr

(Auszug aus einer Pressemitteilung des BMJ vom 3. August 2009, im Textkopf durch KrimG ergänzt bzw. im Text entsprechend modifiziert. Original = Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz. Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl, Mohrenstr. 37, 10117 Berlin, Telefon 030/18 580 9030, Telefax 030/18 580 9046, presse@bmj.bund.de )

 


 

 

03.08.2009

Familie ist dort, wo Kinder sind

- Zypries stellt Forschungsprojekt zur Situation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften vor

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat am 23. Juli gemeinsam mit der stellvertretenden Leiterin des Instituts für Familienforschung an der Universität Bamberg, Dr. Marina Rupp, eine Studie zur Situation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften vorgestellt. Gegenstand der Untersuchung war die Frage, wie Kinder in so genannten Regenbogenfamilien aufwachsen und ob das Kindeswohl in diesen Lebensgemeinschaften gleichermaßen gewahrt ist wie bei heterosexuellen Eltern.

"Heute ist ein guter Tag für alle, die auf Fakten statt auf Vorurteile setzen - gerade bei weltanschaulich besetzten Themen. Die Untersuchung hat bestätigt: Dort, wo Kinder geliebt werden, wachsen sie auch gut auf. Entscheidend ist eine gute Beziehung zwischen Kind und Eltern und nicht deren sexuelle Orientierung. Nach den Ergebnissen der Studie ist das Kindeswohl in Regenbogenfamilien genauso gewahrt wie in anderen Lebensgemeinschaften. Homosexuelle Paare sind keine schlechteren Eltern, Kinder entwickeln sich bei zwei Müttern oder zwei Vätern genauso gut wie in anderen Familienformen. Die Studie ist außerordentlich belastbar und repräsentativ. Sie belegt auf wissenschaftlich fundierter Grundlage, dass Familie dort ist, wo Kinder sind. Die Ergebnisse der Untersuchung sind ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur vollen gesellschaftlichen und rechtlichen Anerkennung homosexueller Paare. Lebenspartner sind danach unter den gleichen Voraussetzungen wie alle anderen als Adoptiveltern geeignet. Wir sollten daher nicht auf halbem Wege stehen bleiben und jetzt die gesetzlichen Voraussetzungen für eine gemeinsame Adoption durch Lebenspartner schaffen", forderte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Das vom Bundesministerium der Justiz beauftragte Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg hat in Kooperation mit dem Staatsinstitut für Frühpädagogik in München die erste aussagekräftige Forschung über Kinder in Regenbogenfamilien in Deutschland vorgelegt. Der plural zusammengesetzte, begleitende Forschungsbeirat bezeichnet die Ergebnisse als international einzigartig.

Die Studie mit dem Schwerpunkt auf Kindern in Lebenspartnerschaften ist überdurchschnittlich repräsentativ: In Deutschland wachsen rund 2.200 Kinder in einer Lebenspartnerschaft auf. Die Situation von 693 dieser Kinder (32 %) wurde durch Befragung der Eltern analysiert, und 95 Kinder (5 %) wurden zusätzlich persönlich befragt. Zum Vergleich: Bereits eine Befragung von 1 % der Zielgruppe gilt gemeinhin als repräsentativ.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie:

  • Das Kindeswohl ist in Regenbogenfamilien genauso gewahrt wie in anderen Familienformen. Nach den Ergebnissen der Untersuchung sind "Regenbogeneltern" gleichermaßen gute Eltern wie andere an ihren Kindern interessierte Eltern. Persönlichkeitsentwicklung, schulische und berufliche Entwicklung der betroffenen Kinder verlaufen positiv. Sie entwickeln sich genauso gut wie Kinder aus heterosexuellen Beziehungen. Auch finden sich keine Anhaltspunkte für eine erhöhte Neigung zu Depressionen. Aus der Studie folgt: Für das Kindeswohl ist es nicht erforderlich, dass die Erziehung nach dem klassischen Rollen-Modell von verschiedenen Geschlechtern gleichermaßen übernommen wird. Maßgeblicher Einflussfaktor ist vielmehr eine gute Eltern-Kind-Beziehung unabhängig vom Geschlecht der Eltern.
  • Eine Mehrheit der Kinder verfügt über keine Diskriminierungserfahrungen wegen der sexuellen Orientierung im Elternhaus (63 % aus Sicht der Eltern, 53 % aus der Perspektive der Kinder). Soweit solche Erfahrungen vorliegen, handelt es sich überwiegend um Hänseleien und Beschimpfungen. Die Erlebnisse werden in der Regel von den Betroffenen gut verarbeitet, da sie vor allem durch die elterliche Zuwendung und Erziehung aufgefangen werden.
  • Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass das so genannte kleine Sorgerecht (Mitentscheidung des Lebenspartners in Angelegenheiten des täglichen Lebens) in der Praxis gut angenommen wird. 75 % der Partner(innen) engagieren sich in der Erziehung eines Kindes, das ihre Partnerin/ihr Partner aus einer früheren Ehe oder Partnerschaft hat. Bei Familien mit Kindern, die z.B. nach künstlicher Insemination in eine aktuelle Beziehung hineingeboren wurden, ist der Anteil noch höher. In diesen Fällen kommt der Stiefkindadoption große Bedeutung zu. Etwa die Hälfte dieser Kinder wurde bereits durch den jeweiligen Partner "stiefkindadoptiert". Die große Mehrheit der übrigen dieser Paare plant diesen Schritt.

Schlussfolgerungen für den Gesetzgeber

  • Das Lebenspartnerschaftsgesetz und die Stiefkindadoption haben sich bewährt. Das Angebot für diejenigen, die als gleichgeschlechtliches Paar füreinander und für ihre Kinder Verantwortung übernehmen, wird wahrgenommen.
  • Die Studie hat bestätigt, dass in allen Familienformen die Beziehungsqualität in der Familie der bedeutsame Einflussfaktor für die kindliche Entwicklung ist. Dies gilt auch für Kinder in Lebenspartnerschaften. Sie wachsen dort genauso gut auf wie bei heterosexuellen Eltern. Lebenspartner sind deshalb unter den gleichen Voraussetzungen wie Ehepaare als Adoptiveltern geeignet.

 

Beispiel: Die Lebenspartnerinnen Sabine und Karla ziehen seit 5 Jahren als Pflegeeltern gemeinsam Sebastian groß. Er besucht die 8. Klasse eines Gymnasiums und ist gut in die Pflegefamilie integriert. Da seine drogenkranke Mutter gestorben und sein Vater unbekannt ist, wollen Sabine und Karla ihn adoptieren. Eine gemeinsame Adoption ist nach deutschem Recht derzeit nicht möglich. Man muss sich behelfen: Nur ein Pflegeelternteil adoptiert; der andere Elternteil hat lediglich ein "kleines Sorgerecht". Diese Lösung dient nicht dem Kindeswohl.

Nach den Ergebnissen der Untersuchung besteht für den Gesetzgeber kein Grund, die gemeinsame Adoption für Lebenspartner nicht zuzulassen und damit Lebenspartner und heterosexuelle Beziehungen unterschiedlich zu behandeln. Voraussetzung für eine gemeinsame Adoption ist, dass Deutschland das geänderte Europäische Adoptionsübereinkommen zeichnet und in Kraft setzt. Es lässt im Unterschied zur Fassung von 1967 die gemeinsame Adoption auch durch Lebenspartner zu.

  • Partner in Regenbogenfamilien übernehmen in aller Regel Verantwortung füreinander und gemeinsam für die Kinder, die bei ihnen leben. Lebenspartner haben nach geltendem Recht die gleichen Pflichten, aber nicht die gleichen Rechte. Zur vollständigen Gleichstellung müssen Ungleichbehandlungen von Lebenspartner und Eheleuten vor allem im Steuer- und Beamtenrecht abgeschafft werden.

Näher Informationen finden Sie unter www.bmj.de/lebenspartnerschaft.
(Quelle: Pressemitteilung des BMJ vom 23.7.2009)


 

Juli 2009

13.07.2009

DESTATIS: Gefangenenzahlen in Deutschland

Bestand zu Ende März 2009

Unter
https://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath=struktur,vollanzeige.csp&ID=1024197

finden sich die Veröffentlichung des Bestands der Gefangenen und Verwahrten in den deutschen Justizvollzugsanstalten am 31. März 2009, die aktualisiert im Publikationsservice des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden erschienen ist.

Die Tabellen enthalten den Bestand der Gefangenen und Verwahrten in den deutschen Justizvollzugsanstalten nach ihrer Unterbringung auf Haftplätzen des geschlossenen und offenen Vollzuges, jeweils zu den Stichtagen 31. März, 31. August und 30. November eines Jahres (seit dem 31.03.2003).

Diese Veröffentlichung kann kostenlos aus dem Publikationsservice des Statistischen Bundesamtes herunter geladen werden. Nach Bestätigung der allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. Copyrightbestimmungen kann die ausgewählte Version des Fachserienhefts alternativ vom Kunden abgespeichert oder online eingesehen werden.
 
Weitere Daten der Rechtspflegestatistik im Internetangebot des StBA stehen unter folgender URL zur Verfügung: http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/Rechtspflege/Rechtspflege.psml

Veröffentlichungen der Rechtspflegestatistik im Publikationsservice finden sich unter folgender URL:
http://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/n0000.csp?treeid=24000

(Quelle für diesen Text: Mitteilung des StatBA – DESTATIS – vom 10.7.2009)


 

07.07.2009

Bundesverfassungsgericht hält Lebenslänglich für einen heranwachsenden Verurteilten für verfassungsgemäß

Verfassungsbeschwerde gegen Versagung einer Strafmilderung nach § 106 JGG nicht erfolgreich

(Link zum vollständigen Beschluss vom 13. Mai 2009: 2 BvR 247/09 )

Der im November 1975 geborene Beschwerdeführer wurde vom Landgericht Rostock im Januar 2008 wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Landgericht machte von der Möglichkeit, gegen den Beschwerdeführer als zur Tatzeit Heranwachsenden gemäß § 106 JGG anstelle der lebenslangen Freiheitsstrafe auf eine zeitige Freiheitsstrafe von zehn bis fünfzehn Jahren zu erkennen, keinen Gebrauch. In den Urteilsgründen führte es dazu aus, das Gericht habe die etwa noch vorhandene Entwicklungsfähigkeit des Beschwerdeführers und seine mögliche (Wieder-)Eingliederung in die Gesellschaft gegen Sicherungs- und Vergeltungsbelange der Allgemeinheit abzuwägen gehabt. Die Kammer gehe davon aus, dass die Reifeentwicklung des Beschwerdeführers zur Tatzeit bereits abgeschlossen gewesen sei, und habe insoweit für eine fakultative Strafmilderung keinen Raum gesehen.
In der Hauptverhandlung wandte sich eine der beisitzenden Richterinnen zu einer Schöffin um und sagte mit einer wegwerfenden Handbewegung "unglaublich", als ein Zeuge äußerte, er sei nachts mit dem Beschwerdeführer von Rostock nach Bremen gefahren, um dort Tee zu trinken. Den daraufhin gestellten Befangenheitsantrag gegen die Beisitzerin lehnte das Landgericht ab. Die Revision gegen das Urteil, die sich auch gegen die Ablehnung dieses Befangenheitsantrags richtete, war erfolglos.

Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen. Die Strafmilderung nach § 106 JGG hat nach dem Willen des Gesetzgebers Ausnahmecharakter. Bei der Entscheidung sollen die etwa noch vorhandene Entwicklungsfähigkeit des Angeklagten und seine mögliche (Wieder-) Eingliederung in die Gesellschaft gegen Sicherungs- und Vergeltungsbelange der Allgemeinheit abgewogen werden, ohne dass der Sühnegedanke gegenüber den Belangen der Wiedereingliederung überbewertet werden darf. Obgleich das Landgericht bei der Begründung seiner Entscheidung die Persönlichkeit des Beschwerdeführers zum Tatzeitpunkt in den Vordergrund gestellt hat, ist die konkrete Entscheidung nicht zu beanstanden. Die Ausführungen zur abgeschlossenen Reifeentwicklung zum Zeitpunkt der Tat lassen erkennen, dass die Kammer aufgrund der Persönlichkeit des Beschwerdeführers auch keinen erheblichen Raum für eine noch positive Formbarkeit durch den zeitigen Strafvollzug sah. In Verbindung mit dem aufgrund der Umstände des Falles besonders schwerwiegenden Sühnegedanken, den auch der Bundesgerichtshof in der Revisionsentscheidung hervorgehoben hat, ist das Ergebnis dieser Abwägung nicht zu beanstanden.

Durch die Ablehnung des Befangenheitsantrags wird der Beschwerdeführer auch nicht in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt. Zwar garantiert Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, dass der Rechtssuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist und der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet. Allerdings führt nicht schon jede fehlerhafte Rechtsanwendung zu einem Verfassungsverstoß, sondern dies ist nur der Fall, wenn die Zurückweisung des Ablehnungsantrags auf willkürlichen Erwägungen beruht. Diese lassen die hier vorliegenden Entscheidungen nicht erkennen, wenn der Richter nur über eine einzelne Äußerung des Zeugen spontan Unmut äußert. Einmalige Unmutsäußerungen aus nachvollziehbarem Anlass ergeben keinen Befangenheitsgrund, wenn sie nicht in überzogener Form erfolgen und bei verständiger Würdigung nicht befürchten lassen, sie seien Ausdruck einer in der Sache voreingenommenen Haltung. Der Reaktion der Beisitzerin war nicht zu entnehmen, dass sie sich bei der Bewertung der Zeugenaussage bereits zum Nachteil des Beschwerdeführers festgelegt hätte. Auch diese weitere Würdigung ist frei von Willkür und deshalb unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.

(Quelle: Bundesverfassungsgericht - Pressestelle - Pressemitteilung Nr. 69/2009 vom 24. Juni 2009)


 

02.07.2009

Bundesverfassungsgericht hält auch T-Shirts für verbotene rechtsextreme Propaganda

Verfassungsbeschwerde gegen Verurteilung wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erfolglos

(Link zum vollständigen Beschluss vom 18. Mai 2009: 2 BvR 2202/08 )

Der Beschwerdeführer ist Mitglied der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Vor einer Parteiversammlung der NPD baute er am Veranstaltungsort Verstärkeranlagen auf. Dabei trug er ein T-Shirt, welches vorne wie folgt bedruckt war:

"Sohn Frankens, die Jugend stolz/ die Fahnen hoch".

Die erste Zeile war im Schrifttyp Arial, die beiden anderen Zeilen in Frakturschrift gedruckt. Wegen dieses Sachverhalts verhängte das Amtsgericht Forchheim wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eine Geldstrafe. Das Gericht
begründete die Verurteilung nach § 86a StGB mit der Ähnlichkeit des Schriftzugs zum Horst-Wessel-Lied, das ein gängiges nationalsozialistisches Kennzeichen darstelle. Die gegen diese
Entscheidung eingelegten Rechtsmittel waren erfolglos.

Die 2. Kammer des Zweiten Senats nahm die auf eine Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes gestützte Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Art. 103 Abs. 2 GG verpflichtet zwar den Gesetzgeber, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen. Gegen diesen Grundsatz haben die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung des § 86a StGB jedoch nicht verstoßen.

Die Wortkombination "die Fahnen hoch" - bis auf die Verwendung des Plurals - entspricht dem Titel und dem Textbeginn des Horst-Wessel-Liedes. Die Feststellung der Gerichte im Ausgangsverfahren, dass es sich dabei um ein Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation handelt, ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Durch die Verwendung des Plurals besteht eine entsprechende Ähnlichkeit mit Titel und Text des Horst-Wessel-Liedes.
Diese Auslegung übersteigt nicht den am Schutzzweck der Norm orientierten Wortsinn von § 86a Abs. 2 Satz 2 StGB, der in der Abwehr der symbolhaft durch die Verwendung eines Kennzeichens ausgedrückten Wiederbelebung bestimmter Organisationen sowie der symbolhaft gekennzeichneten Wiederbelebung der von solchen Organisationen verfolgten Bestrebungen liegt. Es soll bereits jeder Anschein vermieden werden, in der Bundesrepublik Deutschland gebe es eine rechtsstaatswidrige politische Entwicklung in dem Sinne, dass
verfassungsfeindliche Bestrebungen in der durch das Kennzeichen symbolisierten Richtung geduldet würden.

Der Umstand, dass lediglich der Titel und der Anfangstext des Horst-Wessel-Liedes abgedruckt wurden, steht aus verfassungsrechtlicher Sicht im konkreten Fall einer Verurteilung nicht entgegen. Die Norm des § 86a StGB bezweckt die Vermeidung der Wiederbelebung nationalsozialistischer Tendenzen infolge des Gebrauchs entsprechend assoziierungsgeeigneter Symbole. Diese Gefahr besteht aber auch dann, wenn der Titel sowie derart markante Textteile der parteiamtlichen Hymne der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) wiedergegeben werden. Titel und Textteil haben Wiedererkennungs- und Identifikationsfunktion. Ein um die Existenz und die Hintergründe des Horst-Wessel-Liedes wissender Beobachter wird auch die kurze Textpassage in einen Gesamtkontext einordnen können, so dass - nach einer Gesamtbetrachtung - die Gefahr der Wiederbelebung nationalsozialistischer Bestrebungen besteht.

(Quelle: Bundesverfassungsgericht - Pressestelle - Pressemitteilung Nr. 70/2009 vom 25. Juni 2009)


 

01.07.2009

Bundesverfassungsgericht betont Meinungsfreiheit auch gegenüber Justizorgangen:

Äußerung "Durchgeknallter Staatsanwalt" stellt nicht zwingend eine Beleidigung dar

(Link zum vollständigen Beschluss vom 12. Mai 2009: 1 BvR 2272/04)

Der Beschwerdeführer ist Journalist, Verleger, Publizist und Mitherausgeber einer großen deutschen Zeitung. Im. Juni 2003 strahlte der Fernsehsender "n-tv" die Sendung "Talk in Berlin" aus, an der sich der Beschwerdeführer als Diskussionsteilnehmer beteiligte. Die Sendung befasste sich mit dem seinerzeit in den Medien viel beachteten Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vizepräsidenten des Zentralrates der Juden, Rechtsanwalt und Moderator Dr. F., der in den Verdacht des unerlaubten Umgangs mit Betäubungsmitteln geraten war. Im Rahmen der Sendung äußerte der Beschwerdeführer u.a.:

"Und ich bin ganz sicher, dass dieser staatsanwaltliche, man muss wirklich sagen: Skandal eines ganz offenkundig, ich sag`s ganz offen, durchgeknallten Staatsanwaltes, der hier in Berlin einen außerordentlich schlechten Ruf hat, der vor einem Jahr vom Dienst suspendiert worden ist, der zum ersten Mal überhaupt wieder tätig wird. Dieser Skandal wird zweifellos dazu führen, dass sich die hiesige Justizbehörde und die ihr zugeordnete Staatsanwaltschaft fragen muss, ob man auf diese Art und Weise gegen Privatpersonen vorgehen kann."

Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte den Beschwerdeführer wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 300,00 €. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Bezeichnung als "durchgeknallt" umgangssprachlich in dem Sinne von "verrückt" oder "durchgedreht" verstanden werde. Hierin liege aber eine Schmähkritik, die allein auf die Diffamierung des Betroffenen ziele und deshalb generell unzulässig sei. Die Revision gegen das Urteil verwarf das Kammergericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft ohne weitere Begründung.

Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Entscheidungen aufgehoben, weil sie das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes verletzen. Die Gerichte haben die Bezeichnung als "durchgeknallt" zu Unrecht als generell unzulässige Schmähkritik angesehen und deshalb die hier gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Geschädigten und der Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers nicht vorgenommen. Weil der Begriff der Schmähkritik eine besonders gravierende Ehrverletzung bezeichnet, bei der noch nicht einmal mehr eine Abwägung mit der Meinungsfreiheit stattfindet, sondern die Meinungsfreiheit absolut verdrängt wird, ist dieser Begriff eng zu definieren. Selbst eine für sich genommen herabsetzende Äußerung wird zu einer Schmähkritik erst dann, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern - jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik - die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Auch wenn der
Bezeichnung als "durchgeknallt" als solcher ehrverletzender Gehalt zukommt, muss bei Beurteilung einer schmähenden Wirkung der Zusammenhang berücksichtigt werden, in dem die Äußerung fällt.

Der Kontext der Äußerung im Zusammenhang mit der Kritik an der Informationspolitik der zuständigen Staatsanwaltschaft spricht hier gegen die Annahme, dass der Beschwerdeführer dem Betroffenen pauschal die geistige Gesundheit habe absprechen und ihn damit ungeachtet seines Sachanliegens habe diffamieren wollen. Vielmehr liegt es aus Sicht des unvoreingenommenen Publikums nahe, dass er auch durch diese Begriffswahl Kritik an dem Umgang des Generalstaatsanwaltes mit den Persönlichkeitsrechten eines Beschuldigten üben wollte. Die Herauslösung des Begriffes "durchgeknallt" aus diesem Kontext verstellt den Blick darauf, dass die umstrittene Äußerung im Zusammenhang mit einer Sachauseinandersetzung um die Ausübung staatlicher Strafverfolgungsbefugnisse fiel. In diesem Kontext kann der verwendeten Begriffswahl aber nicht jeglicher Sachbezug abgesprochen werden, da sie - wenn auch in polemischer und in herabsetzender Form - durchaus die Sachaussage transportieren kann, dass ein als verantwortlich angesehener Staatsanwalt im Zuge der Strafverfolgungstätigkeit die gebotene Zurückhaltung und Rücksichtnahme auf das Persönlichkeitsrecht eines Beschuldigten in unsachgemäßer und übertriebener Weise habe vermissen lassen.

Die Bezeichnung als "durchgeknallt" weist auch nicht einen derart schwerwiegenden diffamierenden Gehalt auf, dass der Ausdruck in jedem denkbaren Sachzusammenhang als bloße Herabsetzung des Betroffenen erschiene und daher unabhängig von seinem konkreten Kontext stets als persönlich diffamierende Schmähung aufgefasst werden müsste, wie dies bei der Verwendung besonders schwerwiegender Schimpfwörter - etwa aus der Fäkalsprache - der Fall sein kann.

Teil der von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG umfassten Freiheit, seine Meinung in selbstbestimmter Form zum Ausdruck zu bringen, ist auch, dass der Äußernde von ihm als verantwortlich angesehene Amtsträger in anklagender und personalisierter Weise für die zu kritisierende Art der Machtausübung angreifen kann, ohne befürchten zu müssen, dass die personenbezogenen Elemente seiner Äußerung aus diesem Kontext herausgelöst betrachtet werden und als solche die Grundlage für eine einschneidende gerichtliche Sanktion bilden. Die Personalisierung eines Sachanliegens in anklagender Form ist in solch unterschiedlicher Form und Intensität möglich, dass es nicht gerechtfertigt wäre, die Meinungsfreiheit in diesen Fällen wie bei Schmähungen stets und ungeachtet der weiteren Umstände zurücktreten zu lassen. Vielmehr ist es erforderlich, in die gebotene Abwägung einzustellen, ob der Betreffende als private Person oder sein öffentliches Wirken mit seinen weitreichenden gesellschaftlichen Folgen Gegenstand der Äußerung ist und welche Rückwirkungen auf die persönliche Integrität des Betroffenen von der Äußerung ausgehen.

(Quelle: Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -. Pressemitteilung Nr. 71/2009 vom 26. Juni 2009)


Juni 2009

29.06.2009

Jugendstrafrecht im 21. Jahrhundert

Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Bundesregierung hat mit Schreiben vom 25.6.2009 eine Große Anfrage der Abgeordneten Jerzy Montag u.a. sowie der Fraktion von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN beantwortet. Das umfangreiche Dokument (172 Seiten) ist am 26.06.2009 als Bundestagsdrucksache 16/13142 veröffentlicht worden. Es enthält zahlreiche interessante Fragen der Antragsteller und Antworten der Bundesregierung, namentlich des federführenden Bundesministeriums der Justiz, zum Thema Jugendkriminalität und den Formen des Umgangs mit dieser, auch mit detaillierten Tabellen unterfüttert.

Die PDF-Version der "Antwort" (BT-Ds / 6,33 MB elektronisch) kann unter folgender URL herunter geladen werden:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/131/1613142.pdf

Wer sich darüber hinaus für die zu diesem Thema im Bundestag gehaltenen Reden interessiert, kann über die Suchmaschine DIP des Deutschen Bundestages das Protokoll der 228. Sitzung aufrufen und lesen, ggf. auch als weitere PDF-Datei herunter laden.


 

26.06.2009

Baden-Württemberg führt elektronische Fußfessel im Vollzug ein

Umsetzung noch im Jahr 2009 geplant

Kurzbeschreibung: Goll: "Haftvermeidung ist immer noch die beste Resozialisierung"

Viel spricht dafür, dass die Idee von Justizminister Prof. Dr. Ulrich Goll (FDP), im baden-württembergischen Strafvollzug und damit als erstes Bundesland den elektronisch überwachten Hausarrest einzuführen, bald Gesetz wird. Der Ministerrat hat nach Abschluss des Anhörungsverfahrens am Dienstag (23. Juni 2009) den Gesetzentwurf des Justizministeriums über die elektronische Aufsicht im Vollzug der Freiheitsstrafe und dessen Einbringung in den Landtag beschlossen. Mit der ersten Lesung im Landtag rechnet Goll noch vor der Sommerpause. Sofern die Abgeordneten mehrheitlich für das Gesetz stimmen, folgt die öffentliche Ausschreibung für die technische Durchführung. Ende des Jahres 2009 könnte die „elektronische Fußfessel“ dann in der Praxis zum Einsatz kommen.

„Uns kommt es beim elektronisch überwachten Hausarrest vor allem darauf an, dass wir eine Alternative zum Strafvollzug für diejenigen haben, die im Gefängnis eigentlich gar nichts zu suchen haben. Das sind Personen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen sollen, weil sie ihre Geldstrafe, zu der sie verurteilt wurden, nicht bezahlen können“, erklärte der Minister einen möglichen Anwendungsbereich. Daneben könnten künftig auch Gefangene, die kurz vor Ihrer Entlassung stünden, elektronisch überwacht an die bevorstehende Freiheit herangeführt werden. „Die elektronische Fußfessel gehört in vielen Ländern zum Standard. Wir nehmen die dort vorhandenen guten Erfahrungen auf. Manchmal können wir vom Ausland auch etwas lernen“, sagte der Minister.

Die elektronische Fußfessel würde auch das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“ sinnvoll ergänzen, bei dem Gefangene durch Arbeitsleistungen die Ersatzfreiheitsstrafe abwenden könnten, so der Minister weiter. „Manche können schlichtweg nicht arbeiten. Zum Beispiel alleinstehende Mütter mit einem kleinen Kind“, bemerkte Goll. Sie müssten, solange es die Möglichkeit des elektronisch überwachten Hausarrests noch nicht gebe, ersatzweise ins Gefängnis, wenn sie ihre Geldstrafe nicht bezahlen können. „Wer kann daran ein Interesse haben? Da bietet sich der Einsatz der elektronischen Fußfessel geradezu an“, sagte der Minister. Mit dem elektronischen Hausarrest behielten alle, die eigentlich nur zu einer Geldstrafe verurteilten wurden, die Chance, nicht in den Abwärtsstrudel, den ein Gefängnisaufenthalt oft zwangsläufig nach sich ziehe, zu geraten.

„Wir wollen die Ausgestaltung des Strafvollzugs weiter entwickeln“, erklärte Goll. Das Land habe seit der Föderalismusreform die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug. „Das wollen wir sinnvoll nutzen. Die beiden gesetzlich festgeschriebenen Vollzugsziele sind unverändert die Sicherheit der Bevölkerung vor zu einer Freiheitsstrafe verurteilten Straftätern sowie die Resozialisierung der Inhaftierten“, erläuterte der Minister. Die Sicherheit sei durch den Einsatz des elektronischen Hausarrests nicht in Gefahr, da der Hauptanwendungsbereich auf Tätern liege, die gerade nicht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden seien. Und was das Ziel der Resozialisierung angehe, brachte Goll es wie folgt auf den Punkt: „Haftvermeidung ist immer noch die beste Resozialisierung.“

Infos zum elektronischen Hausarrest - Zielgruppe, Voraussetzungen, Ablauf:

Baden-Württemberg plant als erstes Bundesland für zwei Gruppen von Gefangenen eine landesgesetzliche Regelung für die elektronische Aufsicht im Strafvollzug. Danach sollen Gefangene, die zwar zu keiner Freiheitsstrafe verurteilt wurden, aber dennoch im Gefängnis sitzen, weil sie ihre Geldstrafe nicht bezahlen konnten (Ersatzfreiheitsstrafe), mittels einer elektronischen Fußfessel von zu Hause aus überwacht werden. Außerdem sollen Gefangene, die kurz vor ihrer Haftentlassung stehen und auf ihre Freiheit vorbereitet werden, künftig unter elektronische Aufsicht gestellt werden können. Es darf weder Flucht- noch Missbrauchsgefahr bestehen. Die Teilnehmer müssen zustimmen. Mit der elektronischen Aufsicht kann ein Bewegungsprofil des Gefangenen erstellt oder seine An- oder Abwesenheit in der eigenen Wohnung beaufsichtigt werden. Der Modellversuch ist auf zunächst vier Jahre befristet. Vor Ablauf der vierjährigen Frist soll das Gesetz unter Beteiligung des Innenministeriums evaluiert werden. Die Gesamtkosten für den Modellversuch werden auf 85.000 Euro geschätzt. An den Kosten soll sich ein Gefangener - anders als noch im Anhörungsentwurf geplant - nicht beteiligen müssen. Zum Vergleich: Ein Tag in Haft schlägt mit 85 Euro pro Gefangenem zu Buche.

Voraussetzung für die Teilnahme am elektronischen Hausarrest ist neben der Freiwilligkeit unter anderem, dass der Gefangene über eine eigene Wohnung sowie über eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle oder vergleichbare Tagesstruktur verfügt und auch die mit ihm in der Wohnung lebenden Erwachsenen mit der elektronischen Aufsicht einverstanden sind. Zu Beginn der elektronischen Aufsicht wird ein Vollzugsprogramm und der vorgesehene Tages- oder Wochenablauf festgelegt. Während der gesamten Dauer der elektronischen Aufsicht ist den Anweisungen der Mitarbeiter der für die elektronische Aufsicht zuständigen Stelle Folge zu leisten. Der Vollzugsplan kann neben Arbeit, Ausbildung, Freizeit und Sport die Teilnahme an Einzel- oder Gruppentherapien sowie Erziehungs- und Schulungsprogrammen vorsehen. Zudem sind Weisungen möglich, wo sich der Gefangene aufhalten muss, ob er sich in ärztliche Betreuung zu begeben hat oder ob er auf Alkohol oder andere Drogen verzichten muss. Es besteht kein Anrecht auf Freizeit außerhalb der Wohnung.

Bei Verstößen gegen die Anordnungen reichen die Konsequenzen von einer einfachen Verwarnung über die Streichung von Freizeit außerhalb der Wohnung bis hin zur Verlängerung der Maßnahme oder dem Abbruch und Rückführung in die Vollzugsanstalt.


 

25.06.2009

Professor David Weisburd erhält den Internationalen Kriminologiepreis in Stockholm

2010 Prize winner: Crucial experiments show police patrols do not just "move crime around the corner"

2009-06-24

The 2010 Stockholm Prize in Criminology has been awarded by its International Jury to Professor David L. Weisburd for a series of experiments showing that intensified police patrol at high crime "hot spots" does not merely push crime around.

This line of research encourages police around the world to concentrate crime prevention efforts at less than 5% of all street corners and addresses where over 50% of all urban crime occurs, yielding far less total crime than with conventional patrol patterns.

The jury selected Weisburd's work on spatial displacement as the most influential single contribution of his wider body of work that has helped to bridge the gap between criminology and police practice. The jury noted that Weisburd has been a leader among the growing number of criminologists whose evidence shows how the application of research findings can help to reduce not only crime, but also the unnecessary impositions on public liberty from policing activities that do not address a predictable crime risk.

Weisburd's work builds on and adds to other research showing the effectiveness of placing almost all police patrols at street corners, addresses or blocks with high rates of robbery, purse snatching, street fights, or illegal drug markets. Police have generally been reluctant to re-structure most patrols to match the extreme version tested in this research for fear that "spatial displacement" of crime will yield no net reduction in criminal events. This theory holds that, like air in a balloon, criminals and their crimes will simply move from one part of a city to another if pressure is placed on crime at any given location. The competing theory is that most public crime only happens in certain kids of locations, all of which can be made less hospitable to crime by proactive police efforts. Yet until Weisburd's series of crucial experiments, police have widely accepted the spatial displacement theory by spreading patrol out widely.

The evidence from research done by Weisburd and his colleagues in Jersey City (New Jersey) and Seattle (Washington State) shows that crime can drop substantially in small "hot spots" without rising in other areas. Weisburd also produced evidence to demonstrate that the introduction of a crime prevention strategy in a small, high-crime place often creates a "diffusion of benefits" to nearby areas, reducing crime rather than increasing it in the immediate catchment zone around the high-crime target place. His evidence suggests that crimes depend not just on criminals, but on policing in key places.
The jury noted that this evidence should encourage police agencies to focus far more patrols than at present on very small areas with high crime rates.

Chief Constable Peter Neyroud, who is the Chief Executive of the National Policing Improvement Agency in the UK and a member of the International Jury for the Stockholm Prize in Criminology, commented in writing on the significance of Weisburd's experiments. Neyroud said that this research "has been crucial to developing more effective policing." Commenting on the prevailing theory of displacement, Neyroud said that police can now be more confident that policing works. "As we strive to make our communities safer," he said, we now know that intensive patrol and problem-solving on the hottest of crime hot-spots will push crime down in those areas without forcing it up in the next area."

PRESS CONTACT:
anna.cory@bra.se
+46 704 19 35 01


KEY FACTS

  • David L. Weisburd is the Walter E. Meyer Professor of Law and Criminal Justice at the Hebrew University Institute of Criminology in Jerusalem, Israel, Distinguished Professor and Director of the Center for Evidence-Based Crime Policy at George Mason University in Virginia, UA, and Editor of the Journal of Experimental Criminology.
  • The 2009 Prizes were awarded for contributions to the criminology of genocide by Professors John Hagan (USA and Canada) and Eugenio Raoul Zaffaroni (Argentina).
  • The 2010 Prize will be presented to Professor Weisburd at the City Hall on next June 15th, during the annual Stockholm Criminology Symposium that will engage police and criminologists from around the world.
  • More than 500 people from 41 nations attend the 2009 Symposium.
  • Weisburd has been elected by his peers as President of the Academy of Experimental Criminology, as Co-Chair of the Campbell Collaboration Crime and Justice Group, and as a Fellow of the American Society of Criminology. His research encompasses a wide range of criminological questions, from the causes of Jewish settler violence in Israel to the punishment of white collar crime in the US. It also includes methodological and statistical work, such as the unexpected loss of power to test hypotheses as sample sizes increase because the samples become more diverse.
  • The Stockholm Prize winners are selected by an international jury chaired by Stockholm University Professor Jerzy Sarnecki and Cambridge University Professor Lawrence Sherman.


David Weisburd's Key Publications on Spatial Displacement

Weisburd, David, Laura Wyckoff, Justin Ready, John E. Eck, Joshua C. Hinkle, and Frank Gajewski. (2006) Does Crime Just Move Around the Corner? A Controlled Study of Spatial Displacement and Diffusion of Crime Control Benefits. Criminology 44(3), 549-591.

Weisburd, David, Shawn Bushway, Cynthia Lum, and Sue-Ming Yang. (2004). Crime
Trajectories at Places: A Longitudinal Study of Street Segments in the City of Seattle. Criminology, 42(2), 283-322.

Braga, Anthony A., David Weisburd, Elin Waring and Lorraine Green Mazerolle. (1999). Problem Solving in Violent Crime Places: A Randomized Controlled Experiment. Criminology, 37(3), 541-580.

Weisburd, David and Lorraine Green. (1995). Policing Drug Hot Spots: The Jersey City DMA Experiment. Justice Quarterly, 12(4), 711-735.

Weisburd, David and Lorraine Green. (1995). Measuring Immediate Spatial Displacement: Methodological Issues and Problems. In John E. Eck and David Weisburd (Eds.), Crime and Place: Crime Prevention Studies, 4 (pp. 349-359). Monsey, NY: Willow Tree Press.

Clarke, Ronald V. and David Weisburd. (1994). Diffusion of Crime Control Benefits:
Observations on the Reverse of Displacement. In Ronald V. Clarke (Ed.), Crime
Prevention Studies, 2 (pp. 165-184). Monsey, NY: Willow Tree Press.

For further information:

Professor Weisburd's Curriculum Vitae at http://gunston.gmu.edu/cebcp/WeisburdCVJULY2008.pdf

Stockholm Criminology Prize at http://www.criminologyprize.com/extra/pod/?module_instance=3
 
Prize Jury Members at http://www.criminologyprize.com/extra/pod/?id=2&module_instance=3&action...

Stockholm Criminology Symposium at http://www.criminologyprize.com/extra/pod/?module_instance=2

 


 

 

22.06.2009

Sozialtherapie in Deutschland

Fachtagung der Sozialtherapeutischen Einrichtungen im September 2009

Vom 23.-25. September 2009 findet in der FH Worms die 12. überregionale Fachtagung der Sozialtherapeutischen Einrichtungen im Justizvollzug statt. Sie wird von der Sozialtherapeutischen Anstalt Ludwigshafen organisiert. Auch Interessenten, die nicht selbst in sozialtherapeutischen Einrichtungen arbeiten, sind zur Teilnahme eingeladen.

Nähere Informationen, namentlich ueber das Tagungsprogramm, finden sich auf der Tagungshomepage unter: http://www.sotha2009.de


 

15.06.2009

Strafvollzug als Ländersache: Eine Auswertung der bisherigen Reformen

Gemeinsame Fachtagung von DBH und DVJJ am 24. Juni in Berlin

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Sie auf eine gemeinsame Fachtagung der DBH und der DVJJ aufmerksam machen.

Die Veranstaltung findet am 24.06.2009 in Berlin statt und steht unter dem Titel:
„Die Strafvollzugsgesetze der Länder: Auswertung der Jugendstrafvollzugsgesetze und Einschätzung der U-Haft-Gesetze“.

Prof. Dr. Bernd-Rüdeger Sonnen wird in seinem Vortrag die Jugendstrafvollzugsgesetze der Länder vorstellen und bewerten.
Vertreter der Justizministerien aus Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hessen und Berlin werden anschließend die jeweilige Umsetzung in ihrem Land erläutern. Prof. Dr. Peter Höflich wird sich in seinem Beitrag den Entwürfen zu den U-Haft-Gesetzen der Länder widmen.

Anmeldungen nimmt die DBH online http://www.dbh-online.de/anmeldeformular/anmeldeformular.php?id=180 oder über die Geschäftsstelle entgegen. Bitte wenden Sie sich an: DBH – Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik, Aachener Str. 1064, 50858 Köln, Tel.: 0221 / 94 86 51 12, Fax: 0221 / 94 86 51 21, E-Mail: peter.reckling@dbh-online.de.

Wir würden uns freuen, wenn die Veranstaltung auf Ihr Interesse stößt und wir Sie am 24.06. in Berlin begrüßen dürfen.

Mit freundlichen Grüßen, Marion Tschertner, DVJJ Geschäftsstelle Hannover
tschertner@dvjj.de

 

PDF-Datei


 

15.06.2009

Mehr über Integrationspolitik erfahren

Erster Bericht über Integrationsindikatoren (2005-2007) der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration.

Wie gut sind Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland integriert? Wo gibt es Fortschritte, wo Verbesserungsbedarf? Antworten gibt der erste Integrationsindikatorenbericht.

Erarbeitet wurde das Werk im Auftrag der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Maria Böhmer. Bei seiner Vorstellung hob sie den besonderen Blickwinkel der Untersuchung hervor: "Dieser Bericht ist keine Momentaufnahme. Integration wird ab jetzt im Verlauf dargestellt."

Positive Ergebnisse:

Wer in Deutschland als Kind von Einwanderern geboren wurde, schafft zum Beispiel im Vergleich zur Gesamtbevölkerung noch häufiger den Schulabschluss.

Bei hier geborenen Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Alter von 18 bis 24 Jahren liegt der Anteil von Schülern ohne Schulabschluss bei 2,2 Prozent. Bei der gleichaltrigen Gesamtbevölkerung beträgt der Anteil 2,3 Prozent.

Positiv ist auch, dass die Zahl der ausländischen Schulabbrecher seit 2005 stetig zurückgeht. Doch insgesamt ist ihr Anteil mit 16 Prozent im Jahr 2007 immer noch viel zu hoch: In der Gesamtbevölkerung liegt er bei der Hälfte.

Aussagekräftigere Daten:

Das Beispiel zeigt: Aussagekräftige Daten erfordern genaue Unterscheidungen. Es hilft in vielen Bereichen nicht, nur nach der Staatsangehörigkeit zu unterscheiden, also zwischen Ausländern und Deutschen. Entscheidend ist stattdessen, welchen Migrationshintergrund ein Mensch hat.

Dabei unterscheidet der Integrationsindikatorenbericht je nach verfügbarer Datenbasis oft noch viel genauer: Zum Beispiel, ob jemand Deutscher ist, aber im Ausland geboren wurde. Oder jemand ist zwar Ausländer, lebt aber schon in der zweiten Generation in Deutschland.

Um für den Bericht derartiges, möglichst aussagekräftiges Datenmaterial zu erhalten, waren im letzten Jahr insgesamt 100 Indikatoren in 14 gesellschaftlichen Bereichen festgelegt worden.

Die Indikatoren bündeln die vielen verfügbaren Daten zur Integrationsmessung und bilden die Grundlage für eine regelmäßige, bundesweite Berichterstattung.

Der nun vorliegende erste Integrationsindikatorenbericht untersucht den Zeitraum von 2005 bis 2007.

(Quelle: Pressemitteilung der Beauftragten vom 10.Juni 2009)
Der 222seitige Bericht kann auch kostenlos als PDF-Datei herunter geladen werden, und zwar unter folgender URL:
http://www.bundesregierung.de/nsc_true/Content/DE/Artikel/IB/Anlagen/200...


 

10.06.2009

Diskussionen und Planungen zur Überarbeitung der Europäischen Menschenrechtskonvention

Eine wichtige neue Veröffentlichung des Europarates

Reforming the European Convention on Human Rights: A work in progress

The European ministerial conference on human rights, meeting in Rome on the 50th anniversary of the Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms, emphasised two crucial elements: - the responsibility of member states, Parties to the Convention, to ensure constantly that their law and practice conform to the Convention and to execute the judgments of the European Court of Human Rights; - that urgent measures be taken to assist the Court in carrying out its functions, given the ever increasing number of applications. An in-depth reflection should be started as soon as possible on the various possibilities and options with a view to ensuring the effectiveness of the Court in the light of this new situation. The Rome conference has sparked intensive work. Ever since January 2001, the intergovernmental co-operation activities of the Steering Committee for Human Rights (CDDH) of the Council of Europe have concentrated on developing normative instruments, of which the most important has been Protocol No. 14 to the Convention. This work has benefited greatly from high-level debates during a series of round-table discussions, within working groups and at seminars organised mainly by the successive presidencies of the Committee of Ministers. The present volume contains a record of this work.
(Strasbourg: Council of Europe Publishing House 2009, 718 Pp Format A4. ISBN: 978-92-871-6604-3)


 

08.06.2009

Rehabilitation nach freiheitsentziehenden Maßnahmen wegen Verhaltensauffälligkeiten

Aufarbeitung von "Altlasten" der Jugendhilfe: Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Geschlossenen Heimunterbringung in der DDR

Beschluss vom 13. Mai 2009 - 2 BvR 718/08
Zum Volltext: http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20090513_2bvr071...

Der 1955 geborene Beschwerdeführer befand sich von 1961 bis 1967 in Heimerziehung und anschließend zwangsweise bis Januar 1972 in verschiedenen Einrichtungen in der ehemaligen DDR. Der Beschwerdeführer beantragte in einem gesonderten Verfahren seine Rehabilitierung wegen der Unterbringung in zwei Jugendwerkhöfen, die ihm mit Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 15. Dezember 2004 nur im Hinblick auf eine Heimunterbringung gewährt wurde. Im Dezember 2006 beantragte der Beschwerdeführer beim Landgericht Magdeburg seine Rehabilitierung in Bezug auf die übrige Unterbringung in Kinderheimen der DDR; der Antrag wurde vom Landgericht Magdeburg zurückgewiesen. Begründet wurde die Zurückweisung u.a. mit der örtlichen Unzuständigkeit, aber auch damit, dass eine Freiheitsentziehung nach § 2 StrRehaG bei Kinderheimen und sonstigen Einrichtungen der Jugendhilfe der DDR ohne Strafcharakter in der Regel nicht vorgelegen habe. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass die Einweisung in ein Kinderheim unter Zugrundelegung des Standes der pädagogischen Wissenschaften im Jahr 1961 mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar gewesen sei. Es fänden sich keine Hinweise für politische Verfolgung. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht Naumburg zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer rügt mit seiner Verfassungsbeschwerde die Verletzung seiner Menschenwürde nach Art. 1 GG sowie seines Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 GG und des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG im Hinblick auf die ihm widerfahrene Behandlung in den verschiedenen Heimen. Die 2. Kammer des Zweiten Senats hat den Beschluss aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht Naumburg zurückverwiesen, weil die Entscheidung den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot verletzt. Die durch das Oberlandesgericht vorgenommene enge Auslegung, nur Maßnahmen, die durch eine strafrechtlich relevante Tat veranlasst worden seien, können nach dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz rehabilitiert werden, hält verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht stand. Diese Auslegung des § 2 StrRehaG ist sinnwidrig und führt im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung in § 1 Abs. 1 StrRehaG auch über den Wortlaut des Gesetzes hinaus zu einer unzulässigen Beschränkung der Rehabilitierung von Freiheitsentziehungen auf Fälle, denen eine von der DDR-Justiz als strafrechtlich relevant eingeordnete Tat zugrunde gelegen hat.

Mit dieser Auslegung wird die gesetzgeberische Absicht zunichte gemacht, Freiheitsentziehungen auch außerhalb eines Strafverfahrens und über Einweisungen in psychiatrische Anstalten hinaus, rehabilitierungsfähig zu machen. Der Anwendungsbereich des Gesetzes wird dadurch in nicht vertretbarer, d em gesetzgeberischen Willen entgegenstehender, Weise verengt. Es handelt sich um eine krasse Missdeutung des Inhalts der Norm, die auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht.

(Überschrift KrimG. Quelle des Textes: Pressemitteilung der Pressestelle des BVerfG, Nr. 56/2009 vom 4. Juni 2009)


 

04.06.2009

Transnationale Korruptionsbekämpfung

Geplante Sektion im Rahmen des Internationalen Kongresses der deutschsprachigen ‚Recht und Gesellschaft’-Forschung in Bremen 2010

Von Mittwoch, den 3. März bis Freitag, den 5. März 2010 findet im Bremer Haus der Wissenschaft ein wissenschaftlicher Kongress zum Thema Transnationalismus in Recht, Staat und Gesellschaft statt.

Der Kongress der Vereinigung für Rechtssoziologie (www.rechtssoziologie.info) wird vom Fachbereich Rechtswissenschaft (Gralf-Peter Calliess und Konstanze Plett) in Kooperation mit dem Bremer Sonderforschungsbereich 597 Staatlichkeit im Wandel (www.staat.uni-bremen.de) (Jens Mertens und Mauro Zamboni) ausgerichtet. Der erste Teil der Veranstaltung ist dem Schwerpunkt Transnationale Unternehmen gewidmet, welcher von Bremer Juristen, Ökonomen und Politologen zu einem zukünftigen Bremer Forschungsfeld entwickelt werden soll. Für diesen englischsprachigen Teil der Veranstaltung konnten Sarianna Lundan (Maastricht University), Gunther Teubner (Universität Frankfurt am Main), Peter Muchlinski (University of London), Horst Eidenmüller (LMU München), Larry Catá Backer (PennState, Dickinson School of Law, USA) und Karsten Nowrot (Universität Halle-Wittenberg) als international anerkannte Experten für Vorträge gewonnen werden.

Im zweiten Teil der Veranstaltung finden insgesamt sechs Parallelsektionen zu Themen wie Transnationales Verwaltungsrecht (Vorsitz: Andreas Fischer-Lescano, Universität Bremen), Transnational Corporate Social Responsibility (Vorsitz: Martin Herberg, SFB 597), Transnationales Recht: Gender, Race, Sexualities, Abilities (Vorsitz: Susanne Baer, HU Berlin), Transnationale Finanzmarktregulierung (Vorsitz: Lars Klöhn, Universität Marburg), Transnationale Korruptionsbekämpfung (Vorsitz: Kai Bussmann, Universität Halle-Wittenberg) und Immigration in einem transnationalen Kontext (Vorsitz: Felix Herzog, Universität Bremen) statt.

Am Donnerstagabend wird die Mitgliederversammlung der Vereinigung für Rechtssoziologie durchgeführt, wo unter anderem die Umbenennung in Vereinigung für Recht und Gesellschaft beschlossen werden soll. Zudem steht wieder die Verleihung des Christa-Hoffmann-Riem Preises für Recht und Gesellschaft, des höchstdotierten rechtswissenschaftlichen Preises in Deutschland, an. Die Veranstalter rechnen mit über 100 Teilnehmern vornehmlich aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Weitere Informationen unter handelsrecht@uni-bremen.de.


 

03.06.2009

Freiheitsentzug in der Schweiz: Neue Zahlen auf dem Internet

Ergebnisse der Erhebung zum September 2008

Am 3. September 2008 befanden sich in der Schweiz 5780 Personen im Freiheitsentzug, 1 Prozent mehr als im Vorjahr, jedoch 6 Prozent weniger als 2005. Rund ein Drittel aller Inhaf-tierten befanden sich in Untersuchungshaft. Dieser Bestand hat sich um 8 Prozent erhöht. Um 5 Prozent auf 3420 Personen ging der Insassenbestand im Straf- und Maßnahmenvollzug zu-rück. Unverändert bei 403 blieb die Zahl der wegen einer Zwangsmassnahme nach Auslän-dergesetz Inhaftierten. Mit 77 Insassen auf 100'000 Personen der Wohnbevölkerung lag die Insassenrate der Schweiz im unteren Drittel der westeuropäischen Ländern. Dies sind einige der neuesten Ergebnisse der jährlichen Erhebung zum Freiheitsentzug des Bundesamtes für Statistik (BFS).

Die Ergebnisse der Erhebung zum Freiheitsentzuges 2008 wurden mittels neusten verfügba-ren Daten aktualisiert und befinden sich auf dem Statistikportal des BFS unter:
Statistik Schweiz - Freiheitsentzug – Kennzahlen
http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/19/03/05/key/ueberbli...

(Quelle: Newsletter des Bundesamtes für Statistik, Bereich Kriminalität und Strafrecht, Nr. 2/2009 vom 24. April 2009 )


 

02.06.2009

Rasterfahndung fängt keine Terroristen

Ein Bericht in ZEIT ONLINE von Kai Biermann

Merkmale wie Religion oder Herkunft sind zu ungenau, um als Basis der Terrorjagd dienen zu können, so eine Studie. Ethnisches Profiling sei sinnlos und gefährlich.

"Ethnisches Profiling ist das Gegenteil guter Polizeiarbeit, bei der Handlungen auf harten Fakten basieren und nicht auf Stereotypen. Es ist falsch, es ist zerstörerisch und es muss aufhören." Diese Aussage stammt von dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton. Sein Amtsnachfolger George W. Bush bekräftige sie zwei Jahre später, als er erklärte, man werde diese Technik nicht mehr einsetzen.

Das war im Jahr 2001, vor den Anschlägen des 11. September. Seitdem hat sich viel verändert. Die Suche nach "Schläfern" – nach bislang nicht aufgefallenen potenziellen Terroristen – gilt inzwischen als eines der wichtigsten Ziele der Sicherheitsdienste weltweit. Verbrechen sollen nicht mehr nur aufgeklärt, sie sollen heute verhindert werden, bevor sie geschehen. Und die wichtigsten Merkmale, um potenzielle Terroristen zu finden, sind ethnische Zugehörigkeit und Religion: Die Tatsache, Moslem zu sein, wird plötzlich zum Verdachtsmoment.

Die Ermittlungen aufgrund "herkunftsbasierter Personenprofile" haben in den vergangenen Jahren in der Europäischen Union sprunghaft zugenommen, konstatiert eine heute in Brüssel vorgestellte Studie (PDF) des Open Society Institutes. Es sei Zeit, wieder einmal deutlich zu machen, dass diese Technik so ungerecht und so nutzlos sei wie eh und jeh.

Weiter mit:
ZEIT ONLINE 26.5.2009 - 17:55 Uhr [http://www.zeit.de/online/2009/22/rasterfahndung-studie]

Die erwähnte Studie des Open Society Institutes kann als PDF-Datei unter folgender URL heruntergeladen werden:

http://www.soros.org/initiatives/osji/articles_publications/publications...


 

02.06.2009

Wirksame Kommunale Kontrolle von Wohnungsprostitution.

Bundesverfassungsgericht billigt Sperrgebietsverordnung

Beschluss des BVerfG vom 28. April 2009 (1 BvR 224/07. Volltext unter: 1 BvR 224/07)

Der Beschwerdeführer beantragte einen Bauvorbescheid über die Zulässigkeit der Nutzung einer in Mannheim gelegenen Wohnung zum Zweck der Wohnungsprostitution. Dieser Antrag wurde von der Baurechtsbehörde abgelehnt, weil die Wohnung in einem Sperrbezirk liege. Auch die Klage, mit der der Beschwerdeführer geltend machte, dass das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten von Dezember 2001 die Prostitution vom Makel der Sittenwidrigkeit befreit habe und die Sperrbezirksverordnung verfassungswidrig und damit nichtig sei, weil die Ermächtigungsgrundlage in Art. 297 EGStGB gegen Art. 12 GG verstoße, wurde abgewiesen. Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte der Verwaltungsgerichtshof ab.

Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen. Die Ermächtigungsgrundlage für Sperrbezirksverordnungen in Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB steht insbesondere in Einklang mit dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Außerdem verstößt sie nicht gegen das Gebot der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit und ist sowohl mit dem Freiheitsgrundrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) als auch mit der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und der Eigentumsgarantie (Art 14 Abs. 1 GG) vereinbar.

Nach den für Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG geltenden Grundsätzen ist insbesondere der unbestimmte Rechtsbegriff des öffentlichen Anstandes durch die Rechtsprechung und auch den Gesetzgeber hinreichend präzisiert. Allerdings würde ein Normverständnis des Art. 297 EGStGB, wonach jede Ausübung der Prostitution zugleich den öffentlichen Anstand verletzt, der Vorschrift offensichtlich nicht gerecht. Mit dem Schutz des öffentlichen Anstands wird nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nicht die Wahrung der allgemeinen Sittlichkeit bezweckt. Verstanden als Norm, die allein der Durchsetzung von
verschiedenen Moralvorstellungen dient, wäre die Vorschrift in der Tat verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt. Die Fachgerichte verstehen demgegenüber Art. 297 EGStGB in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als eine Norm auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr mit der Zielsetzung, das Zusammenleben der Menschen zu ordnen, soweit ihr Verhalten sozialrelevant sei, nach außen in Erscheinung trete und das Allgemeinwohl beeinträchtigen könne. Handlungen und Zustände, die eine enge Beziehung zum Geschlechtsleben haben, können Belange des Allgemeinwohls insbesondere dann beeinträchtigen, wenn Dritte dadurch erheblich belästigt würden; dies gilt insbesondere für die Begleitumstände der Prostitution.

Der Erlass einer Sperrbezirksverordnung zum Schutze des öffentlichen Anstandes kann insbesondere damit gerechtfertigt werden, dass die Eigenart des betroffenen Gebietes durch eine besondere Schutzbedürftigkeit und Sensibilität, z.B. als Gebiet mit hohem Wohnanteil sowie Schulen, Kindergärten, Kirchen und sozialen Einrichtungen gekennzeichnet ist und eine nach außen in Erscheinung tretende Ausübung der Prostitution typischerweise damit verbundene Belästigungen Unbeteiligter und "milieubedingter Unruhe", wie z.B. das Werben von Freiern und anstößiges Verhalten gegenüber Passantinnen und Anwohnerinnen befürchten lässt.

Es liegt auch kein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit gesetzlicher Regelungen vor. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber bewusst von einer Änderung des Art. 297 EGStGB Abstand genommen hat, ergibt sich insbesondere kein rechtsstaatswidriger Widerspruch zum Prostitutionsgesetz. Die Festsetzung von Sperrbezirken auf der Grundlage des Art. 297 EGStGB dient nur der lokalen Steuerung der Prostitutionsausübung aus ordnungsrechtlichen Gründen, stellt aber die sonstige Legalisierung der Prostitutionsausübung nicht in Frage.

Die Ermächtigung zum Erlass einer Sperrgebietsverordnung nach Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB für Teile des Gemeindegebiets stellt sowohl für Prostituierte als auch für sonstige Personen, die im Umfeld der Prostitution eine berufliche Tätigkeit entfalten, eine zulässige Berufsausübungsregelung dar. Der "Schutz der Jugend" und der "Schutz des öffentlichen Anstandes" sind als vernünftige Gründe des Gemeinwohls legitime gesetzgeberische Ziele, die einen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit rechtfertigen. Die Norm ist insbesondere auch geeignet und erforderlich, um den vom Gesetzgeber erstrebten Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands zu erreichen. Die Wohnungsprostitution wird zwar häufig deutlich weniger wahrnehmbar sein als die Straßen- und die Bordellprostitution. Jedoch können Belästigungen der Anwohner, milieubedingte Unruhe, das Ansprechen Unbeteiligter sowie das Anfahren und Abfahren der Freier als sichtbare Begleiterscheinungen der Prostitution nicht von vornherein für den Bereich der Wohnungsprostitution als ausgeschlossen betrachtet werden. In welchem Umfang und mit welchen Maßgaben sich der Erlass einer Sperrbezirksverordnung im Einzelfall unter Berücksichtigung der davon beeinträchtigten Grundrechte als verhältnismäßig erweist, ist daher vor allem bei Erlass der jeweiligen Sperrbezirksverordnung unter Abwägung aller betroffenen Rechtspositionen und öffentlichen Belange zu entscheiden. Auf dieser Ebene kann auch einer geringeren öffentlichen Sichtbarkeit der Wohnungsprostitution beim Ausgleich aller Interessen angemessen Rechnung getragen werden. Die Vorschrift stellt auch eine rechtmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar.

( Quelle: Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -, Pressemitteilung Nr. 51/2009 vom 19. Mai 2009. Überschrift: KrimG)


 

02.06.2009

Europäisches Strafrecht (inkl. EMRK), Internationales Strafrecht bzw. Strafanwendungsrecht, Völkerstrafrecht

Grundlegende und aktualisierte Informationen finden sich auf den beiden folgenden Homepages:

Homepage von Prof. Dr. Satzger, Universität München, im Zusammenhang mit dem Lehrbuch über Internationales und Europäisches Strafrecht
http://www.lehrbuch-satzger.de/

Homepage der Forschungsstelle für Europäisches Straf- und Strafprozessrecht an der Juristischen Fakultät der Universität Tübingen (Prof. Dres. Vogel und Kühl)
http://www.jura.uni-tuebingen.de/einrichtungen/eurocrim


 

02.06.2009

Sicherheit in Schulen

Aktuelle Materialien aus den USA und aus dem Vereinigten Königreich (UK)

(1) USA: Bureau of Justice Statistics, Publication.
"Indicators of School Crime and Safety: 2008"
This publication presents data on crime and safety at school from the perspectives of students, teachers, principals, and the general population. A joint effort by the Bureau of Justice Statistics and the National Center for Education Statistics, this annual report examines crime occurring in school as well as on the way to and from school.
It is available online at: http://www.ojp.usdoj.gov/bjs/abstract/iscs08.htm.

(2) UK Youth Justice Board´s updated and revised Handbook on "Safer School Partnership Guidance" at:
http://www.yjb.gov.uk/en-gb/News/Allschoolsshouldsignuptosaferschoolpart...


 

02.06.2009

Kriminalität in Großstädten

Ein Spiegel-Online Artikel zur geringen Belastung von München und den möglichen Gründen

München gilt als sicher, 2008 gab es nur drei Morde. Ein Verdienst der friedliebenden Menschen? Oder der energischen Ordnungshüter?

Von Conny Neumann

Den vollständigen Artikel erreichen Sie im Internet unter der URL
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,624572,00.html


 

02.06.2009

Englischsprachige Bücher etc. zur Kriminologie.

Ein Angebot von Martin Wright

I should like to find a good home for a number of English criminological books, pamphlets, newsletters etc., mainly dating from the 1970s to '90s. I have listed them under broad headings:

  • Crime and society
  • Police and race
  • Prison and Penal System
  • Research and Statistics
  • Sentencing
  • Victims

If any of these would be useful, for research/historical purposes, plaes ask for a list:
Martin Wright, martinw@phonecoop.coop,
(+44 20 8671 8037 )
17.5.2009.

No charge except postage.
Donations invited to European Forum for Restorative Justice, www.euforumrj.org


 

02.06.2009

Berner Graduiertenschule für Strafrechtswissenschaft (BGS)

Bern Graduate School of Criminal Justice (BGCJ)

Die Berner Graduiertenschule für Strafrechtswissenschaft (BGS) der Universität Bern bietet einen Doktoratsstudiengang in Strafrechtswissenschaften an.

Das Promotionsprogramm erstreckt sich auf sämtliche Gebiete der Strafrechtswissenschaft (international, rechtsvergleichend, theoretisch, philosophisch und kriminologisch). In Kursen, Tagungen, Workshops und Kolloquien werden vertieftes Wissen in den Fachgebieten und Anleitungen zur Fertigung einer Promotionsarbeit vermittelt.

Die Graduate School bietet eine breit gefächerte und international kompetitive Ausbildung, eine individuelle Betreuung der Dissertationsprojekte durch ein Mentorenteam sowie die Bereitstellung von Forschungsmöglichkeiten. Sie fördert die fachliche und methodische Zusammenarbeit, das Verständnis unter verwandten Disziplinen und die eigenständige und unabhängige Forschungsarbeit der Doktoranden.
Das Studienprogramm ist auf 3 Jahre angelegt und beginnt im September 2009. Es richtet sich an strafrechtswissenschaftlich interessierte Juristinnen und Juristen aus dem In- und Ausland und bietet im ersten Turnus maximal 10 hochqualifizierten Studierenden die Möglichkeit, in einem wissenschaftlich hochrangigen Umfeld an ihrem Dissertationsprojekt zu arbeiten. Die Anmeldefrist für den ersten Turnus endet am 31. Juli 2009.

Weitere Informationen unter:
http://www.krim.unibe.ch/content/bgcj/home/index_ger.html


 

02.06.2009

Victims in Europe

23rd Annual Conference of Victim Support Europe in Portugal in June 2009

On behalf of Victim Support Europe, the Portuguese Association for Victim Support is promoting Project Victims in Europe which is co-financed by the European Commission. Following the Project activities, we are currently organizing the

Victims in Europe - 23rd Annual Conference of Victim Support Europe.

Venue: Calouste Gulbenkian Foundation, Lisbon - Portugal
Date: 25th and 26 of June
The Language: English with simultaneous interpretation in the opening session

The purpose of this seminar is to gather experts and professionals in the area of justice, social matters (civil society organisations) and policy-makers from different countries.

This Seminar will also be an opportunity to present the framework of existing rights, and debate whether these rights are in fact being implemented in the European Union. It will thus constitute an important opportunity to discuss which rights require further implementation measures, in order to meet the needs of victims of crime.

More detailed information: www.apav.pt/victimsineurope

In case you have any questions, please do not hesitate to contact us: victimsineurope@apav.pt or +351 21 315 84 73.

Kind regards,
Carmen Rasquete, Project Manager - Victims in Europe
Associação Portuguesa de Apoio à Vítima
Portuguese Association for Victim Support
Rua José Estêvão, 135 A, Piso 1
1150-201 Lisboa Portugal
tel. dir. +351.21.315.84.73; tel. +351 21.358.79.00
fax +351.21.887.63.51: e-mail: victimsineurope@apav.pt


 

Mai 2009

Berlin, 28. Mai 2009

Bundestag beschließt Gesetzentwurf zu neuen Straftatbeständen im Staatsschutzstrafrecht

Besondere Formen der Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten sollen künftig unter Strafe gestellt werden. Auch das Aufnehmen oder Unterhalten von Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung soll strafbar sein, wenn dies in der Absicht geschieht, sich in der Begehung solcher Straftaten unterweisen zu lassen. Schließlich sollen neue Straftatbestände gegen das Verbreiten von Anleitungen zur Begehung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten eingeführt werden.

 

Der Deutsche Bundestag hat am 28. 5 2009 einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung verabschiedet.

 

"Mit dem Gesetz schließen wir gezielt Strafbarkeitslücken im Vorfeld schwerer staatsgefährdender Gewalttaten. Wie viele andere Länder lebt auch Deutschland seit dem 11. September 2001 mit der Gefahr, Ziel von Terroranschlägen zu werden. Die Strukturen des Terrorismus haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Heute gehen Gefahren nicht nur von terroristischen Vereinigungen aus, sondern vielfach auch von radikalisierten Einzeltätern. Deshalb nehmen wir die erforderliche Feinjustierung des Staatsschutzstrafrechts vor - unter strikter Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze. Bestraft werden konkrete Vorbereitungshandlungen, nicht die bloße Gesinnung. Und strafbar macht sich nur, wer auch die Absicht hat, einen Anschlag zu begehen. Damit bleiben wir dem Grundsatz treu, dass Strafrecht immer nur das letzte Mitte - die "ultima ratio" sein kann", betonte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

 

Der Inhalt der geplanten Regelungen im Einzelnen:

I. Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat § 89a StGB (neu)

 
1. Handlungsbedarf


Die §§ 129a und b StGB knüpfen die Strafbarkeit des Bildens oder Unterstützens einer terroristischen Vereinigung an die Gefährlichkeit, die von einer (mindestens drei Mitglieder umfassenden) Gruppe ausgeht. Die Struktur des Terrorismus hat sich im Vergleich zu den 70er Jahren jedoch verändert - anders als bei der RAF handelt es sich bei islamistischen Tätern nicht selten um Täter, die ohne feste Einbindung in eine hierarchisch aufgebaute Gruppe in nur losen Netzwerken oder allein agieren, so dass die §§ 129a und b StGB auf sie nicht angewendet werden können. Die von ihnen ausgehende Gefahr ist aber dennoch erheblich.

 
2. Lösung

Künftig soll es im Staatsschutzstrafrecht einen neuen § 89a StGB geben, der die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu 10 Jahren unter Strafe stellt. Der Tatbestand beschränkt sich auf die Vorbereitung von Straftaten aus dem terroristischen Kernbereich, wie sie in § 129a Abs. 1 StGB aufgeführt sind (Straftaten gegen das Leben und die persönliche Freiheit: Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme), wenn diese Taten bestimmt und geeignet sind, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates zu beeinträchtigen oder die Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben. Damit werden Täter erfasst, die solche Taten vorbereiten, aber mangels Bestehens oder Nachweisbarkeit einer terroristischen Vereinigung derzeit nicht nach §§ 129a oder 129b StGB bestraft werden können. Auch die (Einzel-)Täter, deren Handlungen nicht als Verbrechensverabredung dem geltenden § 30 Abs. 2 StGB unterfallen, machen sich damit strafbar.

 
3. Rechtsstaatliche Grenzen

Strafrecht ist immer das letzte Mittel des Staates (ultima-ratio-Charakter). Deshalb können Vorbereitungshandlungen grundsätzlich nur ausnahmsweise strafbar sein. Um eine unverhältnismäßige Ausweitung der Vorfeldstrafbarkeit zu vermeiden, werden die strafbaren Vorbereitungshandlungen genau umschrieben. Daneben nimmt der Entwurf die notwendige rechtsstaatliche Begrenzung dadurch vor, dass alle unter § 89a Abs. 2 Nr. 1-4 StGB-E beschriebenen Tathandlungen den Vorsatz erfordern, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorzubereiten. Ohne diesen Vorsatz entfällt die Strafbarkeit.

 
4. Inhalt der Neuregelungen:

Im Einzelnen definiert der neue § 89a StGB-E abschließend folgende strafbare Vorbereitungshandlungen:

 

a) die Ausbildung und das Sich-Ausbilden-Lassen, um eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen

 

Beispiele:
(1) A will in Deutschland einen Sprengstoffanschlag auf eine Bundeswehrkaserne und einen US-Luftwaffenstützpunkt verüben. Um die notwendigen Fertigkeiten zur Begehung dieser Tat zu erwerben, lässt sich A in einem islamistischen Ausbildungslager im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet im Umgang mit Schusswaffen und Sprengstoffen schulen.

(2) X ist Rechtsextremist und will einen Sprengstoffanschlag auf eine Synagoge verüben. Um die nötigen Kenntnisse zu erwerben, absolviert er einen Sprengmeisterkurs in einem Steinbruch.

(3) M will ein Passagierflugzeug kapern und in einen Büroturm steuern. Um den Anschlag vorzubereiten, nimmt er Unterricht im Führen von Passagierflugzeugen in einer Flugschule. Damit will er die notwendige Fertigkeit erwerben, um seinen Plan ins Werk zu setzen.

 

b) die Herstellung, das Sich-Verschaffen, Überlassen oder Verwahren von bestimmten Waffen, bestimmten Stoffen (z. B. Viren, Gifte, radioaktive Stoffe, (Flüssig-)Sprengstoffe) oder besonderen zur Ausführung der vorbereiteten Tat erforderlichen Vorrichtungen (z. B. Zündern) sowie

 
 

c) das Sich-Verschaffen oder Verwahren von wesentlichen Gegenständen oder "Grundstoffen", um diese Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen herzustellen

 

Beispiel:
(1) Die im September 2007 im Sauerland festgenommenen Tatverdächtigen, gegen die derzeit vor dem OLG Düsseldorf verhandelt wird, haben nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen unter anderem Anschläge auf US-amerikanische Einrichtungen geplant und sich zu diesem Zweck erhebliche Mengen Wasserstoffperoxid verschafft, um damit Bombenanschläge zu begehen.

(2) Auch im Falle der versuchten Bombenanschläge auf Regionalzüge in Dortmund und Koblenz im Sommer 2006 haben sich die Täter nach den Erkenntnissen aus dem Strafverfahren die für die Kofferbomben erforderlichen Gegenstände zur Vorbereitung der geplanten Taten beschafft und die Sprengsätze in ihren Wohnungen gebaut.

 
 

d) die Finanzierung eines Anschlags

Die neue Vorschrift erfasst auch das Sammeln, Entgegennehmen oder Zur-Verfügung-Stel-len von nicht unerheblichen Vermögenswerten, um beispielsweise die zur Tat erforderlichen Sprengstoffe zu kaufen. Ebenso erfasst die Vorschrift auch das Sammeln vermeintlicher "Spenden" zur Vorbereitung eines Anschlags. Hierbei muss es sich stets um Vermögenswerte handeln, die - im Rahmen einer wertenden Gesamtschau - einen nicht unerheblichen Beitrag zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat leisten.

 

II. Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat - § 89b StGB (neu)

Nach dem neuen § 89b StGB-E soll mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden, wer in der Absicht, sich in der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat unterweisen zu lassen (vgl. § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB-E), Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung aufnimmt oder unterhält. Erfahrungsgemäß geht dem Aufenthalt in terroristischen Ausbildungslagern die Vermittlung durch Personen voraus, die terroristischen Vereinigungen zugerechnet werden können. Die neue Vorschrift ermöglicht es, mit strafrechtlichen Mitteln gegen Personen vorzugehen, die sich beispielsweise in sogenannten terroristischen Ausbildungslagern die zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat erforderlichen Fertigkeiten aneignen wollen und zu diesem Zweck, Kontakt zu Mitgliedern oder Unterstützern einer terroristischen Vereinigung aufnehmen .

 

Beispiel:
A hat sich entschieden, ein Ausbildungslager im mittleren Osten aufzusuchen. Er möchte sich beibringen lassen, wie mit Waffen und Explosivstoffen umzugehen ist, um entsprechend seiner Überzeugung als Kämpfer am "Dschihad" teilzunehmen. Es geht ihm nicht darum, eine bestimmte terroristische Vereinigung zu unterstützen. Um in ein Ausbildungslager zu gelangen, kontaktiert A den B, von dem er weiß, dass dieser Al-Kaida finanziell unterstützt hat und bereits selbst in einem terroristischen Ausbildungslager gewesen ist. B fertigt ein Empfehlungsschreiben für A, der im Anschluss daran ins Ausland reist, um eine Ausbildung zu absolvieren.
Bereits im Zeitpunkt des Treffens mit B hätte A den Tatbestand des § 89b Abs. 1 StGB-E erfüllt.

 

III. Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat - § 91 StGB-E (neu)

 
a) Problem

Das Internet als weltweiter Kommunikationsraum hat als Propagandamedium für Terroristen in erheblichem Umfang an Bedeutung gewonnen. Auf vielen Internetseiten sind Anleitungen für die Herstellung von Sprengstoffen, den Bau von Sprengvorrichtungen oder die Ausbildung in terroristischen Trainingslagern im Kontext beispielsweise mit islamistischer Hetzpropaganda zu finden. Solche Anleitungen stellen eine erhebliche Gefahr dar, da sie ohne weitere Zwischenschritte zur Vorbereitung von Gewalttaten verwendet werden können und nach den Erkenntnissen der Strafverfolgungsbehörden auch verwendet werden.

Trotz der von ihnen ausgehenden Gefahr solcher Anleitungen erfassen die bereits geltenden Strafvorschriften, die das Anleiten zu Straftaten ahnden (§§ 111, 130a StGB), diese bislang nicht hinreichend. Nach geltendem Recht muss entweder nachgewiesen werden, dass sich die verbreiteten Schriften auf eine konkrete Tat beziehen oder dass der Täter die Absicht verfolgt, bei einem anderen die Bereitschaft zur Begehung schwerer Straftaten zu wecken oder zu fördern.

 
b) Lösung

Diese Probleme der Praxis soll der neue § 91 StGB lösen. Die Vorschrift erfasst das Verbreiten oder das Anpreisen von terroristischen "Anleitungen" - beispielsweise im Internet - und bedroht diese Verhaltensweisen mit bis zu drei Jahren Haft, wenn die Umstände der Verbreitung der Anleitung geeignet sind, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen.

Entscheidend ist, dass nicht mehr auf die Absicht des Täters abgestellt wird. Statt dessen soll es künftig ausreichen, dass die Umstände der Verbreitung der jeweiligen Anleitung (z. B. im Rahmen einer islamistischen oder auch rechtsextremistischen Webseite) objektiv geeignet sind, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine Gewalttat mit einer staatsschutzrelevanten Zielsetzung zu begehen.

 

Beispiel:
A stellt auf einem dschihadistischen Internetforum, in dem zu Anschlägen aufgefordert wird, eine Bombenbauanleitung ein. Dies wäre in Zukunft strafbar, ohne dass er die konkrete Absicht haben muss, dass jemand sich dieser Anleitung bedient, um eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen.

Ebenfalls bestraft werden soll, wer sich eine solche Anleitung (zum Beispiel durch Herunterladen aus dem Internet) verschafft, um eine solche Gewalttat zu begehen (§ 91 Abs. 1 Nr. 2 StGB (neu)).

 

Beispiel:
Zur Vorbereitung der versuchten Anschläge auf Regionalzüge in Koblenz und Dortmund haben sich die Täter nach dem Ergebnis der Ermittlungen aus dem Internet Bombenbauanleitungen heruntergeladen. Dies wäre in Zukunft strafbar.

Wer sich solches Material ohne Anschlagsvorsatz (z. B. aus jugendlicher Neugier) herunterlädt, wird nicht von dem Tatbestand erfasst. Ausgenommen von der Strafbarkeit sind auch solche Handlungen, die ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger beruflicher oder dienstlicher Pflichten oder der Forschung, Wissenschaft oder Lehre dienen. Straflos sind etwa Anleitungen in Chemiebaukästen, Lehrbüchern oder auch Patentschriften.

 
IV. Begleitregelungen

Ergänzt werden die neuen Tatbestände im Strafgesetzbuch durch Begleitregelungen.

 
1. Verfahrensrecht

So sollen die Strafverfolgungsbehörden zur Verfolgung von Straftaten nach den neuen Vorschriften auf die Ermittlungsmaßnahmen zurückgreifen können, die bereits nach geltendem Recht zur Verfügung stehen (z. B. die Durchsuchung, Beschlagnahme). Soweit es um die Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten geht (§ 89a StGB-E) soll den Strafverfolgungsbehörden darüber hinaus auch die Möglichkeit der Wohnraumüberwachung und der Telefonüberwachung zur Verfügung stehen.

Für Strafverfahren wegen der neuen Tatbestände der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a StGB-E) und der Aufnahme von Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89b StGB-E) sind die Staatsschutzgerichte zuständig, was durch den Staatsschutzcharakter der Vorschriften und die Komplexität der zugrundeliegenden Sachverhalte begründet ist.

Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hat die Möglichkeit, bei Straftaten nach § 89a und § 89b StGB-E die Strafverfolgung zu übernehmen, wenn es sich um einen Fall mit besonderer Bedeutung handelt (sog. Evokationsrecht).

 
2. Aufenthaltsrecht

Ergänzt werden auch aufenthaltsrechtliche Regelungen. Eingeführt wird ein neuer Regelausweisungstatbestand, der die bisherigen Regelausweisungstatbestände im Hinblick auf die Zielrichtung des neuen § 89a StGB-E ergänzt. So können bei Vorliegen von tatsächlichen Anhaltspunkten für die Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten regelmäßig aufenthaltsrechtliche Maßnahmen getroffen werden:

  • Ausweisung mit der Folge, dass der Aufenthaltstitel nach § 51 Abs. 1 Nummer 4 des Aufenthaltsgesetzes erlischt, eine Abschiebung grundsätzlich möglich ist, und ein Aufenthalts- und Einreiseverbot (§ 11 Abs. 1 S. 1 des Aufenthaltsgesetzes) besteht,
  • Zurückweisung an der Grenze (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes)

Ausländer, die im Ausland schwere staatsgefährdende Gewalttaten vorbereiten, sollen nach Möglichkeit bereits an der Einreise gehindert werden.

 
V. Inkrafttreten

Das heute vom Bundestag beschlossene Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Es soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.

 

(Quelle: Pressemitteilung des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des
Bundesministeriums der Justiz vom 28. Mai 2009. Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl. Mohrenstr. 37, 10117Berlin, Telefon 030/185809030 Telefax 030/185809046 presse@bmj.bund.de )

 


 

Berlin, 28. Mai 2009

Bundestag verabschiedet Gesetzentwurf zur Verständigung in Strafverfahren

 Der Deutsche Bundestag hat am 28.5.2009 einen von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries vorgelegten Gesetzentwurf verabschiedet, mit dem die Voraussetzungen einer Verständigung im Strafverfahren geregelt werden. Das Vorhaben enthält klare gesetzliche Vorgaben zu Verfahren, Inhalt und Folgen von Verständigungen und gewährleistet dadurch Rechtsicherheit, Transparenz und eine gleichmäßige Rechtsanwendung durch die gerichtliche Praxis.
 

"Verständigungen sind in der Rechtsprechung anerkannt und schon lange Realität und im deutschen Strafprozess - nicht nur in großen Wirtschaftsstrafverfahren und bei prominenten Angeklagten. Dieser Praxis geben wir jetzt die nötige Rechtsgrundlage. Absprachen sind eine berechtigte Alternative zur vollständigen Durchführung des Verfahrens. Sie schonen Ressourcen und schützen Opfer und Zeugen, weil Ihnen eine belastende Vernehmung und eine erneute Konfrontation mit dem Täter erspart bleiben. Das Gesetz regelt keine Mauscheleien in Hinterzimmern, sondern das genaue Gegenteil: Eine Verständigung kann nur in öffentlicher Hauptverhandlung stattfinden und sie muss umfassend protokolliert werden. Gleichzeitig halten wir an den bewährten Grundsätzen des Strafverfahrens fest. Das Strafmaß muss sich weiterhin an der Schuld des Angeklagten orientieren und das Gericht bleibt weiterhin verpflichtet, den wahren Sachverhalt bis zu seine Überzeugung zu ermitteln. Einen Handel mit der Gerechtigkeit wird es auch künftig nicht geben", erklärte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

 
Im Einzelnen:
 
1. Handlungsbedarf

Die Verständigung in Strafverfahren ist bislang gesetzlich nicht geregelt. Bei dieser Verfahrensweise versuchen das Gericht und die weiteren Verfahrensbeteiligten - vor allem Staatsanwaltschaft, Angeklagter und Verteidigung, aber auch der Nebenkläger - sich über den Verlauf des Verfahrens und über dessen Ausgang zu verständigen. Der Bundesgerichtshof hat solche Absprachen für grundsätzlich zulässig erklärt und vor dem Hintergrund der hohen Belastung der Justiz diese verfahrensökonomische Art der Erledigung als unerlässlich bezeichnet. Auch unter dem Gesichtspunkt des Zeugen- und Opferschutzes sind Verständigungen eine berechtigte Alternative auf dem Weg zu einem gerechten Urteil, wenn auf eine vor allem für das Opfer psychisch belastende Beweisaufnahme verzichtet werden kann. Voraussetzung für die Zulässigkeit von Absprachen ist jedoch, dass die grundlegenden Prinzipien des deutschen Strafprozesses und des materiellen Strafrechts eingehalten werden. Zustandekommen und Ergebnis einer Verständigung müssen sich am Grundsatz des fairen Verfahrens, der Pflicht des Gerichts zur umfassenden Ermittlung der Wahrheit sowie an einer gerechten und schuldangemessenen Strafe orientieren. In seiner Grundsatzentscheidung vom 3. März 2005 hat der Große Strafsenat des Bundesgerichtshofs wesentliche Leitlinien zur Zulässigkeit von Absprachen festgelegt, gleichzeitig jedoch betont, dass die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung erreicht sind.

 
2. Lösung

Künftig wird es in der Strafprozessordnung ein umfassendes und differenziertes rechtstaatliches Regelungskonzept zur Verständigung im Strafverfahren geben. Die neuen Vorschriften stellen der Praxis in weitem Umfang Vorgaben für Zustandekommen und Inhalt von Absprachen zur Verfügung, ohne den für Einzelfälle notwendigen Spielraum zu sehr einzuschränken. Dabei geht der Gesetzentwurf von den folgenden Grundsätzen aus:

  • Die Grundsätze der Strafzumessung bleiben unberührt. Das Strafmaß muss sich weiterhin an der Schuld des Angeklagten orientieren.
  • Unberührt bleiben auch die Grundsätze des Strafverfahrens. Es wird insbesondere kein "Konsensprinzip" geben. Eine Verständigung kann nie alleinige Grundlage des Urteils sein. Das Gericht bleibt weiterhin verpflichtet, den wahren Sachverhalt bis zu seiner Überzeugung zu ermitteln.
  • Es muss ein größtmögliches Maß an Transparenz gewährleistet sein. Eine Verständigung kann nur in der öffentlichen Hauptverhandlung zustande kommen, Vorgänge außerhalb der Hauptverhandlung muss das Gericht öffentlich mitteilen. Verständigungen müssen stets umfassend protokolliert und im Urteil erwähnt werden.
  • Es gibt keinerlei Beschränkungen der Rechtsmittel. Ist dem Urteil eine Verständigung vorangegangen, ist ein Rechtsmittelverzicht ausgeschlossen. Das Urteil bleibt auch nach einer Verständigung in vollem Umfang überprüfbar, der Angeklagte muss darüber eingehend belehrt werden.

Der Gesetzentwurf enthält einen vernünftigen und praxisgerechten Mittelweg zwischen einem teilweise geforderten Totalverbot von Absprachen einerseits und einem Konsensprinzip andererseits, welches das Gericht zu sehr aus seiner Verantwortung zur Ermittlung der Wahrheit entlassen würde. Die vorgeschlagene Lösung berücksichtigt insbesondere die Vorgaben der Rechtssprechung sowie eine Vielzahl von Anregungen aus Wissenschaft und Praxis. Insbesondere unterscheidet der Entwurf nicht zwischen verteidigtem und unverteidigtem Angeklagten und schließt auch Verfahren vor den Amtsgerichten nicht aus. Damit wird eine "2-Klassen-Justiz" vermieden und dem Umstand Rechnung getragen, das auch in amtsgerichtlichen Verfahren, wo vorwiegend Fälle der kleineren und mittleren Kriminalität behandelt werden, Verständigungen zum Alltag gehören.

 
3. Inhalt


Zentrale Vorschrift zur Regelung der Verständigung ist ein neuer § 257c StPO. Er enthält Vorgaben zum zulässigen Gegenstand, zum Zustandekommen und zu den Folgen einer Verständigung und legt fest, dass die Pflicht des Gerichts zu Aufklärung des Sachverhalts uneingeschränkt bestehen bleibt.

 

Gegenstand
Gegenstand einer Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen, also im Wesentlichen das Strafmaß und etwaige Auflagen wie zum Beispiel Bewährungsauflagen sein. Auch Maßnahmen zum Verfahrensverlauf sowie das Prozessverhalten der Beteiligten sind zulässig, wie etwa Einstellungsentscheidungen, die Zusage von Schadenswiedergutmachung durch den Angeklagten oder der Verzicht auf weitere Beweisanträge oder Beweiserhebungen, soweit dies mit der Sachaufklärungspflicht des Gerichts vereinbar ist. Ebenfalls soll ein Geständnis Gegenstand einer Verständigung sein. Das Gericht muss von der Richtigkeit des Geständnisses überzeugt sein, um seiner Aufklärungspflicht in vollem Umfang nachzukommen. Bei Zweifeln an der Richtigkeit muss es gegebenenfalls auf seine Zuverlässigkeit überprüft werden.

Ausdrücklich ausgeschlossen als Gegenstand einer Verständigung ist der Schuldspruch - also die Frage, ob und wenn ja, wegen welcher Strafnorm jemand verurteilt wird. Ebensowenig können Maßregeln der Besserung und Sicherung wie beispielsweise die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in eine Verständigung aufgenommen werden, weil hier das Gesetz dem Gericht keinen Entscheidungsspielraum belässt.

 

Zustandekommen
Eine Verständigung kommt zustande, indem das Gericht ihren möglichen Inhalt bekannt gibt und der Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft zustimmen. Das Gericht gibt dabei eine Ober- und Untergrenze der möglichen Strafe an. Dabei muss es die allgemeinen Strafzumessungserwägungen berücksichtigen und darf weder eine unangemessen niedrige noch eine unangemessen hohe Strafe vorschlagen. Die Initiative zu einer Verständigung ist aber nicht allein dem Gericht vorbehalten, entsprechende Anregungen können auch von den anderen Verfahrensbeteiligten ausgehen.

Nicht vorgesehen ist, dass auch der Nebenkläger zustimmen muss. Dies entspricht dem bereits geltenden Strafprozessrecht, nach dem der Nebenkläger das Urteil allein wegen der Rechtsfolgen nicht angreifen kann. Die Strafzumessung bzw. das Strafmaß sind aber gerade der wesentliche Gegenstand einer Verständigung. Dies schließt aber nicht aus, dass der Nebenkläger an Gesprächen und Erörterungen im Vorfeld von Verständigungen beteiligt ist und dabei seine Bedenken und Vorschläge äußert.

 

Transparenz
Eine Verständigung kann nur in öffentlicher Hauptverhandlung zustande kommen. Dies schließt nicht aus, dass außerhalb der Hauptverhandlung Gespräche geführt werden, durch die eine Verständigung vorbereitet wird. Nach dem Gesetzentwurf ist der Vorsitzende des Gerichts verpflichtet, darüber Transparenz herzustellen, indem er in öffentlicher Hauptverhandlung mitteilt, ob und ggf. mit welchem Inhalt solche Gespräche stattgefunden haben. Um die Geschehnisse bei einer Verständigung umfassend zu dokumentieren, muss das Gericht den wesentlichen Ablauf einschließlich etwaiger Vorgespräche außerhalb der Hauptverhandlung, den Inhalt und das Ergebnis einer Verständigung protokollieren. Damit wird vor allem sichergestellt, dass Absprachen im Revisionsverfahren vollständig überprüft werden können.

 
Folgen des Scheiterns

Eine besondere Vorschrift sieht der Entwurf für den Fall vor, dass sich das Gericht von einer Verständigung lösen will. Die Bindung des Gerichts entfällt, wenn bedeutsame tatsächliche oder rechtliche Umstände übersehen worden sind oder sich nachträglich ergeben und das Gericht deswegen zur Überzeugung kommt, dass die in Aussicht gestellte Strafe nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist, was den Fall einschließt, dass das Gericht eine unzutreffende Prognose bei der Bewertung des bisherigen Verhandlungsergebnisses abgegeben hat. Auch kann das Prozessverhalten des Angeklagten das Gericht veranlassen, sich von der Absprache zu lösen, wenn es nicht mehr dem Verhalten entspricht, welches das Gericht seiner Prognose zugrunde gelegt hat. Eine solche Regelung ist erforderlich, weil Ergebnis des Strafverfahrens immer ein richtiges und gerechtes Urteil sein muss. Entfällt die Bindung des Gerichts, darf ein Geständnis des Angeklagten, das er im Vertrauen auf den Bestand der Verständigung als seinen "Beitrag" abgegeben hat, nicht verwertet werden. Damit wird der Schutz des Angeklagten gestärkt und dem Grundsatz des fairen Verfahrens Rechnung getragen.

 

Rechtsmittel
Der Gesetzentwurf verzichtet aus zwei Gründen bewusst darauf, Rechtsmittel nach vorangegangener Verständigung einzuschränken oder auszuschließen. Zum einen soll eine vollständige Kontrolle durch das Berufungs- oder Revisionsgericht möglich sein. Damit soll sichergestellt werden, dass die Vorschriften gleichmäßig entsprechend der Vorgaben des Gesetzgebers angewandt werden. Zum anderen soll der Eindruck vermieden werden, das Urteil beruhe auf einem "Abkommen" der Beteiligten, an das sich alle zu halten haben. Ergebnis einer Verständigung ist vielmehr ein ganz normales Urteil, dessen Grundlage die volle Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit ist und das auf einer vollständigen Aufklärung des Sachverhalts beruht. Dazu gehört, dass das Urteil wie jedes andere überprüfbar sein muss. Ein Rechtsmittelverzicht ist ausgeschlossen, wenn dem Urteil eine Verständigung vorangegangen ist. Damit können alle Rechtsmittelberechtigten in Ruhe und ohne Druck überlegen, ob sie Rechtsmittel einlegen wollen oder nicht.

 

Kommunikation
Ein weiterer, wichtiger Regelungskomplex (§§ 160b, 202a, 212 StPO-E) hat zum Gegenstand, die Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten zu stärken. Es sollen bereits im Ermittlungsverfahren, aber auch in allen weiteren Stadien des gerichtlichen Verfahrens sogenannte Erörterungen der verfahrensführenden Stellen (Staatsanwaltschaft bzw. Gericht) mit den Verfahrensbeteiligten gefördert werden. Bei solchen Erörterungen im gerichtlichen Verfahren kann auch die Möglichkeit einer Verständigung besprochen werden. Ziel ist es, dass die Beteiligten miteinander im Gespräch bleiben, wenn dies für den Verlauf des Verfahrens sinnvoll ist.

 

Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Es tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

 

(Quelle: Pressemitteilung des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des
Bundesministeriums der Justiz vom 28. Mai 2009. Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl. Mohrenstr. 37, 10117Berlin, Telefon 030/185809030 Telefax 030/185809046 presse@bmj.bund.de )


 

Berlin, 28. Mai 2009

Bundestag verabschiedet "Kronzeugen"-Regelung

Strafmilderung oder Absehen von Strafe bei Tätern, die zur Aufklärung oder Verhinderung schwerer Straftaten beitragen.

Der Deutsche Bundestag hat am 28.5.2009 eine neue Strafzumessungsregel beschlossen. Bei Straftätern, die zur Aufklärung oder Verhinderung von schweren Straftaten beitragen, können Richterinnen und Richter die Strafe künftig mildern oder ganz von Strafe absehen.
 

Der Gesetzentwurf knüpft an frühere Möglichkeiten an, die Kooperationsbereitschaft von Straftätern zu honorieren. Bis 1999 galt das Kronzeugengesetz, das für die Bildung krimineller oder terroristischer Vereinigungen und damit zusammenhängende Taten die Möglichkeit eröffnete, das Verfahren einzustellen, von Strafe abzusehen oder die Strafe zu mildern. Das geltende Strafrecht kennt spezifische ("kleine") "Kronzeugenregelungen" für bestimmte Delikte, nämlich bei der Geldwäsche (§ 261 StGB), im Betäubungsmittelstrafrecht (§ 31 BtMG) und in sehr engem Umfang bei der Bildung einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung (§§ 129, 129a StGB). Praktisch bedeutsam ist vor allem § 31 BtMG, dessen Anwendung in den vergangenen Jahrzehnten gute Ermittlungserfolge bei der Aufklärung organisierter Rauschgiftkriminalität ermöglichte.

 

"Der Staat muss nicht nur für eine angemessen Bestrafung der Täter sorgen, sondern er hat auch den verfassungsrechtlichen Auftrag, gerade schwere Straftaten aufzuklären und zu verhindern. Die neue Strafzumessungsvorschrift unterscheidet sich vor allem in zwei Punkten von den bisherigen Kronzeugenregelungen: Wir fassen künftig den Anwendungsbereich breiter und treffen Schutzkehrungen gegen Missbrauch. Der wesentliche Nachteil der bisherigen Regelungen lag und liegt zum einen in ihrer Beschränkung auf bestimmte Deliktsbereiche. Gegenwärtig kann nur der Täter eines Betäubungsmitteldelikts oder ein Geldwäscher eine Strafmilderung erhalten und dies auch nur dann, wenn er hilft, ein Drogen- oder Geldwäschedelikt aufzuklären. Damit fehlt ein Kooperationsanreiz für alle potenziellen "Kronzeugen", die eine andere Tat begangen haben, etwa für den Passfälscher, Schleuser oder Waffenhändler, durch dessen Angaben z. B. ein Sprengstoffanschlag vereitelt oder aufgeklärt werden kann. Deshalb haben wir eine allgemeine Strafzumessungsregelung geschaffen, die grundsätzlich unabhängig vom Delikt des "Kronzeugen" angewandt werden kann, wenn er wichtige Informationen zu schweren und häufig auch nur schwer aufklärbaren Straftaten preisgibt. Zusätzlich enthält die neue Regelung wichtige Schutzvorkehrungen, um eine unangemessene Begünstigung des "Kronzeugen" und einen Missbrauch der Regelung zu vermeiden. Dadurch unterstützen wir die Gerichte darin, nur demjenigen eine Strafmilderung zu gewähren, der wesentlich und vor allem rechtzeitig zur Aufklärung oder Verhinderung einer schweren Tat beiträgt", erläuterte Bundesjustizministerin Zypries.

 

Eckpunkte des Regelungsvorschlags:

 
1. Voraussetzungen
  • Der Täter einer mittelschweren oder schweren Straftat offenbart sein Wissen über Tatsachen,
  •  
    • die wesentlich zur Aufklärung einer schweren Straftat nach § 100a Abs. 2 StPO beitragen (sog. Aufklärungshilfe), oder
    • durch die eine schwere Straftat nach § 100a Abs. 2 StPO verhindert werden kann (sog. Präventionshilfe).

Beispiel: Der wegen seiner Beteiligung an einem (bewaffneten) Bankraub (§§ 249, 250 StGB) verhaftete A gibt der Polizei Hinweise, die zur Ergreifung seiner Mittäter B und C führen.

  • Die Bedeutung dessen, was der "Kronzeuge" zur Aufklärung oder Verhinderung von Straftaten beiträgt, rechtfertigt im Verhältnis zur Schwere der eigenen Tat eine Strafmilderung oder ein Absehen von Strafe.
 
2. Folge

Das Gericht kann die Strafe mildern oder von Strafe absehen, hat jedoch folgende Einschränkungen zu beachten:

  • Ist "lebenslänglich" die ausschließlich angedrohte Strafe (wie dies insbesondere bei Mord der Fall ist) darf die Strafe allenfalls auf eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren gemildert werden;
  • von Strafe absehen darf das Gericht nur, wenn die Tat abstrakt nicht auch mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist und der Täter im konkreten Fall - ohne die Strafmilderung - keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hätte.

Im Beispielsfall kann das Gericht die Strafe gegen A mildern und dabei unter die Mindeststrafdrohung (§ 250 StGB) von drei Jahren Freiheitsentzug gehen. Ein Absehen von Strafe wird in der Praxis nur unter besonderen Umständen in Frage kommen, z. B. wenn der Tatbeitrag des A gering ist und mit seiner Hilfe weitere Bankraube, die B und C bereits geplant hatten, verhindert werden können.

Haben A, B und C demgegenüber bei ihrem gemeinsamen Bankraub leichtfertig den Tod einer Bankangestellten verursacht, weil sich aus einer ihrer Schusswaffen ein Schuss gelöst hat, so darf das Gericht im Verfahren gegen den "Kronzeugen" A nicht von Strafe absehen, weil die entsprechende Tat (Raub mit Todesfolge, § 251 StGB) auch mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist.

 
3. Ausschluss

Die neue Regelung findet keine Anwendung, wenn der Kronzeuge sein Wissen erst offenbart, nachdem das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn beschlossen hat. Damit soll insbesondere erreicht werden, dass die Angaben des Täters von den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten noch rechtzeitig auf Ihre Stichhaltigkeit überprüft werden können, bevor über die Strafmilderung entschieden wird. Dies soll dazu beitragen, dass nur derjenige eine Strafmilderung erlangt, der wirklich wesentlich zur Aufklärung oder Verhinderung einer schweren Straftat beigetragen hat.

Beispiel: Der wegen eines Menschenhandeldelikts Angeklagte hat während des gesamten Verfahrens geschwiegen. Erst am letzten Verhandlungstag, als ihm eine Verurteilung droht, macht er auf einmal vor dem Gericht Angaben über angebliche Drogenstraftaten von Personen, die dem Gericht und den Strafverfolgungsbehörden bislang unbekannt sind. Eine Strafmilderung nach der "Kronzeugenregelung" kommt dann nicht in Frage. Möglich bleibt es allein, die Aussage nach den allgemeinen Regeln bei der Strafzumessung noch zu Gunsten des Täters zu berücksichtigen, falls das Gericht sie für überzeugend hält (§ 46 StGB).

 

4. Kein Automatismus der Strafmilderung

Die Strafmilderung ist kein Automatismus. Vielmehr hat das Gericht ausdrücklich die Aufgabe, den "Wert" der Aussage zur Schwere der Tat des "Kronzeugen" ins Verhältnis zu setzen. Es muss also abwägen, ob der konkrete Nutzen der Aussage und die Schwere der dadurch aufgeklärten oder verhinderten Taten es rechtfertigen, dem "Kronzeugen" für seine eigene Tat eine Strafmilderung zu gewähren. Es bleibt dem Gericht daher insbesondere unbenommen, dem "Kronzeugen" wegen der besonderen Schwere seiner Schuld oder wegen des nur geringen Nutzens seiner Aussage eine Strafmilderung zu verwehren.

 

5. Bisherige Kronzeugenregelungen aufgehoben oder angepasst

Die derzeit existierenden spezifischen "Kronzeugenregelungen" werden, soweit sie entbehrlich werden, aufgehoben oder zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen an die Vorgaben der allgemeinen Strafzumessungsregel angepasst.

 

Wesentliche Unterschiede und Vorzüge im Vergleich zum früheren Kronzeugengesetz:

 
  • Allgemeine Strafzumessungsegel


Die vorgeschlagene Regelung ist eine allgemeine Strafzumessungsregel, d. h. sie ist grundsätzlich nicht auf bestimmte Delikte beschränkt. Die Strafverfolgungspraxis bemängelte an der früheren Kronzeugenregelung aus den 80er und 90er Jahren vor allem die enge Bindung an die Organisationsdelikte der §§ 129, 129a StGB (kriminelle / terroristische Vereinigung), da diese Delikte teilweise schwierig nachzuweisen sind und deren Voraussetzungen häufig auch schlicht nicht vorliegen. In der Praxis waren deshalb oft auch zunächst langwierige Ermittlungen nötig, bevor feststand, ob man einem kooperationsbereiten Beschuldigten die Vergünstigungen aus der früheren Kronzeugenregelung überhaupt in Aussicht stellen konnte.

 
  • Keine Identität der Deliktsgruppe erforderlich

Die Tat des "Kronzeugen" und die Tat, auf die sich seine Präventions- oder Aufklärungshilfe bezieht, müssen nicht derselben Deliktsgruppe zuzuordnen sein.

 
  • Schutzvorkehrungen gegen Missbrauch

Die Neuregelung enthält Sicherungen, um die Gefahr zu minimieren, dass ein vermeintlicher Kronzeuge durch Falschangaben eine Strafmilderung erlangt. Dies geschieht vor allem durch die zeitliche Begrenzung des Anwendungsbereichs (Angaben müssen vor Eröffnung des Hauptverfahrens gemacht werden, um noch rechtzeitig überprüft werden zu können, siehe oben), aber auch durch die Ausweitung und Erhöhung der Strafen der für Falschangaben einschlägigen Straftatbestände (§ 145d StGB - Vortäuschen einer Straftat, § 164 StGB - Falsche Verdächtigung), wenn der Täter die Falschangaben macht, um sich die Strafmilderung der Kronzeugenregelung zu erschleichen. Beide Sicherungen sollen auch in die in der Praxis wichtige Kronzeugenregelung des § 31 BtMG eingebaut werden. Im Übrigen hängt die Gewährung einer Strafmilderung natürlich immer davon ab, dass das entscheidende Gericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Angaben des "Kronzeugen" auch tatsächlich zu einem Aufklärungserfolg führen oder die Verhinderung einer schweren Straftat ermöglichen.

 

Der Gesetzentwurf bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Um der Praxis zu erleichtern, sich auf die Neuregelung einzustellen, tritt das Gesetz am Monatsersten des zweiten auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft.

 

(Quelle: Pressemitteilung des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des
Bundesministeriums der Justiz vom 28. Mai 2009. Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl. Mohrenstr. 37, 10117Berlin, Telefon 030/185809030 Telefax 030/185809046 presse@bmj.bund.de )

 


 

Berlin, 28. Mai 2009
 

Reform des Untersuchungshaftrechts

Bundestag beschließt verbesserte Rechte für U-Haftgefangene

Der Rechtsschutz für Untersuchungsgefangene wird verbessert. Die Verbesserungen sind Teil eines Gesetzentwurfs zur Reform des Untersuchungshaftrechts, den der Deutsche Bundestag am 28. Mai 2009 verabschiedet hat.
 

"Untersuchungshaft ist mit weitreichenden Grundrechtseingriffen verbunden. Wenn U-Haft angeordnet wird, geht es oft nicht nur um die Freiheitsentziehung selbst, sondern auch um begleitende Maßnahmen wie Postkontrolle oder Besuchsbeschränkungen. Mit dem Gesetz wird das U-Haft-Recht deutlich rechtsstaatlicher ausgestaltet. All diese Eingriffe müssen im Hinblick auf die Unschuldsvermutung und das Freiheitsrecht des Beschuldigten sorgfältig abgewogen werden. Dazu bedarf es transparenter und klarer gesetzlicher Regelungen sowohl für die Anordnung solcher Maßnahmen als auch für den Rechtsschutz gegen sie. Beides wird mit der vorliegenden Novelle erreicht. Die Rechte Inhaftierter werden zudem durch die Festschreibung gestärkt, dass ein Festgenommener schriftlich über seine Rechte zu belehren ist - und das unverzüglich, nicht wie bisher, erst bei Beginn der Vernehmung. Wichtig ist vor allem, dass U-Gefangene künftig von Beginn der Haft an einen Pflichtverteidiger erhalten und ihren Verteidigern in der Regel auch schon vor dem Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen Akteneinsicht zu gewähren ist. Nur so ist ein effektiver Rechtsschutz möglich", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

 

Die vorgeschlagenen Änderungen gehen überwiegend auf eine veränderte Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Föderalismusreform zurück. Den Bundesländern steht nach dieser Reform die Regelungskompetenz für das "Wie", also für den Vollzug von U-Haft, zu. Dazu gehören etwa Vorschriften über die Ausstattung des Haftraums, über die Verpflegung der Gefangenen, über die Arbeit von Gefangenen in der Haft, aber auch Bestimmungen mit dem Ziel, die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt sicherzustellen (z. B. Einzelhaft). Der Bund hat dagegen weiterhin die Gesetzgebungszuständigkeit für das "Ob" der U-Haft (Anordnung der U-Haft, Voraussetzungen und Dauer). Außerdem kann er auch solche Regelungen treffen, die zur Abwehr von Flucht-, Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr erforderlich sind (z.B. Verbot der Kontaktaufnahme mit anderen Tatbeteiligten). Bislang werden beide Bereiche in der Strafprozessordnung und der sie konkretisierenden Untersuchungshaftvollzugsordnung - einer Verwaltungsanordnung der Länder - einheitlich geregelt. Die verfassungsrechtlich veränderte Kompetenzlage macht eine rechtsstaatlich klare Trennung beider Bereiche erforderlich. Der Bund muss diejenigen Materien in der StPO regeln, die in der Bundeskompetenz verblieben sind. Zugleich soll die Novelle dazu dienen, Rechte der Betroffenen zu verbessern.

 
Im Einzelnen:

Die Strafprozessordnung regelt nach geltendem Recht vor allem die Anordnungsvoraussetzungen einer Untersuchungshaft und Maßnahmen, die nötig sind, um Verdunkelungs-, Flucht- und Wiederholungsgefahr abzuwenden.

Beschränkungen, die über die reine Freiheitsentziehung hinausgehen, werden bisher durch die Untersuchungshaftvollzugsanordnung konkretisiert. Da diese nach Erlass der Untersuchungshaftvollzugsgesetze der Länder künftig wegfallen wird, werden die Voraussetzungen, unter denen solche Beschränkungen angeordnet werden können, nunmehr vollständig und rechtsstaatlich transparent in der Strafprozessordnung geregelt. Gleiches gilt für Rechtsbehelfe gegen solche Beschränkungen.

 

Beschränkende Anordnungen nach der StPO nur im Einzelfall

Zu den Beschränkungen, die U-Haftgefangenen über die Freiheitsentziehung als solche hinaus zur Abwehr von Flucht-, Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr auferlegt werden können, gehört vor allem die Überwachung der sog. Außenkontakte. Das Erfordernis von solchen Beschränkungen ist nach dem neuen Gesetz von der zuständigen Stelle im Einzelfall genau zu prüfen. Standardmäßig geltende Beschränkungen unabhängig von den Erfordernissen des konkreten Falls sieht die Neuregelung anders als die bisherige Untersuchungshaftvollzugsordnung nicht vor. Damit wird der Unschuldsvermutung, nach der jeder Untersuchungsgefangene bis zu seiner rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig gilt, Rechnung getragen.

 

Richtervorbehalt und Rechtsmittel

Die im Einzelfall gebotenen Beschränkungen müssen grundsätzlich durch ein Gericht angeordnet werden, dem auch die Ausführung obliegt (Richtervorbehalt). Das Gericht kann die Ausführung jedoch widerruflich auf die das Verfahren leitende Staatsanwaltschaft übertragen, die sich bei dieser Aufgabe - je nach den Erfordernissen des Einzelfalls - auch der Hilfe durch die Polizei oder die Vollzugsanstalt bedienen kann. Mit der Novelle wird zugleich ausdrücklich klargestellt, dass und welche Rechtsmittel Inhaftierten gegen Beschränkungen in der Haft zur Verfügung stehen.

Im Zuge des Übergangs der Gesetzgebungskompetenz für die Art und Weise (das "Wie") des Vollzugs der Untersuchungshaft an die Länder werden diese in ihren Vollzugsgesetzen Vorschriften vorsehen, nach denen Gefangenen Beschränkungen auferlegt werden können, um die Sicherheit und Ordnung in den Vollzugsanstalten zu gewährleisten. Der Rechtsschutz gegen solche Maßnahmen ist aber Teil des gerichtlichen Verfahrens, das weiterhin in der Zuständigkeit des Bundes liegt. Die Neuregelung enthält daher auch Bestimmungen zu Rechtsbehelfen von Inhaftierten gegen Entscheidungen der Vollzuganstalten, die der Aufrechterhaltung der Anstaltsordnung dienen (z. B. Benutzung von Fernsehgeräten oder Disziplinarmaßnahmen).

 
Erweiterte Belehrungspflicht

Nach geltendem Recht muss ein Beschuldigter nicht bereits im Moment der Festnahme, sondern erst zu Beginn der Vernehmung des Beschuldigten über seine Rechte belehrt werden. Künftig sind festgenommene Personen unverzüglich und schriftlich etwa darüber zu belehren, dass sie spätestens am Tag nach der Ergreifung einem Richter vorzuführen sind, dass sie Zugang zu einem Verteidiger oder einem Arzt und das Recht haben, keine Aussage zu machen. Damit wird sichergestellt, dass Beschuldigte so früh wie möglich umfassend über ihre Rechte aufgeklärt werden ("Letter of rights").

 

Präzisierung des Akteneinsichtsrechts

Das Akteneinsichtsrecht für Inhaftierte und ihre Verteidiger wird verbessert. Nach dem bisherigen Wortlaut des Gesetzes kann die Staatsanwaltschaft die Einsichtnahme in die Ermittlungsakten vollständig verweigern, wenn dadurch der Untersuchungszweck gefährdet wird. Dies hat die Verteidigungsmöglichkeiten gegen eine Freiheitsentziehung erheblich beschränkt. Künftig wird ein gesetzlich ausdrücklich geregelter Anspruch auf Überlassung zumindest derjenigen Informationen bestehen, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Inhaftierung erforderlich sind. Dieser Informationsanspruch ist im Regelfall durch Gewährung von Akteneinsicht zu erfüllen. Mit diesen Änderungen wird auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte Rechnung getragen. Pflichtverteidiger von Beginn der U-Haft an Bislang war dem U-Haftgefangenen ein Pflichtverteidiger zwingend erst nach Ablauf von drei Monaten Haft zu bestellen. In Anbetracht des tiefgreifenden Grundrechtseingriffs, der mit der Inhaftierung eines bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig geltenden Menschen verbunden ist, ist es rechtsstaatlich geboten, die Beiordnung eines Verteidigers auf den Zeitpunkt des Beginns der U-Haft vorzuziehen. Damit wird sichergestellt, dass der Beschuldigte seine Rechte von Anfang an effektiv wahrnehmen kann. Mit dieser Änderung wird auch entsprechenden Empfehlungen des Europarates entsprochen.

Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrats. Es tritt am 1. Januar 2010 in Kraft.

 

(Quelle: Pressemitteilung des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des
Bundesministeriums der Justiz vom 28. Mai 2009. Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl. Mohrenstr. 37, 10117Berlin, Telefon 030/185809030 Telefax 030/185809046 presse@bmj.bund.de )

 


 

27.05.2009

Willensfreiheit des Menschen: Möglichkeiten in einer determinierten Welt

Ist der Mensch frei? Oder ist er determiniert und damit Verantwortungs-unfähig? Oder entbehrt diese philosophisch-psychiatrische Kontroverse jeglicher Substanz? "Ganz sicher gibt es kein dichotomes Merkmal ŽfreiŽ oder ŽunfreiŽ, sondern Menschen können interindividuell und auch intraindividuell in unterschiedlichem Maße frei entscheiden," urteilt der Psychiater Prof. Dr. Clemens Cording (Regensburg) in seiner Studie "Relative Willensfreiheit und zivilrechtliche Verantwortung".

Im Rahmen eines kompatibilistischen Denkansatzes entwickelt der Autor "das dimensionale Konzept einer relativen menschlichen Willensfreiheit. Danach muss personale Freiheit in einem vielfach rückgekoppelten biografischen Erfahrungs- und Lernprozess individuell erst erworben werden und kann z.B. durch Krankheit vorübergehend oder dauernd verloren gehen.

Willens- bzw. Entscheidungsfreiheit haben wir in dem Maß, wie unsere Entscheidungen durch personale Determinanten mitgeprägt werden, d.h. durch biographisch erworbene Lernerfahrungen, durch selbstkritisch -reflektierend gewonnene Einsichten und durch gedankliches Probehandeln anhand symbolisch repräsentierter Weltmodelle; dabei ermöglicht die mentale Antizipation der Konsequenzen von Handlungsoptionen einen prospektiv rückgekoppelten Entscheidungsprozess. Auf diese Weise wird die Durchschlagskraft subpersonaler (z.B. artspezifischer) Handlungsimpulse zugunsten personal bestimmter, zielorientierter Präferenzen reduziert, und die Befriedigung aktueller Bedürfnisse kann im Hinblick auf übergeordnete Ziele zurückgestellt werden."

Clemens Cording hat mit Kollegen aus der Psychiatrie und der Philosopie in einem Aufsatzband die Fragestellung "Willensfreiheit - eine Illusion?" reflektiert. Prof. Dr. Wilhelm Pauen (Magdeburg) postuliert: "Im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Auffassung zeigt eine philosophische Analyse, dass Willensfreiheit und Determination miteinander vereinbar sind..."

Heinze, Fuchs, Reischies (Hrsg.):
Willensfreiheit - eine Illusion?

Pabst, Lengerich/Berlin, 256 Seiten, II. Auflage, ISBN 978-3-89967-337-1

 


 

26.05.2009

Erweiterte Führungszeugnisse für Arbeitgeber bei Bewerbern mit Vorstrafen wegen Sexualdelikten.

Bundestag verabschiedet Gesetz zum Schutz von Kindern und Jugendlichen

Der Bundestag hat am 14. Mai 2009 einen Gesetzentwurf zum Schutz von Kindern und Jugendlichen beschlossen, der auf einen Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries zurückgeht. Künftig sollen so genannte erweiterte Führungszeugnisse dem Arbeitgeber in weit größerem Umfang Auskunft darüber geben, ob Stellenbewerber wegen bestimmter Sexualdelikte an Kindern und Jugendlichen vorbestraft sind.

"Vor allem Kinder und Jugendliche sind schutzlos, wenn Sexualstraftaten von Personen begangen werden, die wegen ihrer beruflichen Stellung das besondere Vertrauen der Opfer genießen. Künftig wird allen Personen, die im kinder- und jugendnahen Bereich beschäftigt werden wollen, ein erweitertes Führungszeugnis erteilt, in dem die Verurteilungen zu Sexualstraftaten auch im untersten Strafbereich aufgenommen sind. Potenzielle Arbeitgeber wissen dann über alle einschlägigen Vorstrafen der Bewerber Bescheid und können verhindern, dass diese im kinder- und jugendnahen Bereich als Erzieher in Kindergärten, aber auch als Schulbusfahrer, Bademeister, Sporttrainer oder Mitarbeiter im Jugendamt beschäftigt werden. Wichtig ist, dass sich die Arbeitgeber von allen, die sich auf solche Stellen bewerben, das erweiterte Führungszeugnis auch tatsächlich vorlegen lassen", betonte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Das Bundeszentralregistergesetz (BZRG) regelt, dass jeder Person ab 14 Jahren auf Antrag und ohne Angaben von Gründen ein Führungszeugnis erteilt wird. Ob eine Verurteilung in ein Führungszeugnis aufgenommen wird, richtet sich grundsätzlich nach der Höhe des Strafmaßes; das zugrundeliegende Delikt spielt dabei in der Regel keine Rolle. Nach geltendem Recht erscheinen im Führungszeugnis Erstverurteilungen nur bei einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten, um dem verfassungsrechtlich verankerten Resozialisierungsgebot Rechnung zu tragen. Von diesen Grenzen sind derzeit nur bestimmte schwere Sexualstraftaten (§§ 174 bis 180 oder 182 StGB, insb. Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen und Vergewaltigung) ausgenommen, nicht aber alle anderen kinder- und jugendschutzrelevante Sexualdelikte. Lässt sich ein Arbeitgeber bei der Einstellung ein Führungszeugnis vorlegen, erlangt er von diesen Erstverurteilungen bis zu 90 Tagessätzen oder 3 Monaten Freiheitsstrafe keine Kenntnis und kann nicht verhindern, dass der betroffene Bewerber im kinder- und jugendnahen Bereich beschäftigt wird.

Künftig soll durch eine Änderung des BZRG sichergestellt werden, dass im Interesse eines effektiven Kinder- und Jugendschutzes sexualstrafrechtliche Verurteilungen auch im niedrigen Strafbereich in einem so genannten erweiterten Führungszeugnis aufgenommen werden.

Der Gesetzentwurf sieht zielgerichtet die Einführung eines erweiterten Führungszeugnisses für kinder- und jugendnahe Tätigkeiten vor. Personen, die bei ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen Beschäftigung mit Kindern und Jugendlichen in der Regel keinen Kontakt aufnehmen können, sind daher von den neuen Regelungen nicht erfasst.

"Eine Arbeit als Fliesenleger, Automechaniker oder Architekt ist nicht in vergleichbarer Weise geeignet, Kontakt zu Kindern oder Jugendlichen aufzunehmen. Eine Regelung, die verlangt, dass generell alle Vorstrafen - gleich für welche Beschäftigung - in ein Führungszeugnis aufgenommen werden, würde über das Ziel hinausschießen. Denn auch die Wiedereingliederung ist verfassungsrechtlich geboten und im Interesse der Gesellschaft. Mit unserem Vorschlag schaffen wir deshalb zielgenau einen vernünftigen und gerechten Ausgleich zwischen dem Resozialisierungsinteresse von Straffälligen und der besonderen Verantwortung, wenn es um den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Sexualstraftaten geht", erläuterte Zypries.

Im Einzelnen

Betroffener Personenkreis

Das erweiterte Führungszeugnis wird nach dem neuen § 30a BZRG erteilt,

  • wenn dies in einem Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Beispiele: Die praktisch bedeutsamste Vorschrift ist § 72a des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII). Sie richtet sich an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die für die Wahrnehmung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe keine Person beschäftigen oder vermitteln dürfen, die rechtskräftig wegen einer bestimmten Straftat verurteilt worden ist (in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung: Straftaten nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184f oder den §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB). Ein vergleichbares Beschäftigungsverbot enthält auch § 25 Jugendarbeitsschutzgesetz für Personen, die Lehrlinge ausbilden.
  • demjenigen, der eine Tätigkeit ausüben will, die geeignet ist, Kontakt zu Minderjährigen aufzunehmen, wie die berufliche oder ehrenamtliche Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger. Beispiele: Erzieher in Kindergärten, Kinder- oder Jugendheimen, Pflegepersonen für die Kindertages- und Vollzeitpflege, Lehrer in Privatschulen, Schulbusfahrer, Bademeister in Schwimmbädern, Jugendsporttrainer, Leiter von Kinder- und Jugendfreizeitgruppen.

Inhalt des erweiterten Führungszeugnisses

Bereits nach geltendem Recht werden in ein Führungszeugnis regelmäßig alle Verurteilungen - unabhängig vom Strafmaß - wegen bestimmter schwerer Sexualstraftaten nach den §§ 174 bis 180 und § 182 StGB aufgenommen. Für das erweiterte Führungszeugnis wird dieser Katalog um weitere kinder- und jugendschutzrelevante Verurteilungen wegen Strafta-ten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB erweitert. Künftig wird daher auch beispielsweise eine Verurteilung zu 60 Tagessätzen wegen Verbreitung von Kinderpornographie oder Exhibitionismus im erweiterten Führungszeugnis erscheinen. Bislang erhielt der Arbeitgeber von einer solchen Verurteilung durch ein Führungszeugnis keine Kenntnis.

Frist zur Aufnahme in das Führungszeugnis

Derzeit werden Verurteilungen bei einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mehr als einem Jahr wegen schwerer Sexualstraftaten nach den §§ 174 bis 180 und § 182 StGB mindestens 10 Jahre lang in das Führungszeugnis aufgenommen. Künftig wird diese Frist auch für entsprechende Verurteilungen wegen Straftaten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB gelten, die in ein erweitertes Führungszeugnis aufgenommen werden.

Rückwirkung

In das erweiterte Führungszeugnis sind auch alle Eintragungen wegen Straftaten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB aufgenommen, die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits im BZR vorhanden sind. Die Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich. Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

(Quelle: Pressemitteilung des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz vom 14. Mai 2009. Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl, Mohrenstr. 37, 10117 Berlin, Telefon 01888 580-9030, Telefax 01888 580-9046, presse@bmj.bund.de. Überschrift von KrimG moderiert)

 


 

25.05.2009

Moot Court im Strafrecht

Interessante Materialien von der Viadrina Universität Frankfurt / Oder

Moot-Court zum Nachspielen - Eine Empfehlung von Prof. Dr. Dr. Uwe
Scheffler

Lieber Kollege, liebe Kollegin,

man hört immer wieder, im Strafrecht sei es sinnvoll, die aus dem Völkerrecht stammende Idee des "Moot-Court" aufzugreifen, um Studenten diejenigen Schlüsselqualifikationen, die ein Strafverteidiger in der Hauptverhandlung benötigt, näherzubringen.
Allerdings zeigen Erkundigungen an anderen Universitäten und ein Blick ins Internet, dass die Umsetzung dieses Vorschlages kaum einmal befriedigend zu gelingen scheint. Offensichtlich fehlt es zum einen an vorbereiteten, aktenartig fixierten Fällen, so dass die Veranstalter schon mal bei der Motivsuche zu "Asterix und Obelix", "Walt Disney" oder in die Grimmsche Märchenwelt flüchten. Zum anderen führt die Erkenntnis, dass die deutsche StPO sich kaum für ein Prozessieren nach den Grundregeln eines völker-rechtlichen Moot-Court eignet, schnell dazu, die Kontrahenten mit einen paar rasch kreierten Spielregeln, wenig durchdacht und noch weniger realistisch, irgendwie agieren zu lassen. Anders ausgedrückt: Die Gefahr ist nahe, hier mehr Klamauk als Lehrreiches zu veranstalten.
Christin Toepler, Mitarbeiterin an meinem Lehrstuhl, und ich haben in den letzten zwei Jahren versucht, Materialien zu entwickeln, mit dem ein aus unserer Sicht sinnvoller strafrechtlicher "Moot-Court" abgehalten werden kann.
Als Band 1/1 unserer kleinen lehrstuhleigenen Schriftenreihe haben wir eine übersichtliche "Gesetzessammlung für einen authentischen Strafprozess vor dem Moot-Court" zusammengestellt. Sie besteht aus allen für einen Moot-Court relevant werdenden, ggf. von uns gekürzten Vorschriften der StPO. Diese haben wir nach ihrer Stellung im Ablauf einer Hauptverhandlung neu geordnet und um andere wesentliche Rechtsgrundlagen (z.B. aus EMRK, GVG, RiStBV) ergänzt. Die getroffene Auswahl soll den studentischen Akteuren eine übersichtliche Vorschriftensammlung an die Hand geben, in der sie sich schnell zurechtfinden können.
Als Band 1/2 haben wir eine umfangreiche, um die 200 Seiten starke Verfahrensakte erstellt. Damit Sie sich hiervon eine Vorstellung machen können, fügen wir Ihnen einige Seiten aus dieser fiktiven Ermittlungsakte bei. Näheres über unsere Konzeption können Sie auch den dort abgedruckten Vorworten entnehmen.
Warum schreiben wir Ihnen dies alles? Wir möchten gern die Erwägung anregen, diesen "Moot-Court" an Ihrer Universität nachzuspielen und Ihnen dazu diese Materialien anbieten. Die Unterlagen werden als "book on demand" jeweils "frisch" gedruckt. Ein kleiner Clou - die Datei ist so programmiert, dass die in der Akte genannten Jahreszahlen sich verändern, so dass z.B. unsere heranwachsenden Beschuldigten immer aktuell Heranwachsende bleiben.
Wir sind gerne bereit, in der von Ihnen gewünschten Stückzahl die Materialien zum Selbstkostenpreis, also dem Preis unserer Druckerei zu überlassen, der - momentan - bei 1,95 EUR je Gesetzessammlung und bei 13,68 EUR je Ermittlungsakte (zuzüglich Porto) liegt.
Dankbar wären wir Ihnen, wenn Sie uns - falls Sie einen solchen "Moot-Court" veranstalten - Ihre Einschätzungen und Erfahrungen mitteilen würden. Meine Mitarbeiter und ich sind gerade dabei, weitere zwei Teilbände als Band 2 dieser "Etwas anderen Lehrmaterialien" zu erstellen. Nach unserer Vorstellung sollen sie helfen, den Studenten diejenigen Fähigkeiten eines Strafverteidigers zu vermitteln, die im Ermittlungsverfahren hilfreich werden.

http://www.rewi.euv-frankfurt-o.de/de/lehrstuhl/sr/krimirecht/Lehrmateri...


 

19.05.2009

Zwei interessante Berichte der Europäischen Kommission über den Umgang mit der Jugend in Europa

European Research on Youth - Supporting young people to participate fully in society - The contribution of European Research

Brussels, 2009, EUR 23863, ISBN 978-92-79-11450-2, ISSN 1018-5593, DOI 10.2777/4263, 76 p. (2.7MB)

This publication examines the results of youth-related socio-economic research projects funded under Research Framework Programmes. This review of projects focused on youth and how to best ensure their transition into working life, on strategies for social inclusion of young people and on their full participation as citizens in society. Its main purpose is to distil some common themes which recur in the projects and which are of interest to policy-makers. On the basis of this evidence, concrete recommendations are made to policy-makers as well as to those working with young people..

http://ec.europa.eu/research/social-sciences/pdf/policy-review-youth_en.pdf

Moving Europe – EU research on migration and policy needs

Brussels, 2009, EUR 23859, ISBN 978-92-79-09698-3, DOI 10.2777/58809, ISSN 1018-9593, 48 p. (817KB)

Demography, migration, integration and social cohesion are key topics for the present and future of the European Union. Research in relation to these issues is a core part of the European Seventh Research Framework Programme, theme Socio-economic Sciences and Humanities (SSH). This report presents a brief description of the projects focusing in the area of migration and integration of migrants funded in the last five years, their main findings and relevance for European policy making.

http://ec.europa.eu/research/social-sciences/pdf/policy-review-migration...


 

18.05.2009

Schulkriminalität und Schulsicherheit in den USA.

Ein aktueller Bericht zur Lage

Bureau of Justice Statistics, Publication April 2009.

Presents data on crime and safety at school from the perspectives of students, teachers, principals, and the general population. A joint effort by the Bureau of Justice Statistics and the National Center for Education Statistics, this annual report examines crime occurring in school as well as on the way to and from school.

"Indicators of School Crime and Safety: 2008" is available online at:
http://www.ojp.usdoj.gov/bjs/abstract/iscs08.htm.


 

14.05.2009

Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen Ablehnung der Aussetzung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe

Bundesverfassungsgericht

Beschluss vom 30. April 2009 - 2 BvR 2009/08 -

Der 59 Jahre alte Beschwerdeführer verbüßt wegen Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe. Die Mindestverbüßungsdauer von 15 Jahren war Mitte Juni 2008 abgelaufen. Mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 19. Juni 2008 hat das Landgericht die Aussetzung des Restes der lebenslangen Freiheitsstrafe abgelehnt, da eine Aussetzung angesichts der bislang unterbliebenen Erprobung des Beschwerdeführers in Vollzugslockerungen mit einem unvertretbar hohen Risiko verbunden sei. Das Oberlandesgericht verwarf mit hier angegriffenem Beschluss vom 26. August 2008 die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet. Seit Anfang Januar 2006 hatte sich der Beschwerdeführer ohne Erfolg um Vollzugslockerungen bemüht.

Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die angegriffenen Beschlüsse aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Aussetzung des Restes der lebenslangen Freiheitsstrafe an das Landgericht zurückverwiesen. Die Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Freiheitsgrundrecht (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG), weil sie auf unzureichender Sachverhaltsaufklärung beruhen. Die Gerichte haben eine Entlassung des Beschwerdeführers auf Bewährung unter Hinweis auf seine fehlende Erprobung in Lockerungen abgelehnt, ohne eigenständig zu prüfen, ob die Versagung von Lockerungen durch die JVA rechtmäßig war. Nur wenn die Versagung auf hinreichendem Grund beruht, darf die fehlende Erprobung des Gefangenen bei der Prognose ohne Einschränkungen zu seinem Nachteil verwertet werden.

Maßgeblich für die Entscheidung der Kammer waren folgende Erwägungen:

Ob die Aussetzung des Restes der lebenslangen Freiheitsstrafe unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit verantwortet werden kann, verlangt den Gerichten eine Prognoseentscheidung ab. Dabei haben sie sich von Verfassungs wegen um eine möglichst breite Tatsachenbasis für die Prognose zu bemühen und alle prognoserelevanten Umstände besonders sorgfältig zu klären.
Vollzugslockerungen haben für die Prognose besondere Bedeutung. Die Entscheidung über Lockerungen, die zunächst die Art und Weise des Freiheitsentzugs regeln und damit in erster Linie den Vollzugsalltag des Gefangenen betreffen, obliegt der JVA und ist gerichtlich in einem eigenständigen Rechtszug nach dem Strafvollzugsgesetz nachprüfbar.
Vollzugslockerungen haben aber - weitergehend - unmittelbaren Einfluss auf die Entscheidung der Gerichte über die Aussetzung des Strafrestes.
Für die Gerichte im Aussetzungsverfahren erweitert und stabilisiert sich die Prognosebasis, wenn dem Gefangenen zuvor Lockerungen gewährt worden sind: Gerade das Verhalten eines Gefangenen anlässlich solcher Belastungserprobungen stellt einen geeigneten Indikator für sein Verhalten in Freiheit dar.

Wegen dieser besonderen Bedeutung von Vollzugslockerungen und weil die Verfassung Entscheidungen über die Freiheitsentziehung - zu denen die Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes zählt - alleine dem
Richter anvertraut, dürfen sich die Gerichte im Aussetzungsverfahren nicht damit abfinden, dass die JVA als Exekutive die Prognosebasis durch eine möglicherweise rechtswidrige Versagung von Lockerungen schmälert und die richterliche Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes auf diesem Wege präjudiziert. Vielmehr haben die zur Entscheidung über die Strafaussetzung berufenen Gerichte eigenständig zu prüfen, ob die Vollzugsbehörde Lockerungen in der Vergangenheit rechtmäßig versagt hat. Dies gilt auch dann, wenn die Frage der Rechtmäßigkeit der Lockerungsversagung bereits Gegenstand gerichtlicher Überprüfung nach dem Strafvollzugsgesetz war. Denn die Verfassung vertraut die Entscheidung über die Freiheitsentziehung dem im konkreten Verfahren zur Entscheidung über den Freiheitsentzug berufenen Richter an. Das sind hier alleine die zur Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes berufenen Gerichte. Sie dürfen sich allerdings - im Wege einer nachvollziehenden Prüfung - die Gründe rechtskräftiger Gerichtsentscheidungen im Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz zueigen machen, soweit die Lockerungsversagung dort inhaltlich hinreichend überprüft worden ist. Denn auch dann ist sichergestellt, dass das zur Entscheidung über die Aussetzung berufene Gericht volle Verantwortung für die Rechtfertigung der Fortdauer des Freiheitsentzugs übernehmen kann.

Diesen Maßstäben werden die angegriffenen Beschlüsse nicht gerecht. Das Landgericht hat die Rechtmäßigkeit der Versagung von Lockerungen überhaupt nicht geprüft, sondern lediglich auf die noch nicht abgeschlossene gerichtliche Klärung der Rechtmäßigkeit der Lockerungsversagung im Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz verwiesen.
Ein solches Vorgehen ist verfassungsrechtlich unhaltbar, auch deshalb, weil sonst Verzögerungen im Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, die vom Gefangenen nicht zu vertreten sind, ohne sachlichen Grund zu seinem Nachteil auf das Aussetzungsverfahren durchschlagen könnten. Auch das Oberlandesgericht hat die Erforderlichkeit einer inhaltlichen
Auseinandersetzung mit der Tragfähigkeit der (bisherigen) Verweigerung von Lockerungen verkannt. Mit dem Hinweis, dass von einer unberechtigten Versagung von Lockerungen deshalb keine Rede sein könne, weil der Beschwerdeführer mit seinem Verzicht auf eine Rechtsbeschwerde den Rechtsweg im Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz nicht ausgeschöpft habe, schließt das Oberlandesgericht die Rechtmäßigkeit der bisherigen Versagung von Lockerungen unzureichend aus der formellen Rechtskraft der die Entscheidung der JVA bestätigenden - mittlerweile ergangenen - erstinstanzlichen Entscheidung. Dabei wäre wegen - dem Beschwerdeführer nicht anzulastenden - Verzögerungen im Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz über die Rechtsbeschwerde ohnehin erst nach der - hier angegriffenen - Aussetzungsentscheidung des Landgerichts entschieden worden.

Bei rechtswidriger Versagung von Lockerungen über einen prognoserelevanten Zeitraum sind die daraus zu ziehenden Konsequenzen vor dem Hintergrund des Spannungsverhältnisses zwischen dem Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit und dem Freiheitsgrundrecht des Gefangenen zu finden. Dies schließt im Einzelfall eine Verwertung des Umstandes fehlender Erprobung verbunden mit dem Hinweis an die Vollzugsbehörde, dass Lockerungen nunmehr geboten sind, ebensowenig aus wie die - bei langen Haftzeiten nur ausnahmsweise in Betracht kommende - sofortige Freilassung, wenn dem Freiheitsgrundrecht nur noch auf diesem Wege zum Durchbruch verholfen werden kann. Daneben kommt auch ein Vorgehen nach § 454a Abs. 1 StPO in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung anordnen, ohne dass dies zur sofortigen Entlassung des Gefangenen führt, indem das Gericht den zukünftigen Entlassungszeitpunkt so festlegt, dass der Vollzugsbehörde ein angemessener Zeitraum für eine aussagekräftige Erprobung zur Verfügung steht. Dies führt nicht notwendigerweise zu einer unangemessenen Risikoverlagerung auf die Allgemeinheit, denn das Vollstreckungsgericht kann die Strafaussetzung bis zur Entlassung des Betroffenen wieder aufheben, wenn aufgrund neu eingetretener oder bekanntgewordener Tatsachen - namentlich bei gefährlichkeitsindizierender Nichtbewährung des Betroffenen in den dann erforderlichen Lockerungen - unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit nicht mehr verantwortet werden kann (§ 454a Abs. 2 StPO). Es ist Sache der Vollstreckungsgerichte, die im Einzelfall angemessene Reaktion auf ein von der Vollzugsbehörde infolge rechtswidriger Versagung von Lockerungen zu verantwortendes Prognosedefizit zu finden. Diese Reaktion muss sich aber als hinreichend effektiv erweisen. Dies wird das Landgericht bei der neu zu treffenden Aussetzungsentscheidung zu beachten haben, wenn es aufgrund der - verfassungsrechtlich gebotenen - eigenständigen Prüfung zum Ergebnis kommt, dass Lockerungen seit Januar 2006 ohne hinreichenden Grund unterblieben sind.

(Quelle: Pressemitteilung der Pressestelle des BVerfG, Nr. 49/2009 vom 8. Mai 2009)


 

13.05.2009

Online-Petition gegen Internetsperren ist erfolgreich

Es gibt eine Online-Petition gegen Internetsperren. Diese hat nach nur vier Tagen über 50.000 Unterstützer gefunden.
Damit ist die Mindestzahl erreicht, ab der sich der Petitionsausschuss des Bundestages mit dem Antrag  in einer öffentlichen Sitzung beschäftigen muss. Die Gegner halten das geplante Vorgehen Internetseiten vom BKA indizieren und von den Providern sperren zu lassen für undurchsichtig und unkontrollierbar, sie befürchten Zensur.

Die Petition ist unter der folgenden Adresse erreichbar:

https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;pe...

Weitere Informationen:

 

11.05.2009

Forschungsvorhaben zu den Rechten von Beschuldigten in Europa.

BMJ will EU-weite Stärkung der Bürgerrechte in Strafverfahren weiter voran treiben

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hält an ihrem Ziel fest, die Rechte der EU-Bürgerinnen und -Bürger im Strafverfahren weiter zu stärken.

"Die Bürgerrechte sind die Basis unserer rechtsstaatlichen Grundordnung, auf nationaler und auf europäischer Ebene. Deshalb müssen wir für die Bürgerinnen und Bürger die Bürgerrechte im gesamten europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts wirksam schützen und ihnen zur Durchsetzung verhelfen. Dies gilt vor allem für den Bereich des Strafverfahrensrechts. Während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2007 ist die Einigung auf einen gemeinsamen Rahmenbeschluss zu Mindeststandards im Strafverfahren leider knapp am Widerstand weniger Mitgliedstaaten gescheitert. Deshalb gehen wir jetzt einen anderen Weg: Ein Informationsblatt (letter of rights) soll Beschuldigte zu Beginn eines Strafverfahren in ihrer Sprache über ihre Rechte aufklären, sie also beispielsweise darüber informieren, ob sie Anspruch auf einen Verteidiger oder Dolmetscher haben," sagte Zypries in Berlin.

Um die Diskussion über den Inhalt eines solchen Informationsblattes auf einer soliden Fak-tenbasis führen zu können, hat das Bundesministerium der Justiz ein Forschungsvorhaben bei Prof. Taru Spronken, Universität Maastricht, in Auftrag gegeben. Sie wird europaweit untersuchen, welche strafprozessualen Rechte den Beschuldigten in Ermittlungs- und Strafverfahren in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten zustehen und auf welchem Weg Beschuldigte über ihre Rechte informiert werden. Nach Abschluss der Untersuchung sollen die Ergebnisse der Studie im Rahmen einer Tagung diskutiert und schließlich veröffentlicht werden.

"Wer seine Rechte nicht kennt, kann sie auch nicht wahrnehmen. Deshalb ist die Information über Beschuldigtenrechte für Betroffene, die mit einem Strafverfahren in einem anderen Mit-gliedsstaat konfrontiert sind, so wichtig. Ich hoffe, dass wir mit den Ergebnissen aus der Studie zügig zu einer EU-weiten Verständigung über die Inhalte eines solchen Informationsblattes kommen können", sagte Zypries.

Das Forschungsprojekt, das bis Herbst 2010 abgeschlossen werden soll, wird von der EU-Kommission finanziell gefördert. Von den über 50 Vorhaben, für die im vergangenen Jahr Fördermittelanträge bei der EU-Kommission gestellt wurden, hat dieses Projekt in der Bewertung der EU-Kommission am besten abgeschnitten. Unterstützt wird es zudem vom Europarat, der Universität Maastricht, dem Bundesministerium für Justiz der Republik Österreich, der European Criminal Bar Association und dem Deutschen Richterbund.

 

Zur Vorgeschichte:

Bereits 2004 hatte die EU-Kommission einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss vorgelegt, mit dem die Rechte von Unionsbürgerinnen und Unionsbürger umfänglich gestärkt werden sollten, gegen die in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Herkunftsstaat ein Strafverfahren anhängig ist. Eine Einigung über den Rahmenbeschluss scheiterte jedoch am Widerstand einiger Mitgliedstaaten, denen die diskutierten Regelungen zu weit gingen. Deutschland hatte das Dossier während seiner EU-Ratspräsidentschaft im 1. Halbjahr 2007 erneut aufge-griffen und einen Kompromissvorschlag präsentiert, der sich auf drei grundlegende Verfahrensrechte konzentrierte:

 

  • das Recht auf Information,
  • das Recht auf Verteidigung und
  • das Recht auf einen Dolmetscher und die Übersetzung von Dokumenten.

Neben der Verpflichtung aller Mitgliedstaaten, diese Rechte zu wahren, sollte durch einen Anhang zum Rahmenbeschluss sichergestellt werden, dass der Betroffene die maßgeblichen Verfahrensrechte in seiner eigenen Sprache nachlesen kann (Informationsblatt zu Beschuldig-tenrechten im Strafverfahren, sog. "letter of rights"). Aber auch dieser Kompromissvorschlag, den 21 Mitgliedstaaten mittrugen, scheiterte am Ende am Erfordernis der Einstimmigkeit.

(Haupt-Überschrift durch KrimG abgewandelt. Quelle für den Text: Pressemitteilung des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz vom 5.5.2009. Verantwortlich: Eva Schmierer; Redakti-on: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl. Mohrenstr. 37, 10117 Berlin. Tele-fon 01888 580-9030. Telefax 01888 580-9046. presse@bmj.bund.de )


 

08.05.2009

Die Vereinten Nationen und die Menschenrechte

Ein Themenheft der Zeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte"

Das Heft Nr. 46 (Beilage zur Zeitschrift "Das Parlament") befasst sich mit UN und Menschenrechten.
Die Artikel handeln über

  • Idee und Anspruch der Menschenrechte im Völkerrecht
  • Responsibility to Protect
  • UN-Menschenrechtsrat
  • Migration und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948
  • Menschenrechte und NGOs im UN-System
  • Die Vereinten Nationen und Menschenrechtsbildung.

Die Artikel können kostenlos eingesehen und ausgedruckt werden. Fundstelle:
http://www.das-parlament.de/2008/46/Beilage/index.html


 

06.05.2009

Themenheft zur Kriminalität

Beilage zur Zeitschrift "Das Parlament"

Eine Themenausgabe der Zeitschrift „Das Parlament“ widmet sich der Kriminalität. Abgedeckt wird eine Vielzahl an Einzelthemen. Unter anderem werden Maßnahmen der Kriminalprävention, die Aussagekraft der Kriminalstatistik oder der Alltag in deutschen Gefängnissen dargestellt. Die Online-Ausgabe kann im Volltext unter folgender URL erreicht werden:
http://www.das-parlament.de/2008/46/Themenausgabe/index.html
(Quelle: Polizei-Newsletter, AR)


 

05.05.2009

Europäische Gesellschaft für Kriminologie:

Neue Arbeitsgruppe zur Polizeiforschung

Die European Society of Criminology hat eine Arbeitsgruppe zum Thema “Policing” gegründet. Ziel ist es, ein länderübergreifendes Netzwerk aus Wissenschaftlern, Praktikern und Forschungseinrichtungen zu schaffen. Auf diese Weise sollen ein Wissensaustausch sowie gemeinsame Aktivitäten, z.B. vergleichende Forschungsprojekte, ermöglicht werden. Weitere Informationen finden sich unter folgender URL:
http://www.esc-eurocrim.org/workgroups.shtml#Policing
(Quelle: Polizei-Newsletter,AR)


 

04.05.2009

Kriminalitätsfurcht: Individuelle Ausprägungen und Kontext der Wohngegend

Kanadische Befunde aus 2008

Kanadische Forscher gingen der Frage nach, inwiefern individuelle Faktoren und Umwelteinflüsse die Kriminalitätsfurcht beeinflussen. Nach den Untersuchungsergebnissen lassen sich lokale Unterschiede in der Kriminalitätsfurcht hauptsächlich auf die persönlichen Unsicherheitsgefühle der Bürger zurückführen. Ein signifikanter Teil wird zusätzlich durch ein als negativ wahrgenommenes nachbarschaftliches Umfeld beeinflusst. Im Einzelnen konnte ein Zusammenhang zwischen Kriminalitätsfurcht und hohen Anteilen einkommensschwacher Familien, Alleinerziehender sowie Minderheiten festgestellt werden. Quelle: Fitzgerald, Robin (2008), Fear of Crime and the Neighborhood Context in Canadian Cities, hrsg. vom Canadian Centre for Justice Statistics. Online im Volltext verfügbar unter:
http://www.statcan.ca/english/research/85-561-MIE/85-561-MIE2008013.pdf.
(Quelle: Polizei-Newsletter, AR)


 

 

April 2009

23.04.2009

Netzsperren gegen Kinderpornographie

Ein Versuch der Bundesregierung zur Verbesserung der Kontrolle bzw. Einschränkung von Kinderpornographie im Internet

Die Bundesregierung hat am 22.04. 2009 auf Vorlage des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie den Entwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen beschlossen. Es setzt damit die erst kürzlich beschlossenen Eckpunkte um.

Die neuen Regelungen enthalten Änderungsvorschläge zum Telemediengesetz (TMG) und zum Telekommunikationsgesetz (TKG). Sie beschränken sich - wie in den Eckpunkten festgelegt - auf Zugangserschwerungen zu kinderpornographischen Inhalten.

Kinderpornographie ist die Dokumentation von Kindesmissbrauch und der sexuellen Ausbeutung von Kindern. Hinter jedem Bild und jedem Film steht ein missbrauchtes Kind. Trotz internationaler Anstrengungen zur Täterermittlung und Schließung von Websites bleiben Angebote mit kinderpornographischen Inhalten im Internet abrufbar und nehmen beständig zu. Die polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet seit Jahren einen Anstieg bei der Verbreitung der Kinderpornographie im Netz. So ist allein in Deutschland im Zeitraum von 2006 auf 2007 ein Zuwachs von 111 % zu verzeichnen (2936 auf 6206 Fälle).

Gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern im Internet muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln vorgegangen werden. Die Täter müssen weiterhin mit Hochdruck ermittelt und kinderpornographische Seiten geschlossen werden. Das heute im Kabinett beschlossene Gesetz will - im Rahmen einer Gesamtstrategie gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und seiner Darstellung im Internet - die bestehenden Möglichkeiten wirksam ergänzen.

Wesentliche Inhalte des geplanten Gesetzes sind:

  • Auf der Basis von Sperrlisten des Bundeskriminalamts werden alle großen privaten Internetzugangsanbieter verpflichtet, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten im Internet durch geeignete technische Maßnahmen zu erschweren;
  • Aus präventiven Gründen wird gegenüber den betroffenen Nutzern über eine sog. Stoppmeldung klargestellt, warum der Zugang zu einem kinderpornographischen Angebot erschwert wird
  • Die Zugangsanbieter haften nur, wenn und soweit sie die Sperrliste des Bundeskriminalamts nicht ordnungsgemäß umsetzen.
  • Die anfallenden Daten können für die Strafverfolgung genutzt werden.

Die Bundesregierung weiß, dass mit diesen Regelungen gesetzgeberisches Neuland betreten wird. Sie schlägt deshalb auch vor, dass innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes eine Evaluierung erfolgt.

Das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen ist unter www.bmwi.de abrufbar.

(Überschrift = KrimG. Quelle für den Text der Nachricht: Pressemitteilung des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des
Bundesministeriums der Justiz vom 22.4.2009. Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl Mohrenstr. 37, 10117 Berlin)


 

22.04.2009

Präventive Therapie für Pädophile

Ein Bericht im SPIEGEL über neue Angebote nach dem Vorbild der Charité Berlin

Bitte beachten Sie:
SPIEGEL ONLINE hat die Identität des Absenders nicht überprüft

SPIEGEL ONLINE, 18.04.2009
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Prävention von Sexualverbrechen: Mediziner weiten Therapien für Pädophile aus
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Sie begehren Kinder - und könnten eine Straftat begehen: In Deutschland gibt es rund 220.000 Pädophile. Ein Projekt in Berlin hat gezeigt, dass viele betroffene Männer Hilfe wollen. Jetzt bietet auch Schleswig-Holstein eine Therapie an, Sachsen und Bayern wollen folgen.

Von Heike Le Ker

Den vollständigen Artikel erreichen Sie im Internet unter der URL
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,619212,00.html

Zum Thema
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Kindesmissbrauch: Charité startet Pädophilen- Vorsorge
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,308302,00.html

Umgang mit Pädophilie: "Ganz wichtig ist eine klare Ansage"
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,469104,00.html

Charité- Angebot: Plakate werben für Pädophilen- Therapie
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,357963,00.html

Sexualität: "Es ist einfach Schicksal"
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,440934,00.html


 

21.04.2009

Interessante Artikel in englischsprachigen Fachzeitschriften

SAGE bietet freien Zugriff bis Ende Mai 2009

Access These Top-Read Articles from SAGE Journals until May 31st 2009

Probation Journal
People First: Probation Officer Perspectives on Probation Work

Youth Justice
Predicting Criminality? Risk Factors, Neighbourhood Influence and Desistance

Criminology & Criminal Justice
The effectiveness of the juvenile justice system

Theoretical Criminology
The myth of punitiveness

Criminal Justice & Behavior
Violent Video Games and Aggression: Causal Relationship or Byproduct of Family Violence and Intrinsic Violence Motivation?

Crime & Delinquency
Social Control, Serious Delinquency, and Risky Behavior: A Gendered Analysis


 

20.04.2009

Zehnter Jahrestag des Schulmassakers in Columbine vom 20. April 2009

Ein Spiegel-Bericht von Marc Pitzke

Sie erschossen zwölf Mitschüler, einen Lehrer - dann richteten sie sich selbst: Am 20. April stürmten Eric Harris und Dylan Klebold die Columbine High School in Colorado und richteten das bis dahin schlimmste Schulmassaker in der Geschichte der USA an. Dabei war die Tat nie als Amoklauf geplant. Weiter mit...

http://einestages.spiegel.de/external/ShowTopicAlbumBackground/Sl_onRate...


 

20.04.2009

Haftbefehl gegen den Präsidenten des Sudan

Völkerstrafrechtliche Betrachtungen zur Entscheidung des IStGH in Den Haag

In der jüngsten Ausgabe (Heft 4/2009) der elektronischen "Zeitschrift für Internationales Strafrecht" analysieren Boris Burghardt und Julia Geneuss unter dem Haupttitel "Der Präsident und sein Gericht" die Entscheidung der Vorverfahrenskammer I des Internationalen Strafgerichtshofs vom 4.3.2009, Haftbefehl gegen Omar al Bashir, den Präsidenten des Sudan, wegen des dringenden Verdachts von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit dem sog. Darfur-Konflikt zu erlassen. Entgegen dem Antrag des Anklägers Luís Moreno Ocampo vom 14.2.2009 wurde der Vorwurf des Völkermordes nicht einbezogen. Die Autoren sehen darin einen "in seiner symbolischen Bedeutung kaum zu überschätzenden Punkt". Sie fassen im Übrigen in ihrem Beitrag die Entscheidung der Vorverfahrenskammer zusammen und nehmen eine Bewertung der rechtlichen Ausführungen vor. In diesem Zusammenhang wird auch auf den Darfur-Konflikt als solchen ausführlich eingegangen. Der gesamte Beitrag kann unter folgender URL eingesehen und auch als PDF-Datei herunter geladen werden: http://www.zis-online.com/dat/artikel/2009_4_303.pdf


 

17.04.2009

Die Entwicklung von Aggression und Gewaltkriminalität in Frankreich

Ein Bericht des CESDIP (vorerst nur) in Französischer Sprache

ES AGRESSIONS EN FRANCE DEPUIS LE MILIEU DES ANNÉES 1980

Le CESDIP a entrepris de publier dans Questions Pénales des résultats de recherches sur l’évolution de la délinquance. Le numéro XXI.4 de septembre 2008 était déjà consacré à l’homicide. Cette livraison-ci est consacrée aux violences interpersonnelles non mortelles à partir de travaux réalisés par Renée Zauberman, Philippe Robert, Emmanuel Didier, Sophie Névanen et Lisa Miceli dans le cadre d’un contrat (sur appel d’offres blanc) avec l’Agence nationale de la recherche. Pour évaluer l’évolution d’une délinquance, il faut pouvoir confronter plusieurs sources de données. En ce qui concerne les violences non mortelles, on dispose d’enquêtes de victimation où l’on interroge les membres d’un échantillon représentatif sur les infractions dont ils ont pu être victimes dans une période donnée ; on peut comparer leurs résultats aux données contenues dans les statistiques d’activité de la police et de la gendarmerie. En raison de l’hétérogénéité des agressions que les enquêtés peuvent avoir subies, on les répartira en trois catégories, analysées dans cet ordre :

  • les agressions physiques caractérisées ayant entraîné une incapacité de travail d’au moins huit jours,
  • les autres agressions physiques (blessures moins graves, coups…),
  • les "autres" agressions (telles que rackets, vols à l’arraché "simples", menaces, injures.....)

Die PDF-Datei kann kostenlos unter folgender URL heruntergeladen werden: http://www.cesdip.fr/spip.php?article405


 

17.04.2009

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Freiheit der Gerichtsberichterstattung:

Sitzungspolizeiliche Anordnung im Strafverfahren "Wetttrinken mit Jugendlichem" teilweise aufgehoben

Der Text der Pressemitteilung ist im Internet über folgende URL zu erreichen:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg09-040.html
Von dort gibt es einen direkten Hyperlink zur vollständigen Entscheidung.


 

17.04.2009

DBH-Info zur Freien Straffälligenhilfe

Forschungsbericht zu einem Projekt des Instituts für Kriminologie Tübingen

DBH-Homepage allgemein: http://www.dbh-online.de/
Die Studie "Straffälligenhilfe unter Veränderungsdruck - Analyse neuer Entwicklungstendenzen in der Freien Straffälligenhilfe" hat Ihre Ergebnisse vorgelegt. In Fallstudien werden die Veränderungsprozesse der freien Straffälligenhilfe in fünf deutschen Städten analysiert. Ausschlaggebend für die Auswahl der Fallstudien waren Unterschiede in der Qualität der Hilfsnetzwerke, der Trägerschaft, der Organisationsform und der Nähe zur Justiz. Information


 

17.04.2009

European Journal of Probation

Neue elektronische Fachzeitschrift kommt auf den Markt:

It is a pleasure for me to announce the launch of a new e-journal on probation - European Journal of Probation. This journal aims to promote comparative high quality research in the field of community sanctions and measures and criminal justice with a special focus on probation. The first issue already sets a very high standard with articles published by well known academics (Peter Raynor, Gwen Robinson, Fergus McNeill, Mike Nellis and Rob Canton). For those interested in reading/publishing in this journal please follow the link: www.ejprob.ro
Yours,  Ioan Durnescu, The Editor

 


 

17.04.2009

Intergenerational Transmission of Deviancy

Sonderheft der Zeitschrift "Criminal Behaviour and Mentals Health mit teilweise kostenlosen Downloads.

Criminal Behaviour and Mental Health
http://dmmsclick.wiley.com/click.asp?p=5868827&m=16301&u=248140

SPECIAL ISSUE NOW ONLINE : Intergenerational Transmission
Edited by David Farrington and Catrien Bijleveld

FREE leading articles:

Family factors in the intergenerational transmission of offending
http://dmmsclick.wiley.com/click.asp?p=5868827&m=16301&u=248147
David P. Farrington, Jeremy W. Coid, Joseph Murray

Intergenerational continuity in convictions: A five-generation study

http://dmmsclick.wiley.com/click.asp?p=5868827&m=16301&u=248148
Catrien C. J. H. Bijleveld, Miriam Wijkman

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Table of Contents
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Click on the article titles below to view the abstracts:

The importance of studies of intergenerational transmission of  antisocial behaviour
http://dmmsclick.wiley.com/click.asp?p=5868827&m=16301&u=248149
Catrien C. J. H. Bijleveld, David P. Farrington

Intergenerational linkages in antisocial behaviour
http://dmmsclick.wiley.com/click.asp?p=5868827&m=16301&u=248150
Terence P. Thornberry, Adrienne Freeman-Gallant, Peter J. Lovegrove

Association of criminal convictions between family members: Effects of  siblings, fathers and mothers
http://dmmsclick.wiley.com/click.asp?p=5868827&m=16301&u=248151
Marieke van de Rakt, Paul Nieuwbeerta, Robert Apel

Intergenerational transmission of internalising and externalising behaviours across three generations: Gender-specific pathways
http://dmmsclick.wiley.com/click.asp?p=5868827&m=16301&u=248152
Hyoun K. Kim, Deborah M. Capaldi, Katherine C. Pears, David C. R.
Kerr, Lee D. Owen


 

17.04.2009

Journal of Experimental Criminology

Springer eröffnet vorübergehend freien Zugang zur elektronischen Version

The Journal of Experimental Criminology has been selected by publishers Springer to appear in their online 'Social Sciences Reading Room' from April-June 2009. Those of you that do not already have an online subscription through your institution will be able to access the journal (and four other titles) for free during this period.  Simply access the reading room at http://www.springer.com/social+sciences/reading+room+welcome?SGWID=0-164002-0-0-0 and follow the instructions to create an account.
Best wishes,

Charlotte E. Gill, M.Phil., Managing Editor/Coordinator, Campbell Crime & Justice Group
Doctoral Student, Jerry Lee Center of Criminology, University of Pennsylvania
 
Department of Criminology,  McNeil Building, Suite 483 , 3718 Locust Walk, Philadelphia, PA 19104-6286
USA
 

 

 

16.04.2009

Racial and Ethnic Disparities in the United States Criminal Justice System

Ein Bericht des National Council on Crime and Delinquency

Der NCCD hat jüngst eine Broschüre zu folgendem Thema veröffentlicht:
"Created Equal. Racial and Ethnic Disparities in the US Criminal Justice System".
Der Bericht kann nun auch als PDF-Datei kostenlos herunter geladen werden unter:

http://www.nccd-crc.org/nccd/pdf/CreatedEqualReport2009.pdf

 

 

15.04.2009

Amokläufe in Schulen

Prävention und  praktische Maßnahmen in den USA

Im letzten NIJ-Journal vermittelt Beth Schuster einen Einblick in die Überlegungen, die in den USA zur Vorbeugung und möglichst effektiven Bewältigung von Schulgewalttaten angestellt werden, und für die sich, vom Begriffsursprung her bekanntlich eher unpassend, auch hierzulande der Terminus "Amoklauf" durchzusezten beginnt.

Textauszug:

Statistically, shootings and other homicides are a rare event in U.S. schools — they represent less than one percent of the homicides among children aged 5–18. From 1999 to 2006, 116 students were killed in 109 school-associated incidents.

But as those in Jefferson County know all too well, school shootings can be a very real and very frightening part of school violence in this country. Each attack has a terrible and lasting effect on the students, school and surrounding community — and on the nation as a whole. Even one school shooting is too many.

The National Institute of Justice (NIJ) is working to help people who work in and around schools create safe environments for teaching and learning. The Institute develops and distributes tools to aid teachers, administrators, staff and law enforcement in preventing, preparing for and responding to critical incidents in schools.

Der gesamte Aufsatz kann eingesehen und heruntergeladen werden unter:
http://www.ojp.usdoj.gov/nij/journals/262/critical-incidents-in-schools.htm


 

14.04.2009

Wiederaufnahme von Verfahren bei Strafgefangenen

DNA-Analyse zur Klärung des Verdachts auf  Fehlurteile in den USA

Im letzten NIJ-Journal gibt Nancy Ritter einen knappen informativen Überblick über den Stand der Diskussion und Rechtsentwicklung auf Bundesebene und in den Einzelstaaten der USA, was die Möglichkeit betrifft, rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren zugunsten der Verurteilten mithilfe von DNA-Analysen wieder aufzunehmen:

Textauszug:

DNA technology has become one of the most powerful tools to ensure that justice is done through our criminal justice system. It helps identify offenders and eliminate innocent suspects. Increasingly, DNA is also used to exonerate the wrongly convicted.

When this issue of the NIJ Journal went to press, postconviction DNA testing had been used to exonerate 225 people in the United States, according to the Innocence Project.

Der gesamte Aufsatz kann eingesehen und herunter geladen werden unter:
http://www.ojp.usdoj.gov/nij/journals/262/postconviction.htm


 

09.04.2009

Journal of Experimental Criminology

Springer Verlag eröffnet vorübergehend kostenfreien Recherchezugang

The Journal of Experimental Criminology has been selected by publishers Springer to appear in their online 'Social Sciences Reading Room' from April-June 2009. Those of you that do not already have an online subscription through your institution will be able to access the journal (and four other titles) for free during this period. 

Simply access the reading room at
http://www.springer.com/social+sciences/reading+room+welcome?SGWID=0-164002-0-0-0
and follow the instructions to create an account.
 

Best wishes,Charlotte Gill, Campbell Collaboration Crime & Justice Group


 

08.04.2009

Gefangene in Europa

Europarat legt Vollzugsstatistik für den Berichtsjahrgang 2007 vor.

Marcelo F. Aebi und Natalia Delgrande haben im Auftrag der Strafvollzugsabteilung des Europarates, im Rahmen des Programms SPACE, für die Mitgliedstaaten weitestmöglich vergleichbare Daten zum Strafvollzug erhoben und aufbereitet. Der Ende März freigegebene Bericht enthält reichhaltige untergliederte Angaben v.a. zu: Gefangenenbestand am 1. September 2007; Strafantritte im Jahresverlauf; Altersverteilung der Gefangenen; Geschlecht der Gefangenen; Ausländerstatus; Untersuchungshaftvollzug; Entwicklungen seit 2000. Eine PDF-Version des Berichts steht kostenlos zur Verfügung unter:

http://www.coe.int/t/e/legal_affairs/legal_co-operation/prisons_and_alternatives/statistics_space_i/PC-CP_2009_%2001Rapport%20SPACE%20I_2007_090324_final.pdf


 

07.04.2009

Nils Christie

Vorlesung im Internet

The Department of Criminology and Sociology of Law at the University of Oslo has just created a webpage on Youtube.
To see a lecture given by professor emeritus Nils Christie, providing an account of some of the major themes in his work as well as discussing his upcoming book, please see: http://www.youtube.com/user/krimrsos
Best regards,  Per Jørgen Ystehede


 

06.04.2009

Abfrage von Kreditkartendaten im Ermittlungsverfahren bei Verdacht auf Kinderpornographie

Bundesverfassungsgericht sieht keinen Verstoß gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht

Bundesverfassungsgericht
Beschluss vom 17. Februar 2009 – 2 BvR 1372/07, 2 BvR 1745/07

Die Staatsanwaltschaft Halle leitete im Jahr 2006 ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein, nachdem sie auf eine Internetseite aufmerksam geworden war, die den Zugang zu kinderpornografischen Inhalten vermittelte. Der Zugang zur Internetseite kostete 79,99 $, die von den Kunden per Kreditkarte gezahlt werden mussten. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens schrieb der ermittelnde Staatsanwalt die Kreditinstitute an, die Mastercard- und Visa-Kreditkarten in Deutschland ausgeben. Er forderte sie auf, alle Kreditkartenkonten anzugeben, die seit dem 1. März 2006 eine Abbuchung von 79,99 $ zugunsten der philippinischen Bank aufwiesen, über die der Geldtransfer für den Betreiber der Internetseite unter einer bestimmten Empfänger-Kennziffer abgewickelt wurde. Die Unternehmen ermittelten insgesamt 322 Karteninhaber, deren Daten an die Staatsanwaltschaft weitergegeben wurden.

Die Beschwerdeführer sind Karteninhaber der von der Staatsanwaltschaft kontaktierten Unternehmen und waren unter den insgesamt etwa 20 Mio. Kunden, die von der obigen Suchanfrage berührt wurden; die Daten der Beschwerdeführer wurden jedoch nicht an die Staatsanwaltschaft weitergegeben. Mit ihren Verfassungsbeschwerden rügen sie die Verletzung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

Die 2. Kammer des Zweiten Senats hat die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Die Abfrage der Kreditkartendaten durch die Staatsanwaltschaft stellt keinen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Beschwerdeführer dar. Ihre Kreditkartendaten wurden bei den Unternehmen nur maschinell geprüft, mangels Übereinstimmung mit den Suchkriterien aber nicht als Treffer angezeigt und der Staatsanwaltschaft daher auch nicht übermittelt. Für die Annahme eines Eingriffs genügt es nicht, dass die Daten bei den Unternehmen in einen maschinellen Suchlauf eingestellt werden. Denn im Fall der Beschwerdeführer wurden die Daten anonym und spurenlos aus diesem Suchlauf ausgeschieden und nicht im Zusammenhang mit dieser Ermittlungsmaßnahme behördlich zur Kenntnis genommen.

Zudem wäre die Maßnahme auch dann gerechtfertigt, wenn die Daten der Beschwerdeführer an die Ermittlungsbehörde weitergeleitet worden wären. Eine Rasterfahndung im Sinne von § 98a StPO oder eine ähnliche Ermittlungshandlung, die an den Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage zu messen wäre, liegt nicht vor, da kein Abgleich zwischen den Datenbeständen verschiedener Speicherstellen stattfand. Es wurde stattdessen gezielt nach Personen gesucht, die eine genau bezeichnete, nach dem damaligen Ermittlungsstand mit hinreichender Wahrscheinlichkeit strafbare Handlung vorgenommen haben:
das Zahlen eines bestimmten Betrages per Kreditkarte an einen bestimmten Empfänger innerhalb eines bestimmten Zeitraums, wodurch sie sich wahrscheinlich den Besitz kinderpornographischer Schriften verschafften.

Die Maßnahme beruhte vielmehr auf der Ermittlungsgeneralklausel des § 161 Abs. 1 StPO. Die Übermittlung von Daten jener Kreditkarteninhaber, welche die Tatkriterien erfüllten, berührt diese zwar in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. § 161 Abs. 1 StPO ist jedoch eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage für diesen Eingriff, da die Norm Ermittlungen und damit auch die Datenerhebung auf den Zweck der Tataufklärung begrenzt. Die Maßnahme hält sich auch innerhalb der Grenzen, die der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit allen Ermittlungshandlungen setzt. Der Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kommt nach dem Grundgesetz eine hohe Bedeutung zu. Zur Erreichung des Zwecks, die einer Straftat nach § 184b Abs. 4 StGB verdächtigen Personen zu ermitteln, war die Maßnahme geeignet. Außerdem waren mildere, ebenso geeignete Mittel hier nicht ersichtlich. Schließlich ist in der Abwägung mit dem Zweck, Täter zu ermitteln, die sich den Besitz kinderpornographischer Schriften verschafft haben, das Gewicht des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das mit der Abfrage der Kreditkartendaten verbunden war, geringer zu bewerten. Denn betroffen wurden dadurch regelmäßig nur Personen, die durch ihr Verhalten den hinreichenden Verdacht einer Straftat begründet hatten.

(Quelle: Pressestelle des BVerfG, Pressemitteilung Nr. 34/2009 vom 2. April 2009)


 

03.04.2009

Neuere Aufsätze zu Geschlechtsrollen und Einstellungen

Ein Werbe-Angebot des Springer-Verlages zum kostenlosen Download bis April 2009

FREE access to these articles through April! Follow the link to the abstract, click on the PDF or the HTML icon to open the article.

März 2009

31.03.2009

Darf man den Holocaust für den Tierschutzgedanken funktionalisieren?

Das Bundesverfassungsgericht sagt nein!

Bundesverfassungsgericht
Beschluss vom 20. Februar 2009 – 1 BvR 2266/04 und 1 BvR 2620/05

Erfolglose Verfassungsbeschwerden eines Tierschutzvereins gegen das Verbot einer auf einem Holocaustvergleich aufbauenden Werbekampagne

Der Beschwerdeführer, ein eingetragener Verein, ist die deutsche Repräsentanz der weltweiten Tierschutzorganisation "P.". Im März 2004 wollte der Beschwerdeführer eine Werbekampagne unter dem Titel "Der Holocaust auf Ihrem Teller" beginnen. Dabei sollte unter anderem auf Plakatwänden jeweils ein Foto aus dem Bereich der Massentierhaltung neben einer Abbildung von lebenden oder toten Häftlingen von Konzentrationslagern aus der Zeit des Nationalsozialismus gezeigt werden. Die Darstellungen sollten jeweils mit einer kurzen Beschriftung versehen werden, die so angelegt war, dass sie vom Betrachter als auf beide Fotografien gleichermaßen bezogen angesehen werden musste. Die Kläger der Ausgangsverfahren waren seinerzeit der Präsident und die Vizepräsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, die als Kinder den Holocaust, dem ihre Familien teilweise zum Opfer fielen, überlebten. Sie beantragten beim Landgericht gegen den Beschwerdeführer eine einstweilige Unterlassungsverfügung, der entsprochen wurde. Die dagegen gerichtete Berufung des Beschwerdeführers verwarf das Kammergericht. Die Kläger verfolgten ihr Unterlassungsbegehren sodann im Hauptsacheverfahren erfolgreich weiter. Die eingelegte Berufung des Beschwerdeführers gegen das stattgebende Urteil des Landgerichts wies das Kammergericht mit Beschluss zurück.

Der Beschwerdeführer griff sowohl die im Eilverfahren als auch die im Hauptsacheverfahren ergangenen Entscheidungen mit der Verfassungsbeschwerde an. Die 1. Kammer des Ersten Senats hat beide Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Hinsichtlich des fachgerichtlichen Hauptsacheverfahrens hat sie darauf abgestellt, dass dem Beschwerdeführer durch die Versagung einer Sachentscheidung kein besonders schwerer Nachteil entsteht, weil deutlich abzusehen ist, dass er auch im Fall einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würde.

Allerdings begegnet die Begründung, auf die das Landgericht und im Anschluss daran das Kammergericht den Unterlassungsanspruch der Kläger stützen, verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Gerichte gehen davon aus, dass die Kläger als frühere Verfolgte der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft durch die Kampagne des Beschwerdeführers in ihrer Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen seien. Infolge dieser Auffassung halten die Gerichte es nicht für erforderlich, die Rechte der Kläger einerseits und die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers andererseits abwägend zueinander ins Verhältnis zu setzen.

Zwar gehen die Gerichte zu Recht davon aus, das maßgebliche verständige und unvoreingenommene Publikum verstehe die Gegenüberstellung der Fotografien dahingehend, dass das den abgebildeten Tieren zugefügte Leid als ebenso schwerwiegend wie das der daneben ins Bild gesetzten Menschen und beider Behandlung als gleichermaßen verwerflich hingestellt werde. Jedoch dürfte durch die so verstandene Äußerung weder unmittelbar die Menschenwürde der abgebildeten Menschen noch die der Kläger in der von den Fachgerichten angenommenen Weise verletzt sein mit der Folge, dass es auf eine weitere Abwägung nicht mehr ankommen würde. Es steht zwar außer Frage, dass die Fotografien der Holocaustopfer diese fast ausnahmslos in einer Situation zeigen, in der sie durch ihre Peiniger in höchstem Maße entwürdigt sind. Daraus, dass die Kampagne sich bildlicher Darstellungen schwerer Menschenwürdeverletzungen bedient, folgt aber nicht ohne weiteres, dass sie auch ihrerseits bezogen auf die heute in Deutschland lebenden Juden erneut unmittelbar gegen Art. 1 Abs. 1 GG verstößt.

Nach der sogenannten Objektformel des Bundesverfassungsgerichts wird die Schwelle zur allgemeinen Verletzung der Menschenwürde dort überschritten, wo der Mensch einer Behandlung ausgesetzt wird, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt und daher Ausdruck der Verachtung des dem Menschen kraft seines Personseins zukommenden Wertes ist. Dies ist der angegriffenen Kampagne aber nicht eigen. Insbesondere wird den dargestellten Holocaustopfern nicht der personale Wert abgesprochen, indem sie in der vorliegenden Art und Weise leidenden Tieren gegenübergestellt werden. Mag auch der Beschwerdeführer generell von der Gleichwertigkeit menschlichen und tierischen Lebens überzeugt sein, so liegt in der geplanten Bildkampagne nach der von den Fachgerichten zugrunde gelegten Deutung keine verächtlich machende Tendenz. Als gleich gewichtig wird nämlich allein das Leiden dargestellt, das den abgebildeten Menschen und Tieren zugefügt wird.

Auch die weitere von den Fachgerichten angestellte Erwägung, der Beschwerdeführer benutze das bildlich dargestellte leidvolle Schicksal der Holocaustopfer, das von den Klägern in gewissem Umfang geteilt wird, um auf das Anliegen des Beschwerdeführers aufmerksam zu machen, trägt die Annahme eines Menschenwürdeverstoßes nicht. Denn auch dieser Indienstnahme der leidvollen Lebensgeschichte eines anderen Menschen ehlt es an dem Merkmal der prinzipiellen Objektivierung, also Verachtung des dem Menschen um seiner selbst willen zukommenden Wertes.

Indes braucht die Frage, ob die Gerichte vorliegend von einer Verletzung der Menschenwürde oder des ebenfalls keiner Abwägung zugänglichen Menschenwürdekerns des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausgehen durften, nicht abschließend entschieden zu werden, weil die Annahme der Verfassungsbeschwerde unabhängig davon nicht angezeigt ist. Der den Klägern zugesprochene Unterlassungsanspruch lässt sich nämlich verfassungsrechtlich tragfähig auch ohne den zweifelhaften Rekurs auf die absolut geschützte Menschenwürde begründen und den angegriffenen Entscheidungen ist hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Gerichte im Fall einer Zurückverweisung zu keinem anderen Ergebnis kommen würden.

Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass die angegriffenen Entscheidungen darauf abstellen, dass nicht nur nach der - empirischen - Mehrheitsmeinung, sondern nach den Bestimmungen des Grundgesetzes ein kategorialer Unterschied zwischen menschlichem, würdebegabtem Leben und den Belangen des Tierschutzes besteht, und infolgedessen die Kampagne des Beschwerdeführers als eine Bagatellisierung und Banalisierung des Schicksals der Holocaustopfer bewerten. Dem so verstandenen Aussagegehalt der Werbekampagne durften die Gerichte auch eine Herabsetzung gerade der Kläger des Ausgangsverfahrens entnehmen, die deren Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG berührt. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, wenn die Fachgerichte in der Leugnung der Judenverfolgung unter dem Nationalsozialismus eine schwere Persönlichkeitsverletzung auch der heute lebenden Juden erblicken. Die Erwägung, dass es zum personalen Selbstverständnis der heute in Deutschland lebenden Juden gehöre, als zugehörig zu einer durch das Schicksal herausgehobenen Personengruppe begriffen zu werden, der gegenüber eine besondere moralische Verantwortung aller anderen bestehe, und dass dieses Teil ihrer Würde sei, lässt sich auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen.

Namentlich die in den angegriffenen Entscheidungen bereits enthaltenen Ansätze zu einer Abwägung sprechen hinreichend deutlich dafür, dass die Gerichte im Fall einer Zurückverweisung mit dieser Argumentation erneut zu einer Stattgabe gelangen würden.

(Quelle: Pressemitteilung der Pressestelle des BVerfG, Nr. 29/2009 vom 26. März 2009; hier technisch leicht modifziert)


 

30.03.2009

Neue Forschungsberichte aus Australien

Stalking --  Public Opinion on Sentencing --

Adolescent stalking: offence characteristics and effectiveness of intervention orders
Rosemary Purcell, Teresa Flower and Paul E Mullen
Trends & issues in crime and criminal justice no. 369

http://www.aic.gov.au/publications/tandi2/tandi369.html

This paper examines the nature of stalking among adolescents to determine the characteristics of stalkers and their victims and the utility of intervention orders for managing this behaviour. Unlike adult stalking which is usually motivated by rejection, adolescent stalking most often occurs in the context of bullying. There is not yet sufficient evidence to establish the effectiveness of intervention orders.

Gauging public opinion on sentencing: can asking jurors help?

Kate Warner, Julia Davis, Maggie Walter, Rebecca Bradfield and Rachel Vermey
Trends & issues in crime and criminal justice no. 371
http://www.aic.gov.au/publications/tandi2/tandi371.html
 
The disconnect between public opinion and reality in offending and sentencing is well understood, but jurors are members of the public with a more informed view of sentencing. The study reported here examined the value of using jurors to help the justice system understand public opinion about sentencing and to inform the public on crime and sentencing issues. While there is evidence that participation in a jury increases confidence in the criminal justice system, the study found that pre-existing perceptions about lenient sentencing may be difficult to change. However, surveying jurors is a recommended as an option for gauging informed public opinion about sentencing.

Adolescence, pornography and harm

Colleen Bryant
Trends & issues in crime and criminal justice no. 368
http://www.aic.gov.au/publications/tandi2/tandi368.html
 
The probability that a young person will have exposure to pornography prior to the age of 18 - the legal age in Australia at which it is permissible to view and purchase such materials - is very high. Parents and policy makers are concerned that this is changing the nature of sexual attitudes, behaviours and intimate relationships and potentially contributing to sexual violence in society. The extent to which it is, is difficult to determine, owing to the scarcity of adolescent-based research and differing conceptions of harm. This paper examines the many factors that underpin pornography exposure, and stresses how the risk factors for exposure and problematic sexual behaviours intersect to contribute to harm.


 

27.03.2009

Bundeslagebild Korruption 2007

Bundeskriminalamt veröffentlicht Zahlen für Deutschland

Im Jahr 2007 wurden vom BKA und den Landespolizeidienststellen 9.563 Korruptionsstrafta-ten und damit 38 % mehr als im Vorjahr (6.895) registriert. Der Anstieg der Fallzahlen ist auf mehrere Großverfahren mit einer Vielzahl festgestellter Einzelstraftaten zurückzuführen. So wurden in einem in Berlin geführten Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Führer-scheinprüfungen nahezu 3.500 Einzelstraftaten erfasst.
Die Anzahl der Ermittlungsverfahren ist dagegen gegenüber dem Vorjahr nahezu konstant geblieben: 1.599 Ermittlungsverfahren wurden im Jahr 2007 gemeldet; 2006 waren es 1.609.
Bei den so genannten Begleitdelikten, also den direkt mit Korruptionsstraftaten zusammen-hängenden Straftaten (z. B. Betrugs- und Untreuehandlungen, Urkundenfälschung, Strafverei-telung), wurde im Jahr 2007 mit 1.478 Straftaten (2006: 1.776) der niedrigste Wert in den vergangenen fünf Jahren registriert.
Im Zusammenhang mit Korruptionsstraftaten wurden insgesamt 2.323 Tatverdächtige polizei-lich bekannt, davon 1.218 Korrumpierende (so genannte „Geber“) und 1.105 Korrumpierte (so genannte „Nehmer“).
Die Tatverdächtigen sind den unterschiedlichsten Berufsgruppen und Branchen zuzuordnen; Schwerpunkte liegen wie im Jahr 2006 bei den Gebern im Bau- und Dienstleistungsgewerbe sowie bei den Nehmern im Bereich der öffentlichen Verwaltung. Bei den Vorteilen auf der Nehmerseite bilden wie in den Vorjahren Sachzuwendungen und Zuwendungen von Bargeld den Schwerpunkt. Das bevorzugte Zielfeld korruptiven Handelns auf der Geberseite lag, e-benso wie in den Vorjahren, im Bereich „Erlangung von Aufträgen“.

Bewertung und Ausblick
Im Jahr 2007 ist, gemessen an den gemeldeten Ermittlungsverfahren, keine gravierende Ände-rung der Korruptionslage in Deutschland feststellbar. Der Anstieg der Fallzahlen ist durch mehrere Großverfahren mit einer Vielzahl festgestellter Einzelstraftaten zu erklären. Gleich-wohl ist - nicht zuletzt durch die mediale Darstellung herausragender nationaler und internati-onaler Korruptionsfälle - eine zunehmende Sensibilität und gesteigerte Wahrnehmung für das Phänomen und dessen schädliche Auswirkungen zu erkennen. Dies zeigt sich z. B. in der stei-genden Zahl der Einrichtung so genannter Compliance-Bereiche in den Unternehmen.   Die Tatsache, dass statistisch gesehen die öffentliche Verwaltung schwerpunktmäßig von Korrup-tion betroffen ist, ist auch darauf zurückzuführen, dass dort mittlerweile flächendeckend Anti-Korruptionsprogramme und entsprechende Kontrollsysteme eingeführt wurden.
Positiv ist zu werten, dass der überwiegende Anteil der Verfahren wie in den Vorjahren auf Grund externer Hinweise eingeleitet wurde. Dies zeigt, dass die Bereitschaft zur Anzeige von Korruptionsstraftaten weiter anhält und die diesbezüglichen Sensibilisierungsmaßnahmen Wirkung zeigen.
Durch das Inkrafttreten des Strafrechtsänderungsgesetzes am 01.01.2008 wurden die Delikte Bestechung und Bestechlichkeit (§§ 332, 334 StGB) sowie Bestechung und Bestechlichkeit im wirtschaftlichen Verkehr (§ 299, unter der Voraussetzung des § 300 Satz 2 StGB) in den Straftatenkatalog des Paragrafen 100 a der Strafprozessordnung (StPO) aufgenommen.
Dies hat die Ermittlungsmöglichkeiten bei der Bekämpfung der Korruptionskriminalität ver-bessert und neue Wege der Beweisführung eröffnet. Inwieweit sich dies bereits im Jahr 2008 statistisch auswirkt, bleibt abzuwarten.
BKA-Präsident Jörg Ziercke: „Wettbewerbsverzerrung, Verlust von Arbeitsplätzen, Reputati-onsverluste ganzer Wirtschaftszweige bis hin zu Vertrauensverlusten in die Funktionsfähig-keit der bestehenden Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung – Korruption hat weitreichende wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen. Ermittlungen gegen internationale Korruptions-geflechte zeigen zudem, dass die Gewinnspannen in diesem Deliktsfeld enorm hoch sind.“
Im Rahmen der BKA-Herbsttagung vom 12.-14.11.2008, die sich in diesem Jahr dem Thema „Wirtschaftskriminalität und Globalisierung“ widmet, werden Sicherheitsexperten, Vertreter von Polizei, Justiz, Forschung und Lehre bei der Behandlung bedeutender Phänomene der Wirtschaftskriminalität auch auf das Deliktsfeld Korruption eingehen.
Weitere Einzelheiten zur BKA-Herbsttagung finden Sie auf der Homepage des BKA, www.bka.de unter Veranstaltungen, sowie zum Lagebild Korruption unter Berichte und Sta-tistiken --> Kriminalitätslage.
Quelle: BKA-Mitteilungen
Hpyerlink zum Bundeslagebild Korruption 2007: http://bka.de/lageberichte/ko/blkorruption2007.pdf


 

26.03.2009

Call for Papers, Special Issue of CPP-Journal

The Global Economy, Economic Crisis, and White-Collar Crime

The American Society of Criminology journal Criminology & Public Policy (CPP) is planning a special issue on “The Global Economy, Economic Crisis, and White-Collar Crime.”  Authors are invited to submit papers by August 1, 2009 for possible inclusion in the issue.  Submissions will be peer reviewed and must conform to the journal’s guidelines, which are available at cpp.fsu.edu.  Three to five papers will be selected for inclusion.  Once notified, authors of accepted manuscripts will have a limited time in which to make revisions.  Additional information about the special issue can be requested from the Special Issue Senior Editor Neal Shover (Department of Sociology, University of Tennessee), nshover@utk.edu.
 
Authors should be aware that the central objective of CPP is to strengthen the role of research findings in the formulation of crime and justice policy by publishing empirically based, policy-focused articles.  Authors are encouraged to submit papers that contribute to a more informed dialogue about policies and their empirical bases.  Most academic journals look for papers that have comprehensive literature reviews, provide detailed descriptions of methodology, and draw implications for future research.  In contrast, CPP seeks papers that offer literature reviews more targeted to the problem at hand, provide efficient data descriptions, and include a more lengthy discussion of the implications for policy and/or practice.  The preferred paper describes the policy/practice at issue, the significance of the problem being investigated, and the associated policy relevant implications.  This introduction is followed by a description and critique of pertinent previous research specific to the question at hand.  The methodology is briefly described, referring the reader to other sources if available.  The presentation of the results includes only those tables and graphs necessary to make central points (additional descriptive statistics and equations are provided in appendices).  The paper concludes with a full discussion of how the study either provides or fails to provide empirical support for current, modified, or new policies or practices.
 
Authors should submit papers directly to the CPP editorial office (cpp@fsu.edu) as a single Microsoft Word (“doc”) e-mail attachment.  Be sure to note in your e-mail that the manuscript is intended for Special Issue consideration.


 

25.03.2009

Bundestag berät abschließend Gesetzentwurf für mehr Gerechtigkeit bei Geldstrafen

Der Deutsche Bundestag berät heute mit dem Ziel der Verabschiedung den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anhebung der Höchstgrenze eines Tagessatzes bei Geldstrafen. Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries wird das Gericht künftig einen Tagessatz in Höhe von max. 30 000 Euro - statt wie bisher 5000 Euro - verhängen können.

"Mit dem Gesetz stellen wir sicher, dass es auch in Zukunft kein Gerechtigkeitsdefizit im Bereich der Geldstrafen gibt. Nach unserem Tagessatzsystem sollen Täter mit einem hohen Einkommen Geldstrafen genauso schwer treffen wie einen Normalverdiener. Diese sogenannte Belastungsgleichheit ist aber nicht mehr gewährleistet, wenn das tägliche Nettoeinkommen die bislang geltende Obergrenze von 5000 Euro übersteigt. Mit der Anhebung des Höchstsatzes auf 30 000 Euro wird künftig eine Geldstrafe für jedermann wieder gleichermaßen spürbar sein. Auch Spitzenverdiener, die sich wie auch immer strafbar machen - bei der Führung von Unternehmen genauso wie im Straßenverkehr - werden in Zukunft angemessen erfasst. Nach wie vor gilt aber, dass bei besonders schweren Straftaten eine Freiheitsstrafe verhängt werden muss", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Nach dem Tagessatzsystem wird die Zahl der Tagessätze mit der Höhe des einzelnen Tagessatzes multipliziert. Die Anzahl der Tagessätze spiegelt den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat wider. Das Gericht kann bei einer Einzeltat maximal 360 und bei mehreren Taten maximal 720 Tagessätze verhängen. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes bemisst sich hingegen nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters. Ein Tagessatz entspricht daher in der Regel dem Nettoeinkommen, das dem Täter durchschnittlich an einem Tag zur Verfügung steht. Die Tagessatzhöhe liegt seit 1975 unverändert bei max. 5000 Euro. Aus der vorgesehenen Versechsfachung der Tagessatzobergrenze ergibt sich, dass als höchste mögliche Geldstrafe zukünftig ein Betrag von 10,8 Millionen Euro bei einer Einzeltat und 21,6 Millionen Euro bei mehreren Taten verhängt werden kann; die bisherigen Höchstgrenzen liegen bei 1,8 bzw. 3,6 Millionen Euro.

Beispiele:

  1. Ein Spitzenmanager, der über ein Jahresnettoeinkommen von 6 Millionen Euro verfügt, hat Steuern in größerem Umfang hinterzogen. Der aufgrund des täglichen Nettoeinkommens des Täters zu bestimmende Tagessatz würde nach der Neuregelung auf 16.667 Euro (6 Millionen Euro ./. 360 Tage) festzusetzen sein. Hält das Gericht aufgrund der Gesamtumstände des konkreten Einzelfalls eine Geldstrafe von 300 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen, müsste der Täter insgesamt eine Geldstrafe von 5 Millionen Euro zahlen.
  2. Hinterzieht derselbe Täter bei gleichbleibendem Jahreseinkommen in zwei aufeinander folgenden Jahren jeweils Steuern in größerem Umfang und legt das Gericht aufgrund der beiden rechtlich selbständigen Taten ("Tatmehrheit") die Gesamtgeldstrafe auf 450 Tagessätze fest, hätte er nach der Neuregelung insgesamt eine Geldstrafe von 7,5 Millionen Euro zu zahlen.

Nach der bisherigen Regelung wäre es in beiden Fällen lediglich möglich gewesen, den Tagessatz auf die Höchstgrenze von 5.000 Euro festzusetzen, so dass die Geldstrafe im ersten Fall 1,5 Millionen Euro und damit weniger als drei Monatseinkommen des Täters betragen hätte. Im zweiten Fall ("Tatmehrheit") wäre er zur Zahlung von 2,25 Millionen Euro verurteilt worden - weniger als fünf seiner Monatseinkommen.

Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamts hat sich die Zahl der Personen, deren Einkommen deutlich über der geltenden Tagessatzhöchstgrenze von 5.000 Euro liegt, mehr als verachtfacht. So hatten 1974 lediglich 88 Steuerpflichtige Gesamtbruttoeinkünfte von 10 Millionen DM oder mehr, während der in etwa vergleichbare Eurobetrag von 5 Millionen Euro, der einem Tagesbruttoeinkommen von fast 14.000 Euro entspricht, im Jahr 2003 bereits von 719 Steuerpflichtigen erreicht oder überschritten wurde.
Quelle: Pressemeldung vom 19.3.2009.Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit desBundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl
Mohrenstr. 37, 10117 Berlin, Telefon 01888 580-9030, Telefax 01888 580-9046, presse@bmj.bund.de


 

24.03.2009

Forum Junge Rechtswissenschaft:

Gegenwärtige Herausforderungen der Rechtsvergleichung

 

Kolloquium am Mittwoch, dem 6. 5. 2009 um 17:00 Uhr s.t. im Kleinen Senat der Universität Tübingen
(Neue Aula, Wilhelmstr. 7, 72074 Tübingen, I. Stock).

Gegenstand: Seit dem Pariser Kongress im Jahre 1900 hat die Rechtsvergleichung als wissenschaftliche Disziplin eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Sie lieferte die Grundlagen globaler und supranationaler Rechtsvereinheitlichung und lenkte nationale Gesetzgeber bei höchst unterschiedlichen Reformprojekten. Die Rechtsvergleichung ist als selbständiger Bestandteil des Kurrikulums juristischer Fakultäten nicht mehr wegzudenken und gewinnt darüberhinaus zunehmenden Einfluss auf den Unterricht in den traditionell „nationalen“ Kernfächern. Gleichzeitig geben jedoch die Einsichten der Sozial-, Verhaltens- und Geisteswissenschaften Anlass, Methodik und Anspruch juristischer Komparatistik zu reflektieren.

Das Kolloquium zielt vor dem Hintergrund immer ambitionierterer Rechtsvereinheitlichung, der zunehmenden Verbreitung von legal transplants etc. darauf ab, die Methoden zeitgenössischer Rechtsvergleichung herauszuarbeiten und ihr Potential für die Herausforderungen der Disziplin im 21. Jahrhundert auszuleuchten. So besteht beispielsweise Anlass zu der Frage, inwieweit die Analyseinstrumentarien der konsequentialistischen Sozialwissenschaften – insbesondere der Ökonomik – die Methodik der Rechtsvergleichung ergänzen oder gar ablösen können. Aus kritischer Perspektive kann überprüft werden, inwieweit das Ziel des Verstehens fremder Rechtskulturen durch postmoderne Theorie in Frage gestellt ist. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist es interessant, wie jenseits der klassichen Normwissenschaften heute Komparatistik betrieben wird. Bestehen Berührungspunkte für einen fruchtbaren Dialog mit den Geisteswissenschaften und wieweit könnte ein solcher Austausch reichen?

Das Kolloquium bringt herausgehobene Vertreter der vergleichenden Disziplinen zusammen, die ihre Auffassung der Komparatistik referieren und zur Diskussion stellen werden.

Aus Sicht der vergleichenden Literaturwissenschaft wird dabei Prof. Dr. Jürgen Wertheimer, Eberhard- Karls-Universität, Lehrstuhl für Komparatistik/Neuere Deutsche Literaturwissenschaft, auf die Vorträge antworten.

Referenten:
Dr. Susanne Beck, LL.M. (LSE) : Geb. 1977, Studium der Rechtswissenschaften und Erstes Juristisches Staatsexamen an der Universität Würzburg (2000). Referendariat in Schweinfurt, Würzburg und Sydney (Australien) (2001-2003). Promotion zum Thema „Stammzellforschung und Strafrecht – zugleich eine Bewertung der Verwendung von Strafrecht in der Biotechnologie“ (Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf, Universität Würzburg, Graduiertenkolleg Bioethik, Universität Tübingen, 2003-2006). Wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtstheorie, Informationsrecht und Rechtsinformatik (Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf, 2004-2008). Masterstudium an der London School of Economics mit dem Schwerpunkt „Theory of Comparative Law“ (2006/07). Tätigkeit als Ass. Professor im Bereich „Hong Kong Business Law“ am United International College in Zhuhai (China) (2007-2008). Wiss. Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtstheorie, Informationsrecht und Rechtsinformatik bei Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf, Universität Würzburg (seit 2008).

Dr. Phillip Hellwege, M.Jur. (Oxford): Geb. 1971. Studium der Rechtswissenschaften in Regensburg und Aberdeen (1992-1997). Studium zum „Magister Juris in European and Comparative Law“ am Balliol College, Oxford (1997-1998). Wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Römisches Recht und Rechtsvergleichung, Regensburg (1998-1999). Rechtsreferendariat in Aachen und Glasgow (2000-2002). Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Neuere Privatrechtsgeschichte, Köln (1999-2003). Promotion, Regensburg (Wintersemester 2003/4). Arbeitsgemeinschaftsleiter an der Fakultät für Rechtswissenschaft, Universität Hamburg (2005-2007). Seit 2003 am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg. Forschungsschwerpunkte: Deutsches und europäisches Privatrecht, Rechtsvergleichung und Rechtsgeschichte.

Jun.-Prof. Dr. Patrick C. Leyens, LL.M. (London): Geb. 1974. Juristische Staatsprüfungen, Köln und Hamburg mit Stationen in New York und Sydney (1999/2007). LL.M. International Business Law, London (2000). Promotion bei Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. mult. Klaus J. Hopt, Universität Hamburg (2006). Wiss. Mitarbeiter (2001-2006) und wiss. Referent (2006-2007), Max-Planck- Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Hamburg. Ruf als Jun.-Prof. für Zivilrecht und ökonomische Analyse des Rechts, Universität Hamburg (2007). Sachverständiger für Bundesministerium der Finanzen (2007/08). Vice-coordinator European Doctorate in Law and Economics, University of Hamburg (seit 2009). Sekretär, Deutscher Juristentag, Abteilung Wirtschaftsrecht (2009/10). Auszeichnungen: Schmitthoff Essay Competition, Pace University, N.Y. (2002), Otto-Hahn-Medaille, Max-Planck- Gesellschaft (2006), Hochschulpreis, Deutsches Aktieninstitut (2007), Siemers-Wissenschaftspreis, Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung (2008). Forschungsinteressen: Deutsches und europäisches Handels-, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, insbesondere Corporate Governance, ökonomische Analyse des Rechts und Rechtsvergleichung.

Respondent:
Prof. Dr. Jürgen Wertheimer, Eberhard-Karls-Universität, Lehrstuhl für Komparatistik/Neuere deutsche Literaturwissenschaft.

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Das Forum Junge Rechtswissenschaft ist eine Initiative der Habilitierenden der Juristischen Fakultät der Universität Tübingen. Es bietet Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern eine Plattform, Forschungsprojekte in allen - auch in frühen - Stadien zu präsentieren und zur Diskussion zu stellen. Der angestrebte Diskurs reflektiert die Methodenvielfalt wie sie in jüngerer Zeit in der Rechtswissenschaft zu beobachten ist. Die in den Blick genommene wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Recht umgreift daher dessen dogmatische Durchdringung ebenso wie die Untersuchung rechtlicher Zusammenhänge mit Hilfe interdisziplinäre Ansätze, die versuchen außerrechtliche Analyseinstrumentarien für die aufgeworfenen Fragestellungen fruchtbar zu machen. Das Forum Junge Rechtswissenschaft steht daher sowohl Juristen wie auch Forscherinnen und Forschern anderer Disziplinen offen, die sich mit den verschiedensten Aspekten des geschriebenen und des gelebten Rechts beschäftigen. Es entspricht der zunehmenden überstaatlichen Einbindung nationaler Rechtsordnungen und der häufig grenzüberschreitenden Dimension rechtlicher Regulierung, dass auch der wissenschaftliche Diskurs diese Entwicklung aufgreift. Das Forum Junge Rechtswissenschaft bindet daher auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausländischer Forschungsinstitutionen ein.

Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Christoph Burchard , Iris Kemmler  oder Tobias Tröger , oder schicken Sie eine Email an fjr(at)jura.uni-tuebingen.de

Das aktuelle Programm des Forums finden sie hier

 


 

16.03.2009

The Global Economy, Economic Crisis, and White-Collar Crime

Call for Papers: Special Journal Issue

The American Society of Criminology journal Criminology & Public Policy (CPP) is planning a special issue on ?The Global Economy, Economic Crisis, and White-Collar Crime.?  Authors are invited to submit papers by August 1, 2009 for possible inclusion in the issue.  Submissions will be peer reviewed and must conform to the journal?s guidelines, which are available at cpp.fsu.edu.  Three to five papers will be selected for inclusion.  Once notified, authors of accepted manuscripts will have a limited time in which to make revisions.  Additional information about the special issue can be requested from the Special Issue Senior Editor Neal Shover (Department of Sociology, University of Tennessee), nshover@utk.edu.

Authors should be aware that the central objective of CPP is to strengthen the role of research findings in the formulation of crime and justice policy by publishing empirically based, policy-focused articles.  Authors are encouraged to submit papers that contribute to a more informed dialogue about policies and their empirical bases.  Most academic journals look for papers that have comprehensive literature reviews, provide detailed descriptions of methodology, and draw implications for future research.  In contrast, CPP seeks papers that offer literature reviews more targeted to the problem at hand, provide efficient data descriptions, and include a more lengthy discussion of the implications for policy and/or practice.  The preferred paper describes the policy/practice at issue, the significance of the problem being investigated, and the associated policy relevant implications.  This introduction is followed by a description and critique of pertinent previous research specific to the question at hand.  The methodology is briefly described, referring the reader to other sources if available.  The presentation of the results includes only those tables and graphs necessary to make central points (additional descriptive statistics and equations are provided in appendices).  The paper concludes with a full discussion of how the study either provides or fails to provide empirical support for current, modified, or new policies or practices.

Authors should submit papers directly to the CPP editorial office (cpp@fsu.edu) as a single Microsoft Word (?doc?) e-mail attachment.  Be sure to note in your e-mail that the manuscript is intended for Special Issue consideration.


 

16.03.2009

Kriminalität: Aufklärung und Verurteilung schrecken ab... aber harte Strafen bringen nichts –

DIW Berlin legt umfassende Analyse zu 40 Jahren Strafrechtsreform vor

Zusammenfassung:
Hohe Aufklärungs- und Verurteilungsraten wirken abschreckend. Die Art der Strafe und die Härte des Urteils beeinflussen die Kriminalitätsentwicklung hingegen kaum. Entsprechend führt die zunehmende Zahl von Verfahrenseinstellungen tendenziell zu einem Anstieg der Kriminalität. Dies sind die zentralen Ergebnisse einer heute vom DIW Berlin vorgestellten Studie.

„Strafverfolgung wirkt – und zwar dann, wenn auf die Straftat eine Verurteilung folgt“, sagte Professor Hannes Spengler (Fachhochschule Mainz) - gemeinsamer Autor der DIW-Studie mit Professor Horst Entorf (Goethe-Universität Frankfurt). „Unsere Analyse liefert jedoch keine Begründung für härtere Strafgesetze oder mehr und längere Haftstrafen."

Die vom DIW Berlin und der Goethe-Universität Frankfurt erarbeitete Studie ist die bisher umfassendste Untersuchung zum Zusammenhang zwischen Strafverfolgung und Kriminalität in Deutschland. Sie räumt mit mehreren gängigen Vorurteilen auf: So kann die Hypothese, dass die Abschreckungswirkung von Strafe und Strafverfolgung eher gering ist, ebenso wenig aufrechterhalten werden wie die Annahme, besonders harte Strafen wirkten besonders abschreckend.

Details:
Die Studie ist so etwas wie eine Wirkungsbilanz der vor genau 40 Jahren beschlossenen Großen Strafrechtsreform von 1969. Tatsächlich hat die Reform zu einem tiefgreifenden Wandel in der deutschen Strafverfolgung geführt. Haftstrafen werden seitdem nur noch als letztes Mittel der Strafrechtspolitik gesehen. Parallel stieg der Anteil der Geldstrafen sowie der zur Bewährung ausgesetzten Haftstrafen. Als Folge dieser Politik sank der Anteil der zu Haftstrafen ohne Bewährung Verurteilten an allen Verurteilten von 39 Prozent 1950 auf 8,3 Prozent 2006.

„Die Verurteilung ist der entscheidende Schlüssel“

Diese Entwicklung weg von Haftstrafen und hin zu Geld- und Bewährungsstrafen hat nicht zu einem Anstieg der Kriminalität geführt, so die DIW-Studie. „Es kommt also weniger darauf an, wie bestraft wird, sondern dass überhaupt eine Verurteilung der Straftäter erfolgt,“ so Hannes Spengler. „Dieser Trend erspart uns zugleich die hohen sozialen Kosten, die mit Haftstrafen verbunden sind – denn Haftstrafen führen zu sozialer Ausgrenzung und einem Anwachsen des „kriminellen Kapitals“ in den Haftanstalten.“

Diversion gehört auf den Prüfstand

Gleichzeitig wurde mit der Strafrechtsreform der Ermessensspielraum der Strafverfolgungsbehörden erweitert – im Rahmen der so genannten Diversion werden bei leichten und mittleren Delikten immer mehr Verfahren eingestellt, bevor es zu einem gerichtlichen Strafverfahren kommt. Der Anteil der durch ein formelles Urteil sanktionierten Tatverdächtigen an allen Sanktionierten (formell und informell) ging von 64 Prozent 1981 auf 43 Prozent 2006 zurück.

Für den größten Teil der Verfahrenseinstellungen ist die Staatsanwaltschaft verantwortlich. Sie gibt den Impuls, welche Verfahren eingestellt oder außergerichtlich geregelt werden. Die entscheidende Rolle der Staatsanwaltschaft zeigt sich exemplarisch beim Vergleich zwischen Schleswig-Holstein und Bayern: Während die Wahrscheinlichkeit, wegen Diebstahls oder Körperverletzung bestraft zu werden, in Schleswig-Holstein seit Jahrzehnten kontinuierlich zurückgeht, ist sie in Bayern weitgehend stabil.

Der offenbar direkte Zusammenhang zwischen der Intensität der Strafverfolgung und der Zahl der verübten Straftaten stellt den Sinn der Diversion in Frage, sagte DIW-Experte Hannes Spengler. „Die Politik einer immer größeren Zahl von Verfahrenseinstellungen gehört dringend auf den Prüfstand“, so Spengler. „Wir erreichen damit offenbar das Gegenteil dessen, was ursprünglich beabsichtigt war – nämlich mehr und nicht weniger Straftaten. Inwieweit die eingesparten Justizkosten die Diversion rechtfertigen können, muss weiter untersucht werden. Denn den geringeren Justizkosten müssen die höheren Opferkosten durch höhere Kriminalität gegenübergestellt werden“, so Spengler weiter.

US-Modell für Deutschland unbrauchbar

Die Ergebnisse der vom DIW Berlin veröffentlichten Studie sind auch vor dem Hintergrund völlig unterschiedlicher Wege in der Kriminalpolitik in Europa und den USA relevant. So begegneten die USA einer steigenden Kriminalitätsrate seit den 70er Jahren durch härtere Strafen und höhere Inhaftierungsquoten. Gerade Rückfalltäter werden in manchen Bundesstaaten drakonisch bestraft und verschwinden zum Teil auch für kleinere Delikte wie Diebstahl lebenslänglich hinter Gittern („three strikes and you’re out“). Die Folge war ein Anstieg der US-Haftquote um über 220 Prozent in den Jahren 1980 bis 2000.

Im Jahr 2006 waren 738 von 100.000 US-Bürgern in Haft – so viel wie in keinem anderen Land der Welt. In Deutschland waren es nur 95. Ganz unabhängig von ethischen und sozialpolitischen Fragen belegt die DIW-Studie jetzt: "Das US-Modell langer und harter Haftstrafen wäre für Deutschland allein deshalb nicht geeignet, weil es nicht wirkt. Das Ergebnis wären überfüllte Gefängnisse, höhere Kosten, aber kein signifikanter Rückgang der Kriminalität", sagte Spengler.

Methodik: Umfassendste Studie zu 40 Jahren Strafrechtsreform

Die vom DIW Berlin veröffentlichte Studie untersucht erstmals umfassend für Deutschland den Zusammenhang zwischen Strafverfolgung und Kriminalitätsentwicklung für einen langen Zeitraum seit Inkrafttreten der großen Strafrechtsreform von 1969. Dafür wurden sämtliche zwischen 1977 und 2001 erfassten Delikte in den wichtigsten Straftatbeständen (Diebstahl, Raub, Körperverletzung, Mord und Totschlag) analysiert und zunächst untersucht, ob die Straftaten aufgeklärt wurden. Anschließend wurde betrachtet, wie die aufgeklärten Fälle verfolgt wurden und ob und wie die Täter bestraft wurden. Das so gewonnene System von Strafverfolgungsindikatoren wurde dann mittels moderner statistischer Methoden zum Kriminalitätsaufkommen in Beziehung gesetzt.

Die Analyse stützt sich auf die polizeiliche Kriminalstatistik sowie die Strafverfolgungsstatistik. Die Ergebnisse gelten übergreifend für Eigentums- und Gewaltdelikte und den Bereich des Erwachsenen- und Jugendstrafrechts.

Hintergrundinformationen:

Wie hat sich die Kriminalitätsrate in Deutschland entwickelt?

Die vorliegende Untersuchung befasst sich mit Eigentums- und Gewaltdelikten und vergleicht die Entwicklung bei Diebstahl (getrennt nach einfachem und schwerem Diebstahl) und verschiedenen besonders bedeutsamen Gewaltdelikten (Raub, einfache und schwere Körperverletzung, Vergewaltigung, Mord und Totschlag). Betrugsdelikte oder Wirtschaftskriminalität wurden nicht untersucht.

Bei Diebstahl stieg die Zahl der gemeldeten Fälle von 1638 Fällen pro 100.000 Einwohnern 1963 auf 4860 Fälle 1992 und ging bis zum Jahr 2007 auf 3107 Fälle pro 100.000 Einwohner zurück (alte Bundesländer zuzüglich Gesamt-Berlin). Die Zahlen für Ostdeutschland haben sich von einem Spitzenwert von 6591 im Jahr 1993 inzwischen dem westdeutschen Niveau angenähert.

Bei den untersuchten Gewaltdelikten hat es seit den 60er Jahren einen nahezu stetigen Anstieg der registrierten Straftaten gegeben – von einer Phase der Stagnation in den 80er Jahren abgesehen. Der starke Anstieg von rund 80 Straftaten pro 100.000 Einwohner 1963 auf 272 Fälle 2007 (alte Bundesländer zuzüglich Gesamt-Berlin) ist vor allem auf einen starken Anstieg der Fallzahlen bei Raub und Körperverletzung zurückzuführen. Die Fallzahlen bei Mord und Totschlag blieben hingegen weitgehend konstant.

Warum beschäftigen sich ausgerechnet Ökonomen mit dem Thema Kriminalität?

Kriminalität verursacht einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden. Und wenn es um volkswirtschaftliche Schäden, deren Entstehung und Analyse zum Beispiel in Form von Kosten-Nutzen-Analysen geht, sind (auch und insbesondere) Volkswirte gefragt.

Außerdem bestehen erhebliche Wechselwirkungen zwischen ökonomischen Größen und Kriminalität: So können Faktoren wie Arbeitslosigkeit, Wohlstand oder Einkommensverteilung einen erheblichen Einfluss auf Ausmaß und Intensität von Kriminalität haben. Diese Fragen werden in der heute veröffentlichten DIW-Analyse, die den Fokus auf die Strafverfolgung richtet, zwar nur am Rande behandelt. In anderen Arbeiten setzt sich DIW-Experte Hannes Spengler jedoch sehr intensiv mit diesen Einflussfaktoren auseinander. In einer weiteren Untersuchung analysierte er den Einfluss von Kriminalität auf Wirtschaftswachstum und stellte negative Effekte fest:

- Lokale Determinanten der Kriminalität und Tätermobilität. Eine empirische Studie mit Gemeindedaten, Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform 85 (2002) S. 1-19 (mit T. Büttner)
- Crime in Europe: Causes and Consequences, Springer-Verlag (2002) (mit H. Entorf).

Und noch einen Grund gibt es, weshalb sich Ökonomen mit Kriminalität befassen: So eignen sich die Denkweise und das methodische Instrumentarium von Volkswirten besonders gut zur Modellierung und Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Kriminalität, Abschreckung und Ökonomie. Hier sind insbesondere Rational Choice-Ansätze, die neueren Ansätze der Neuroeconomics und in empirischer Hinsicht die multivariaten Analysemethoden - insbesondere die Regressionsanalyse - zu erwähnen.

Warum ist das deutsche Strafrecht als Studienobjekt besonders gut geeignet?

Zum einen ist das Strafrecht im beobachteten Zeitraum zum Teil erheblich verändert worden. Zum anderen sind Polizei und Justiz in Deutschlands weitgehend Ländersache. Trotz einheitlichem Strafgesetz gibt es aufgrund kultureller und politischer Unterschiede große Schwankungen in der Strafverfolgungsintensität zwischen den Ländern. So tendieren die nördlichen Bundesländer wie Niedersachsen, Bremen oder Schleswig-Holstein eher zu einer milden Strafverfolgungspolitik, während Bayern und Baden-Württemberg sich gegen die Liberalisierung des Strafrechts sträubten und eine härtere Politik beibehielten. Die deutsche Strafverfolgung mit ihrer zum Teil recht unterschiedlichen Praxis in den einzelnen Ländern stellt deshalb gleichsam ein "natürliches Experiment" dar - wie Kriminalpolitik „wirkt“ lässt sich unter ähnlichen Rahmenbedingungen nämlich besonders gut von Land zu Land (bzw. Bundesland zu Bundesland) vergleichen.

Was ist Diversion?

Diversion bedeutet wörtlich Ablenkung oder Umleitung. Damit ist der Verzicht auf ein förmliches gerichtliches Strafverfahren gemeint. Das Strafverfahren wird stattdessen aus Opportunitätsgründen eingestellt - bei Vorliegen der Prozessvoraussetzungen und hinreichendem Tatverdacht durch die Staatsanwaltschaft oder durch das Gericht. An seine Stelle tritt die außergerichtliche Beilegung häufig unter Auflagen. Das Konzept der Diversion sollte das Problem steigender Kriminalitätsraten und zunehmender Kosten der Justiz in den 70er Jahren lösen. Diversion wird international überwiegend zur Bekämpfung der Bagatell- und Jugendkriminalität angewendet. Dem Konzept liegt der Gedanke zugrunde, dass insbesondere bei jugendlichen Straftätern die Durchführung eines förmlichen Strafverfahrens mehr Schaden als Nutzen bewirken kann.

Worin unterscheiden sich deutsches und US-Strafrecht?

In Deutschland besteht ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Allgemeinem Strafrecht und Jugendstrafrecht. Im Jugendstrafrecht steht der Aspekt der Erziehung im Vordergrund. Junge Erwachsene von 18 bis unter 21 Jahren können entweder nach allgemeinem Strafrecht oder nach Jugendstrafrecht abgeurteilt werden. Dies liegt im Ermessen des Richters und wird je nach Bundesland sehr unterschiedlich gehandhabt. Die Frage, welcher Strafcode bessere Ergebnisse bei jungen Tätern erzielt, wird auch unter Experten kontrovers diskutiert. In den USA werden Personen ab 18 Jahren ausschließlich nach Erwachsenenstrafrecht abgeurteilt.

Regelungen wie „three strikes and you are out“ – auch wenn sie in den USA nur in Ausnahmefällen tatsächlich greifen – existieren in Deutschland nicht. In Bezug auf Tötungsdelikte besteht ein wesentlicher Unterschied darin, dass in den USA immer noch die hierzulande längst abgeschaffte Todesstrafe angewendet wird.

Is being 'Soft on Crime' the Solution to Rising Crime Rates? Evidence from Germany. Horst Entorf; Hannes Spengler. DIW Berlin Discussion Papers No. 837. Berlin, November 2008

DIW Berlin Discussion Papers No. 837

(Quelle: Pressemitteilung des DIW Berlin vom 12.03.2009)
(Kontakt:Pressestelle und -anfragen: Renate Bogdanovic, Telefon +49-30-897, 89-249, Telefax +49-30-897 89-119, presse@diw.de)


 

09.03.2009

Reformpaket zur bedingten Haftentlassung und erweiteter Anordnung von Bewährungshilfe in Österreich

Weit reichende Veränderungen für den Übergang vom Strafvollzug in die Freiheit

Das österreichische Justizministerium hat den Entwurf eines Bundesgesetzes vorgelegt, mit dem das StGB, die StPO, das StVollzG, das BewHiG und das JGG geändert werden sollen. Es handelt sich um den ersten Teil der Umsetzung der von Bundesjustizministerin Dr. Maria Berger ins Auge gefassten Reformen , die zu mehr Sicherheit durch bessere Gestaltung des Strafvollzuges führen sollen. Es wird von einem Paradigmenwechsel im Sinne neuer Strafvollzugsgrundsätze gesprochen, mit dem Ziel einer rationalen Strafrechtspolitik, welche die Wiedereingliederung verurteilter Personen in die Gesellschaft durch ein Bündel von Maßnahmen fördern soll, die besser als die vollständige Verbüßung einer Freiheitsstrafe geeignet sind, die Gefahr des Rückfalls zu reduzieren. Unter anderem soll mit Blick auf die bedingte Entlassung die traditionelle Differenzierung zwischen Hälfte und Zweidrittel-Entlassung weitestgehend aufgegeben werden. Generalpräventive Versagungsgründe dürfen nur bei Verurteilten herangezogen werden, die aus einer mehr als fünfjährigen Freiheitsstrafe bedingt zu entlassen sind und nur solange, bis siw zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt haben. Künftig soll es auch Fälle von obligatorisch angeordneter Bewährungshilfe geben. Die Materialien zu diesen und weiteren geplanten Neuerungen finden sich unter folgender URL:
http://www.bmj.gv.at/gesetzesentwuerfe/index.php?nav=13&id=103


 

09.03.2009

Weiter verbesserter Opferschutz in Österreich:

Schutz vor Nachstellung - Opferschutz auch im Zivilprozess

Ministerialentwurf zum 2. Gewaltschutzgesetz 2009

Mit dem 2. Gewaltschutzgesetz soll der Schutz von Opfern vor Gewalt durch einstweilige Verfügung ausgebaut werden. So werden die zuständigen Gerichte künftig eine Verfügung auch für Bereiche außerhalb der Wohnung oder des Wohnbereiches aussprechen können, etwa wenn dort ein Zusammentreffen mit dem Opfer zu erwarten wäre. Im materiellen Strafrecht (ÖStGB) soll ein neuer Straftatbestand inkraft treten, der einzelne Straftatbestände zusammenfasst, die üblicherweise bei länger andauernden Gewaltdelikten zum Tragen kommen. Die Grundstrafdrohung soll bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe betragen; qualifizierte Tatbestände reichen jedoch bis zu einer Strafdrohung von 10 bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe. Im Zivilprozess sollen Opferschutzregelungen eingeführt werden, die sich bereits im Strafrecht bewährt haben: die psychosoziale und juristische Prozessbegleitung, die Geheimhaltung der Wohnanschrift des Opfers und die schonende Vernehmung des Opfers an einem abgesonderten Ort.
Die Materialien zu diesen und weiteren geplanten Neuerungen finden sich unter folgender URL:
http://www.justiz.gv.at/gesetzesentwuerfe/index.php?nav=13&id=108


 

06.03.2009

16. Kriminologischer Weltkongress in Kobe, Japan, im August 2011

The 16th World Congress of the International Society of Criminology (ISC) will be held at the Kobe International Conference Center in Kobe, Japan, on August 5-10, 2011.  The local host is the Japan Federation of Criminological Associations (JFCA), which is formed by the eight criminological associations in Japan covering a wide range of disciplines from sociological criminology to correctional medicine.  JFCA has started its preparation for the Congress with close consultation with the ISC leadership.

 The general theme and other details will be determined at the meeting of ISC’s Board and Scientific Committee in Paris in May, 2009.  An official website will be set up and the first circular will be prepared soon afterward.

 Kobe is a port city with 1.5 million inhabitants located near Osaka in western Japan. (http://www.kvca.or.jp/convention/english/index.html) One of the first ports opened to the outside world in the late 19th century, it has a distinctive international atmosphere which attracts tourists both from abroad and from Japan.  Although devastated by the earthquake of 1995, Kobe, the “Phoenix”, has quickly risen again, and now fully enjoys its prosperity.

 The city is served by two nearby international airports (the Kansai International Airport and the Osaka International Airport) as well as a municipal airport.  A day trip to Kyoto and Hiroshima can easily be made by train, and a trip to Tokyo in eastern Japan is also easy by train or plane.

 The Congress is to be held at the Kobe International Conference Center, located on a man-made island in the Port of Kobe.(http://kobe-cc.jp/english/index.html)  It is conveniently surrounded by a group of hotels with varying prices, and all congress sessions will be held in the fully air-conditioned rooms under one roof of the Conference Center.

 We will keep you posted of the progress.  Please plan ahead to attend this important event for the world community of criminologists.  It may be a good idea, for instance, to make this Congress a part of your summer vacation in 2011.  You will not be disappointed, intellectually or otherwise.       

Until the official website is set up, please send your inquiries to:

Secretariat, 16th World Congress of ISC

c/o Osaka University of Commerce
tel: 81-(6)-6618-4323    fax: 81-(6)-6618-4426 wcon@oucow.daishodai.ac.jp


 

06.03.2009

Anny E. Casey Foundation Report on Immigrant Children and Famlies in the USA

New Data on Immigrant Children and Families

Children in immigrant families now represent 22 percent of all U.S. children and youth under 18 and 26 percent of all children living in poverty. Learn more about immigrant children and families in the KIDS COUNT Data Center, which offers the latest national, state, and city-level data on more than 100 measures of child well-being, including:

Visit the Data Center to create your own map, chart, or graph — or add an interactive map to your own website:

Visit the KIDS COUNT Data Center to make your own map.


 

06.03.2009

Interessanter Bericht über Konfliktlösung im Kindergarten im Rahmen des Ansatzes von Restorative Justice

Empowering the Next Generation: Restorative Practices in a Preschool

Marie-Isabelle Pautz, a One-Year FastTrack Master's Degree candidate in Restorative Practices and Youth Counseling at the International
Institute for Restorative Practices (IIRP), is implementing restorative practices in a preschool for her YC/ED 510, Professional Learning Group
(PLG) Seminar: Restorative Project.

Pautz is seeing wonderful results with pre-school children by using restorative practices, which she defines as: "participation by everyone
affected by decisions, widening the circle, building social capital, separating the deed from the doer, and a focus on responsibilities and
effects of actions, rather than blaming and labeling." This article includes excerpts from Pautz's IIRP PLG paper.

To read the article, please go to: http://www.safersanerschools.org/library/rp_preschool.html

To download a PDF of the article, please go to: http://www.iirp.org/pdf/rp_preschool.pdf


 

06.03.2009

Ausbildung von Migranten in Deutschland: Ein Statusbericht

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat einen weiteren Forschungsbericht in seiner Reihe über die Integration von Migranten in Deutschland veröffentlicht:
Schwerpunkt Migration, Integration. Eine PDF-Version kann kostenlos heruntergeladen werden.

Berufliche und akademische Ausbildung von Migranten in Deutschland

Working Paper 22 / 2009

Aus der Reihe "Integrationsreport", Teil 5

 

Das Working Paper "Berufliche und akademische Ausbildung von Migranten in Deutschland" gibt anhand amtlicher Daten (Statistiken zur beruflichen Bildung und zum Hochschulstudium) sowie des Mikrozensus (berufsbezogenes Bildungsniveau der Gesamtbevölkerung) einen umfassenden Überblick zu den beruflichen Qualifikationen von Zuwanderern im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung.

Mehr lesen


 

06.03.2009

Untersuchungshäftlinge:

Bundesverfassungsgerichts schränkt Untersuchungsbefugnisse der Behörden im Intimbereich von U-Gefangenen ein

Bundesverfassungsgericht - Beschluss vom 4. Februar 2009 – Untersuchung im Intimbereich bei Untersuchungshäftlingen nur bei konkreten Verdachtsmomenten verfassungsgemäß
Der Beschwerdeführer, ein Steuerberater, wurde morgens gegen sieben Uhr, als er seine Kinder zur Schule brachte, wegen Verdachts der Bestechlichkeit und der Untreue zum Nachteil des berufsständischen Versorgungswerks für Rechtsanwälte festgenommen und in Untersuchungshaft verbracht. Nach seinen Angaben musste er sich bei Aufnahme in die Untersuchungshaft entkleiden und durch Justizvollzugsbeamte im Intimbereich untersuchen lassen (Anusinspektion). Widerspruch und Antrag auf gerichtliche Entscheidung hiergegen blieben erfolglos. Das Hanseatische Oberlandesgericht erachtete die Maßnahme für rechtmäßig. Die allgemeine Anordnung, neu aufzunehmende Gefangene entsprechend zu untersuchen, sei zur Wahrung der Ordnung der Vollzugsanstalt (§ 119 Abs. 3 StPO) erforderlich gewesen, nämlich um zu verhindern, dass Betäubungsmittel, Geld oder andere verbotene Gegenstände am oder im Körper versteckt eingeschmuggelt würden. Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers war erfolgreich. Die 3. Kammer des Zweiten Senats stellte fest, dass das Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers verletzt sei: Zu Recht ist das Oberlandesgericht zwar davon ausgegangen, dass das Einbringen von Drogen und anderen verbotenen Gegenständen in Justizvollzugsanstalten eine schwerwiegende Gefahr für die Ordnung der jeweiligen Anstalt darstellt. Es hat aber weder dem besonderen Gewicht der im vorliegenden Fall berührten grundrechtlichen Belange noch den besonderen Einschränkungen ausreichend Rechnung getragen, die sich für die Zulässigkeit eingreifender Maßnahmen im Vollzug der Untersuchungshaft aus dem generalklauselartigen Charakter der Eingriffsermächtigung des § 119 Abs. 3 StPO sowie aus den Besonderheiten der Untersuchungshaft ergeben. Eingriffe, die den Intimbereich und das Schamgefühl des Inhaftierten berühren, lassen sich im Haftvollzug nicht prinzipiell vermeiden. Der Gefangene hat insoweit aber Anspruch auf besondere Rücksichtnahme. Der bloße Umstand, dass Verwaltungsabläufe sich ohne eingriffsvermeidende Rücksichtnahmen einfacher gestalten, ist hier noch weniger als in anderen, weniger sensiblen Bereichen geeignet, den Verzicht auf solche Rücksichtnahmen zu rechtfertigen. Dies gilt in verschärftem Maße für Eingriffe während der Untersuchungshaft, die auf der Grundlage bloßen Verdachts verhängt wird. Indem das Oberlandesgericht die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Umstände des konkreten Falles nicht gewürdigt hat, sondern davon ausgegangen ist, die fragliche Maßnahme sei bei Antritt der Untersuchungshaft generell und unabhängig von den Umständen des Einzelfalles zulässig, hat es dem Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) nicht hinreichend Rechnung getragen. Darüber hinaus hat das Gericht auch Möglichkeiten der milderen Ausgestaltung des Eingriffs wie die nach Auskunft der Justizbehörde üblicherweise praktizierte, das Schamgefühl weniger intensiv berührende Durchführung einer etwaigen Inspektion von Körperhöhlen durch einen Arzt oder eine Ärztin nicht erwogen. (Pressemitteilung Nr. 16/2009 vom 26. Februar 2009) Vollständiger Text des Beschlusses: 2 BvR 455/08

Februar 2009

27.02.2009

NEUSTART BADEN-WÜRTTEMBERG

Interessante Zahlen aus der Arbeit der Neustart gGmbH für 2007 und 2008

 

Ehrenamtliche Bewährungshilfe:
Der Ausbau der ehrenamtlichen Bewährungshilfe wurde im März 2008 planmäßig begonnen. Die ersten neuen ehrenamtlichen Bewährungshelfer wurden im Juni 2008 in Mannheim auf ihre Tätigkeit verpflichtet, den Abschluss für 2008 bildete Heidelberg.
Stand für ganz Baden-Württemberg zu Ende 2008: Insgesamt 249 ehrenamtliche Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer waren in der Betreuung von 342 Klientinnen und Klienten mit eingesetzt. Zudem wurden 45 neue Teamleiter für die Ehrenamtlichen ausgebildet.

Professionelle Bewährungshilfe:
Personal:
Ausgangsstand am 1.1.2007:  358 Personen, davon 355 Landesbedienstete und 3 Neustart-Angestellte.
Endstand am 31.12.2008: 371 Personen, davon 297 Landesbedienstete und 74 Neustart-Angestellte
Klienten:
Stand am 31.12.2007 = 20.500, Stand am 31.12.2008 = 21.451
Darunter Führungsaufsichtsfälle: Stand am 31.12.2007 = 1.561,  Stand am 31.12.2008 =  1.665

Gerichtshilfe:
Erteilte Aufträge während des Geschäftsjahrs 2007 = 2.428, während des Geschäftsjahres 2008 = 2.270

Täter-Opfer-Ausgleich:
Erteilte Aufträge während des Geschäftsjahrs 2007 = 483, während des Geschäftsjahres 2008 = 848
Beteiligte Personen  im Jahr 2007 = 1.076, im Jahr 2008 = 1.868
Dazu: Ausbildung von 24 neuen Konfliktreglern, in Zusammenarbeit mit dem TOA-Servicebüro des DBH-Fachverbandes.

Resozialisierungsfonds Dr. Traugott Bender:
Eingegangene Aufträge während des Geschäftsjahrs 2007 = 155, während des Geschäftsjahrs 2008 = 169
Positiv erledigte Darlehensanträge im Jahr 2007 = 84, im Jahr 2008 = 113

Fortbildungsprogram für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:
31 zentrale Fortbildungsseminare in den Jahren 2007/2008 mit durchschnittlich 15 Teilnehmenden.

(Quelle: Zusammengestellt von der KrimG-Geschäftsstelle anhand von Angaben im NEUSTART report 2008/2009, Stuttgart, Februar 2009, Seiten 1 und 3)


 

27.02.2009

Schnittstellenprobleme von Opferhilfe und Täter-Opfer-Ausgleich

Ein Materialienband des Arbeitskreises der Opferhilfen (ado)

Der Arbeitskreis der Opferhilfen in Deutschland e.V., Bundesverband professioneller Opferhilfeeinrichtungen, hat einen umfangreichen und interessanten Materialienband vorgelegt, als Dokumentation einer Fachtagung vom Januar 2008 bei Aschaffenburg.
Der von Jutta Hartmann herausgegebene Band steht unter folgendem Titel:
Klare Grenzen? Begegnung von Opfer und Täter im TOA  -- Chancen und Gefahren für Kriminalitätsopfer.

Von diesem Band gibt es auch eine PDF-Datei. Sie kann unter folgender URL kostenlos herunter geladen werden:
http://www.opferhilfen.de/grenzen_OH&TOA.pdf


 

27.02.2009

Strafvollzugsrecht und Strafvollzugspolitik

Eine paneuropäisch ausgerichtete neue Veröffentlichung

Readers of your homepage may have been interested in the following new book , because of its pan-European focus:
Dirk van Zyl Smit and Sonja Snacken, Principles of European Prison Law and Policy: Punishment and Human Rights, Oxford University Press, January 2009.

The publishers describe the book as follows.
"In recent years European prison law and policy have emerged as a force to be reckoned with. This book explores its development and analyses the penological and human rights foundations on which it is based. It examines the findings of the European Committee for the Prevention of Torture, the recommendations of the Council of Europe, and the judgments of the European Court of Human Rights. From these sources it makes the general principles that underlie European prison law and policy explicit, emphasising the principle of using imprisonment as a last resort and the recognition of prisoners' rights. The book then moves on to apply these principles to conditions of imprisonment, regimes in prison, contacts between prisoners and the outside world, and the maintenance of good order in prisons.

The final chapter of the book considers how European prison law and policy could best be advanced in future. The authors argue that the European Court of Human Rights should adopt a more proactive approach to ensuring that imprisonment is used only as a last resort, and that a more radical interpretation of the existing provisions of the European Convention on Human Rights will allow it to do so. It concludes that the growing cooperation on prison matters within Europe bodes well for the increased recognition of prisoners' rights across Europe. In spite of some countervailing voices, Europe should increasingly be able to give an international lead in a human rights approach to prison law and policy in the same way it has done with the abolition of the death penalty."
More details are available at:

http://www.oup.com/uk/catalogue/?ci=9780199228430&view=lawview 


 

27.02.2009

Bericht über Opfer-Täter-Ausgleich / Mediation im englischen Jugendstrafrecht

Erste ermutigende Resultate der Anwendung von Restorative Justice Disposals in der Praxis von Polizei und Youth Offending Teams

Police forces and YOTs in Youth Restorative Disposal (YRD) pilot areas are working to challenge minor offending in a restorative way that is effective, meaningful and proportionate.

In the nine months the pilot has been running, over 1,100 YRDs have been issued by specially trained Police officers and police community support officers. This translates into over 1,100 young people who have been prevented from being unnecessarily forced into the formal Criminal Justice System and having an early criminal record while being held accountable for their actions to victims and the community. Early feedback has found that victims and their families are satisfied with the process and offenders feel that they have been treated fairly. The pilot areas are also beginning to see a reduction in the number of first-time entrants, Reprimands and Final Warnings.

For information on the YRD, contact Rheanne Scott.

Click to read further details:
 more about the YRD and how it works

two case studies from the pilot areas

a set of frequently asked questions.


  

26.02.2009

Evidenzbasierte Praxis des Umgangs mit Delinquenten

Evidenzbasierte Kriminalitätskontrolle, Kriminalprävention und Kriminalpolitik

Bereits seit einigen Jahren hat sich im Rahmen der sog. Campbell Collaboration eine Crime and Justice Coordination Group gebildet.

Die CJCG verfolgt nachhaltig das wissenschaftliche Anliegen, alle Maßnahmen, die zum Umgang mit Delinquenz auf individueller, auf gruppenbezogener oder auf gesamtgesellschaftlicher Ebene etabliert werden, einer möglichst präzisen und methodologisch rigorosen Überprüfung zu unterziehen. Es geht um die Evidenz, also vereinfacht gesagt darum, ob empirisch nachgewiesen ist, dass die jeweilige Maßnahme Erfolg hat, entweder genau denjenigen, der mit ihr intendiert wurde oder eben einen anderen, der als beachtenswert gelten darf, und ferner, ob die Wirkung auf Dauer festgestellt werden kann und ob sie an verschiedenen Orten bzw. in verschiedenen Bereichen gleichgerichtet ist.

In den USA hat sich vor kurzem eine neue Vereinigung gebildet, die sich ganz auf  die praktische Implementation von Programmen für Jugendliche und Familien konzentrieren will. Die Vereinigung mit Sitz in Agoura (Kalifornien) trägt den Namen  "Association for the Advancement of Evidence Based Practice".
Die Homepage dieser AAEBP ist unter folgender URL zu erreichen: http://www.aaebp.org/

Link zur Campbell Crime and Justice Group:
http://www.campbellcollaboration.org/crime_and_justice_our_group/index.php

Link zur gesamten Campbell Collaboration mit Zugang zu weiteren besonderen Gruppen:
http://www.campbellcollaboration.org/


 

25.02.2009

Internationales Zentrum für Kriminalprävention, Montréal, Kanada:

Praxis der Kriminalprävention - Internationale Beispiele

Das International Centre for the Prevention of Crime (ICPC) hat einen interessanten Bericht veröffentlicht:
"International Comendium on Crime Prevention Practices, 2008".
Die Broschüre im Umfang von 228 Seiten kann auch kostenlos als PDF-Datei herunter geladen werden:
http://www.crime-prevention-intl.org/filebin/Documents%20ajouts%202008/Septembre%202008/Basse_resolution_International_Compendium_of_Crime_Prevention_Practices.pdf


 

18.02.2009

Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf zum Schutz von Opfer und Zeugen im Strafverfahren

Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat das Bundeskabinett am 18. Februar 2009 den Entwurf eines 2. Opferrechtsreformgesetzes beschlossen. Der Vorschlag schließt inhaltlich an frühere Gesetzesänderungen an und verfolgt das Ziel, Opfer und Zeugen von Straftaten noch besser zu schützen und ihre Rechte im Strafverfahren zu erweitern.

"Mit der Reform werden wir Verletzte und Zeugen noch besser vor unnötigen Belastungen im Strafverfahren schützen und ihre Rechte stärken. Das Strafverfahren darf nicht zu einer erneuten Traumatisierung der Opfer führen, sondern es soll zu einer möglichst schonenden Aufarbeitung des Erlebten beitragen. Vor allem für Kinder und Jugendliche und für Opfer schwerer Straftaten trägt der Staat eine besondere Verantwortung. Künftig werden auch 16- und 17-jährige von speziellen jugendschützenden Vorschriften profitieren. Wir erweitern gleichzeitig die Möglichkeit für Verletzte von Straftaten, sich dem Verfahren als Nebenkläger anzuschließen und einen Anwalt auf Staatskosten beigeordnet zu bekommen. Daneben stellen wir sicher, dass Opfer und Zeugen schon bei der Anzeigeerstattung von Polizei und Staatsanwaltschaft umfassend über ihre Rechte aufgeklärt und auf spezielle Hilfsangebote von Opferhilfeeinrichtungen hingewiesen werden", erläuterte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Der Entwurf knüpft an Verbesserungen für Opfer im Strafverfahren an, die vor allem durch das Opferrechtsreformgesetz vom 1. September 2004 erreicht wurden. Danach müssen beispielsweise mehrfache Vernehmungen, die für das Opfer häufig sehr belastend sind, möglichst vermieden werden. Aber auch der Kreis der Opfer, die zur Nebenklage berechtigt sind, wurde durch das Opferrechtsreformgesetz sowie durch weitere Gesetze immer wieder erweitert. Der heute vorgestellte Gesetzentwurf sieht weitere Verbesserungen in drei zentralen Bereichen vor.

 

Im Einzelnen

Verbesserungen zum Schutz von Verletzten im Strafverfahren

  • Im Bereich der Nebenklage und des Opferanwalts orientiert sich der Entwurf durchgängig daran, den besonders schutzbedürftigen Opfern besondere Rechte einzuräumen, um deren Belastungen durch das Strafverfahren abzumildern. Dabei werden Vorschläge des Bundesrates und insbesondere zahlreiche Anregungen von Opferschutzverbänden in ein stimmiges Gesamtkonzept gebündelt. Der Schwere des Delikts und den Folgen wird künftig ein stärkeres Gewicht beigemessen. Im neuen § 395 StPO sollen nun beispielsweise auch Opfern von Zwangsheirat oder sexueller Nötigung die Möglichkeit eingeräumt werden, sich dem Verfahren als Nebenkläger anzuschließen. Auch Opfer von Raub, Erpressung oder anderen Delikten gegen höchstpersönliche Rechtsgüter sollen in Zukunft nebenklagebefugt sein, wenn sie von schweren Tatfolgen betroffen sind. Daneben wird im neuen § 397a StPO der Kreis derjenigen erweitert, die - unabhängig von ihren wirtschaftlichen Voraussetzungen - Anspruch auf Beiordnung eines kostenlosen Opferanwalts haben.
  • Flankiert wird diese Neujustierung durch die Neuregelung verfahrensrechtlicher Bestimmungen. So werden zum Beispiel die §§ 397, 406f und 406g StPO deutlich vereinfacht und somit anwenderfreundlicher.
  • Da jede Rechtsverfolgung die Kenntnis der Rechte voraussetzt, werden in § 406h StPO auch die Informationspflichten der Strafverfolgungsbehörden gegenüber Verletzten von Straftaten erweitert. Beispielsweise muss schon die Polizei auf die Möglichkeit einer psychosozialen Prozessbegleitung oder andere Unterstützung von Opferhilfeeinrichtungen hinweisen und auf Entschädigungsansprüche oder die Möglichkeit aufmerksam machen, im Adhäsionsverfahren Schadensersatz zu beanspruchen. Zudem werden durch Änderungen in den §§ 138 und 142 StPO die Auswahlmöglichkeiten der Verletzten bei der Wahl eines anwaltlichen Beistand vergrößert.
  • Eine Ergänzung des § 92 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) zielt darauf ab, es Verletzten zu erleichtern, im europäischen Ausland begangene Straftaten in Deutschland anzuzeigen.

 

Verbesserungen zum Schutz von Zeugen im Strafverfahren

  • Die Rechte von Zeugen bei ihrer polizeilichen Vernehmung werden zukünftig in § 163 Absatz 3 StPO eindeutig im Gesetz festgeschrieben. Zudem wird in § 48 StPO die schon bisher allgemein anerkannte staatsbürgerliche Pflicht der Zeugen zum Erscheinen vor Gericht und Staatsanwaltschaft und zur dortigen Aussage gesetzlich normiert. Beide Regelungen führen in der Praxis für alle Beteiligten zu mehr Klarheit.
  • Die Befugnis zur jederzeitigen Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts als Zeugenbeistand - ein Recht, das bereits durch höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt ist -, wird erstmalig gesetzlich verankert. Zudem wird die Möglichkeit für besonders schutzbedürftige Zeugen, einen anwaltlichen Beistand beigeordnet zu erhalten, sinnvoll erweitert (§ 68b StPO). Flankierend dazu wird geregelt, dass eine die Beiordnung ablehnende Entscheidung der Staatsanwaltschaft gerichtlich überprüft werden kann. Das für diese und zahlreiche ähnliche Fälle geltende Verfahren wird dabei wesentlich vereinfacht.
  • Die nach § 68 Absatz 2 StPO für Zeugen bestehende Möglichkeit, in bestimmten Fällen ihren Wohnort nicht angeben zu müssen, wird sachgerecht erweitert. Erstmalig wird festgeschrieben, dass der Zeuge auch im Nachhinein den Austausch seiner Wohnadresse gegen eine andere Anschrift verlangen kann, wenn sich eine Gefährdung erst nach Beendigung seiner Aussage ergibt. Gleichzeitig wird bestimmt, dass die Strafverfolgungsbehörden die Adresse des Zeugen in derartigen Fällen in der gesamten Akte unkenntlich zu machen haben; die Strafverfolgungsbehörden sollen den Zeugen künftig auf diese Befugnisse hinweisen und bei deren Wahrnehmung behilflich sein.

 

Verbesserungen beim Schutz von jugendlichen Opfern und Zeugen im Strafverfahren

  • Zur Stärkung der Rechte von jugendlichen Opfern und Zeugen von Straftaten wird die Schutzaltersgrenze in verschiedenen Vorschriften der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes von derzeit 16 auf nunmehr 18 Jahre heraufgesetzt (§ 58a Absatz 1, § 241a Absatz 1, § 247 Satz 2, § 255 Absatz 2 StPO; § 172 GVG). Diese Grenze wird der altersspezifischen Belastungssituation besser gerecht. Sie entspricht zudem der Schutzaltersgrenze, die zahlreichen internationalen Abkommen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zugrunde liegt. Nicht zuletzt wird ein Gleichklang mit der Altersgrenze hergestellt, bis zu der jugendlichen Beschuldigten besonderer Schutz zukommt.

Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Ziel ist es, die parlamentarischen Beratungen noch vor der Sommerpause abzuschließen.
(Quelle: Pressemitteilung des BMJ vom 18.2.2009)


 

17.02.2009

Bundeskongress Jugendgerichtshilfe mit Praktikertagung

6.-8. Mai 2009, Kassel

„Brücken bauen: zuhören – verstehen – konfrontieren“ lautet die Überschrift des 7.
Bundeskongresses Jugendgerichtshilfe, der erstmals gemeinsam mit der
Praktikertagung der Bundesarbeitsgemeinschaft für Neue Ambulante Maßnahmen
stattfindet. Die Tagung ist für den Zeitraum 6. bis 8. Mai 2009 in Kassel,
Anthroposophisches Zentrum, geplant. Neben Plenarvorträgen stehen zahlreiche
Arbeitsgruppen auf dem Programm, in denen es unter anderem um Jugendkulturen,
ambulante Maßnahmen, Anti-Gewalt-Training und die Kommunikation der Beteiligten
im Jugendstrafverfahren geht. Mehr Informationen gibt es hier:
www.dvjj.de/veranstaltung.php?artikel=1067.

(Quelle: GIWK-Mitteilungen und DVJJ)


 

11.02.2009

Neuer Termin für „Cultural Criminology“

24.-25. April 2009, Berlin

Der Termin für die bereits angekündigte Tagung „Cultural Criminology“ wurde verschoben. Das Treffen findet nunmehr statt am 24. und 25. April 2009 in Berlin
(Telefunken-Hochhaus am Ernst-Reuter-Platz). Während der Tagung wollen Kriminologen und Kriminologinnen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen sich mit der
Beziehung zwischen den Konzepten „Kultur“ und „Kriminalität“ auseinandersetzen. Im Mittelpunkt stehen dabei die folgenden Fragen:
1. Wie könnte ein Cultural Turn in der Kriminologie aussehen? Welche Rolle spielt
das Kulturelle in diesem Kontext?
2. Beyond Subculture? – Wie lassen sich Transgression und Kriminalität im Alltag
verstehen?
3. Gibt es eine punitive Sensibilität der Spätmoderne? Wie lassen sich Emotionen
und Kriminalität gemeinsam denken?
4. Wie könnten methodische und empirische Annäherungen an den Themenkomplex
‚Kultur und Kriminalität‘ aussehen? Welche Bedeutung hat das Interdisziplinäre für
die „Cultural Criminology“?

Veranstalter sind die GiwK und das Hamburger Institut für kriminologische
Sozialforschung. Mehr Informationen und Kontakt: Herbert Reinke (reinke@uniwuppertal.
de).

(Quelle: GIWK-Mitteilungen_Jasch)


 

10.02.2009

Opferwerdung und Kriminalitätsfurcht in Europa

Eine inhaltliche und methodische Analyse von Befragungen in ausgewählten europäischen Staaten

EU-bezogene Veröffentlichung in englischer Sprache

Remarks of Dr. Renée Zauberman (GERN, CESDIP, CNRS), Editor:

In the framework of the 6th RPRTD, the European Commission financed a coordination action, Assessing Deviance, Crime and Prevention in Europe (CRIMPREV).
This programme brings together 31 Universities or research institutions from ten European countries, under the scientific management of the Groupe européen de recherches sur les normativités (GERN) of the French Centre national de la recherche scientifique (CNRS).

This coordination action is made up of six thematic workpackages, on of which is devoted to problems of Methodology and Good Practices. The objective ist to come up with a listing of the significant  implementations of instruments of knowledge about crime and of their uses.

We shall therefore

  • map the situation in Europe,
  • identify the good  - as well as the bad - practices, and
  • specify elements of comparison within the European zone.

Four methods have been selected:

  • surveys in the overall population on victimization and insecurity;
  • surveys in the overall population on self-reported crime;
  • the comparison of survey data and that coming from institutional sources such as police statistics;
  • evaluative research of safety policies.

Special country reports relate to Belgium, The Netherlands, Britain, France, Germany, Italy, Spain and Portugal.

This volume is a collection of the reviews and discussions that have been the substance of a European seminar devoted to surveys on crime victimisation and insecurity. Three subsequent books will be devoted to other methods.

Bibliographical Details:
Renée Zauberman (Ed.): Victimisation and Insecurity in Europe: A Review of Surveys and their Use.
Brussels: VUB Press / Brussels University Press 2008, 170 Pp.
ISBN: 978 90 5487 459 9


 

09.02.2009

European Offender Employment Forum

International Conference in Lisbon, Portugal, from 19-20 March, 2009

 The Centre for Economic and Social Inclusion is very grateful to the Ministry of Justice, Portugal  for supporting this event by providing the venue. It is a government conference centre in the attractive Baixa district, the oldest part of Lisbon.

Significant progress has been made in the offender employment field in recent years. But economic circumstances have changed dramatically:

  • Have lessons been learned and how can we sustain and mainstream the progress that has been made?
  • How do we continue to persuade employers to train and give jobs to offenders?

This event will bring together experts from all the key partners working in the offender employment field across the EU to:

  • Review the prospects for offender employment
  • Showcase and promote good practice in the offender employment field
  • Consider how to develop and sustain employer engagement

A new pan European Ex-Offender Community of Practice for all organisations working to promote the social inclusion of ex offenders has recently been formed. This event is the first opportunity for all the potential partners to meet and learn how the network will operate and how they can get involved.

Key Note Speaker: Portuguese Secretary State for Justice - Dr. José Manuel Vieira Conde Rodrigues (Confirmed)

The programme will include a range of workshops and examples of good practice. This event will be an opportunity for policy makers and practitioners in the offender employment field to exchange ideas. Organisations will be able to showcase their projects to an audience of experts and enable all conference delegates to debate the issues and learn from each other.

CLICK HERE TO BOOK YOUR PLACE NOW

If you would like to present a case study at this event please contact
James Barrett: 020 7840 8328 / james.barrett@cesi.org.uk

Interested in sponsorship or promotional opportunities please contact
Lois Rolfe: 020 7840 8337 / lois.rolfe@cesi.org.uk

 


 

 

06.02.2009

Council of Europe is Requesting its  Member States and its Observer States to Co-operate with the International Criminal Court

With particular regard to Victim´s Rights

The Parliamentary Assembly of the Council of Europe (PACE)in Strasbourg, France, adopted on 27 January 2009 an innovative resolution through which it engaged all 47 Member States of the Council of Europe to fully cooperate with the International Criminal Court (ICC) in The Hague, Netherlands, and it called for the ratification of the Rome Statute by its 8 Member States that are still outside the ICC system (Russia, Turkey, Ukraine, the Czech Republic, Armenia, Azerbaijan, Moldova and Monaco) and by its 2 Observer States, the United States and Israel.
 
The Chairperson of the Legal and Human Rights Committee of PACE, Dr. Herta Daubler-Gmelin, MP (Germany, former Justice Minister and longstanding member of Parliamentarians for Global Action - PGA -) introduced the Resolution, which she had tabled since 2006 along with a Report that comprehensively addresses the status of the "Rome Statute system". Dr. Daeubler-Gmelin welcomed the progress on the ICC dossier made in several Council of Europe countries, particularly in Turkey and the Czech Republic, recalling however in Prague Parliament approved the Rome Statute in October 2008 with the required constitutional majority, but the President of the Republic has not yet signed the ICC ratification into law, thus impeding the completion of the ratification process.
 
The debate was opened by an enlightening Statement of ICC President Judge Philippe Kirsch, who underscored the role played by the Parliamentary Assembly in promoting the establishment of the ICC, which now requires increased support in terms of cooperation from States and International Organisations and to reach the universality of its membership.
 
Dr. Pieter Omtzigt, MP (The Netherlands, PGA Member) tabled two amendments designed to introduce new operational paragraphs 7 and 8 of the "Resolution on Cooperation with the International Criminal Court (ICC) and its Universality", which - for the first time in a parliamentary Resolution of this nature - call for the UN Security Council to fulfil its responsibilities in cooperating fully with the Court (including in the enforcement of arrest warrants to be carried out by UN peacekeepers and/or other authorised military contingents) and to provide funding to the ICC investigations and prosecutions that are based on a mandate by the Council (e.g. Darfur), as prescribed in the Rome Statute.
Through the text proposed by the Dutch Lawmaker, the Parliamentary Assembly "urges the Secretary General of the Council of Europe to take up a mediation role with the two permanent members of the Security Council of the United Nations, the United States and Russia, to foster co-operation with the International Criminal Court". According to Dr. Omtzigt, the new Administration of President Obama should profoundly review the US policies towards the ICC and initiate a new phase of active cooperation with the Court, which should pass through the repeal of the 2002 American Servicemembers Protection Act, also known as "The Hague Invasion Act".
 
Another significant novelty of the Resolution regards the inclusion of a clear provision on victims' rights to be respected by States Parties, at a minimum, in the same way as they are respected by the ICC under the binding provisions of the Rome Statute on victims´ protection, participation in the proceedings and reparations. This clause, relating to a vital area of implementing legislation of the Rome Statute, had been adopted at several sessions of the PGA´s Consultative Assembly of Parliamentarians for the ICC and the Rule of Law (e.g. in Tokyo, December 2006, and in Santo Domingo, October 2008), but it enters for the first time in a regional organisation´s Parliamentary Resolution that can be used as a tool to promote law reform in National Parliaments of Europe and other regions of the world.
 
The voting record of the Resolution shows that leading MPs from States Non Parties, such as the Russian Federation and Turkey, casted their positive vote in favour of its adoption, thus signalling once again the sensitivity and support of Lawmakers towards the new system of international criminal justice based on the Rome Statute.
 
MPs from all political groups and various countries united their voice in support of the universality and effectiveness of the Rome Statute, at times with specific commitments to achieve tangible legislative results, as Mrs. Milica Markovic, MP (Bosnia and Herzegovina) did with respect to the prompt ratification of the Agreement of Privileges and Immunities of the Court (APIC) by her country´s Government and Parliament. Parliamentarians for Global Action (PGA), along with other members of the Coalition for the ICC (CICC), will continue to be engaged in the follow-up to the Resolution, which should trigger a more effective monitoring action by all organs of the Council of Europe vis-a-vis the ratification and implementation of the Rome Statute by its Member States as well as the level of cooperation that these States will be giving to the Court.
 
For further information, please contact:
David Donat Cattin, Director, PGA International Law and Human Rights Programme, donat@pgaction.org
 
 
(A) ENCLOSURES AND USEFUL LINKS:
 
1)      Text of Resolution 1644, PACE, 26 Jan. 2008 (also reproduced below) http://assembly.coe.int/Main.asp?link=/Documents/AdoptedText/ta09/ERES16...
2)      Voting record on the Resolution on the ICC and on the amendments of Dr. Omtzigt, MP, regarding the role of the UN Security Council permanent members Russia and the US http://assembly.coe.int/ASP/Votes/DBVotesResults_EN.asp?VoteID=1158&DocI...
3)      Verbatim summary of the debate on the ICC, PACE, 26 January 2009 http://assembly.coe.int/Main.asp?link=/Documents/Records/2009/E/09012715...
4)      Report of on Cooperation with the ICC and its Universality: Rapporteur, Dr. Herta Daubler-Gmelin (N.B. it includes responses to a questionnaire on ratification from Armenia, Azerbaijan, Czech Republic, Monaco and Ukraine, as well as Japan and the US)  http://assembly.coe.int/Mainf.asp?link=/Documents/WorkingDocs/Doc08/EDOC...
5)      Selected media coverage: http://www.elconfidencial.com/cache/2009/01/27/51_asamblea_mediacion_ent...
 
(B) BACKGROUND:
-          UN Security Council resolution 1593 (2005) refers the situation in Darfur to the jurisdiction of the ICC, but it fails to provide the financial contributions from the UN to the ICC, as prescribe by the Rome Statute, and it does not spell out in detail the modalities of cooperation of UN-authorized or UN-mandated forces with the ICC.
-          The American Servicemembers Protection Act (2002) prohibits the United States Government to utilise tax-payers money in bilateral or multilateral activities (e.g. via the UN) aimed at cooperating with, and providing support to, the ICC. This legislation, under certain circumstances, appears to allow the use of all available means, including the use of force, to free individuals of a certain nationality if they would detained in The Hague on basis of an order of the ICC (hence, the nickname given to this legislation "The Hague Invasion Act").
 
 
(C) TEXT OF THE RESOLUTION (Provisional edition)
"Co-operation with the International Criminal Court (ICC) and its universality", Resolution 1644 (2009)1

1.       Recalling its Resolutions 1300 (2002) and 1336 (2003), the Parliamentary Assembly reiterates its firm commitment to the International Criminal Court (ICC). The ICC is the first ever permanent independent judicial institution with jurisdiction over individuals accused of genocide, crimes against humanity and war crimes. The ICC is based on complementarity, seeking to empower national states to investigate and prosecute such crimes, assuming jurisdiction only as a last resort.
2.       Recalling Recommendation 1408 (1999), the Assembly reiterates its belief that the universal ratification of the Rome Statute and its effective implementation into domestic systems, as well as close co-operation by states and non-States Parties in providing practical and judicial assistance to the ICC, are of key importance for the fight against impunity.
3.       The Assembly welcomes the fact that since its adoption in 1998, the Rome Statute of the ICC has been ratified by 108 states across the world. Regrettably, eight Council of Europe member states (Armenia, Azerbaijan, the Czech Republic, Moldova, Monaco, Russia, Turkey and Ukraine), one Council of Europe observer state (the United States) and one state with observer status with the Parliamentary Assembly (Israel) have not yet ratified the Rome Statute.
4.       The Assembly also recalls the importance of the Agreement on the Privileges and Immunities of the International Criminal Court, which is indispensable for the ICC´s independent operation. Regrettably, to date, fourteen Council of Europe member states have not ratified the Agreement, including seven countries which are States Parties to the Rome Statute (Bosnia and Herzegovina, Georgia, Malta, Poland, San Marino, Spain and Switzerland).
5.       The Assembly therefore urges those Council of Europe member and observer states and Parliamentary Assembly observer states which have not yet done so to:
5.1. sign and ratify without further delay the Rome Statute and the Agreement on the Privileges and Immunities of the ICC;
 
5.2. adopt effective national implementing legislation at the earliest opportunity and encourage third states to do so;
 
5.3. protect the integrity of the Rome Statute as recommended in Resolutions 1300 (2002) and 1336 (2003).
 
6.       In addition, the Assembly recommends that Council of Europe member and observer states and the Parliamentary Assembly observer states:
6.1.       fully co-operate with the ICC in the fight against impunity for the most serious crimes of international concern;
 
6.2.       empower their judicial and law enforcement authorities in order to exercise the states´ primary jurisdiction over crimes within the purview of the ICC;
 
6.3.       make meaningful financial contributions to the ICC´s Trust Fund for Victims;
 
6.4.       incorporate in their legal orders relevant standards on victims´ rights, without prejudice to existing higher standards in some Council of Europe member and observer states and Parliamentary Assembly observer states.
 
7.       Furthermore, the Assembly urges the Secretary General of the Council of Europe to take up a mediation role with the two permanent members of the Security Council of the United Nations, the United States and Russia, to foster co-operation with the International Criminal Court and to take away obstacles in domestic laws for such co-operation, such as the 2002 "American Servicemen Protection Act" and international agreements such as bilateral immunity agreements, to ultimately be able to ratify the Rome statute.
8.       The Assembly welcomes the referral of situations, such as the situation in Darfur, by the UN Security Council to the ICC. It calls upon the UN Security Council to fulfil its responsibilities to implement the decisions and orders of the court and to provide financial contributions as contemplated in the Rome Statute.

1 Assembly debate on 27 January 2009 (4th Sitting) (see Doc. 11722, report of the Committee on Legal Affairs and Human Rights, rapporteur: Mrs Däubler-Gmerlin). Text adopted by the Assembly on 27 January 2009 (4th Sitting).

 


  

05.02.2009

Erfahrungen der Bevölkerung in Deutschland mit der Polizei.

Ergebnisse einer Allensbach-Studie

Das Institut für Demoskopie in Allensbach hat 1773 Bürgerinnen und Bürger zu ihren Erfahrungen mit der Polizei befragt. Innerhalb der letzten drei Jahre haben sich demnach 38 % der Bevölkerung von sich aus an die Polizei gewandt. 36 % hatten Kontakt zur Polizei, indem sie angehalten und kontrolliert wurden oder auf Grund eines Unfalls mit der Polizei zu tun hatten.
Sowohl der Ablauf der freiwilligen als auch der unfreiwilligen Kontakte wurde mehrheitlich positiv beurteilt. 79 % respektive 77 % bescheinigten den Beamtinnen und Beamten ein “höfliches und korrektes” Auftreten, wobei unter weiblichen Befragten die höchste (82 %) und unter jungen Menschen unter 30 Jahren die geringste Zufriedenheit (74 %) gemessen wurde.
Die Ergebnisse stimmen durchaus positiv, überraschen jedoch bei den freiwilligen Kontakten kaum und waren auf Grund der engen Definition unfreiwilliger Kontakte (“Anhalten und Kontrollieren” bzw. „Unfall“) auch hier zu erwarten.
Interessant wäre zu erfahren, wie Kontakte im Rahmen der Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung beurteilt werden, was jedoch von den Meinungsforschern nicht erhoben wurde. Ebenso wenig erfolgte eine Auswertung anhand demographischer Merkmale, etwa nach sozialer oder nationaler Herkunft der Befragten.
Quelle: Allensbacher Berichte Nr. 17/2008, Die Polizei – fast immer höflich und korrekt, hrsg. vom Institut für Demoskopie Allensbach, http://www.ifd-allensbach.de/news/prd_0817.html.
(Dank an den Polzei-Newsletter, Thomas Feltes et al., hier: AR) 


  

04.02.2009

Vorschlag für neue Straftatbestände im Staatsschutzstrafrecht

Beratungen im Bundestag

Besondere Formen der Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten sollen künftig unter Strafe gestellt werden. Auch das Aufnehmen oder Unterhalten von Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung soll strafbar sein, wenn dies in der Absicht geschieht, sich in der Begehung solcher Straftaten unterweisen zu lassen. Schließlich sollen neue Straftatbestände gegen das Verbreiten von Anleitungen zur Begehung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten eingeführt werden. Der Deutsche Bundestag hat am 29. Januar 2009 in 1. Lesung einen entsprechenden Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD beraten. Er entspricht inhaltlich einem Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, den das Bundeskabinett am 14. Januar 2009 beschlossen hat.

Der Inhalt der geplanten Regelungen im Einzelnen:

I. Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat § 89a StGB (neu)

1. Handlungsbedarf
Die §§ 129a und b StGB knüpfen die Strafbarkeit des Bildens oder Unterstützens einer terroristischen Vereinigung an die Gefährlichkeit, die von einer (mindestens drei Mitglieder umfassenden) Gruppe ausgeht. Die Struktur des Terrorismus hat sich im Vergleich zu den 70er Jahren jedoch verändert - anders als bei der RAF handelt es sich bei islamistischen Tätern nicht selten um Täter, die ohne feste Einbindung in eine hierarchisch aufgebaute Gruppe in nur losen Netzwerken oder allein agieren, so dass die §§ 129a und b StGB auf sie nicht angewendet werden können. Die von ihnen ausgehende Gefahr ist aber dennoch erheblich.

2. Lösung
Künftig soll es im Staatsschutzstrafrecht einen neuen § 89a StGB geben, der die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu 10 Jahren unter Strafe stellt. Der Tatbestand beschränkt sich auf die Vorbereitung von Straftaten aus dem terroristischen Kernbereich, wie sie in § 129a Abs. 1 StGB aufgeführt sind (Straftaten gegen das Leben und die persönliche Freiheit: Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme), wenn diese Taten bestimmt und geeignet sind, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates zu beeinträchtigen oder die Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben. Wir erfassen Täter, die solche Taten vorbereiten, aber mangels Bestehen oder Nachweisbarkeit einer terroristischen Vereinigung derzeit nicht nach §§ 129a oder 129b StGB bestraft werden können. Damit machen sich auch die (Einzel-)Täter strafbar, deren Handlungen nicht als Verbrechensverabredung dem geltenden § 30 Abs. 2 StGB unterfallen.

3. Rechtsstaatliche Grenzen
Strafrecht ist immer das letzte Mittel des Staates (ultima-ratio-Charakter). Deshalb können Vorbereitungshandlungen grundsätzlich nur ausnahmsweise strafbar sein. Um eine unverhältnismäßige Ausweitung der Vorfeldstrafbarkeit zu vermeiden, werden die strafbaren Vorbereitungshandlungen genau umschrieben. Daneben nimmt der Entwurf die notwendige rechtsstaatliche Begrenzung dadurch vor, dass alle unter § 89a Abs. 2 Nr. 1-4 StGB-E beschriebenen Tathandlungen den Vorsatz erfordern, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorzubereiten. Ohne diesen Vorsatz entfällt die Strafbarkeit.

4. Inhalt der Neuregelungen:
Im Einzelnen definiert der neue § 89a StGB-E abschließend folgende strafbare Vorbereitungshandlungen:

a) die Ausbildung und das Sich-Ausbilden-Lassen, um eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen

 

Beispiele:

  1. A erhält den Auftrag, in Deutschland einen Sprengstoffanschlag auf eine Bundeswehrkaserne und einen US-Luftwaffenstützpunkt zu verüben. Um die notwendigen Fertigkeiten zur Begehung dieser Tat zu erwerben, lässt A sich in einem islamistischen Ausbildungslager im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet im Umgang mit Schusswaffen und Sprengstoffen schulen.
  2. X, Mitglied einer rechtsextremistischen "Wehrsportgruppe", will einen Sprengstoffanschlag auf eine Synagoge verüben. Um die nötigen Kenntnisse zu erwerben, absolviert er im Auftrag seines Anführers einen Sprengmeisterkurs in einem Steinbruch.
  3. M will ein Passagierflugzeug kapern und in einen Büroturm steuern. Um den Anschlag vorzubereiten, nimmt er Unterricht im Führen von Passagierflugzeugen in einer Flugschule. Damit will er die notwendige Fertigkeit erwerben, um seinen Plan ins Werk zu setzen.

 

b) die Herstellung, das Sich-Verschaffen, Überlassen oder Verwahren von bestimmten Waffen, bestimmten Stoffen (z. B. Viren, Gifte, radioaktive Stoffe, (Flüssig-)Sprengstoffe) oder besonderen zur Ausführung der vorbereiteten Tat erforderlichen Vorrichtungen (z. B. Zündern) sowie

 

c) das Sich-Verschaffen oder Verwahren von wesentlichen Gegenständen oder "Grundstoffen", um diese Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen herzustellen

 

Beispiel:

  1. Die im September 2007 im Sauerland festgenommenen Tatverdächtigen haben nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen unter anderem Anschläge auf US-amerikanische Einrichtungen geplant und sich zu diesem Zweck erhebliche Mengen Wasserstoffperoxid verschafft, um damit Bombenanschläge zu begehen.
  2. Auch im Falle der versuchten Bombenanschläge auf Regionalzüge in Dortmund und Koblenz im Sommer 2006 haben sich die Täter nach den Erkenntnissen aus dem Strafverfahren die für die Kofferbomben erforderlichen Gegenstände zur Vorbereitung der geplanten Taten beschafft und die Sprengsätze in ihren Wohnungen gebaut.

 

d) die Finanzierung eines Anschlags

Die neue Vorschrift erfasst auch das Sammeln, Entgegennehmen oder Zur-Verfügung-Stellen von nicht unerheblichen Vermögenswerten, um beispielsweise die zur Tat erforderlichen Sprengstoffe zu kaufen. Ebenso erfasst die Vorschrift auch das Sammeln vermeintlicher "Spenden" zur Vorbereitung eines Anschlags. Hierbei muss es sich stets um Vermögenswerte handeln, die - im Rahmen einer wertenden Gesamtschau - einen nicht unerheblichen Beitrag zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat leisten.

II. Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat - § 89b StGB (neu)

Nach dem neuen § 89b StGB-E soll mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden, wer in der Absicht, sich in der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat unterweisen zu lassen (vgl. § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB-E), Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung aufnimmt oder unterhält. Erfahrungsgemäß geht dem Aufenthalt in terroristischen Ausbildungslagern die Vermittlung durch Personen voraus, die terroristischen Vereinigungen zugerechnet werden können. Die neue Vorschrift ermöglicht es, mit strafrechtlichen Mitteln gegen Personen vorzugehen, die sich beispielsweise in sogenannten terroristischen Ausbildungslagern die zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat erforderlichen Fertigkeiten aneignen wollen und zu diesem Zweck, Kontakt zu Mitgliedern oder Unterstützern einer terroristischen Vereinigung aufnehmen .

Beispiel:
A hat sich entschieden, ein Ausbildungslager im mittleren Osten aufzusuchen. Er möchte sich beibringen lassen, wie mit Waffen und Explosivstoffen umzugehen ist, um entsprechend seiner Überzeugung als Kämpfer am "Dschihad" teilzunehmen. Es geht ihm nicht darum, eine bestimmte terroristische Vereinigung zu unterstützen. Um in ein Ausbildungslager zu gelangen, kontaktiert A den B, von dem er weiß, dass dieser Al-Kaida finanziell unterstützt hat und bereits selbst in einem terroristischen Ausbildungslager gewesen ist. B fertigt ein Empfehlungsschreiben für A, der im Anschluss daran ins Ausland reist, um eine Ausbildung zu absolvieren.
Bereits im Zeitpunkt des Treffens mit B hätte A den Tatbestand des § 89b Abs. 1 StGB-E erfüllt.

III. Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat - § 91 StGB-E (neu)

a) Problem
Das Internet als weltweiter Kommunikationsraum hat als Propagandamedium für Terroristen in erheblichem Umfang an Bedeutung gewonnen. Auf vielen Internetseiten sind Anleitungen für die Herstellung von Sprengstoffen, den Bau von Sprengvorrichtungen oder die Ausbildung in terroristischen Trainingslagern im Kontext beispielsweise mit islamistischer Hetzpropaganda zu finden. Solche Anleitungen stellen eine erhebliche Gefahr dar, da sie ohne wietere Zwischenschritte zur Vorbereitung von Gewalttaten verwendet werden können und nach den Erkenntnissen der Strafverfolgungsbehörden auch verwendet werden.

Trotz der von ihnen ausgehenden Gefahr solcher Anleitungen erfassen die bereits geltenden Strafvorschriften, die das Anleiten zu Straftaten ahnden (§§ 111, 130a StGB), diese bislang nicht hinreichend. Nach geltendem Recht muss entweder nachgewiesen werden, dass sich die verbreiteten Schriften auf eine konkrete Tat beziehen oder dass der Täter die Absicht verfolgt, bei einem anderen die Bereitschaft zur Begehung schwerer Straftaten zu wecken oder zu fördern.

b) Lösung
Diese Probleme der Praxis soll der neue § 91 StGB lösen. Die Vorschrift erfasst das Verbreiten oder das Anpreisen von terroristischen "Anleitungen" - beispielsweise im Internet - und bedroht diese Verhaltensweisen mit bis zu drei Jahren Haft, wenn die Umstände der Verbreitung der Anleitung geeignet sind, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen.

Entscheidend ist, dass nicht mehr auf die Absicht des Täters abgestellt wird. Statt dessen soll es künftig ausreichen, dass die Umstände der Verbreitung der jeweiligen Anleitung (z. B. im Rahmen einer islamistischen oder auch rechtsextremistischen Webseite) objektiv geeig-net sind, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine Gewalttat mit einer staatsschutzrelevanten Zielsetzung zu begehen.

Beispiel:
A stellt auf einem dschihadistischen Internetforum, in dem zu Anschlägen aufgefordert wird, eine Bombenbauanleitung ein. Dies wäre in Zukunft strafbar, ohne dass er die konkrete Absicht haben muss, dass jemand sich dieser Anleitung bedient, um eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen.

Ebenfalls bestraft werden soll, wer sich eine solche Anleitung (zum Beispiel durch Herunterladen aus dem Internet) verschafft, um eine solche Gewalttat zu begehen (§ 91 Abs. 1 Nr. 2 StGB (neu)).

Beispiel:
Zur Vorbereitung der versuchten Anschläge auf Regionalzüge in Koblenz und Dortmund haben sich die Täter nach dem Ergebnis der Ermittlungen aus dem Internet Bombenbauanleitungen heruntergeladen. Dies wäre in Zukunft strafbar.

Wer sich solches Material ohne Anschlagsvorsatz (z. B. aus jugendlicher Neugier) herunterlädt, wird nicht von dem Tatbestand erfasst. Ausgenommen von der Strafbarkeit sind auch solche Handlungen, die ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger beruflicher oder dienstlicher Pflichten oder der Forschung, Wissenschaft oder Lehre dienen. Straflos sind etwa Anleitungen in Chemiebaukästen, Lehrbüchern oder auch Patentschriften.

IV. Begleitregelungen

Ergänzt werden die neuen Tatbestände im Strafgesetzbuch durch Begleitregelungen.

1. Verfahrensrecht
So sollen die Strafverfolgungsbehörden zur Verfolgung von Straftaten nach den neuen Vorschriften auf die Ermittlungsmaßnahmen zurückgreifen können, die bereits nach geltendem Recht zur Verfügung stehen (z. B. die Durchsuchung, Beschlagnahme). Soweit es um die Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten geht (§ 89a StGB-E) soll den Strafverfolgungsbehörden darüber hinaus auch die Möglichkeit der Wohnraumüberwachung und der Telefonüberwachung zur Verfügung stehen.

Für Strafverfahren wegen der neuen Tatbestände der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a StGB-E) und der Aufnahme von Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89b StGB-E) sind die Staatsschutzgerichte zuständig, was durch den Staatsschutzcharakter der Vorschriften und die Komplexität der zugrundeliegenden Sachverhalte begründet ist.

Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hat die Möglichkeit, bei Straftaten nach § 89a und § 89b StGB-E die Strafverfolgung zu übernehmen, wenn es sich um einen Fall mit besonderer Bedeutung handelt (sog. Evokationsrecht).

2. Aufenthaltsrecht
Ergänzt werden auch aufenthaltsrechtliche Regelungen. Eingeführt wird ein neuer Re-gelausweisungstatbestand, der die bisherigen Regelausweisungstatbestände im Hinblick auf die Zielrichtung des neuen § 89a StGB-E ergänzt. So können bei Vorliegen von tatsächlichen Anhaltspunkten für die Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten regelmäßig aufenthaltsrechtliche Maßnahmen getroffen werden:

  • Ausweisung mit der Folge, dass der Aufenthaltstitel nach § 51 Abs. 1 Nummer 4 des Aufenthaltsgesetzes erlischt, eine Abschiebung grundsätzlich möglich ist, und ein Aufenthalts- und Einreiseverbot (§ 11 Abs. 1 S. 1 des Aufenthaltsgesetzes) besteht,
  • Zurückweisung an der Grenze (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes)

Ausländer, die im Ausland schwere staatsgefährdende Gewalttaten vorbereiten, sollen nach Möglichkeit bereits an der Einreise gehindert werden.

Quelle:
Überschrift KrimG. Text: Pressemeldung des Bundesministeriums der Justiz vom 29. Januar 2009. 


 

04.02.2009

Auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit bei der Verhängung von Geldstrafen

Beratungen im Bundestag

Der Deutsche Bundestag hat heute in 1. Lesung den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anhebung der Höchstgrenze eines Tagessatzes bei Geldstrafen beraten. Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries soll das Gericht künftig einen Tagessatz in Höhe von max. 20.000 ¤ - statt wie bisher 5.000 ¤ - verhängen können. Damit wird sichergestellt, dass es auch in Zukunft kein Gerechtigkeitsdefizit im Bereich der Geldstrafen gibt.

Nach dem Tagessatzsystem wird die Zahl der Tagessätze mit der Höhe des einzelnen Tagessatzes multipliziert. Die Anzahl der Tagessätze spiegelt den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat wider. Das Gericht kann bei einer Einzeltat maximal 360 und bei mehreren Taten maximal 720 Tagessätze verhängen. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes bemisst sich hingegen nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters. Ein Tagessatz entspricht daher in der Regel dem Nettoeinkommen, das dem Täter durchschnittlich an einem Tag zur Verfügung steht. Die Tagessatzhöhe liegt seit 1975 unverändert bei max. 5.000 ¤. Aus der vorgesehenen Vervierfachung der Tagessatzobergrenze ergibt sich, dass als höchste mögliche Geldstrafe zukünftig ein Betrag von 7,2 Millionen Euro bei einer Einzeltat und 14,4 Millionen Euro bei mehreren Taten verhängt werden kann; die bisherigen Höchstgrenzen liegen bei 1,8 bzw. 3,6 Millionen Euro.

Beispiele:

 

  1. Ein Spitzenmanager, der über ein Jahresnettoeinkommen von 6 Millionen Euro verfügt, hat Steuern in größerem Umfang hinterzogen. Der aufgrund des täglichen Nettoeinkommens des Täters zu bestimmende Tagessatz würde nach der Neuregelung auf 16.667 Euro (6 Millionen Euro ./. 360 Tage) festzusetzen sein. Hält das Gericht aufgrund der Gesamtumstände des konkreten Einzelfalls eine Geldstrafe von 300 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen, müsste der Täter insgesamt eine Geldstrafe von 5 Millionen Euro zahlen.
  2. Hinterzieht derselbe Täter bei gleichbleibendem Jahreseinkommen in zwei aufeinander folgenden Jahren jeweils Steuern in größerem Umfang und legt das Gericht aufgrund der beiden rechtlich selbständigen Taten ("Tatmehrheit") die Gesamtgeldstrafe auf 450 Tagessätze fest, hätte er nach der Neuregelung insgesamt eine Geldstrafe von 7,5 Millionen Euro zu zahlen.

Nach der bisherigen Regelung wäre es in beiden Fällen lediglich möglich gewesen, den Tagessatz auf die Höchstgrenze von 5.000 Euro festzusetzen, so dass die Geldstrafe im ersten Fall 1,5 Millionen Euro und damit weniger als drei Monatseinkommen des Täters betragen hätte. Im zweiten Fall ("Tatmehrheit") wäre er zur Zahlung von 2,25 Millionen Euro verurteilt worden - weniger als fünf seiner Monatseinkommen.

Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamts hat sich die Zahl der Personen, deren Einkommen deutlich über der geltenden Tagessatzhöchstgrenze von 5.000 Euro liegt, mehr als verachtfacht. So hatten 1974 lediglich 88 Steuerpflichtige Gesamtbruttoeinkünfte von 10 Millionen DM oder mehr, während der in etwa vergleichbare Eurobetrag von 5 Millionen Euro, der einem Tagesbruttoeinkommen von fast 14.000 Euro entspricht, im Jahr 2003 bereits von 719 Steuerpflichtigen erreicht oder überschritten wurde.

Quelle:
Überschrift KrimG. Text: Pressemeldung des Bundesministeriums der Justiz vom 29.01.2009


 

04.02.2009

Die Zukunft der rechtlichen Regelung der Verständigung in Strafverfahren

Beratungen im Bundestag

Der Deutsche Bundestag hat am 29. Januar 2009 in 1. Lesung einen Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD beraten, mit dem die Voraussetzungen einer Verständigung im Strafverfahren geregelt werden. Der Entwurf entspricht inhaltlich dem Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, den das Bundeskabinett am 21. Januar 2009 beschlossen hat. Das Vorhaben enthält klare gesetzliche Vorgaben zu Verfahren, Inhalt und Folgen von Verständigungen und gewährleistet dadurch Rechtsicherheit, Transparenz und eine gleichmäßige Rechtsanwendung durch die gerichtliche Praxis.

Im Einzelnen:

1. Handlungsbedarf
Die Verständigung in Strafverfahren ist bislang gesetzlich nicht geregelt. Bei dieser Verfahrensweise versuchen das Gericht und die weiteren Verfahrensbeteiligten - vor allem Staatsanwaltschaft, Angeklagter und Verteidigung, aber auch der Nebenkläger - sich über den Verlauf des Verfahrens und über dessen Ausgang zu verständigen. Der Bundesgerichtshof hat solche Absprachen für grundsätzlich zulässig erklärt und vor dem Hintergrund der hohen Belastung der Justiz diese verfahrensökonomische Art der Erledigung als unerlässlich bezeichnet. Auch unter dem Gesichtspunkt des Zeugen- und Opferschutzes sind Verständigungen eine berechtigte Alternative auf dem Weg zu einem gerechten Urteil, wenn auf eine vor allem für das Opfer psychisch belastende Beweisaufnahme verzichtet werden kann. Voraussetzung für die Zulässigkeit von Absprachen ist jedoch, dass die grundlegenden Prinzipien des deutschen Strafprozesses und des materiellen Strafrechts eingehalten werden. Zustandekommen und Ergebnis einer Verständigung müssen sich am Grundsatz des fairen Verfahrens, der Pflicht des Gerichts zur umfassenden Ermittlung der Wahrheit sowie an einer gerechten und schuldangemessenen Strafe orientieren. In seiner Grundsatzentscheidung vom 3. März 2005 hat der Große Strafsenat des Bundesgerichtshofs wesentliche Leitlinien zur Zulässigkeit von Absprachen festgelegt, gleichzeitig jedoch betont, dass die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung erreicht sind.

2. Lösung
Künftig wird es in der Strafprozessordnung ein umfassendes und differenziertes rechtstaatliches Regelungskonzept zur Verständigung im Strafverfahren geben. Die neuen Vorschriften stellen der Praxis in weitem Umfang Vorgaben für Zustandekommen und Inhalt von Absprachen zur Verfügung, ohne den für Einzelfälle notwendigen Spielraum zu sehr einzuschränken. Dabei geht der Gesetzentwurf von den folgenden Grundsätzen aus:

  • Die Grundsätze der Strafzumessung bleiben unberührt. Das Strafmaß muss sich weiterhin an der Schuld des Angeklagten orientieren.
  • Unberührt bleiben auch die Grundsätze des Strafverfahrens. Es wird insbesondere kein "Konsensprinzip" geben. Eine Verständigung kann nie alleinige Grundlage des Urteils sein. Das Gericht bleibt weiterhin verpflichtet, den wahren Sachverhalt bis zu seiner Überzeugung zu ermitteln.
  • Es muss ein größtmögliches Maß an Transparenz gewährleistet sein. Eine Verständigung kann nur in der öffentlichen Hauptverhandlung zustande kommen, Vorgänge außerhalb der Hauptverhandlung muss das Gericht öffentlich mitteilen. Verständigungen müssen stets umfassend protokolliert und im Urteil erwähnt werden.
  • Es gibt keinerlei Beschränkungen der Rechtsmittel. Die Vereinbarung eines Rechtsmittelverzichts darf nicht Gegenstand einer Verständigung sein. Das Urteil bleibt auch nach einer Verständigung in vollem Umfang überprüfbar, der Angeklagte muss darüber eingehend belehrt werden.

Der Gesetzentwurf enthält einen vernünftigen und praxisgerechten Mittelweg zwischen einem teilweise geforderten Totalverbot von Absprachen einerseits und einem Konsensprinzip andererseits, welches das Gericht zu sehr aus seiner Verantwortung zur Ermittlung der Wahrheit entlassen würde. Die vorgeschlagene Lösung berücksichtigt insbesondere die Vorgaben der Rechtssprechung sowie eine Vielzahl von Anregungen aus Wissenschaft und Praxis. Insbesondere unterscheidet der Entwurf nicht zwischen verteidigtem und unverteidigtem Angeklagten und schließt auch Verfahren vor den Amtsgerichten nicht aus. Damit wird eine "2-Klassen-Justiz" vermieden und dem Umstand Rechnung getragen, das auch in amtsgerichtlichen Verfahren, wo vorwiegend Fälle der kleineren und mittleren Kriminalität behandelt werden, Verständigungen zum Alltag gehören.

3. Inhalt
Zentrale Vorschrift zur Regelung der Verständigung ist ein neuer § 257c StPO. Er enthält Vorgaben zum zulässigen Gegenstand, zum Zustandekommen und zu den Folgen einer Verständigung und legt fest, dass die Pflicht des Gerichts zu Aufklärung des Sachverhalts uneingeschränkt bestehen bleibt.

Gegenstand
Gegenstand einer Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen, also im Wesentlichen das Strafmaß und etwaige Auflagen wie zum Beispiel Bewährungsauflagen sein. Auch Maßnahmen zum Verfahrensverlauf sowie das Prozessverhalten der Beteiligten sind zulässig, wie etwa Einstellungsentscheidungen, die Zusage von Schadenswiedergutmachung durch den Angeklagten oder der Verzicht auf weitere Beweisanträge oder Beweiserhebungen, soweit dies mit der Sachaufklärungspflicht des Gerichts vereinbar ist. Ebenfalls soll ein Geständnis Gegenstand einer Verständigung sein. Das Gericht muss von der Richtigkeit des Geständnisses überzeugt sein, um seiner Aufklärungspflicht in vollem Umfang nachzukommen. Bei Zweifeln an der Richtigkeit muss es gegebenenfalls auf seine Zuverlässigkeit überprüft werden.
Ausdrücklich ausgeschlossen als Gegenstand einer Verständigung sind der Schuldspruch - also die Frage, ob und wenn ja, wegen welcher Strafnorm jemand verurteilt wird - und die Ankündigung des Angeklagten, auf Rechtsmittel zu verzichten. Ebensowenig können Maßregeln der Besserung und Sicherung wie beispielsweise die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in eine Verständigung aufgenommen werden, weil hier das Gesetz dem Gericht keinen Entscheidungsspielraum belässt.

Zustandekommen
Eine Verständigung kommt zustande, indem das Gericht ihren möglichen Inhalt bekannt gibt und der Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft zustimmen. Das Gericht gibt dabei eine Ober- und Untergrenze der möglichen Strafe an. Dabei muss es die allgemeinen Strafzumessungserwägungen berücksichtigen und darf weder eine unangemessen niedrige noch eine unangemessen hohe Strafe vorschlagen. Die Initiative zu einer Verständigung ist aber nicht allein dem Gericht vorbehalten, entsprechende Anregungen können auch von den anderen Verfahrensbeteiligten ausgehen.

Nicht vorgesehen ist, dass auch der Nebenkläger zustimmen muss. Dies entspricht dem bereits geltenden Strafprozessrecht, nach dem der Nebenkläger das Urteil allein wegen der Rechtsfolgen nicht angreifen kann. Die Strafzumessung bzw. das Strafmaß sind aber gerade der wesentliche Gegenstand einer Verständigung. Dies schließt aber nicht aus, dass der Nebenkläger an Gesprächen und Erörterungen im Vorfeld von Verständigungen beteiligt ist und dabei seine Bedenken und Vorschläge äußert.

Transparenz
Eine Verständigung kann nur in öffentlicher Hauptverhandlung zustande kommen. Dies schließt nicht aus, dass außerhalb der Hauptverhandlung Gespräche geführt werden, durch die eine Verständigung vorbereitet wird. Nach dem Gesetzentwurf ist der Vorsitzende des Gerichts verpflichtet, darüber Transparenz herzustellen, indem er in öffentlicher Hauptverhandlung mitteilt, ob und ggf. mit welchem Inhalt solche Gespräche stattgefunden haben. Um die Geschehnisse bei einer Verständigung umfassend zu dokumentieren, muss das Gericht den wesentlichen Ablauf einschließlich etwaiger Vorgespräche außerhalb der Hauptverhandlung, den Inhalt und das Ergebnis einer Verständigung protokollieren. Damit wird vor allem sichergestellt, dass Absprachen im Revisionsverfahren vollständig überprüft werden können.

Folgen des Scheiterns
Eine besondere Vorschrift sieht der Entwurf für den Fall vor, dass sich das Gericht von einer Verständigung lösen will. Die Bindung des Gerichts entfällt, wenn das Gericht nachträglich zur Überzeugung kommt, dass die in Aussicht gestellte Strafe nicht tat- oder schuldangemessen ist, was den Fall einschließt, dass das Gericht eine unzutreffende Prognose bei der Bewertung des bisherigen Verhandlungsergebnisses abgegeben hat. Auch kann das Prozessverhalten des Angeklagten das Gericht veranlassen, sich von der Absprache zu lösen, wenn es nicht mehr dem Verhalten entspricht, welches das Gericht seiner Prognose zugrunde gelegt hat. Eine solche Regelung ist erforderlich, weil Ergebnis des Strafverfahrens immer ein richtiges und gerechtes Urteil sein muss. Entfällt die Bindung des Gerichts, darf ein Geständnis des Angeklagten, das er im Vertrauen auf den Bestand der Verständigung als seinen "Beitrag" abgegeben hat, nicht verwertet werden. Damit wird der Schutz des Angeklagten gestärkt und dem Grundsatz des fairen Verfahrens Rechnung getragen.

Rechtsmittel
Neben dem Verbot, die Ankündigung eines Rechtsmittelverzichts zum Gegenstand einer Verständigung zu machen, verzichtet der Gesetzentwurf aus zwei Gründen bewusst darauf, Rechtsmittel nach vorangegangener Verständigung einzuschränken oder auszuschließen. Zum einen soll eine vollständige Kontrolle durch das Berufungs- oder Revisionsgericht möglich sein. Damit soll sichergestellt werden, dass die Vorschriften gleichmäßig entsprechend der Vorgaben des Gesetzgebers angewandt werden. Zum anderen soll der Eindruck vermieden werden, das Urteil beruhe auf einem "Abkommen" der Beteiligten, an das sich alle zu halten haben. Ergebnis einer Verständigung ist vielmehr ein ganz normales Urteil, dessen Grundlage die volle Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit ist und das auf einer vollständigen Aufklärung des Sachverhalts beruht. Dazu gehört, dass das Urteil wie jedes andere überprüfbar sein muss. Ein Rechtsmittelverzicht ist nur dann wirksam, wenn der Angeklagte ausdrücklich darüber belehrt worden ist, dass er trotz einer vorangegangenen Verständigung in seiner Entscheidung frei ist, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen ("qualifizierte Belehrung"). Ist diese Belehrung unterblieben, kann der Angeklagte trotz erklärten Verzichts auf Rechtsmittel gegen das Urteil vorgehen.

Kommunikation
Ein weiterer, wichtiger Regelungskomplex (§§ 160b, 202a, 212 StPO-E) hat zum Gegenstand, die Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten zu stärken. Es sollen bereits im Ermittlungsverfahren, aber auch in allen weiteren Stadien des gerichtlichen Verfahrens sogenannte Erörterungen der verfahrensführenden Stellen (Staatsanwaltschaft bzw. Gericht) mit den Verfahrensbeteiligten gefördert werden. Bei solchen Erörterungen im gerichtlichen Verfahren kann auch die Möglichkeit einer Verständigung besprochen werden. Ziel ist es, dass die Beteiligten miteinander im Gespräch bleiben, wenn dies für den Verlauf des Verfahrens sinnvoll ist.

Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Ziel ist es, das parlamentarische Verfahren noch in dieser Legislaturperiode abzuschließen.

Quelle:
Überschrift KrimG. Ansonsten: Pressemeldung des Bundesministeriums der Justiz vom 29.01.2009


 

03.02.2009

Strafvollzugsstatistik 2008

Demographische und kriminologische Merkmale der Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in deutschen Justizvollzugsanstalten am 31.3.2008

Zu Ende Januar ist die neue Ausgabe für 2008 der Fachserie 10, Reihe 4.1 Strafvollzug ist soeben erschienen. Die Veröffentlichung kann kostenlos aus dem Publikationsservice des Statistischen Bundesamtes heruntergeladen werden. Um die Fachserie 10 Reihe 4.1 2008 herunterzuladen, muss auf der verlinkten Seite zunächst die gewünschte Version (xls oder pdf) ausgewählt werden. Nach Bestätigung der allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. Copyrightbestimmungen kann die ausgewählte Version alternativ vom Kunden abgespeichert oder online eingesehen werden.
URL:
https://www-ec.destatis.de/...


 

02.02.2009

Französischer Jugendstrafvollzug zwischen 1930 und 1960

Das Beispiel der "Colonie Pénitentiaire" in Saint Hilaire

Die französische Gruppe Criminocorpurs hat jüngst eine Reminiszenz an die früheren französischen Besserungsanstalten für delinquente Jugendliche ins Netz gestellt. Es handelt sich um einen sog. virtuellen Rundgang, der digitalisierte Bilder aus der Einrichtung verwendet. Sie verschaffen trotz einer gewissen Patina einen guten Einblick in den Lebensalltag der "Kolonien". Sie sind, eben als fotografische Dokumente, auch für diejenigen an der Geschichte von Fürsorgeerziehung und Jugendstrafvollzug Interessierten eindrücklich, die ansonsten nicht des Französischen mächtig sind.
Der virtuelle Rundgang startet unter folgender URL: http://www.criminocorpus.cnrs.fr/expos/saint-hilaire/

Wer an Criminocorpus generell interessiert ist, findet die Homepage unter folgender URL: http://www.criminocorpus.cnrs.fr/

 

Januar 2009

30.01.2009

Ungenutzte Potenziale

Zur Lage der Integration in Deutschland

Unter diesem Titel hat das "Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung" (Autoren: Franziska Woellert, Steffen Kröhnert, Lilli Sippel und Reiner Klingholz) vor wenigen Tagen die Ergebnisse einer Sonderauswertung des deutschen Mikrozensus 2005 (N = rund 800 000) veröffentlicht. Die Autoren analysieren detailliert, wie sich Migrantengruppen in Deutschland (Aussiedler, Ausländer verschiedener Nationen) innerhalb der Gesellschaft integrieren (lassen). Hauptachsen der Analyse sind

  • Integration in den Arbeitsmarkt
  • Integration in das Bildungssystem
  • Integration in die Gesellschaft und schließlich
  • Integration gesamt.

Die Studie kann auch kostenlos als PDF-Datei (95 Seiten) unter folgender URL herunter geladen werden:
http://www.berlin-institut.org/fileadmin/user_upload/Zuwanderung/Integration_RZ_online.pdf

Ergänzende Informationen (Abstract, Pressemitteilungen u.a.) finden sich auf der Homepage des BIBE unter folgender URL:
http://www.berlin-institut.org/


 

28.01.2009

Neues Zentrum für evidenzbasierte Kriminalpolitik in den USA gegründet

Newsletter verfügbar

Dear Colleagues, this past summer, we successfully started the Center for Evidence-Based Crime Policy (CEBCP) at George Mason University with the support of many colleagues, students, and George Mason University's College of Humanities and Social Science and Office of the Provost.
Center for Evidence-Based Crime Policy
http://gemini.gmu.edu/cebcp/

To view our progress, research programs and our full calendar of events, please see our first newsletter, at the following link:
http://gemini.gmu.edu/cebcp/newsletterjan09.pdf

We wish to especially draw your attention to three items:
1. Applications for the special Graduate Research Assistantship at the CEBCP are due February 1st.
2. Our next Congressional Briefing will take place at the Senate Russell Building on February 3rd, from 10am to noon. Registration is now open.
3. Our website contains detailed information about our research programs, resources available, and advisory board.
Best wishes for the new year, David Weisburd, Director & Cynthia Lum, Deputy Director


 

24.01.2009

Mehr als  1.200 Teen Courts in den USA sollen schon knapp 134.000  Fälle behandelt haben

Angaben aus einer Einladung zu einer amerikanischen Tagung

Hosted by the Global Issue Resource Center, the National Juivenile Justice Training to Implement or Enhance a local Teen Court or Youth Court Program will take place in Cleveland, Ohio from March 30-31, 2009.  There are currently now more than a record 1,225 local youth and teen court programs in 49 states and the District of Columbia.  During the most recent one year period, a record 111,868 juvenile and delinquent cases were referred to local youth and teen courts and more than a record 133,832 volunteers, to include both youth and adults volunteered to help with the disposition and sentencing of these juvenile cases.  Youth court programs offer a positive alternative to traditional juvenile justice and school disciplinary procedures, hold juveniles accountable for their delinquent and criminal behavior, promote restorative justice principles, help educate youth about the legal system and encourage and teach civic and service life lessons.  Register today and join those interested in establishing a new local program and other adults new to an existing local program.  Keynote speakers and trainers include Scott Peterson, Nancy Miller, Gary Kepley and David Garcia.   Register early as space is limited!

For more information, please call the Global Issue Resource Center at (216) 987-2224 and/or e-mail Marcelle.Eades@tri-c.edu

Download a brochure: http://www.tri-c.edu/community/globalissues/Pages/EventsConferences.aspx


 

24.01.2009

Comparative Criminology and Criminal Justice

Neues Angebot in Bangor, UK, für Master, Diploma und Promotion

Studierende können an der Bangor University in Nordwales Comparative Criminology and Criminal Justice studieren. Wahlweise kann ein Master oder ein Diploma-Abschluß erworben werden. Ein Promotionsstudium kann an den Master angehängt werden. Eine Besonderheit für britische Hochschulen ist, dass in Bangor die Masterarbeit oder auch die Dissertation auf Wunsch auch in deutscher Sprache verfaßt werden können. Das Studium kann vollzeit oder teilzeit erfolgen. Interessenten können sich wenden an : PD Dr. Stefan Machura, Tel. 0044-1248-382214, email s.machura@bangor.ac.uk 

 


 

 

21.01.2009

Erweitertes Führungszeugnis [scil. zum Schutz von Kindern und Jugendlichen]:

Bundesregierung setzt Beschluss des Kindergipfels um

Das Bundeskabinett hat am 21. Januar 2009 einen Gesetzentwurf zum Schutz von Kindern und Jugendlichen beschlossen. Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries sollen künftig so genannte erweiterte Führungszeugnisse dem Arbeitgeber in weit größerem Umfang Auskunft darüber geben, ob Stellenbewerber wegen bestimmter Sexualdelikte an Kindern und Jugendlichen vorbestraft sind. Das Vorhaben verwirklicht einen vom Bundesministerium der Justiz vorbereiteten Beschluss des zweiten Kindergipfels der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der Länder vom 12. Juni 2008, der diese Regelung als wichtigen Baustein für die Umsetzung seiner Anliegen vorsieht.

"Der Staat muss seine Bürgerinnen und Bürger so gut wie möglich vor Straftaten schützen. Vor allem Kinder und Jugendliche sind schutzlos, wenn Sexualstraftaten von Personen begangen werden, die wegen ihrer beruflichen Stellung das besondere Vertrauen der Opfer genießen. Mit dem Gesetzentwurf erweitern wir die Speicherung im Bundeszentralregister im Bereich des Kinder- und Jugendschutzes. Künftig wird allen Personen, die im kinder- und jugendnahen Bereich beschäftigt werden wollen, ein erweitertes Führungszeugnis erteilt, in dem die Verurteilungen zu Sexualstraftaten auch im untersten Strafbereich aufgenommen sind. Potenzielle Arbeitgeber wissen dann über alle einschlägigen Vorstrafen ihrer Bewerber Bescheid und können verhindern, dass diese im kinder- und jugendnahen Bereich als Erzieher in Kindergärten, aber auch als Schulbusfahrer, Bademeister, Sporttrainer oder Mitarbeiter im Jugendamt beschäftigt werden", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Das Bundeszentralregistergesetz (BZRG) regelt, dass jeder Person ab 14 Jahren auf Antrag und ohne Angaben von Gründen ein Führungszeugnis erteilt wird. Ob eine Verurteilung in ein Führungszeugnis aufgenommen wird, richtet sich grundsätzlich nach der Höhe des Strafmaßes; das zugrundeliegende Delikt spielt dabei in der Regel keine Rolle. Nach geltendem Recht erscheinen im Führungszeugnis Erstverurteilungen nur bei einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten, um dem verfassungsrechtlich verankerten Resozialisierungsgebot Rechnung zu tragen. Von diesen Grenzen sind derzeit nur bestimmte schwere Sexualstraftaten (§§ 174 bis 180 oder 182 StGB, insb. Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen und Vergewaltigung) ausgenommen, nicht aber alle anderen kinder- und jugendschutzrelevante Sexualdelikte. Lässt sich ein Arbeitgeber bei der Einstellung ein Führungszeugnis vorlegen, erlangt er von diesen Erstverurteilungen bis zu 90 Tagessätzen oder 3 Monaten Freiheitsstrafe keine Kenntnis und kann nicht verhindern, dass der betroffene Bewerber im kinder- und jugendnahen Bereich beschäftigt wird.

Künftig soll durch eine Änderung des BZRG sichergestellt werden, dass im Interesse eines effektiven Kinder- und Jugendschutzes sexualstrafrechtliche Verurteilungen auch im niedrigen Strafbereich in einem sogenannten erweiterten Führungszeugnis aufgenommen werden.

Der Gesetzentwurf sieht zielgerichtet die Einführung eines erweiterten Führungszeugnisses für kinder- und jugendnahe Tätigkeiten vor. Personen, die bei ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen Beschäftigung mit Kindern und Jugendlichen in der Regel keinen Kontakt aufnehmen können, sind daher von den neuen Regelungen nicht erfasst.

"Eine Arbeit als Fliesenleger, Automechaniker oder Architekt ist nicht in vergleichbarer Weise geeignet, Kontakt zu Kindern oder Jugendlichen aufzunehmen. Eine Regelung, die verlangt, dass generell alle Vorstrafen - gleich für welche Beschäftigung - in ein Führungszeugnis aufgenommen werden, würde über das Ziel hinausschießen. Denn auch die Wiedereingliederung ist verfassungsrechtlich geboten und im Interesse der Gesellschaft. Mit unserem Vorschlag schaffen wir deshalb zielgenau einen vernünftigen und gerechten Ausgleich zwischen dem Resozialisierungsinteresse von Straffälligen und der besonderen Verantwortung, wenn es um den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Sexualstraftaten geht", erläuterte Zypries.

Im Einzelnen

Betroffener Personenkreis

Das erweiterte Führungszeugnis wird nach dem neuen § 30a BZRG erteilt,

  • wenn dies in einem Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist.

Beispiele: Die praktisch bedeutsamste Vorschrift ist § 72a des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII). Sie richtet sich an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die für die Wahrnehmung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe keine Person beschäftigen oder vermitteln dürfen, die rechtskräftig wegen einer bestimmten Straftat verurteilt worden ist (in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung: Straftaten nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184f oder den §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB). Ein vergleichbares Beschäftigungsverbot enthält auch § 25 Jugendarbeitsschutzgesetz für Personen, die Lehrlinge ausbilden.

  • demjenigen, der eine Tätigkeit ausüben will, die geeignet ist, Kontakt zu Minderjährigen aufzunehmen, wie die berufliche oder ehrenamtliche Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger.

Beispiele: Erzieher in Kindergärten, Kinder- oder Jugendheimen, Pflegepersonen für die Kindertages- und Vollzeitpflege, Lehrer in Privatschulen, Schulbusfahrer, Bademeister in Schwimmbädern, Jugendsporttrainer, Leiter von Kinder- und Jugendfreizeitgruppen.

Inhalt des erweiterten Führungszeugnisses

Bereits nach geltendem Recht werden in ein Führungszeugnis regelmäßig alle Verurteilungen - unabhängig vom Strafmaß - wegen bestimmter schwerer Sexualstraftaten nach den §§ 174 bis 180 und § 182 StGB aufgenommen. Für das erweiterte Führungszeugnis wird dieser Katalog um weitere kinder- und jugendschutzrelevante Verurteilungen wegen Straftaten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB erweitert. Künftig wird daher auch beispielsweise eine Verurteilung zu 60 Tagessätzen wegen Verbreitung von Kinderpornographie oder Exhibitionismus im erweiterten Führungszeugnis erscheinen. Bislang erhielt der Arbeitgeber von einer solchen Verurteilung durch ein Führungszeugnis keine Kenntnis.

Frist zur Aufnahme in das Führungszeugnis

Derzeit werden Verurteilungen bei einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mehr als einem Jahr wegen schwerer Sexualstraftaten nach den §§ 174 bis 180 und § 182 StGB mindestens 10 Jahre lang in das Führungszeugnis aufgenommen. Künftig wird diese Frist auch für entsprechende Verurteilungen wegen Straftaten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB gelten, die in ein erweitertes Führungszeugnis aufgenommen werden.

Rückwirkung

In das erweiterte Führungszeugnis sind auch alle Eintragungen wegen Straftaten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB aufgenommen, die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits im BZR vorhanden sind.

Die Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich. Ziel ist es, das parlamentarische Verfahren noch in dieser Legislaturperiode abzuschließen.

Dokumente
RegE Fünftes Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes

Quelle: Pressemitteilung des BMJ vom 21. Januar 2009. Die Hauptüberschrift wurde zur weiteren Verdeutlichung ergänzt [Ergänzungstext in eckigen Klammern]


 

21.01.2009

Bundesregierung erleichtert europaweite Abschöpfung von Erträgen aus Straftaten

Das Bundeskabinett hat am 21. Januar 2009 einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem die Zusammenarbeit mit anderen EU-Mitgliedstaaten bei der Abschöpfung von illegal erworbenem Vermögen verbessert wird. Der Entwurf setzt einen Rahmenbeschluss der EU zur gegenseitigen Anerkennung von Einziehungsentscheidungen um. Danach müssen die Mitgliedstaaten Gerichtsentscheidungen aus anderen EU-Staaten vollstrecken, mit denen die Tatbeute und die Tatwerkzeuge eingezogen werden.

"Kriminelle dürfen aus ihren Straftaten kein Kapital schlagen. Außerdem müssen wir sicherstellen, dass sie die Tatwerkzeuge nicht für weitere Straftaten verwenden. Mit unserem Gesetzentwurf schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass eine europaweite Vollsteckung von ausländischen Einziehungs- oder Verfallsentscheidungen nicht durch bürokratische Hürden und unterschiedlichen Rechtssystemen unnötig erschwert wird. Damit tragen wir gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten der EU dafür Sorge, dass Straftäter ihr Vermögen zum Schutz vor staatlichem Zugriff nicht einfach ins Ausland verlagern können und dadurch ungeschoren davon kommen", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Nach deutschem Strafrecht können Gegenstände, die zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat gebraucht wurden, durch gerichtlichen Entscheid eingezogen werden. Auch kann der Verfall von Vermögenswerten angeordnet werden, die durch Straftaten erlangt wurden - beispielsweise gehen Gewinne aus Drogenverkäufen dann an den Staat. Vergleichbare Regeln gibt es auch in den nationalen Rechtsordnungen der anderen EU-Mitgliedsstaaten. Hat der Täter das Geld allerdings bereits ins Ausland geschafft, konnte eine solche gerichtliche Anordnung bisher nur mit erheblichem bürokratischem Aufwand vollstreckt werden.

Künftig wird die Vollstreckung von rechtskräftigen ausländischen Einziehungs- und Verfallsentscheidungen erleichtert, weil die in einem Mitgliedstaat der EU ergangene Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat grundsätzlich anerkannt wird. Auf die so genannte beiderseitige Strafbarkeit kommt es danach in der Regel nicht mehr an. Dadurch wird die Verfolgung von Taten wie beispielsweise die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Terrorismus, oder Waffen- und Drogenhandel verbessert. Die Mitgliedstaaten können in engen begrenzten Fällen die Vollstreckung verweigern. Verweigerungsgründe ergeben sich beispielsweise dann, wenn der Betroffene wegen derselben Tat bereits in einem anderen Staat verurteilt wurde oder die gerichtliche Entscheidung in seiner Abwesenheit erging. Die Umsetzung des Rahmenbeschlusses erfolgt durch entsprechende Regelungen im Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG).

Beispiel:
Ein Gericht in Lyon verurteilt einen Drogenhändler und ordnet den Verfall seines Gewinns aus Drogengeschäften in Höhe von 50.000,00 Euro an. Nachdem die französische Behörde Vermögen der verurteilten Person bei einer Bank mit Sitz in Stuttgart feststellt, übersendet sie die Entscheidung an die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Diese lässt das Konto sperren und schöpft einen Betrag von 50.000,00 Euro nach einer Entscheidung des Landgerichts Stuttgart über die Vollstreckbarkeit des ausländischen Urteils ab.

Wenn der Vollstreckungserlös weniger als 10.000,00 Euro beträgt, verbleibt er in dem Staat, in dem das Vermögen abgeschöpft wurde. Liegt der Betrag darüber, wird die Hälfte des Betrages an den anderen Staat abgeführt. In dem Beispielsfall würde die deutsche Behörde also 25.000,00 Euro an die französische Behörde abgeben. Auch mit Staaten außerhalb der Europäischen Union kann Deutschland künftig im Einzelfall eine Regelung über die Aufteilung des abgeschöpften Vermögens treffen.

Aus Anlass der Umsetzung des Rahmenbeschlusses soll das IRG auch um Regelungen erweitert werden, nach denen der Verletzte einer Straftat unter verbesserten Voraussetzungen eine staatliche Entschädigungsleistung aus dem deutschen Anteil erhalten kann. Durch das Gesetz sollen die Anforderungen an den Nachweis des Schadens erleichtert werden. Künftig ist nicht mehr erforderlich, dass ein deutsches Gericht einen Schadensersatzanspruch festgestellt hat. Es genügt auch die Vorlage eines ausländischen Titels, wenn er in Deutschland vollstreckbar ist.

Beispiel:
Ein Gericht in Kopenhagen verurteilt einen Autohändler wegen betrügerischen Verkaufs eines Gebrauchtwagens an einen Deutschen. Gleichzeitig wird der Verfall des Kaufpreises von 7.000,00 Euro angeordnet. Wird diese Anordnung in Deutschland für vollstreckbar erklärt, muss die zuständige Behörde - in der Regel die Staatsanwaltschaft - auf Antrag des Verletzten das Geld an ihn auszahlen.

Die Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich. Die parlamentarischen Beratungen sollen noch in dieser Wahlperiode abgeschlossen werden.

Dokumente
RegE Umsetzungsgesetz Rahmenbeschluss Einziehung

Quelle: Pressemitteilung des BMJ vom 21. Januar 2009

 


 

 

21.01.2009

Verständigung in Strafverfahren künftig gesetzlich geregelt

Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat das Bundeskabinett am 21. Januar 2009 einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem die Voraussetzungen einer Verständigung im Strafverfahren geregelt werden. Der Entwurf enthält klare gesetzliche Vorgaben zu Verfahren, Inhalt und Folgen von Verständigungen und gewährleistet dadurch Rechtsicherheit, Transparenz und eine gleichmäßige Rechtsanwendung durch die gerichtliche Praxis.

"Seit über 20 Jahren gehört es zum Alltag in deutschen Gerichtssälen, dass sich das Gericht und die weiteren Beteiligten über den Verlauf des Strafprozesses und über das Ergebnis verständigen. Das gilt nicht nur für große und komplexe Wirtschaftstrafverfahren - Verständigungen sind kein Privileg für Reiche oder Weiße-Kragen-Täter. Auch im Bereich der Drogenkriminalität, bei Gewaltdelikten oder in Verfahren wegen kleinerer Kriminalität werden so genannte Absprachen getroffen. Der Bundesgerichtshof hat Verständigungen als sinnvolle Alternative zur Durchführung des Strafverfahrens "bis zum bitterem Ende" anerkannt und ihnen in mehreren Entscheidungen gewisse Konturen gegeben. Es ist aber die verfassungsrechtliche Pflicht des Gesetzgebers, praktisch bedeutsame Vorgänge des Strafverfahrens nicht der Rechtsprechung zu überlassen, sondern selbst für die notwendige Rechtsklarheit zu sorgen. Mit unserem Gesetzentwurf wird erstmals geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine Verständigung zustande kommen darf. Gleichzeitig halten wir an den bisherigen bewährten Grundsätzen des Strafprozesses fest: Auch in Zukunft ist das Gericht zur umfassenden Wahrheitsermittlung verpflichtet, und auch eine aufgrund einer Verständigung festgelegte Strafe muss der Schuld des Täters gerecht werden. Wir schaffen daneben durch weitreichende Dokumentations- und Mitteilungspflichten eine größtmögliche Transparenz der Verfahrensabläufe. Nach unserem Gesetzentwurf dürfen Absprachen nur in öffentlicher Hauptverhandlung getroffen werden. Damit stellen wir klar: Es wird auch in Zukunft kein Mauscheln in den Hinterzimmern, kein Feilschen um das Urteil und keinen Handel mit der Gerechtigkeit geben", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Im Einzelnen:

1. Handlungsbedarf
Die Verständigung in Strafverfahren ist bislang gesetzlich nicht geregelt. Bei dieser Verfahrensweise versuchen das Gericht und die weiteren Verfahrensbeteiligten - vor allem Staatsanwaltschaft, Angeklagter und Verteidigung, aber auch der Nebenkläger - sich über den Verlauf des Verfahrens und über dessen Ausgang zu verständigen. Der Bundesgerichtshof hat solche Absprachen für grundsätzlich zulässig erklärt und vor dem Hintergrund der hohen Belastung der Justiz diese verfahrensökonomische Art der Erledigung als unerlässlich bezeichnet. Auch unter dem Gesichtspunkt des Zeugen- und Opferschutzes sind Verständigungen eine berechtigte Alternative auf dem Weg zu einem gerechten Urteil, wenn auf eine vor allem für das Opfer psychisch belastende Beweisaufnahme verzichtet werden kann. Voraussetzung für die Zulässigkeit von Absprachen ist jedoch, dass die grundlegenden Prinzipien des deutschen Strafprozesses und des materiellen Strafrechts eingehalten werden. Zustandekommen und Ergebnis einer Verständigung müssen sich am Grundsatz des fairen Verfahrens, der Pflicht des Gerichts zur umfassenden Ermittlung der Wahrheit sowie an einer gerechten und schuldangemessenen Strafe orientieren. In seiner Grundsatzentscheidung vom 3. März 2005 hat der Große Strafsenat des Bundesgerichtshofs wesentliche Leitlinien zur Zulässigkeit von Absprachen festgelegt, gleichzeitig jedoch betont, dass die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung erreicht sind.

2. Lösung
Künftig wird es in der Strafprozessordnung ein umfassendes und differenziertes rechtstaatliches Regelungskonzept zur Verständigung im Strafverfahren geben. Die neuen Vorschriften stellen der Praxis in weitem Umfang Vorgaben für Zustandekommen und Inhalt von Absprachen zur Verfügung, ohne den für Einzelfälle notwendigen Spielraum zu sehr einzuschränken. Dabei geht der Gesetzentwurf von den folgenden Grundsätzen aus:

  • Die Grundsätze der Strafzumessung bleiben unberührt. Das Strafmaß muss sich weiterhin an der Schuld des Angeklagten orientieren.
  • Unberührt bleiben auch die Grundsätze des Strafverfahrens. Es wird insbesondere kein "Konsensprinzip" geben. Eine Verständigung kann nie alleinige Grundlage des Urteils sein. Das Gericht bleibt weiterhin verpflichtet, den wahren Sachverhalt bis zu seiner Überzeugung zu ermitteln.
  • Es muss ein größtmögliches Maß an Transparenz gewährleistet sein. Eine Verständigung kann nur in der öffentlichen Hauptverhandlung zustande kommen, Vorgänge außerhalb der Hauptverhandlung muss das Gericht öffentlich mitteilen. Verständigungen müssen stets umfassend protokolliert und im Urteil erwähnt werden.
  • Es gibt keinerlei Beschränkungen der Rechtsmittel. Die Vereinbarung eines Rechtsmittelverzichts darf nicht Gegenstand einer Verständigung sein. Das Urteil bleibt auch nach einer Verständigung in vollem Umfang überprüfbar, der Angeklagte muss darüber eingehend belehrt werden.

Der Gesetzentwurf enthält einen vernünftigen und praxisgerechten Mittelweg zwischen einem teilweise geforderten Totalverbot von Absprachen einerseits und einem Konsensprinzip andererseits, welches das Gericht zu sehr aus seiner Verantwortung zur Ermittlung der Wahrheit entlassen würde. Die vorgeschlagene Lösung berücksichtigt insbesondere die Vorgaben der Rechtssprechung sowie eine Vielzahl von Anregungen aus Wissenschaft und Praxis. Insbesondere unterscheidet der Entwurf nicht zwischen verteidigtem und unverteidigtem Angeklagten und schließt auch Verfahren vor den Amtsgerichten nicht aus. Damit wird eine "2-Klassen-Justiz" vermieden und dem Umstand Rechnung getragen, das auch in amtsgerichtlichen Verfahren, wo vorwiegend Fälle der kleineren und mittleren Kriminalität behandelt werden, Verständigungen zum Alltag gehören.

3. Inhalt
Zentrale Vorschrift zur Regelung der Verständigung ist ein neuer § 257c StPO. Er enthält Vorgaben zum zulässigen Gegenstand, zum Zustandekommen und zu den Folgen einer Verständigung und legt fest, dass die Pflicht des Gerichts zu Aufklärung des Sachverhalts uneingeschränkt bestehen bleibt.

Gegenstand
Gegenstand einer Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen, also im Wesentlichen das Strafmaß und etwaige Auflagen wie zum Beispiel Bewährungsauflagen sein. Auch Maßnahmen zum Verfahrensverlauf sowie das Prozessverhalten der Beteiligten sind zulässig, wie etwa Einstellungsentscheidungen, die Zusage von Schadenswiedergutmachung durch den Angeklagten oder der Verzicht auf weitere Beweisanträge oder Beweiserhebungen, soweit dies mit der Sachaufklärungspflicht des Gerichts vereinbar ist. Ebenfalls soll ein Geständnis Gegenstand einer Verständigung sein. Das Gericht muss von der Richtigkeit des Geständnisses überzeugt sein, um seiner Aufklärungspflicht in vollem Umfang nachzukommen. Bei Zweifeln an der Richtigkeit muss es gegebenenfalls auf seine Zuverlässigkeit überprüft werden.

Ausdrücklich ausgeschlossen als Gegenstand einer Verständigung sind der Schuldspruch - also die Frage, ob und wenn ja, wegen welcher Strafnorm jemand verurteilt wird - und die Ankündigung des Angeklagten, auf Rechtsmittel zu verzichten. Ebensowenig können Maßregeln der Besserung und Sicherung wie beispielsweise die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in eine Verständigung aufgenommen werden, weil hier das Gesetz dem Gericht keinen Entscheidungsspielraum belässt.

Zustandekommen
Eine Verständigung kommt zustande, indem das Gericht ihren möglichen Inhalt bekannt gibt und der Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft zustimmen. Das Gericht gibt dabei eine Ober- und Untergrenze der möglichen Strafe an. Dabei muss es die allgemeinen Strafzumessungserwägungen berücksichtigen und darf weder eine unangemessen niedrige noch eine unangemessen hohe Strafe vorschlagen. Die Initiative zu einer Verständigung ist aber nicht allein dem Gericht vorbehalten, entsprechende Anregungen können auch von den anderen Verfahrensbeteiligten ausgehen.

Nicht vorgesehen ist, dass auch der Nebenkläger zustimmen muss. Dies entspricht dem bereits geltenden Strafprozessrecht, nach dem der Nebenkläger das Urteil allein wegen der Rechtsfolgen nicht angreifen kann. Die Strafzumessung bzw. das Strafmaß sind aber gerade der wesentliche Gegenstand einer Verständigung. Dies schließt aber nicht aus, dass der Nebenkläger an Gesprächen und Erörterungen im Vorfeld von Verständigungen beteiligt ist und dabei seine Bedenken und Vorschläge äußert.

Transparenz
Eine Verständigung kann nur in öffentlicher Hauptverhandlung zustande kommen. Dies schließt nicht aus, dass außerhalb der Hauptverhandlung Gespräche geführt werden, durch die eine Verständigung vorbereitet wird. Nach dem Gesetzentwurf ist der Vorsitzende des Gerichts verpflichtet, darüber Transparenz herzustellen, indem er in öffentlicher Hauptverhandlung mitteilt, ob und ggf. mit welchem Inhalt solche Gespräche stattgefunden haben. Um die Geschehnisse bei einer Verständigung umfassend zu dokumentieren, muss das Gericht den wesentlichen Ablauf einschließlich etwaiger Vorgespräche außerhalb der Hauptverhandlung, den Inhalt und das Ergebnis einer Verständigung protokollieren. Damit wird vor allem sichergestellt, dass Absprachen im Revisionsverfahren vollständig überprüft werden können.

Folgen des Scheiterns
Eine besondere Vorschrift sieht der Entwurf für den Fall vor, dass sich das Gericht von einer Verständigung lösen will. Die Bindung des Gerichts entfällt, wenn das Gericht nachträglich zur Überzeugung kommt, dass die in Aussicht gestellte Strafe nicht tat- oder schuldangemessen ist, was den Fall einschließt, dass das Gericht eine unzutreffende Prognose bei der Bewertung des bisherigen Verhandlungsergebnisses abgegeben hat. Auch kann das Prozessverhalten des Angeklagten das Gericht veranlassen, sich von der Absprache zu lösen, wenn es nicht mehr dem Verhalten entspricht, welches das Gericht seiner Prognose zugrunde gelegt hat. Eine solche Regelung ist erforderlich, weil Ergebnis des Strafverfahrens immer ein richtiges und gerechtes Urteil sein muss. Entfällt die Bindung des Gerichts, darf ein Geständnis des Angeklagten, das er im Vertrauen auf den Bestand der Verständigung als seinen "Beitrag" abgegeben hat, nicht verwertet werden. Damit wird der Schutz des Angeklagten gestärkt und dem Grundsatz des fairen Verfahrens Rechnung getragen.

Rechtsmittel
Neben dem Verbot, die Ankündigung eines Rechtsmittelverzichts zum Gegenstand einer Verständigung zu machen, verzichtet der Gesetzentwurf aus zwei Gründen bewusst darauf, Rechtsmittel nach vorangegangener Verständigung einzuschränken oder auszuschließen. Zum einen soll eine vollständige Kontrolle durch das Berufungs- oder Revisionsgericht möglich sein. Damit soll sichergestellt werden, dass die Vorschriften gleichmäßig entsprechend der Vorgaben des Gesetzgebers angewandt werden. Zum anderen soll der Eindruck vermieden werden, das Urteil beruhe auf einem "Abkommen" der Beteiligten, an das sich alle zu halten haben. Ergebnis einer Verständigung ist vielmehr ein ganz normales Urteil, dessen Grundlage die volle Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit ist und das auf einer vollständigen Aufklärung des Sachverhalts beruht. Dazu gehört, dass das Urteil wie jedes andere überprüfbar sein muss. Ein Rechtsmittelverzicht ist nur dann wirksam, wenn der Angeklagte ausdrücklich darüber belehrt worden ist, dass er trotz einer vorangegangenen Verständigung in seiner Entscheidung frei ist, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen ("qualifizierte Belehrung"). Ist diese Belehrung unterblieben, kann der Angeklagte trotz erklärten Verzichts auf Rechtsmittel gegen das Urteil vorgehen.

Kommunikation
Ein weiterer, wichtiger Regelungskomplex (§§ 160b, 202a, 212 StPO-E) hat zum Gegenstand, die Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten zu stärken. Es sollen bereits im Ermittlungsverfahren, aber auch in allen weiteren Stadien des gerichtlichen Verfahrens sogenannte Erörterungen der verfahrensführenden Stellen (Staatsanwaltschaft bzw. Gericht) mit den Verfahrensbeteiligten gefördert werden. Bei solchen Erörterungen im gerichtlichen Verfahren kann auch die Möglichkeit einer Verständigung besprochen werden. Ziel ist es, dass die Beteiligten miteinander im Gespräch bleiben, wenn dies für den Verlauf des Verfahrens sinnvoll ist.

Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Ziel ist es, das parlamentarische Verfahren noch in dieser Legislaturperiode abzuschließen.

Dokumente
RegE Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren

Quelle: Pressemitteilung des BMJ vom 21. Januar 2009

 


 

 

16.01.2009

Gesundheitliche Folgen von Gewalt

Studie des Robert Koch Instituts im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung der Bundesregierung

Das RKI hat einen von Claudia Hornberg et al. verfassten Bericht veröffentlicht. Die rund 60seitige Broschüre mit Schaubildern und Tabellen zu empirischen Erhebungen trägt den Titel "Gesundheitliche Folgen von Gewalt unter besonderer Berücksichtigung von häuslicher Gewalt gegen Frauen" (Berlin 2008, Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 42).
Eine PDF-Version kann kostenlos unter der folgenden URL herunter geladen werden:
http://www.rki.de/cln_100/nn_205770/DE/Content/GBE/Gesundheitsberichters...

 


 

 

14.01.2009

Grenzüberschreitende Kriminaliät im Osten nach dem Wegfall der Grenzkontrollen

Interessante Studie der IHK Ostbrandenburg

An Prognosen über eine sich verschlechternde Sicherheitslage nach dem am 21. Dezember 2007 anstehenden Beitritt weiterer Staaten in Mittel- und Osteuropa zum Schengen-Raum mangelte es nicht. In einigen Grenzregionen wurde vom Anstieg der Unsicherheit bei der Bevölkerung und unter Unternehmern berichtet. Die tatsächliche Entwicklung gab den negativen Erwartungen nicht recht.
Die IHK Ostbrandenburg ging der Kriminalitätsentwicklung speziell im Grenzraum zu Polen näher nach. Mit einer quantitativen Dunkelfeldbefragung von rund 100 Eizelhändlern entlang der Oder in Ostbrandenburg und Lubuskie wurde die Belastung der Unternehmen mit Diebstahlskriminalität vor und nach dem Wegfall der Kontrollen abgefragt. In diesem Zusammenhang interessierte auch, wie die Händler die Kriminalitätsentwicklung insgesamt beurteilten und wie sie sich vor möglicher Kriminalität schützen. Insgesamt kann man die Befunde grob verdichtend wie folgt zusammen fassen: Es ist Entwarnung auf breiter Front angesagt!

Die Details der unter Leitung von Dr. Knuth Thiel durchgeführten Befragung sind in einer Broschüre mit dem folgenden Titel wiedergegeben:
"Studie über die Kriminalitätslage im Handel seit Wegfall der Grenzkontrollen zu Polen".
Sie kann auch kostenlos als PDF-Datei unter folgender URL heruntergeladen werden:
http://www.ihk-ostbrandenburg.de/res.php?id=4833


 

12.01.2009

Polizei in Schottland und Europa

Elektronische Dokumente auf der Homepage des Schottischen Instituts für Polizeiforschung (http://www.sipr.ac.uk/ )

Im September 2008 hat das SIPR (http://www.sipr.ac.uk/ ) in Edinburgh eine internationale Tagung zum Thema "Policing Scotland in a European Context" veranstaltet. Abstracts, ausgewählte Vorträge und sonstige Dokumente zu dieser Tagung können unter folgender URL recherchiert und ggf. herunter geladen werden: http://www.sipr.ac.uk/events/Outputs_Conference2008.php


 

 

09.01.2009

Materialien zur Prävention

Elektronische Dokumentation auf der Homepage des Deutschen Präventionstages

Ausgewählte Vorträge und sonstige Dokumente zum 13. Deutschen Präventionstag in Leipzig (Juni 2008), aber auch Materialen zu früheren DPT können unter folgender URL recherchiert und, in der Regel als PDF-Dateien, auch herunter geladen werden:
http://www.praeventionstag.de/nano.cms/de/Dokumentation


 

 

08.01.2009

Anti-Korruptions-Akademie im Aufbau

Interpol und UNODC wollen zusammen ab Herbst 2009 in Laxenburg (Österreich) eine Akademie betreiben, in der Beamte aus aller Welt Gelegenheit bekommen werden, Strategien zur Korruptionsbekämpfung zu erlernen.
Erste Informationen können unter folgender URL gefunden werden:
http://www.interpol.int/public/ICPO/PressReleases/PR2008/PR200857.asp


 

 

07.01.2009

Gesundheitsförderung in Haft

Vierte Europäische Tagung vom 15.-17. April 2009 in Wien

Die Tagung wird von der Deutschen AIDS-Hilfe, dem Berliner Verein "akzept" und dem Wissenschaftlichen Institut der Ärzte Deutschlands veranstaltet. Arbeitsgruppen sind unter anderem zu folgenden Themenbereichen vorgesehen:
(1) Gesundheitsförderung für Migrantinnen bzw. Migranten;
(2) Umgang mit chronisch Kranken;
(3) Psychische Erkrankungen;
(4) Suizidprävention;
(5) Polizeigewahrsam und Gesundheitsförderung.
Näheres ergibt sich aus dem Tagungs-Flyer unter folgender URL:
http://www.akzept.org/euro_konferenz/gesund_inhaft_wien09.pdf


 

05.01.2009

Sicherungsverwahrung

Bundesweites Forum der Führungsakademie im Bildungsinstitut des Niedersächsischen Justizvollzuges am 10. und 11. März 2009 in Celle

Auf dieser Veranstaltung sollen unter anderem Konzepte der Behandlung, Unterbringung und Nachsorge von Untergebrachten in den Niederlanden, Österreich, Schweiz und Skandinavien vorgestellt werden. Außerdem sollen Entwürfe für ein länderübergreifendes Qualitätskonzept (Benchmarking) zur Diskussion gestellt werden.
Nähere Informationen finden sich unter folgender URL:
http://www.fajv.de/html/veranstaltungen.html


 

02.01.2009

Junge Menschen und Kriminalität

Tagung der Schweizerischen Arbeitsgruppe für Kriminologie vom 4.-6. März 2009 in Interlaken

Die Referate dieser Tagung sind unter folgenden Gruppen-Überschriften gegliedert:
(1) Junge Menschen im Visier der Justiz;
(2) Ursachen der Delinquenz junger Menschen;
(3) Präventin und Sanktionen
Das genaue Programm dieser Tagung kann unter folgender URL abgerufen werden:
http://www.kriminologie.ch/siteWeb/allemand/allemand.htm
Dort: Rubrik "Kongress", Unter-Rubrik "Programm"