Januar 2011

18.01.2011

Sicherungsverwahrung in Deutschland:

Aktuelle Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

 

Der EGMR in Straßburg hat in zwei Entscheidungen vom 13.1.2011 über vier Fälle von Menschenrechtsbeschwerden entschieden, die von Beschwerderechtsführern eingereicht worden waren, die in deutschen Justizvollzugsanstalten bzw. in einer forensischen Kilinik aufgrund angeordneter Sicherungsverwahrung untergebracht sind. In allen vier Fällen hat die zuständige Kammer des EGMR die Bundesrepublik Deutschland verurteilt und den Beschwerdeführern Schadensersatz zugesprochen. Da es sich um Kammerentscheidungen handelt, gegen die das Plenum des Gerichtshofs angerufen werden kann, sind sie noch nicht rechtskräftig.

Es geht in drei Fällen um die Frage der menschenrechtlichen Zulässigkeit einer rückwirkenden Aufhebung der 10-Jahres-Grenze, die der Gesetzgeber im Rahmen einer früheren Reform des Gesetzes bei Erstuntergebrachten anstelle der ursprünglichen unbestimmten und potentiell lebenslänglichen Verwahrung eingeführt hatte. Im vierten Fall geht es um die nach deutschem Recht seit 1. Januar 2011 wieder vollständig aufgehobene (echte) nachträgliche Sicherungsverwahrung (§ 66b StGB, § 7 JGG).

EGMR-Pressmeldungen dazu können in Form von PDF-Dateien eingesehen und herunter geladen werden unter:
http://www.coe.int/t/d/menschenrechtsgerichtshof/dokumente_auf_deutsch/

Das gegen Ende Dezember 2010 verkündete und am 1. Januar 2011 in Kraft getretene "Gesetz zur Therapierung und Unterbring psychisch gestörter Gewalttäter (Therapieunterbringungsgesetz - ThUG)", mit dem der deutsche Gesetzgeber versucht, die Schwierigkeiten zumindest in Teilen zu lösen, die schon aus früheren EGMR-Entscheidungen bezüglich der Bemühungen entstanden sind, als gefährlich eingestufte Täter (Untergebrachte) weiter verwahren zu können, ist unter folgender Fundstelle einsehbar: http://www.buzer.de/gesetz/9584/


 

11.01.2011

Neues aus der Schweiz:

Rekordbelegung in den Gefängnissen der lateinischen Kantone

 

Am 1. September 2010 waren in der Schweiz 6181 Personen in Einrichtungen des Freiheitsentzugs inhaftiert. Dies ist der höchste Bestand seit 1999. Die Belegungsrate nahm gegenüber 2009 um 1,5 Prozentpunkte auf 92,5 Prozent im gesamtschweizerischen Mittel zu. In den lateinischen Kantonen ist eine Sättigung festzustellen, und ihre Belegungsrate von 105 Prozent zeigt eine weitere Verschlechterung der Situation an.

Von den Inhaftierten befanden sich 31 Prozent in Untersuchungshaft, 61 Prozent im Straf- und Massnahmenvollzug, 6 Prozent waren im Rahmen von Zwangsmassnahmen gemäss Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und 2 Prozent aus anderen Gründen inhaftiert. Seit 2004 ist der prozentuale Anteil an ausländischen Inhaftierten stabil und macht 72 Prozent des Gesamtbestandes aus.

Die Erhebung zum Freiheitsentzug wurde bei den 114 Anstalten und Institutionen des Freiheitsentzugs der kantonalen Justiz- und Polizeidepartemente durchgeführt. Während sich die Gesamtzahl der Haftplätze mit 6683 Einheiten gegenüber 2009 nicht verändert hat, schwankte die Kapazität der verschiedenen Anstaltstypen. So boten die geschlossenen Anstalten und die Massnahmenzentren mehr Haftplätze an (+17 Haftplätze), während die offenen Anstalten und die Gefängnisse Plätze abbauten (-17). 2010 nahm die Belegungsrate gegenüber dem Vorjahr um 1,5 Prozentpunkte zu und erreichte 92,5 Prozent. Die lateinischen Kantone sehen sich aufgrund der Überbelegung einiger Anstalten mit einer besonders hohen Belegungsrate konfrontiert.

Rekordbelegung in den Gefängnissen und Massnahmenzentren: Im Jahr 2010 erreichte die Gesamtzahl der in der Schweiz inhaftierten Personen einen neuen Höchststand, indem sie um 97 (+1,6%) auf 6181 Häftlinge zulegte. Von der Steigerung waren insbesondere die offenen Anstalten (+73 Inhaftierte) und die Gefängnisse (+43 Inhaftierte) betroffen.

Stabiler Anteil der ausländischen Inhaftierten: Seit 2004 ist der Anteil ausländischer Personen am Total der Inhaftierten relativ stabil. Die neuen Zahlen weisen jedoch eine leichte Zunahme gegenüber 2009 (+1,5 Prozentpunkte) und damit einen aktuellen Gesamtbestand von 4428 ausländischen Inhaftierten aus. 55 Prozent unter ihnen befanden sich im Strafvollzug oder im vorzeitigen Strafvollzug und 35 Prozent in Untersuchungshaft, während der Anteil der Inhaftierten im Rahmen von Zwangsmassnahmen gemäss Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer 8 Prozent betrug.

Aber Übervertretung ausländischer Inhaftierter in der Untersuchungshaft: Von den insgesamt 1894 Personen in schweizerischer Untersuchungshaft sind rund 81 Prozent ausländischer Nationalität. Der Grund für deren Inhaftierung ist meistens Fluchtgefahr. 60 Prozent der ausländischen Untersuchungshäftlinge haben keinen offiziellen Wohnsitz in der Schweiz. Unter ihnen finden sich Touristen, Grenzgängerinnen und Grenzgänger oder sich illegal im Land aufhaltende Personen. Diese Kategorie von Inhaftierten hat seit 2004 stark zugenommen (+63%). Umgekehrt ist die Zahl der Asylsuchenden in Untersuchungshaft stark gefallen, so dass ihr Anteil zurzeit nur noch einen relativ geringen Anteil (5%) an der gesamten Population an Untersuchungshäftlingen ausmacht.

(Quelle: Bundesamt für Statistik, Neuchâtel, Medienmitteilung vom 11.1.2010).

Die Originalmeldung enthält weitere Informationen und auch detaillierte tabellarische Nachweise zur Entwicklung zwischen 1999 und 2010. Sie kann unter folgender URL als PDF-Datei eingesehen und herunter geladen werden:
http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/news/medienmitteilungen.Docu...